Bundeswehr steigt in Beschaffung von Kamikaze-Drohnen ein
Nach Jahren des Zögerns und vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine will die Bundeswehr nun möglichst schnell in die Beschaffung von so genannter Loitering Munition einsteigen, umgangsprachlich als Kamikaze-Drohnen bezeichnet. Entsprechende Verträge sollten in den nächsten Tagen unterzeichnet werden, hieß es am (heutigen) Donnerstag aus dem Verteidigungsministerium.
Die deutschen Streitkräfte verfügen bislang zwar über unbemannte Flugsysteme zur Aufklärung. Mit Ausnahme der fünf von Israel geleasten, flugzeug-großen Drohnen des Typs Heron TP hat die Bundeswehr aber keine solchen Systeme, die bewaffnet werden oder als Waffe eingesetzt werden können.
Im Wehrressort sei nun die Entscheidung gefallen, mit der Loitering Munition diese so genannten Wirkmittel zu beschaffen, hieß es aus dem Ministerium. Angesichts der schnellen technischen Veränderungen bei solchen Systemen und der Notwendigkeit ständiger Anpassungen würden zunächst nur geringe Mengen beschafft und unmittelbar in der Truppe erprobt.
Zum Jahresende sollten dann vor dem Hintergrund der Erfahrungen größere Zahlen bestellt werden. Allerdings nicht wie bisher bei Waffensystemen mit der Absicht, sie für eine spätere Nutzung ins Depot zu legen. Statt dessen sollten immer nach Bedarf modernste Versionen innerhalb kurzer Zeit produziert und von der Bundeswehr abgerufen werden.
Ein wesentlicher Punkt des Vorgehens für diese Einweg-Drohnen, die im Ziel explodieren, ist die Klassifizierung als Munition und eben nicht als Fluggerät. Damit fallen weitgehende Vorgaben für Zertifizierung und Einsatz weg, die bei einer Einstufung als Drohne erforderlich wären.
Nach Angaben aus dem Ministerium wird diese neue Art von Munition auch auf Künstliche Intelligenz für die Zielerfassung angewiesen sein. Dabei gehe es vor allem um die Unterstützung menschlicher Bediener bei der Auswahl der Ziele. Der Mensch werde aber immer in die Entscheidung über den Waffeneinsatz eingebunden sein.
(wird später ergänzt, ggf. Neufassung)
Ein richtiger Schritt in die richtige Richtung, gerade noch zur rechten Zeit.
Zumal für gewisse Systeme ohnehin die (Zusatz)Ausstattung mit Loitering Munition vorgesehen ist.
Der Drohnenwall kommt; hoffentlich
Also Produktionskapazitäten aufbauen oder vorhandene umwidmen
Systeme zur Erprobung in die Truppe aka. Ukraine
Haben die von der Helsing Website abgeschrieben ?
https://helsing.ai/de/resilience-factories
oder sich die Frage von Herrn Wiegold zu Herzen genommen , Waffen on demand ?
https://augengeradeaus.net/2025/02/dronewatch-helsing-nimmt-resilienzfabrik-als-dezentrale-drohnenproduktion-in-betrieb/
Ich weiss, der Begriff ist allgemein verbreitet, aber „Kamikazedrohne“ weckt natürlich emotional aufwühlerische Assoziationen an die jungen japanischen Piloten, die sich im Zweiten Weltkrieg opferten, oder auch an vergleichbare Pläne in Deutschland, Stichworte „Sonderkommando Elbe“ oder „Reichenberg Gerät“. Auf jeden Fall weckt der Begriff in der breiten Öffentlichkeit sicher eher negative denn positive Assoziationen und prägt damit emotional die Debatte mit, vor allem in den Bevölkerungsteilen ohne Militärbezug. Im Prinzip ist jede Munition ja irgendwie „Kamikaze“, weil sie sich „opfert“ um Schaden anzurichten, egal ob 5,56mm, Bombe GBU-24 oder Taurus. Ich denke ein Schritt auf dem langen Weg der Versachlichung und Normalisierung gerade der deutschen Debatte liegt auch in der Benennung, wobei diese Arbeit dann v.a. im Verteidigungsministerium liegt – Ansonsten richtiger, weil militärisch leider notwendiger Schritt.
Wie bei jeder technologischen Entwicklung wird die Wirkung des Einzelsystems „Loitering Munition“ massiv überschätzt. Jetzt wird wieder alles auf eine Fahrkarte gesetzt und die restlichen Elemente für eine erfolgreiche Gefechtsführung werden erheblich ignoriert. V.a. wenn man sich die Erfahrungen der UKR anschaut –> Schwere Waffen wären immer bevorzugt worden; die massive Nutzung der FPV ist nur auf den Mangel an ebendiesen Systemen zurückzuführen.
Danke Politik und militärische „Entscheidungsträger“, dass ihr auf die Lobbyisten hereingefallen seid & die Truppe im Falle eines Konfliktes mit massiven Verlusten an gut ausgebildeten Menschen für diese Ignoranz bluten muss.
Drohnen für den Kampfeinsatz unterliegen einer hohen Dynamik im Bereich Anpassung an die Erfordernisse auf dem Schlachtfeld. Eine Drohne, die heute geplant wird, in drei Jahren geliefert werden soll, kann in sechs Monaten schon veraltet sein.
Auf die Beschaffungsflexibilität der Bundeswehr darf man gespannt sein. Ich rate erstmal zu einem technology-hedging, das zeitnah state of the art entwickelt und erprobt, Fertigungskapazitäten aufbaut/vorhält, die den Bedarf just in time befriedigen kann, unter Vermeidung von stockpiling.
[Ich glaube, ziemlich genau so steht das oben? T.W.]
Die Bundeswehr hat sich Anfang letzten Jahres als Übersetzung für Loitering Munition auf lenkbare Munition festgelegt. Kamikaze Drohne ist schon deshalb falsch, weil LM keine Drohnen sind, sondern wie der Name schon sagt Munition und als solche auch qualifiziert werden. Die Anforderung an die Sicherheit von Munition ist dabei höher als an Drohnen.
[Ist hier kein Rundschreiben der Truppeninformation, und ich habe ausdrücklich drauf hingewiesen, dass es halt umgangssprachliche Bezeichnungen gibt. Die sich vielleicht nicht an die Vorgaben des BMVg halten, was da aber wenig gegen machen kann. T.W.]
„…geringe Mengen beschafft und unmittelbar in der Truppe erprobt.“
Was modern ist, das bestimmt nicht die Truppenerprobung, sondern der Krieg in der Ukraine, und verändert sich im Monatsrhythmus. Also schon mal das erste konzeptionelle Problem.
„Statt dessen sollten immer nach Bedarf modernste Versionen innerhalb kurzer Zeit produziert und von der Bundeswehr abgerufen werden.“
Ich traue dem Beschaffungsamt in Koblenz – falls es beteiligt ist – und auch der BW allgemein eine so dynamische Beschaffung schlicht nicht zu.
Bei hartpunkt wird berichtet, welche Loitering Munition beschafft werden soll: Helsing HX-2 und STARK OWE-V.
https://www.hartpunkt.de/bundeswehr-will-loitering-munition-von-helsing-und-stark-beschaffen/
Mich würde interessieren, welche Bundeswehr-Einheiten diese Munition/Lenkwaffen einsetzen würden: bekommen reguläre Artillerie- oder Panzergrenadier-Bataillone diese Wirkmittel zugeteilt? Oder wird dafür eine eigene Einheit auf Divisionsebene aufgestellt, sozusagen ein „Loitering-Munition-Bataillon“?
Positiv in jederlei Hinsicht : die Industrie baut in Deutschland Resilienz Fabriken auf. Aktuell dürften pro Monat etwa 1000 Einheiten produziert werden können.
Negativ : Reichweite liegt bei nur etwa 100km laut Angaben des Herstellers. Und: es fehlen noch die geeigneten Magazine für moderne Waffen bei der BW.
Dennoch : die richtige, überfällige Entscheidung der Deutschen Streitkräfte
@Jojo2801, mit der massiven Überschätzung wäre ich vorsichtig. Das manches von der Ukraine aus der Not heraus geboren wurde mag sicher zu treffen. Krieg ist immer aber auch eine ökonomische Betrachtung und da zeigt sich nun mal das man einen Kampfpanzer inkl Besatzung (mehrere Millionen €) auch mit einer Kamikazedrohne/Loitering Munition / $wiedaskindauchgeradeheißt im Wert von einigen hundert € zerstört bekommt. Und zwar ohne einen eigenen Panzer und begleitende Infanterie auch nur in die Nähe von Gefahren bringen zu müssen.
Und nun da der Nutzen erkannt ist, warum sollte man sich weiter darauf beschränken per Drohne aufzuklären das ein feindlicher Trupp mit einer Panzerfaust wartet, wenn man ihn auch gleich per mitgeführter Handgranate etc vernichten kann?
@Jojo2801: keiner hat davon geredet, dass nun ausschließlich auf Loitering Munition gesetzt wird. Absolut niemand.
Die Beschaffung des Großgerätes geht wie gehabt weiter, und wird um eine weitere Systemkomponente ergänzt.
Besagte Lenkmunition.
Zukünftige Wirksysteme werden diese Form der Effektoren als Teil des Gesamtsystems mit sich führen.
Es ist ziemlich anmaßend ohne Kenntnis auf „die da oben“ zu schimpfen.
Mit Verlaub, bei allem politischen Filz – aber es sitzen auch sehr kompetente Menschen in den Entscheiderpositionen.
Ein ganz klein wenig Vertrauen darf sein. So ein klitzekleines Bisschen.
@praedator
Warten kann nun wirklich keiner mehr und die Überlegung, dass diese Technik in einigen Jahren möglicherweise überholt sein könnte, trifft auf beinah jedes Waffensystem mehr oder weniger zu. Bedeutet also: Verzicht ist keine Option.
Wir müssen Abschreckung und Verteidigungfähigkeit aufbieten. Bedeutet : eine Angriffswelle sollte nahezu komplett aufgerieben werden.
Das Beispiel UA ist in diesem Zusammenhang zwar stets ein Argument, aber nicht zwingend zielführend. Der Angreifer und Aggressor steht bereits in der UA und hat mehr als 40 Prozent des Territorium militärische besetzt und auch dauerhaft okkupiert. Damit ist der UA ein leidvoller Stellungskrieg aufgezwungen worden. Hier dürften die HX2 Drohnen deutscher Produktion hilfreich sein, deren Anwendung auf eine Reichweite von 100km beschränkt ist.
Unsere freie Demokratie und unsere Rechtsstaatliche Grundordnung wird von Ost und leider auch West gleichermaßen bedroht.
Sie sehen doch selber, dass sich die Vereinigten Staaten von Amerika in eine Form der Diktatur, eine Oligarchie, aktuell verwandelt. Medien werden von der US Regierung gleichgeschaltet. Unsere Handelsbeziehungen verschlechtern sich gerade ungebremst ins Negative. Das Vertrauen in die Integrität der US Administratoren ist völlig und fundamental erschüttert.
Wir haben jetzt keine Wahl mehr und müssen jetzt entschlossen handeln, denn die militärische Glaubwürdigkeit ist katastrophal erschüttert worden
Ich finde den Einstieg in die Beschaffung und Beübung von lenkbarer Munition nur konsequent. Und den Ansatz gleich zwei alternative Systeme zum Vergleich zu beschaffen noch besser. Ist für mich gedanklich eine Reichweitensteigerung und verlängerte Zielauswahl im Vergleich zur SMART-Munition der Artillerie. Mal sehen wie teuer die einzelne Einheit wird und ob sich Sättigungsangriffe synchronisieren lassen.
Wenn die Herstellung der Truppenbrauchbarkeit und Auslieferung dann die ueblichen 10 Jahre unterschreiten wuerde, koennte sich Russland betroffen fuehlen…../sarc aus
Cheers
@praedator:
„Auf die Beschaffungsflexibilität der Bundeswehr darf man gespannt sein. Ich rate erstmal zu einem technology-hedging, das zeitnah state of the art entwickelt und erprobt, Fertigungskapazitäten aufbaut/vorhält, die den Bedarf just in time befriedigen kann, unter Vermeidung von stockpiling.“
Wird das jetzt hier „Bullshit Bingo“? Genau das ist doch laut dem Beitrag vorgesehen.