NATO-Oberbefehlshaber: „Russland stärker, tödlicher, wütender“ als zu Beginn des Kriegs gegen die Ukraine
Der NATO-Oberkommandierende in Europa und zugleich des US-Europakommandos, der US-General Christopher Cavoli, hat in seinem jährlichen Rechenschaftsbericht für den Verteidigungsausschuss des US-Repräsentantenhauses ein nüchternes, eher bestürzendes Bild der sicherheitspolitischen Lage in Europa gezeichnet. Trotz der Verluste im Krieg gegen die Ukraine seien die russischen Streitkräfte nicht geschwächt – und die Ukraine angesichts fehlender Waffen- und Munitionslieferungen in einer gefährlichen Situation.
Der Krieg in der Ukraine ist nach den Worten des Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) der NATO nur ein Teil eines langfristigen Russland-Problems. Aus Cavolis 2024 Posture Statement to Congress am (gestrigen) Mittwoch fürs Archiv hier nachgetragen einige zentrale Aussagen:
Russlands Fähigkeiten
Russia remains a capable threat beyond Ukraine, and it’s necessary to examine what has and has not happened to the Russian military in Ukraine. Russia poses the most stressing nuclear, biological, and chemical threat in the near-term and will continue to retain WMD capabilities in the medium and long term. First and foremost, Russia’s nuclear forces have been unaffected by the conflict, and Russia retains the largest arsenal of deployed and non-deployed nuclear weapons in the world. These continue to present an existential threat to the U.S. homeland, our Allies, and our partners. Additionally, Russia continues to modernize its nuclear forces, and continues to pursue efforts to develop nuclear-capable intercontinental ballistic missile systems, nuclear-armed hypersonic boost glide vehicles, nuclear-powered cruise missiles, nuclear-powered underwater drones, anti-satellite weapons, and orbital nuclear weapons.
Moreover, during this conflict Russia’s strategic forces, long range aviation, cyber capabilities, space capabilities, and capabilities in the electromagnetic spectrum have lost no capacity at all. The air force has lost some aircraft, but only about 10% of their fleet. The navy has suffered significantly in the Black Sea – but nowhere else and Russian naval activity worldwide is at a significant peak. Russian long range precision fires have increased in production, and Russia has also begun to buy ballistic missiles, cruise missiles, and long-range drones from third countries who were previously outside this fight. In fact, it is mainly only in the land forces that Russia has suffered, losing over 2,000 tanks and 315,000 soldiers wounded or dead. However, Russia is reconstituting that force far faster than our initial estimates
suggested. The army is actually now larger – by 15 percent – than it was when it invaded Ukraine. Over the past year, Russia increased its front line troop strength from 360,000 to 470,000. Russia’s army increased the upper age limit for conscription from 27 to 30, which increases the pool of available military conscripts by 2 million for years to come. Russia has announced plans to pursue an ambitious ground forces restructure, increasing to 1.5 million personnel with an expanded footprint. This restructure includes plans to transform seven motorized rifle brigades into divisions and a new army corps. Russia plans to base some of these new formations in Russian-occupied areas of Ukraine, as well as Karelia in the High North, opposite Finland. Perhaps most concerning, the Russian military in the past year has shown an accelerating ability to learn and adapt to battlefield challenges both tactically and technologically, and has become a learning organization that little resembles the chaotic force that invaded Ukraine two years ago. (…)
In sum, Russia is on track to command the largest military on the continent and a defense industrial complex capable of generating substantial amounts of ammunition and materiel in support of large scale combat operations. Regardless of the outcome of the war in Ukraine, Russia will be larger, more lethal, and angrier with the West than when it invaded.
Lage der Ukraine
With the help of the United States, and invaluable help from other allies and partners, Ukraine has inflicted significant damage upon the Russian military. However, Russia relies on the mass and quantity available to a large country, and despite its military’s evident deficiencies and dysfunctions, continues to pose an existential threat to Ukraine. Ukraine cannot sustain this fight alone. The United States, our allies, and partners must continue to provide Ukraine with munitions, weapons, and materiel.
Offensichtlich auf Nachfragen – und im vorbereiteten Statement nicht enthalten – präzisierte Cavoli die drängenden Probleme der Ukraine, wie aus Medienberichten hervorgeht:
Ukrainian troops have been rationing ammunition as Russian forces outfire them at a rate of about 5-to-1, he told the committee.
“That will immediately go to 10-to-1 in a matter of weeks. We are not talking about months. We are not talking hypothetically…. We are talking about weeks,” Cavoli said.
Das Statement mit etlichen anderen Schwerpunkten hier zum Nachlesen, und als Sicherungskopie:
20240410_Cavoli_USEUCOM_Posture_Statement_2024
(Foto: U.S. Army Gen. Christopher Cavoli, commander, U.S. European Command, and Supreme Allied Commander Europe, speaks with Allied service members at Military Training Area Lešť during visits to Slovakia and Slovenia March 26-28, 2024 – Courtesy photo by U.S. Embassy Bratislava)
@Metallkopf; 12.04.2024 um 14:53 Uhr
„Oder glaubt jemand, Putin/PMC Wagner wäre in der Sub-Sahararegion an Stabilisierung interessiert? Damit die Flüchtlingsströme Richtung Europa geringer werden?“
Vollkommen richtig und seit Beginn der Flüchtlingsbewegungen erkennbar! Absicht des Kreml ist es, durch De-Stabilisierung gezielte Flüchtlingsbewegungen , nach russischem Gusto, den Westen so zu Destablisieren damit rechte nationalkonservative Strömungen (gezielt durch den Kreml gesteuert und Finanziert) an die Pro-Russischen Entscheidungspositionen gelangen könnten.
Testlauf Donbass / Krim, um die Reaktion des Westens darauf zu testen. Ergebnis und Siegerehrung? Nach jeder ZAPAD-Übung verblieb mehr Material vor Ort, Landebahnen und Infrastruktur wurde ausgebaut. Fragen zum Grund, keine!
Dann 2022 der Überfall auf die Ukraine…ein Schelm wer dabei denkt die Corona-Krise wäre dem Russen dazu nicht gelegen gekommen ;-)
Noch einmal zum Ausgangspunkt, dem veröffentlichten Teil des Berichts an das Repräsentantenhaus von General Cavolis. Er analysiert die US- Sicht auf den Krieg in der Ukraine im Abgleich zum US- Kriegsziel – Schwächung Russlands. Deshalb betont er sehr deutlich, dass auf der strategischen nuklearen Ebene, die für die USA relevant ist, eben keine Schwächung stattgefunden hat und auch auf der konventionellen Ebene nach Rückschlägen die russischen Truppen inzwischen lernen und ihre Verluste kompensiert haben. Man könnte auch zusammenfassen, Kriegsziel bisher nicht erreicht. Und nun, meine Damen und Herren Abgeordneten?
Ich teile den Optimismus einiger Kommentatoren nicht. Es gab schon einige, allerdings wenige Warnungen zu Rußland innerhalb der Bundeswehr. Stimmt. Doch deren Herleitungen basierten auf wenigen echten Daten.
Überwiegend gab es doch wenig belegbare Spekulationen über Russland, es wurde auch untereinander auffallend viel abgeschrieben.
Mit der Auswertung von what-if-Simulationen zum Feind kann die militärische Führung zahlreiche Varianten vergleichen und dies kann dann bei Bedarf die notwenigen Folgerungen ziehen. Doch die Umsetzung ist schwierig.
Das Personal der Arbeitsebene war (ist?) kaum ausreichend um quantitativ und qualitativ die Basistätigkeiten „Collection“ und „Collation“ für Russische Streitkräfte zu erfüllen. Fachpersonal für Fähigkeiten und Qualitäten der Folgerungen und Ableitungen war und ist Mangelware. Darunter leiden wichtige Voraussetzungen für die Entscheidungsfindung und Handlungsfähigkeit der Bundeswehr.
Deshalb gab und gibt es wohl oft nur die Möglichkeit, auf die Beurteilung von glaubwürdigen Experten außerhalb der Bundeswehr zu vertrauen, die zusätzlich zu deren ausgeprägten Analysefähigkeit und einem fundierten sicherheitspolitischen Sachverstand auch über ein belastbares Netzwerk von Quellen verfügen. Quellenlage der Bundeswehr ist nicht Gegenstand hier, an dieser Stelle.
Bekannt ist, das ein gern gewähltes Verfahren „offene Quellen“ besteht, meint, dass hochwerige offene Quellen umformatiert werden und nach der Modifikation als hochgeheime Unterlagen den Entscheidungsträgern vorgelegt werden. Das betrifft sogar Bewerungen und Folgerungen. Hier wurde schon erwähnt, militärische und politische Entscheidungsträger haben im Fortgang der Arbeit die wenigen Warnungen, oft sogar recht arrogant, in den Wind geschossen.
Das war insbesondere seit 2022 oft wieder der Fall, als man sich im Angesicht des tapferen und unerwarteten ukrainischen Widerstandes, den ukrainischen Sieg gewünscht aber auch eingeredet hat. Insbesondere 2023 war das Prinzip Hoffnung wohl dominantes Beurteilungskriterium, als es den Ukrainern gelang, beachtliche Erfolge zu erzielen.
Viele Vorgesetzte sagten sogar offiziell, wir haben 2022 den Russen überschätzt, wohl auch zu Zeiten der UdSSR die Sowjet-Armee, das passiert uns nicht wieder. Verständlich, doch es führte dann leider oft zur gefährlichen Unterschätzung der russischen Aggressoren. Validität, Reliabilität und Objektivität der Analyse gingen verloren. Bei Analysten leider aber auch bei der Führung. Fehlerhafte Ergebnisse in Analysenprotokollen wurden bis ganz nach oben durchgereicht. Politische und militärische Folgerungen aus der Analyse der Arbeiten waren durch Wünsche und Hoffnungen geprägt. Ob es nun anders ist, kann nicht gesichert gesagt werden. Auf der Entscheiderebene gab dann zusätzlich einen Mix aus Schönreden und Bagatellisierung von kritischen Aussagen. Es gelang kaum Grundursachen offen zu beschreiben. Vorgefasste Meinungen der Entscheider bestimmten oft den Fortgang.
An die Stelle oft verzerrter Entscheidungen sollten nun als erstes ein politischer Wille und ein echter Bundeswehrplan für den notwendigen Anteil am Sieg der Ukraine im Vordergund stehen.
Klar ist auch, der Feind ist ein gemeinsamer: Russland! „Know your enemy“ – kenne deinen Feind. Das ist die Klammer. Dazu gehört auch in der Bundeswehr die rasche und konsequente Stärkung der Analysefähigkeit und Zielfokussierung zum Umgang mit der Lage über den Feind. Aber auch: Entscheidungsfreude, Planungsfähigkeit, Strategisches Denken und dann angemessenes Handeln!
@T5: „KI“ (=LLM im öffentlichen Diskurs) können als Wortaneinanderreiher da nicht viel analysieren. KI dient in diesem Fall hauptsächlich dem Abgreifen von Investitionen.
Streu KI drüber -> $$$
Die Datenbasis für das Wortaneinanderreihen dürfte durch die letzten zehn Jahre russischer Desinformationskampagne ziemlich biased sein…
Dazu passend. GI Breuer hat dem SWR ein Interview gegeben, in dem er auch eine mögliche Bedrohung von NATO Staaten in 5-8 Jahren anspricht.
Ich hoffe der Link ist okay.
https://www.ardaudiothek.de/episode/swr-aktuell-im-gespraech/generalinspekteur-wehrpflicht-dient-nicht-dazu-personalproblem-zu-loesen/swr-aktuell/13308247/
Bin relativ neu in dieser rpt dieser Diskussion. Und mein Gehoer bzw mein polit-Russisch ist nicht gut genug um die verfuegbaren audio-Aufzeichnungen richtig mitzubekommen. Deshalb hier die Frage: Hat jemand von einem klar definierten, russischem Kriegsziel gehoert oder gelesen? Quelle?
@Mike Molto sagt: 13.04.2024 um 16:16 Uhr
„Deshalb hier die Frage: Hat jemand von einem klar definierten, russischem Kriegsziel gehoert oder gelesen? Quelle?“
WO waren Sie die letzten zwei Jahre, bzw. haben Sie nichts mitbekommen? Und welches russische Kriegsziel? Gegen die Ukraine? Gegen die NATO? Gegen die zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken? Usw. usw..
Reichen Ihnen die ständigen Drohungen und Anfeindungen im UN-Sicherheitsrat, jeder sich bietenden Möglichkeit auf internationalem Parkett oder im russischen Staatsfernsehen nicht?
Einfach hier eine globalgalaktische Frage reinkippen ist wenig zielführend.
Sie könnten ja mal damit beginnen, die diversen Themenstränge zum Ukraine-Krieg hier im Blog nachzulesen. Da wurden die russischen Kriegsziele durch Putin himself, aber auch seinen Propaganda …. ääähm Außenminister Lawrow, den Kremlsprecher Peskow oder einen gewissen Herrn Medwedew mehrfach deutlich benannt, nämlich eine „Entnazifizierung“ der Ukraine und letztendlich die Tilgung des Staates Ukraine von der politischen Landkarte. Kann man aus Putins diversen schriftlichen und mündlichen Verlautbarungen sehr deutlich entnehmen und wurde hier, wie bereits erwähnt, mehrfach umfassend diskutiert, einschließlich entsprechender Quellen
Hoffe, ich konnte helfen. Und viel Spaß und Ausdauer beim Lesen.
@Herr Molto
einfachen den Tucker machen und Putin fragen. Je nach Tagesform werden Sie unterschiedliche Antworten bekommen.
Wenn Sie Pech haben einen 3h Pseudo Geschichte Vortrag mit Maximalziel „die Ukrainer sind nur degenerierte Russen uns müssen mit russischen Werten auf den richtigen Pfad geprügelt werden“.
Putin fühlt sich gerade stark, die Ukraine dank seiner Helferlein im Westem geschwächt, „Warum sollte man da Waffenstillstandsverhandlungen führen?“, Kiew kann ja bedingungslos kapitulieren.
@Dominik: Und selbst der Papst macht bei dem Mumpitz bekanntlich mit.
Wer Butcha gesehen hat, der weiß eigentlich haargenau, was in der Ukraine passieren wird, sobald die Verteidigung zusammenbricht und russische Truppen als Besatzer zurückkehren. Jeder, der auf diese Art „Frieden“ wünscht, sollte sich im Klaren drüber sein, was er da fordert.
Solche Leute sagen vielleicht auch der Nachbarin im Hausflur, sie solle doch bitte nicht so laut schreien und weinen, wenn ihr Ehemann sie mal wieder durch die Wohnung prügelt. Das störe ja die eigene Ruhe und überhaupt… Und schweigen dann betreten, wenn irgendwann das Unausweichliche passiert ist und die Spurensicherung den Tatort absperrt.
Wobei der Vergleich sicherlich hinkt, Denn in der genannten Situation bestünde immerhin eine Chance, dass der Täter bestraft wird. In Bezug auf russische Kriegsverbrechen in einer besiegten Ukraine ist diese Chance eher nichtexistent.
@ Pio-Fritz et al
Tnx fuer die Antworten. Ich habe mich die letzten 3 Jahre im Sued-Pazific und auf See befunden. In der Region hat man andere Probleme, ua die chinesische „Invasion“.
Insoweit war meine Frage ehrlich und ernst gemeint, denn das was ich von Exil-Russen, zB in NZ hoerte war diffus.
Es wurden auch regionale, territoriale Teilziele diskutiert, etwa Parallelen zu 1939 „Boehmen/Maehren“.
Putin fühlt sich nicht nur stark, er ist stark, weil er brutal und völlig skrupellos ist und wir immer schwächer dastehen. Er wird nochmal zwei, dreihunderttausend Mann in der Ukraine verheizen. Wenn dann im Herbst Trump noch ans Ruder kommt, wird Europa wild gackernd umherlaufen, und Putin wird der Ukraine den tödlichen Schlag versetzen. Um das zu sehen muss man weder Historiker noch General sein.
Problem an der ganzen Diskussion um russische Kriegsziele ist nach wie vor, dass diese nicht trennscharf kommuniziert werden und auch die russische Führung unterschiedliche Ansichten hat. Putin ist in seiner Argumentation eigentlich seit vielen Jahren sehr offen. Sein Narrativ vom „bösen Westen“ verfängt in Russland und auch bei vielen Europäern bis heute (Kriegsziel ist dabei das Schaffen einer Pufferzone entlang der relevanten Militärdistrikte – also das Erschaffen von grau-schraffierten Peripherie-Staaten Belarus, Ukraine, Armenien, Georgien, Kasachstan). Probleme dabei sind der NATO-Beitritt von Finnland und Schweden sowie der Fakt, dass die baltischen Staaten in der EU und NATO sind. Zudem ist man in Zentralasien quasi Juniorpartner der Chinesien und in der Schwarzmeerpolitik und in der kaspischen Perspektive Rivale der Türkei.
Für die schlichten Gemüter gibt es die Entnazifizierung der Ukraine und den Kampf gegen den Faschismus.
Und ganz klassisch … Putins System braucht quasi sein „Endspiel“ und seine Kriegswirtschaft, um die korrupten Strukturen zu erhalten und zu reproduzieren, die letztlich das System Putin am Leben halten. Und die Rohstoffe reichen noch ein paar Jahre und noch hält der postsowjetische Firnis. Putin hat – neben Kriegsverbrechen und Völkerrechtsbrüchen – mit dem Angriff auf die Ukraine einen teuren Fehler gemacht. Aber aufzugeben wäre für das System der absolute Genickbruch. Daher muss er nur länger durchhalten als die Unterstützer der Ukraine. Dann wird aus dem Loss der „double win“
… erschreckend, aber ein realistisches Szenario (natürlich gibt es da noch etliche andere).
Ich wurde 1996 als Wehrpflichtiger eingezogen. Ein Großteil der Rekruten bestand aus Spätaussiedlern = Russlanddeutschen. Die meisten hatten quasi mit Ihrem deutschen Pass direkt den Einberufungsbescheid zugestellt bekommen. Es waren alle Bildungsniveaus, Berufsabschlüsse und Menschenschläge dabei. Auch die sprachlichen Fähigkeiten waren sehr unterschiedlich ausgeprägt: von gar kein Deutsch bis hin zum fast akzentfreien Germanistikstudent war echt alles dabei. Da es dazu auch – meist hier geborene – deutsch- russische Ausbilder gab, bildete man sogar ganze Züge, in denen Russisch die Lingua Franka bildete. Und das funktionierte erstaunlich gut, zumindest von Aussen betrachtet.
Warum erzähle ich Ihnen diesen Schwank aus meiner Zeit als Panzergrenadier?
Weil ich eines nicht fassen kann: Wir beklagen uns keinen Einblick in die russische Militär- Politik zu haben? Wir verstehen das russische Mindset nicht?
Wieso hat die Bundeswehr hier keine Fachleute gewonnen? Wir sind das einzige Land außerhalb des ehemaligen UDSSR- Staatenbundes, der solch eine grosse russischsprachige Diaspora hat. Quasi fast eine Million Menschen. Das ist doch ein Pfund mit dem man wuchern könnte, denn diese bringen neben Sprachkenntnissen auch maximale Kulturkompetenz mit. Wurde diese Ressource echt bisher nicht angezapft? Warum. Denn. Nicht.
@ Paradox77
Danke fuer die Darstellung.
Meiner Auffassung nach kaempft Russland in der Ukraine „mit einer Hand hinter den Ruecken gebunden“, aehnlich wie die USofA seinerzeit in Vietnam. (Aus anderen Ursachen) – Wenn RUS seine grossen Reserven aus dem FernostKdo vershiften wuerde (koennte) waere der Krieg in drei Wochen vorbei. Aber RUS darf seine Mandschurei/China Grenze nicht schwaechen, sonst stuende China kurze Zeit spaeter am Baikal.
Insofern ist RUS gegenueber China aus meiner Sicht nicht als Juniorpartner zu betrachten, eher als Uraltfeind/Konkurrent noch aus Szaristischen Wurzeln.
@Paradox77: Solange die Ukraine nicht militärisch implodiert, kostet uns dieser Krieg – so zynisch das ist – „nur“ Geld und Material. Mit Blut zahlen derzeit vor allem die Ukrainer und Russen.
Das große Problem ist, dass wir kaum eine Wahl haben, als die Ukraine weiter zu unterstützen, und zwar mit allem, was geht. Sonst sind früher oder später wir dran. Und so blank, wie die europäischen Armeen, allen voran die Bundeswehr, dastehen, ist dann im Wesentlichen „Flexible Response time“.
Die Einschätzungen zu den russischen Atomstreitkräften teile ich so nicht. Ich glaube, dass dort vieles ebenso marode und durch Korruption abgehalftert sein dürfte, wie bei den übrigen Teilstreitkräften. Allerdings bleiben dann immer noch genügend funktionierende Sprengköpfe und Raketen übrig, die eine reelle Gefahr bilden.
@ Metallkopf: Ja, dem stimme ich persönlich zu 100% zu. Die Ukraine bezahlt quasi unsere Rechnung … zynisch wird in meinen (akademischen) Kreisen auch von einem Stellvertreterkrieg gesprochen, den man aber so nicht benennen solle. Daher finde ich die Diskussion um die mangelnde Bereitschaft der Nachbestellung von Munition & Gerät sowie die – nicht vorhandene – Kriegsbereitschaft abenteuerlich. Putin eskaliert halt konventionell, weil er es kann. Es wird halt schwierig die Kriegswirtschaft in Russland am laufen zu halten (alle Outs und „Waschmaschinen“ wie Kasachstan, Kirgisistan und der Iran werden quasi monatlich teurer oder sind von zweifelhafter strategischer Loyalität (Usbekistan, Tadschikistan)), aber noch klappt es und die nächsten 5 Jahre sind rechnerisch möglich. Falls jemand dazu fragt, wie man darauf kommt – Analyse von volkswirtschaftlichen Daten, Zollabfertigungsdatenbanken, Projektberichte der internationalen Zusammenarbeit/ internationaler Organisationen vor Ort, Umfragen/Erhebungen von kommerziellen und nicht-staatlichen Akteuren und eigene Erhebungen (OSINT & HUMINT de facto) sowie Auswertungen von RS (remote Sensing und Satellitenauswahl).
@ Mike Molto: Ja, die Diskussion um den sino-russischen Block bzw. die Feindschaft. Zwei nationalistische Systeme mit Absolutheitsanspruch sind sich halt einig mit ihrer Gegnerschaft mit dem „bösen Westen“. Nicht ohne Grund ist ja die BRI (vulgo „Neue Seidenstraßen-Initiative“) ohne die USA und die „Hochzeit im Himmel“ zwischen Europa und China mit Russland als Transitland bzw. Juniorpartner von beiden Staaten. Geopolitisch geht es halt gegen die USA, was schwierig ist, wenn Europa sich wieder transatlantisch verhält.