Zur Dokumentation: Pressekonferenz Scholz, Macron, Tusk

Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der polnische Ministerpräsident Donald Tusk sind am (heutigen) Freitag in Berlin zusammengekommen. Bei dem Treffen im Format des so genannten Weimarer Dreiecks ging es vor allem um die weitere Unterstützung der Ukraine. Zur Dokumentation ihre Aussagen beim Pressestatement (bei dem keine Fragen zugelassen waren; Details wie die geplante neue Fähigkeitskoalition für weitreichende Raketenartillerie müssen deshalb später geklärt werden):

Scholz: Ich freue mich, dass wir heute erstmals gemeinsam in dieser Konstellation mit dir, lieber Donald Tusk, im Format des Weimarer Dreiecks zusammenkommen. Frankreich, Deutschland, Polen, das Weimarer Dreieck im Herzen Europas ist ein ganz wichtiges Zeichen unserer Geschlossenheit. Geschlossenheit ist so wichtig. Unsere drei Staaten gehören zu den größten Unterstützern der Ukraine im Kampf gegen den imperialistischen Aggressor Russland, politisch, militärisch und finanziell. Wir stehen eng und unverbrüchlich an der Seite der Ukraine. Das haben wir von Anfang an klargemacht, und das gilt „for as long as it takes“.

Klar ist: Wir unterstützen die Ukraine. ‑ Klar ist auch: Wir sind nicht im Krieg mit Russland. Unser gemeinsames Ziel ist und bleibt es, sicherzustellen, dass sich die Ukraine gegen die russische Aggression wirksam verteidigen kann. Dafür engagieren sich Deutschland, Frankreich und Polen gemeinsam mit vielen Verbündeten und Partnern in Europa und jenseits des Atlantiks. Wir werden in unserem Engagement nicht nachlassen.

Heute haben wir hier in Berlin darüber gesprochen, wie wir die Ukraine ganz konkret noch stärker unterstützen können. Unsere Überlegungen fußen auf den Ergebnissen der Konferenz von Paris. Hierfür noch einmal herzlichen Dank, lieber Emmanuel!

Wir haben uns heute auf einige Schwerpunkte verständigt. Unter anderem werden wir ab sofort noch mehr Waffen für die Ukraine beschaffen, und zwar auf dem gesamten Weltmarkt. Das ist eine gute Verbesserung. Zweitens wird die Produktion von Militärgerät ausgebaut, auch durch Zusammenarbeit mit Partnern in der Ukraine. Drittens gründen wir im Rahmen des Ramstein-Formats eine neue Fähigkeitskoalition für weitreichende Raketenartillerie. Viertens werden wir auch im Rahmen der Europäischen Union unsere Unterstützung verstärken. Dafür haben wir in dieser Woche in Brüssel sehr wichtige Beschlüsse gefasst. Die Europäische Friedensfazilität erhält fünf Milliarden Euro, um weitere militärische Unterstützung für die Ukraine in diesem Jahr zu leisten. Die EU-Ausbildungsmission wird gestärkt. Wir werden „windfall profits“ aus russischen Vermögenswerten, die in Europa eingefroren sind, nutzen, um den Kauf von Waffen für die Ukraine finanziell zu unterstützen.

Am Montag werden die Verteidigungsminister in Ramstein zusammenkommen, um die konkrete Umsetzung zu besprechen. Wir drei werden uns schon nächste Woche wiedersehen, um diese Fragen auf dem Europäischen Rat mit unseren europäischen Partnern anzugehen.

Sie sehen: Wir alle drei meinen es ernst mit unserer Unterstützung der Ukraine. ‑ Sie sehen auch: Solidarität und gemeinsames Handeln sind unverzichtbar, um Frieden und Freiheit in Europa zu verteidigen. Mehr denn je gilt: Unsere Einheit ist unsere Stärke. Gerade unsere drei Staaten, Deutschland, Polen und Frankreich, wächst dabei eine besondere Verantwortung zu.

Gestern habe ich ausführlich mit Präsident Selenskyj telefoniert, mit ihm die militärische Lage erörtert und darüber gesprochen, welche Unterstützung jetzt besonders nötig ist. Er weiß, dass er sich auf uns verlassen kann. Dieses Signal der Unterstützung für Kyjiw erneuern wir heute von dieser Stelle aus. Ein glasklares Signal geht aber auch in Richtung Moskaus. Der russische Präsident soll wissen: Wir werden in unserer Unterstützung der Ukraine nicht nachlassen. Wir stehen unverbrüchlich und geeint an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer.

Schönen Dank.

Macron: Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, lieber Olaf, Herr Premierminister, lieber Donald, meine Damen und Herren, vielen Dank, lieber Olaf, dass du uns eingeladen hast und dass du uns so schnell ‑ wir hatten das schon am Sonntag besprochen ‑ im Rahmen des Weimarer Dreiecks dazu eingeladen hast! Das ist das erste Mal, dass wir das mit Donald machen. Das ist sehr, sehr wichtig.

Wie der Kanzler gesagt hat, teilen wir alle drei einen Willen. Wir möchten ‑ da sind wir willig und kohärent ‑, wir sind willig, etwas zu machen. Wir haben heute schon Entscheidungen getroffen, und wir haben schon Maßnahmen angekündigt. So lange, wie es notwendig ist, werden wir alles tun, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann. Wir werden weiterhin die Ukraine und das ukrainische Volk unterstützen, und dies so lange wie möglich, und wir werden nie eine Initiative zur Eskalation unternehmen. Wir haben da einen sehr starken Willen geäußert.

Das heißt auch, dass wir einig bleiben müssen. Darum haben wir mehrere Initiativen beschlossen, und wir haben heute auch konkrete Maßnahmen im Rahmen des Weimarer Dreiecks sowie infolge des Gipfels in Paris am 26. Februar getroffen. Unsere Sicherheit und unsere Zukunft stehen auch in der Ukraine auf dem Spiel. Wir sind natürlich solidarisch, weil die territoriale Souveränität der Ukraine angegriffen wurde. Dies tun wir für die Ukraine, aber auch, weil unsere Sicherheit in der Ukraine auf dem Spiel steht. Wir sind da willig, wie schon gesagt, und wir möchten den Aggressionskrieg Russlands bekämpfen.

Wir haben mehrere Initiativen erarbeitet. Die jüngste Initiative stammt vom 26. Februar. Wir werden in den Bereichen, in denen wir selbst nicht genügend Munition haben, Munition in Ländern kaufen. Unsere tschechischen Freunde haben da eine Initiative ergriffen, und wir werden diese Initiative unterstützen.

Hinsichtlich Cybersicherheit, Minenräumung, Grenzkontrolle und Grenzschutz haben wir auch mehrere Maßnahmen getroffen. Ich möchte mich bei Donald bedanken.

Wir haben auch eine gemeinsame Diskussion geführt, und wir haben konvergente Meinungen zur Unterstützung von Moldau. Das hatten wir auch am 26. Februar gesagt.

Ich möchte mich auch bei dem Kanzler bedanken, der da eine besondere Verantwortung hat. Ich denke insbesondere an die Produktion von Munition auf ukrainischem Gebiet. Jetzt werden wir das konkret machen. Wir werden mit den Industriellen in Europa und in der Ukraine zusammenarbeiten, um eine praktische Antwort zu geben.

Dann haben wir auch beschlossen, eine neue Fähigkeitskoalition zu schaffen, die sich mit der (akustisch unverständlich) der Raketenartillerie befasst. Sie ist offen für alle. Nächste Woche werden unsere Verteidigungsminister gemeinsam tagen, und sie werden die Anwendung dieser Maßnahmen konkret beschließen. Ich möchte mich bei allen Staats- und Regierungschefs bedanken, die dabei mitmachen, also in den Niederlanden, Estland, Litauen, Rumänien, Norwegen usw.

Parallel dazu, wie der Kanzler gerade sagte, wollten wir weiterhin Fortschritte bei der Verstärkung unserer Verteidigung und der Hilfen machen. Wir sind sehr froh, dass wir uns über die europäische Friedensfazilität geeinigt haben. Dies wird eine europäische Produktion fördern. Aber wenn das nicht schnell oder stark genug vonstattengeht, werden wir in der Lage sein, Finanzierungen zu mobilisieren, um Munition und Rüstungsgüter in Nachbarländern zu beschaffen, um die Ukraine zu unterstützen. Herr Donald Tusk, der Kanzler und ich werden uns auch über eine nachhaltige Finanzierung der Hilfen für die Ukraine einigen.

Dann zu unserer Verteidigungsstrategie: Natürlich werden wir sie weiterführen. Diesbezüglich haben wir beschlossen, unsere Stellung im Rahmen der nächsten Tagung des Europäischen Rates zu verteidigen. Diese europäische Verteidigungsstrategie ist natürlich mit Investitionen verbunden. Wir werden versuchen, unsere strategischen Abhängigkeiten zu reduzieren, und gemeinsam unsere Sicherheits- und Verteidigungsstrategie stärken.

Das Treffen von heute ist für uns eine Gelegenheit, unsere Einigkeit zu stärken. Wir möchten auch sagen, dass wir alle drei im Rahmen des Weimarer Dreiecks einverstanden sind. Wir haben dieselbe Bewertung der Lage in der Ukraine: Die Lage ist schlimm, das ist eine neue Epoche, aber wir werden dabei sein. Wir stehen jetzt alle drei vor Ihnen. Wir sind, wie schon gesagt, willig. Wir sind entschieden. Wir werden alles tun, damit Russland den Krieg nicht gewinnt. Wir werden weiterhin die Ukraine und das Volk der Ukraine unterstützen.

Vielen Dank für die Einladung, Herr Kanzler, und vielen Dank an den Premierminister, der uns bestimmt in den nächsten Monaten in Polen empfangen wird. Das ist für uns eine große Chance.

Tusk: Herr Bundeskanzler, lieber Olaf, lieber Emmanuel, wir haben ein sehr gutes Gespräch gehabt. Manchmal passiert es in der Diplomatie und in der Politik, dass man sehr schnell auf gute Ideen kommt, wenn man den guten Willen hat. Wenn das der Fall ist, dann kann man auch sofort zu handeln beginnen, und das ist auch jetzt der Fall gewesen, als der Gipfel hier in Berlin organisiert worden ist.

Für mich persönlich ist es in dieser schwierigen Zeit sehr wichtig, dass das Weimarer Dreieck wieder zu einem Format wird, das das gute Tempo und die guten Angelegenheiten in Europa gewähren kann. Was wir heute alles beschlossen haben und die Atmosphäre während des Treffens heute, das alles zeigt ganz deutlich, dass die bösen Gerüchte, dass es Streitigkeiten oder Meinungsunterschiede zwischen den Hauptstädten in Europa gäbe, nicht stimmen.

Heute haben wir wirklich mit einer Stimme gesprochen, vor allem über die Sicherheit unseres Kontinents, unserer Länder, und all das natürlich im Kontext des Kriegs in der Ukraine. Wir sind wirklich einer Meinung, was die Bewertung dessen anbetrifft, wer die Verantwortung für die Eskalation, für die Situation in der Ukraine trägt, wer der Aggressor ist und wer es verdient, von uns unterstützt zu werden.

Ich möchte mich bei dem Herrn Bundeskanzler dafür bedanken, dass er nicht gezögert hat. Manchmal passiert es in der Politik, dass man lange verhandelt, dass man zögert. Das ist hier nicht der Fall gewesen. Wir haben sofort gesagt, dass man die Ukraine sofort und möglichst intensiv unterstützen muss. Wir wollen unser Geld ausgeben und wir wollen überall helfen, wo das nötig ist, und zwar „hic et nunc“, also genau jetzt und genau hier, damit die Situation der Ukraine in den kommenden Wochen, in den kommenden Monaten besser und nicht schlechter wird.

Wir haben auch über die transatlantischen Beziehungen gesprochen. Ich habe meinen Kollegen unter anderem gesagt, was in Washington jetzt gerade passiert ist, als ich da zu Besuch war. Auch da sind wir einer Meinung. Europa und wir als Weimarer Dreieck, wir sind uns unserer Verantwortung für die Zukunft der transatlantischen Beziehungen bewusst. Wir sind uns auch dessen bewusst, dass wir, die Europäer, die Verantwortung für unsere eigene Sicherheit und Zukunft tragen. Das kann auch niemand ändern. Wir sind also auch davon überzeugt: Was auch immer politisch passieren sollte: Je stärker Europa sein wird, desto größer wird auch die Chance für die Ukraine sein, den Krieg zu gewinnen, und desto besser werden auch die transatlantischen Beziehungen sein, heute und in der Zukunft. Ein starkes, vereintes Europa ist wirklich der beste Partner für alle in der Welt, und das gilt natürlich auch für die USA.

Auch was die Republik Moldau betrifft, werden wir aufpassen, wir werden uns um die Republik Moldau kümmern. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass wir auch dieses Land unterstützen, und ich freue mich sehr, dass es auch eine gemeinsame Priorität für uns sein wird, auch die Republik Moldau in dieser Zeit, die auch für die Republik Moldau schwierig ist, zu unterstützen.

Wir haben wirklich viele Themen besprochen. Auch den Handel mit der Ukraine haben wir besprochen. Das ist jetzt ein Problem in Polen, das werden Sie wohl wissen. Vielen Dank dafür, dass Sie meine Argumentation verstanden haben und dass Sie auch bereit sind, hier den polnischen Standpunkt zu unterstützen, wenn wir die Gespräche in Brüssel dazu haben werden. Ich habe Emmanuel und Olaf gesagt, dass die Zusammenarbeit mit der Kommission in dieser Frage auch gut läuft. Ich bin sehr zufrieden mit den ersten Ergebnissen, die bereits vorliegen. Aber vielen Dank vor allem für das Verständnis, denn: Das ist wirklich eine schwierige Angelegenheit, aber mit Ihrer Unterstützung wird da aus der Sicht Polens, der Ukraine und Europas sicherlich eine bessere Lösung gefunden.

Ich freue mich auch sehr, dass Sie meine Einladung angenommen haben, uns im Frühsommer in Polen zu treffen. Dann werden wir auch eine Gelegenheit haben, das zusammenzufassen, was bis dato gemacht worden ist, und neue Pläne zu schmieden.

Noch einmal vielen Dank! Dies ist, glaube ich, eine gute Neueröffnung des Weimarer Dreiecks. Das wird wirklich ein tolles Format sein, von dem alle profitieren werden.

Vielen Dank!

(Transkript des Bundespresseamtes)

(Foto: v.l. Macron, Scholz und Tusk bei ihrem Pressestatement im Kanzleramt – Lorenz Huter/photothek.de)