(Vorläufige Statistik zur) Personalstärke Dezember 2023: 2.700 Zeitsoldaten weniger als im Vorjahr
Die Zahl der aktiven Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr ist zum Jahresende 2023 weiter gesunken und liegt mit rund 181.500 um knapp 200 (Korrektur) unter dem Stand vom November 2023 und gut 1.500 unter der Zahl zum Jahresende 2022. Dafür verantwortlich ist vor allem ein deutliches Absinken der Zahl der Soldaten auf Zeit, während es im Jahresvergleich mehr Berufssoldaten und Freiwillig Wehrdienst Leistende (FWDL) gab.
Die komplette Statistik zum Stichtag 31.12.2023 ist unter dem üblichen Link am (heutigen) 2. Februar noch nicht verfügbar. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte auf Anfrage von dpa aber vorläufige Zahlen, die ich dann auch mal abgefragt habe:
Zum Stichtag 31. Dezember 2023 waren rund 181.500 Soldatinnen und Soldaten (je rund 24.400 Frauen, 157.100 Männer) sowie rund 81.500 Zivilbeschäftigte (je rund 31.650 Frauen, 49.850 Männer) in der Bundeswehr tätig.
Unterteilt nach Soldatinnen und Soldaten auf Zeit (SaZ), Berufssoldatinnen und -soldaten (BS) und Freiwillig Wehrdienstleistende (FWDL) ergibt sich folgendes Bild (Zahlen gerundet):
Stichtag 31.12.2023
Berufssoldaten 57.400
männlich 52.300
weiblich 5.100
Soldaten auf Zeit 114.150
männlich 96.650
weiblich 17.500
FWDL 9.950 (inkl. Heimatschutz)
männlich 8.150
weiblich 1.800
Das bedeutet bei der größten Gruppe, den Soldaten auf Zeit, im Vergleich zum November 2023 einen Rückgang um knapp 100 und im Vergleich zum Dezember 2022 eine Verringerung um rund 2.700 Soldatinnen und Soldaten. Bei den Berufssoldaten stieg dagegen im Jahresvergleich die Zahl von 56.729 auf rund 57.400, bei den Freiwillig Wehrdienst Leistenden von 9.450 zum Jahresende 2022 auf rund 9.950 zum Jahresende 2023.
Ein detaillierter Blick auf den Personalbestand zum 31.12.2023 zeigt, dass der zahlenmäßige Rückgang keineswegs durchgängig ist. Bei Berufssoldatinnen und -soldaten sowie Freiwillig Wehrdienstleistenden sind Aufwüchse zu verzeichnen, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums dazu. Das stimmt zwar, allerdings steht dem Zuwachs von knapp 1.200 bei Berufssoldaten und FWDL eben der Rückgang von 2.700 bei den Zeitsoldaten gegenüber. Dieser Trend hatte sich bereits im ganzen Jahr 2023 abgezeichnet.
(Wenn die vollständige Statistik vorliegt, wird sie natürlich nachgetragen)
(Archivbild November 2023: Bundeswehrsoldaten der enhanced Forward Presence Battlegroup (eFP) in Litauen bei der Militärparade anlässlich des 105. Jahrestages der litauischen Armee in Vilnius – Marco Dorow/Bundeswehr)
Als kürzlich ausgeschiedener SaZ 13 kann ich nur sagen:
Wenn die Bundeswehr weiter die Schuld bei Anderen sucht (hoher Wettbewerb, Fachkräftemangel usw.) stößt Sie nie auf die wahren Gründe.
Dass die Bundeswehr kein Arbeitgeber wie jeder andere ist sollte hinlänglich diskutiert worden sein. Was mir allerdings fehlt (und dazu möchte ich selber keinen Lösungsvorschlag abgeben) ist der Umgang damit, wie man Soldaten dazu motiviert diesen wichtigen Beruf auszuüben und, meiner Meinung nach fast noch wichtiger, weiterzuempfehlen.
Mein DZE naht in 8 Wochen, und immer mehr wird mir bewusst, wie sinnfrei der Dienst im BAAINBw ist.
Bsp. von letzter Woche. Leistungsbeschreibung zur Ausschreibung an einen Zulieferer/Hersteller wurde im August letzten Jahres beim zuständigen Referat (für Ausschreibung/Angebotsaufforderung) zur weiteren Bearbeitung eingereicht. Im Oktober wurde dann eine Kostenschätzung durch das Fachreferat angefordert, da das Angebot der Herstellerfirma nicht aussagekräftig wäre…. Im Dezember wurde das Fachreferat nochmals aufgefordert (belanglose) Frage zum eigentlichen Liefergegenstand zu beantworten. Mitte Januar nochmals Fragen zu den produktspezifischen Bezeichnungen, weil die Originalbezeichnungen in Englisch sind…
Somit zieht sich eine eigentlich reife Beschaffung immer weiter in die Länge, wo die zivilen Unternehmen schon dreimal eingekauft hätten.
Letzte Woche ist mir dann der Geduldsfaden gerissen und ich habe meine Meinung dem Referat für die Ausschreibung/Angebotsaufforderung per Mail zukommen lassen. Hoffentlich wird diese von den Teilzeitkräften im Home-Office auch gelesen…
@Ehemaliger sagt: 02.02.2024 um 18:29 Uhr
Das Problem der Bw ist doch, daß nicht jeder studierte Offz SaZ 13, und das sind Sie ja anscheinend, auch als BS gebraucht wird. Die Dienstgradpyramide wird enger. Und wer andere Alternativen hat, der geht eben. Das ist nicht immer zum Vorteil der Bw, aber so gewollt. Habe ich auch gemacht und bin voll zufrieden. Und diene eben als Reservist.
@Pio-Fritz, wo lesen Sie da heraus das Ehemaliger gern BS geworden wäre? Wenn ich mir die Zahlen angucke scheint die Bundeswehr auch nicht unbedingt ein Problem zu haben ausreichend SaZ den Wechsel zum BS schmackhaft zu machen, deren Zahl ist schließlich im Jahresvergleich gewachsen.
Das Problem sehe ich eher im werben neuer SaZ. Zum einen sind die meisten Dienstposten ja für SaZ ausgeplant und das sind ja auch die BS von morgen.
Eigentlich dürfte man angesichts dieser Misere nicht mehr von PersonalSTÄRKE reden. Ist mittlerweile eine sich immer mehr verschärfende PersonalSCHWÄCHE, spätestens wenn die Gesamtzahl unter 180.000 sinkt.
SCHULD hat neben der politischen Leitung der letzten 15 Jahre aber auch die militärische Führung, deren ca. 200 Flaggoffiziere dieser Entwicklung widerspruchs- und tatenlos zuschauen, solange es mit der eigenen Karriere schön weitergeht.
Wenn wir wirklich wieder „kriegstüchtig“ werden wollen, dann werden wir kurzfristig nicht um die Wiedereinführung der Wehrpflicht und mittelfristig einer Dienstpflicht für alle Geschlechter herumkommen.
Das Urproblem ist…
Das die Demographie seit der Trendwende 2016 bekannt war, aber ignoriert wurde. Jetzt gehen die Babyboomer bis 2031/32 in allen Bereichen der Gesellschaft in Rente/Pension… und die Lücken in allen Bereichen zu schließen ist schlicht unmöglich… da einfach die Menschen nicht da sind. Da kann man sich ausdenken was man will… Es wird nicht gelingen bis 2031 auf 203.000 aufzuwachsen. Zumal wir ja schon seit Jahren mit ca. 20000 unbesetzten Dienstposten kämpfen.
Die jetzt als neu verkauften Maßnahmen der TF Personal hat es in der Masse schon einmal in den letzten Jahrzehnten gegeben… z.B. Truppe entscheidet wen sie als Feldwebel haben will, ZAW ohne AEU, regionale Bindung (deshalb wurde damals die große Bündelung Fw-StFw eingeführt), etc. .
Wenn nicht genügend Menschen für den gesamten Arbeitsmarkt verfügbar sind… kann man nicht ernsthaft glauben, 20.000 unbesetzte Dienstposten besetzen zu können, einen normalen jährlichen Ergänzungsbedarf von 20.000 zu generieren… und dann noch zusätzlich jährlichen ca. 3.000 Soldaten gewinnen zu können…
Aber auf der anderen Seite aber immernoch an der Freiwilligkeit bei der Zurruhesetzung zwischen besonderer und allgemeiner Altersgrenze festzuhalten…
So wird das nichts mit 203.000 bis 2031.
Soldaten werden nicht verlängert in ihrem Status, Lehrgänge werden abgesagt da es keine richtige Lehrgangsplanung gibt. Frust bei Vorgesetzten, Frust in der Truppe, eine BwDlz die das DIENSTleistung im Namen vergessen hat und wir Soldaten die gegen Windmühlen kämpfen. Was erwartet man?
Aber all dem zum Troz, sind wir hoch motiviert.
Und in der 3 größten Industrienation kriegen nicht Mal die 18T die Vollausstattung. Traurig
Um es mit den Worten von Prof. Sönke Neitzel zu sagen: „Die Bundeswehr könnte nur mit Anstand sterben.“
Welcher ganz normale Jugendliche soll sich denn freiwillig leere Munitionsdepots, Unterkunftsbauten mit einer Dauer von über 6 Jahren und nicht verfügbare Panzer antun?
Dazu kommt ein Generalinspekteur, der so charismatisch ist wie eine Bushaltestelle in Duisburg. Er repräsentiert für mich überhaupt nicht die Stärke von Streitkräften.
Auch ein beliebter Bundesminister der Verteidigung hat bisher noch nichts auf die Kette bekommen.
Mein Vorschlag: Wir brauchen mehr Arbeitsgruppen und Task Forces.
Und das alles zum Preis von 52 Milliarden Euro!!!
@Flo sagt: 03.02.2024 um 9:45 Uhr
„@Pio-Fritz, wo lesen Sie da heraus das Ehemaliger gern BS geworden wäre?“
Gar nicht, diese Argumentation kommt mir nur seltsam bekannt vor. Habe ich so und in Varanten schon öfter gehört.
Auch die nebulösen Andeutungen zu den Personalproblemen, ohne Roß und Reiter zu benennen.
Ich möchte als Bürger einer großen Nachbarstadt höflich darauf hinweisen, dass die Duisburger offen über ihre Probleme sprechen (so wie die Bundeswehr), zudem dann aber auch daran arbeiten, sie abzustellen (was sie von der Bundeswehr unterscheidet). Beide vereint, dass sie kein Geld haben ;-)
[Ok, die Städte-Bewertung und ähnliches haben wir damit auch abgeschlossen. T.W.]
Ich sehe das so:
– Den demografischen Wechsel in der Gesellschaft kann man nicht ignorieren, man wird lernen müssen damit zu leben.
– Es gibt auch keinen vernünftigen Grund zu glauben, die Bundeswehr wäre bei der Personalgewinnung überproportional erfolgreicher als der restliche Arbeitsmarkt. Zumal sich der Staat auch eine zu große Konkurrenz zu seiner Wirtschaft gar nicht leisten sollte, hier muss ein vernünftiges Verhältnis gewahrt werden?
– Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass schnelle, einfache und funktionierende Prozesse sowie modernstes Gerät durchaus eine Anziehungskraft für junge Leute darstellen.
– Man wird sich also mit diesen beiden Themen „einfach funktionierende Verwaltung“ und vor allem aber dem „produktiven“ Einsatze von Personal“ beschäftigen müssen. So wie es im wirtschaftlichen Bereich ja auch tägliches Geschäft ist. Das meine ich nicht im negativen Sinne a la „Ausbeutung“. Sondern auch die Bundeswehr muss sich die Frage stellen wie kann ich das vorhandene Personal effektiv einsetzen und ggf. für andere Aufgaben freisetzen kann.
– Und diese Überlegungen gelten dann natürlich für das gesamte Verwaltungshandeln (incl. der Rüstungsprozesse), wo es nicht scheint, dass z.B. Digitalisierungseffekte eingefahren wurden.
– Vor allem aber auch bei der Einführung modernster Waffensysteme, die z.B. durch einen höheren Grad der Automatisierung Bedienpersonal einsparen. Wie man das im Einzelnen umsetzen sollte und was der Bundeswehr z.B. die Einsaprung eines einzelnen Soldaten als Bedienpersonal finanziell wert sein sollte, wäre dann zu überlegen.
@Ehemaliger:
Da bist du ungefähr eingestiegen, als ich nach 12 Jahren ausgeschieden bin. Und glaub mir, deine Aussage, war auch damals genauso zutreffend.
Den Beruf des Soldaten habe ich immer als meine Berufung angesehen. Aber die Bedingungen haben es mir persönlich unmöglich gemacht, dabei zu bleiben. Und an meiner Ansicht hat sich auch nach mehr als einer Dekade nichts geändert.
Und monatlich grüßt das Murmeltier… Letztes Wochenende hatten wir das jährliche halb – private Glühweintrinken, also Stabsfeldwebel bis Oberstleutnante verschiedener Stellen. Zusammen rund 300 Jahre Bundeswehr auf der Terrasse. Fazit nach langen und ernsten Gesprächen: Während Streitkräfte an sich und der Auftrag wichtiger denn je seien (Zeitenwende!), werden die Fehler und Leerstellen in der mittleren Führung immer krasser. Alle motiviert, den Auftrag zu erfüllen, aber objektive Verunmöglichung durch die Führung, weil dort personelle Realitäten ausgeblendet werden und Strukturreformen verweigert werden.. Bei allen Überprüfungsübungen der letzten Jahre gute bis sehr gute Bewertungen, aber um den Preis der Selbstausbeutung. Folge: immer mehr Leute gehen von der Fahne, neue sind nicht zu bekommen. Fehl bei durchschnittlich 60%. Teilweise 80%. Wenn ich dann den Bundeskanzler im Fernsehen beim Truppenbesuch über meinen eigenen Auftrag reden höre, dann klingt das schon etwas nach April 45 und der Armee Wenck. Truppen, die nur auf dem Papier bzw. in der excel-Tabelle existieren…. Materialmängel sind viel leichter abstellbar, als eingeschliffene Führungsmängel und Trägheit. Und damit entfallen auch bei uns Soldaten als private Nachwuchsgewinner. Lieber schweigen, als junge Leute anlügen.
Windlicht
War das dann Selbstkritik oder wie stelle ich mir das vor, wenn da Stabsfeldwebel und Stabsoffiziere zusammen sitzen und die schlechte Führung in der Bundeswehr kritisieren?
einfach Mal nein sagen. Einfach Mal im Routinedienst, pünktlich Feierabend machen, damit die Probleme nach oben spürbar werden. Nicht mehr die Probleme für die nächste Ebene lösen.
Daneben, dass Problem ist schon längst da. Der Lebensalter Median in der Bundeswehr, gerade bei den SAZ und vor allem bei Mannschaften und Unteroffizieren ist inzwischen 10 Jahre höher, als er es 2000 war.
@ Windlicht: „Und monatlich grüßt das Murmeltier…“ Das trifft es sehr gut. Aber immer wieder: Der aktive Mitabeiter, der den eigenen Arbeitgeber nicht mit Stolz an junges Personal weiterempfehlen kann (und von diesen Negativmultiplikatoren gibt es jede Menge), sollte doch für eine aufmerkasame Führung ein sehr lautes Alarmsignal sein. Aber statt dessen wird nur erzählt, was doch alles geschafft worden ist man mal zufrieden sein sollte.
Zum zweiten: es wundert vor dem Hintergrund einer schwächelnden Wirtschaft nicht, dass einige in „den sicheren Hafen BS“ einlaufen. Die Frage (vor dem Hintergrund von BS-Übernahmeprämien in einigen Bereichen): „Sind das die Kandidaten, die die Bw haben will, bzw. benötigt, oder sind das diejenigen, die man nehmen muß, um die Zahlen nicht noch weiter abrauschen zu lassen?“
Zum dritten: Es ist schon sehr attraktiv für einen jungen Menschen, der vielleicht noch auf den Studien- oder Ausbildungsbeginn wartet, als FWDL zur Bw zu gehen. Wenn man bedenkt , dass man als ungelernter schulentlassener Soldat (Mannschaft) nach 12 Monaten rund 1800 € Netto bekommt. Das ist ja mehr, als bei VW. Aber sind das nachhaltige Zukunftsmodelle???
@Windlicht
Vorab nur zur Klarstellung: Ich glaube nicht, dass Sie den demokratisch gewählten Bundeskanzler in die Nähe eines gewissen A.H. rücken wollten.
Ihren Frust in der mittleren Ebene kann ich als Zivilist zwar verstehen, aber die Kritik an der obersten Führung geht am Kern vorbei. Da sitzen keine dummen oder ignoranten Personen. Die haben den größeren gesellschaftlichen Weitblick als Sie und Ihre Kameraden und wissen genau, die Bevölkerung, der Souverän, will keine richtige Armee. Diesem Willen des Souveräns beugt man sich. Der eine versucht noch, den Millimeter, den er ändern kann, zu verbessern und der andere betrachtet es nur noch mit Abgeklärtheit.
[Ich nehme auch nicht an, dass die in Ihrer „Klarstellung“ genannte Aussage intendiert war, und ich bitte dringend darum, das nicht weiterzuführen. T.W.]
Neulich im Netz gelesen:
„Dabei liegt auf der Hand, was geschehen muss: weniger Stäbe, mehr Truppen. Deutschland braucht Soldaten, die kämpfen können, und nicht massenhaft Offiziere, die in Ämtern, Kommandos und Behörden Papier bearbeiten. Der Plan dafür, wie diese Maxime umgesetzt werden kann, liegt im Büro des Generalinspekteurs Breuer.“
War glaube bei NZZ …
Hier das Dilemma: guter Plan, nur nicht umsetzbar aus mehreren Gründen. Vor allem aber – so meine Empfindung – weil eben der dazu notwendige Nachwuchs kaum gewonnen werden kann.
Hoffentlich liege ich falsch … 😉
@Segestes ,20:47 Uhr „…Die haben den größeren gesellschaftlichen Weitblick als Sie und Ihre Kameraden und wissen genau, die Bevölkerung, der Souverän, will keine richtige Armee…“
Interessante Theorie. Vor 10 Jahren hätte ich sofort zugestimmt, aber heute? Woher nehmen Sie diese Einschätzung.
Wenn die „oberste Führung“ den größeren gesellschaftlichen Weitblick hat und genau weiß, dass die Bevölkerung, der Souverän, keine richtige Armee will, dann wäre es im Rahmen treues dienen nur folgerichtig den Hut zu nehmen.
@ Segestes sagt:
04.02.2024 um 20:47 Uhr
„…die Bevölkerung, der Souverän, will keine richtige Armee.“
Ich bekomme zuviel, wenn ich sowas lese. Leider taucht sowas in regelmässigen Abständen hier auf. Aktuelle Studien zeigen etwas völlig anderes. Z.B. ZMSBw-Bevölkerungsbefragung lesen hilft, insb. Kapitel 13 (hier die von 2022: https://www.bundeswehr.de/resource/blob/5510318/27bc160b1e7b392547290d059049bd20/download-bevoelkerungsbefragung-data.pdf).
Betr..„100 Mrd. Sondervermögen“ wurde von Civey Zustimmungsrate von 74% ermittelt. Wenn BuReg und BW allerdings nicht in der Lage sein sollten, daraus was zu machen, und eine merkliche Zeitenwende ausbleibt, wird man sich nicht wundern brauchen, wenn diese Quoten wieder sinken.
@BJK2107, was heißt nicht umsetzbar. Klar die Gewinnung des nötigen Personals wäre eine Herausforderung. Neben der Personal bräuchte man aber auch entsprechend Ausrüstung und Fläche. Allein das dürfte den aktuellen Haushalt sprengen.
Zunächst möchte ich meiner Freude Ausdruck verleihen, dass ich auf dieser Seite überwiegend gehaltvolle und bisweilen sehr kluge Kommentare lesen darf. Nun zum Thema:
Um bei einer Institution wie der Bundeswehr anfangen zu wollen, braucht es ein gewisses Ansehen. Man geht „zum Porsche“, weil es eben eine Firma mit einem gewissen Renommee ist (gilt auch für andere Autofirmen). Die Bundeswehr war schon immer ein, mehr oder weniger, ungeliebter Teil unserer Gesellschaft. Liegt wohl daran, dass uns die Alliierten nach 1945 den Militarismus austreiben wollten, was im Westen Deutschlands auch gelungen ist und zwar soweit, dass auch eine gesunde Einstellung zur Verteidigung in Teilen abhanden gekommen ist. Anders als im mittleren Teil Deutschlands, wo noch ein wenig der Militarismus der DDR nachwirkt.
Nach Jahrzehnten der Konzentration auf Missionen im Ausland als Einsatzarmee und Aussetzen der Wehrpflicht ist die gesellschaftliche Wahrnehmung der Bundeswehr als wichtiger Teil unseres Gemeinwesens weiter zurückgegangen.
Der Teil der geschrumpften Bundeswehr (wir hatten mal ca. 600T Soldaten in der Armee der Einheit), der nicht im Einsatz war, wurde kaputt gespart und genügte sich selbst. Will sagen, dass unsere hohen Damen und Herren mit Gold auf den Schultern genügend Zeit hatten „Friedensstrukturen“ aufzubauen, die ihnen eine möglichst hohe Besoldungshöhe garantieren.
In meinem Org-Bereich habe wir gefühlt doppelt so viele A16/B3plus als zu Zeiten der Bundeswehr alt mit einer Sollstärke von 495T. Diese hochbezahlten Menschen hatten und haben zu viel Zeit sich Dinge auszudenken, die dann von den mittleren und unteren Ebenen abgearbeitet werden müssen. Der Bereich der Unteroffiziere mit und ohne Portepée, unser Rückgrat, wurde hingegen nicht weiter gestärkt. Dieser „Arbeitsmuskel“ erstickt in unsinnigen, teilweise planlosen und handwerklich schlecht gemachten Aufträgen, die schlichtweg an den Anforderungen der Zeitenwende vorbei gehen.
Konstruktive Kritik wird, zumindest so empfinde ich das in meinem Org-Bereich, als persönlicher Angriff bewertet und dementsprechend findet eine Karriere schnell ihr Ende. Kein Wunder, dass viele Stabsfeldwebel und Oberstleutnante nicht „Nein“ sagen, sondern sich frustriert wegducken. Wertschätzung? Fehlanzeige!
Diese werden auf die Frage aus dem privaten Umfeld „Kannst du mir raten zum Bund zu gehen“, kaum die große Werbetrommel rühren.
Was es braucht, sind „weniger Häuptlinge und mehr Indianer“(um diesen heute wohlmöglich nicht mehr politisch korrekten Ausspruch zu bemühen)!
Kurzum, wir brauchen Vorgesetzte, die die Grundsätze der Inneren Führung leben, Politiker, die der Bundeswehr Respekt zollen und uns entsprechend ausrüsten und gesellschaftlich die Erkenntnis, dass es eine Ehre ist unserem Land zu dienen (ich weiß, das klingt pathetisch, mir fällt aber dazu nichts anderes ein). Dazu braucht es gesellschaftlich aber auch die Erkenntnis, wofür man/frau im schlimmsten Fall sein Leben opfert.
Wenn das alles stimmt, dann klappts auch mit dem Nachwuchs.
Heute Morgen hat es die BW geschafft, die Truppenstärke für Dezember 2023 zu veröffentlichen. 181.514 Soldaten hatte die Bundeswehr am 31.12.2023. Die vorläufigen Zahlen stimmen demnach bis auf 14 Soldaten!
[Danke für den Hinweis; stelle ich später als gesonderten Eintrag ein. T.W.]
Der Trend wird sich auch in Zukunft nicht verändern. Aktuell bekommen Mannschaften und Unteroffiziere ja schon zehntausende Euros an Verpflichtungsprämien für ihre Einstellung. Und das Grundgehalt ist mittlerweile für die Mannschaftslaufbahn auch schon enorm hoch. Über finanzielle Anreize bekommt man niemanden mehr zusätzlich. In meinem Augen gibt es gar keinen anderen Weg mehr, um kriegsfähig zu werden, als die Wehrpflicht wieder einzuführen. Das ist auch die einzige Lösung für das Personalersatzproblem im V-Fall bei Ausfällen im Kampf. Da würde auch 100% modernste Ausstattung nicht die Menge an Personal erbringen, die man dafür bräuchte.
Bei den Offizieren hat die Bundeswehr nunmal meiner Erfahrung nach das Problem, dass sie es regelmäßig schafft die jungen motivierten Offiziere völlig zu desillusionieren. Man arbeitet einfach unglaublich oft für die Tonne, ständig kommt irgend ein oft kurzfristiger Blödsinn (wie bspw. Tag der Werte oder ähnliche Veranstaltungenn) rein, der den eh schon sehr eng durchgeplanten Ausbildungs- und Übungsbetrieb für die zig Übungsplätze im Jahr massiv stört. Wenn man versucht Probleme bei Vorgesetzten anzusprechen für die man auf seiner Arbeitsebene keine Lösung finden kann wird abgewiegelt und aktiv verhindert, dass es weiter nach oben gemeldet wird. Kritik und Vorschläge zur Verbesserung sind einfach nicht erwünscht, dann steht man ja schlecht da. Die Einsatzlagemeldungen werden immer noch aktiv grüngefärbt je weiter hoch sie gemeldet werden. Und vieles militärisch zweckmäßige fällt irgendwelchen politischen Spielchen oder persönlichen Intrigen zum Opfer. Hinzu kommt dann noch die Kinderlandverschickung der Offiziere und Stabsoffiziere und oft auch eine nicht Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich kann mir grundsätzlich keinen schöneren Beruf vorstellen, als Offizier zu sein. Der Beruf hat auch viele Vorteile und kann Spaß machen, aber mit Familie und dem Anspruch Dinge zu verbessern sehe ich für mich keine Zukunft in dieser Armee und werde auch keinen Antrag auf BS stellen. So geht es den meisten meines Jahrgangs. In der letzten Rutsche haben sich zum Großteil (gab aber auch dort ein paar wenige wirklich gute Offiziere) nur die zum BS beworben, die im zivilen Leben keine Erfolgschance sehen. Damit wird sich das System aber auch in Zukunft nicht verbessern, denn das sind oft nicht unbedingt diejenigen, die man zum BS machen sollte. Es werden nunmal auch dort nicht die Besten des Jahrgangs genommen, sondern nur die Besten derjenigen die sich bewerben.
@ Flo sagt: 05.02.2024 um 8:51 Uhr „@BJK2107, was heißt nicht umsetzbar. Klar die Gewinnung des nötigen Personals wäre eine Herausforderung. Neben der Personal bräuchte man aber auch entsprechend Ausrüstung und Fläche. Allein das dürfte den aktuellen Haushalt sprengen.“
Ich schrieb ja „… aus mehreren Gründen.“ 😉
Da es hier im Faden ja um Personalentwicklung geht, wollte ich fokussiert bleiben.
Natürlich gibt es auch die von Ihnen beschriebenen Herausforderungen. Und noch viele mehr.
Tendenziell also eher weniger Hoffnung auf zukünftige Entwicklung a la „Zeitenwende mit Doppel-Wunms“.
Jeder, der hier das Bw-Bashing mit „Elefantenfriedhöfe“ und „zuviele Häuptlinge und Stäbe“ betreibt: Falsch! — genau DAS brauchen wir, gute Vorsorge: Wenn wir tatsächlich aufwachsen müssten, dann fehlen ja die Führer… Siehe Beispiel Wehrmacht 1935, damals wurden z.T. Polizeiführer in die Truppe geholt, das dürfte heutzutage schwer fallen. Soviel zur ganzheitlichen Betrachtung, gell.
Und: Im Januar hat Söder einen Wehrdienst von mindestens 7 Monaten gefordert — aha, die Krise ist also da?! Jeder der die W12, W10 und W9 mitgemacht hat (ich bin 1997 ausgeschieden) weiss noch, dass das die Truppe, die Kader und das Material extemst verschleisst… Die Leute werden halb ausgebildet und nach Hause geschickt. Populismus pur…
Danke, VG, NG.
@Gepard65, natürlich brauche ich im V-Fall zum aufwachsen auch das entsprechende Führungspersonal.
Nur, gibt es denn Pläne das in so einem Fall der Leiter des Fachbereichs Englisch der Sprachschule des Heeres mit seinen Fachlehrern und eingezogenen Reservisten zur Einheit x mutiert oder der hier gern zitierte Boxer voller Oberstabsfeldwebeln zu x Boxern voller Reservisten wird und jeder nimmt dann einen entsprechenden Platz ein?
Spätestens wenn es um das entsprechende Material geht, wird doch klar das es solche Pläne gar nicht geben kann.
@Gepard65
Das ist doch nur eine Frage, wie man solche mindestens 7 Monate GRUNDWehrdienst ausgestaltet.
Wenn man sich alleinig auf die Ausbildung im infanteristischen Bereich, Waffen-/Schießausbildung, Alarmposten, Streife, Objektschutz beschränkt, dann wäre schon viel gewonnen.
In diesem Grundwehrdienst in reinen Grundausbildungsverbänden (warum nicht z.B. relativ heimatnah in den Heimatschutzregimentern angesiedelt?) gäbe es aber keinen Führerschein, keine Spezialisierung auf Panzerschütze, Schrauber, etc. Keinen Einsatz in einer „Stammeinheit“ als GeZi-Soldat, Fahrer, Hallenwart oder in einer Fernschreibstelle. Nichts der Gleichen. Somit auch keinen demotivierenden „Gammeldienst“, weil der Soldat eigentlich noch nicht richtig zu etwas anderem zu gebrauchen ist. Dann hat man trotzdem – wenn man dieses Personal dann wieder nach Hause schickt – eine solide Basis an Kenntnissen aufgebaut, die im Bedarfsfall mit relativ geringem Aufwand reaktiviert werden kann.
Vielleicht gegen Ende der 7 Monate eine kleine „Rundtour“ von 1 – 2 Wochen durch die Teilstreitkräfte und OrgBereiche der Bw, was es noch so alles militärisches aber auch ziviles gibt, um Interesse an Fachverwendungen zu wecken.
Wer zum Ende dieser Grund-Ausbildung dann mehr möchte, kann sich (stückweise) länger verpflichten und wird dann erst – möglichst direkt im Anschluss oder zumindest zeitnah – einer Spezialisierung und weiteren Ausbildung zugeführt.
Wer nicht mehr möchte, geht automatisch für mind. 5, besser 10 Jahre in die Reserve mit 1 oder 2 Wochen Inübunghaltung pro Jahr, wieder in diesen Grundausbildungsverbänden.
Ja, das braucht sicher auch beim BAPersBw ganz andere vor allem schnellere Prozesse, um diese „Weiterverpflichter“ aufzunehmen und einzusteuern.
Und etwas vergleichbares setzt man bei Organisationen der zivilen Daseinsvorsorge auf. Selber Zeitansatz, selber Umfang, für alle über zwischen 18 und 28 m/w/d.
Aber wo ein Wille, da ein Weg.
@Gepard65 sagt: 05.02.2024 um 12:04 Uhr
„Wenn wir tatsächlich aufwachsen müssten, dann fehlen ja die Führer…“
Ich denke nicht, dass das diejenigen Personen sind, die die Bw dann braucht. Dann werden Leute mit Truppenerfahrung, körperlicher Fitness usw. gebraucht in einem Altersband, das man in Stäben selten findet.
Aus eigener Gesundheit und natürlich vielen Kontakten im Dienst weiß leider nur zu gut, dass Ü50 – egal welcher Dienstgrad – nur bedingt kampffähig sein dürften.
Hat man auch schon gesehen, als es um Auslands-und Tropendienstverwendungstauglichkeit ging.
Auch sonst kann ich nur den Kopf schütteln, wo heute schon bei manchen ein „bashing“ vermutet wird …
@Flo
Die Ukrainer werden hier auch infanteristisch ausgebildet, somit sind sowohl DEU Ausbilder als auch Infrastruktur grundsätzlich verfügbar.
@ORR und Landmatrose3000
Also etwas ausführlicher: Bitte immer beachten, die veröffentlichte Meinung einiger Meinungsführer ist nicht unbedingt die Meinung der Bevölkerungsmehrheit. Über Umfragen müssen wir hoffentlich nicht diskutieren. Ich halt mich lieber an die Fakten.
Fakt ist z.B. die hier monatlich dokumentierte sinkende Personalstärke der BW. Wenn es eine Mentalitätswende in der Bevölkerung gegeben hätte, müssten die Bewerber vor den Wehrersatzämtern (oder wie das heute heißt) Schlange stehen. Gelegentlich kommt zwar mal ein vereinzelter Vorschlag, die Aussetzung der Wehrpflicht aufzuheben, aber meines Wissens steht es in keinem Parteiprogramm der Bundestagsparteien. Alle wissen, damit gewinnt man keine Wahlen. Früher war eine der ersten Fragen bei der Neueinstellung eines jungen Mannes, ob er schon seinen Wehrdienst geleistet hat. Nicht nur wollte der Arbeitgeber nach der Einarbeitung den Mitarbeiter nicht gleich wieder verlieren, der abgeleistete Wehrdienst war auch der Ausweis einer gewissen Reife. So eine Frage stellt heute kein Personalchef in der Wirtschaft mehr.
Ein Sonder-„vermögen“ tut erst einmal nicht weh. Nicht ausgeschlossen, dass einige tatsächlich an ein Vermögen denken. Für die anderen ist die Rückzahlung weit weg. Weh tut allerdings die Frage Kanonen oder Butter. Bisher wird sie noch immer mit Butter beantwortet; siehe z.B. 2%- Ziel. Welcher Wählergruppe will man auch die Lieblingssubvention streichen? Der Vorschlag eines Ukraine- Solis ist auch ganz schnell wieder beerdigt worden. Unsere Politiker kennen ihre Wähler und wollen ihre Jobs behalten.
Symptomatisch fand ich auch die Meldung, ob, ich glaube in Niedersachsen, eine neue Munitionsfabrik gebaut werden soll. Alle waren sofort dagegen.
Diese Bevölkerung kann mit einer „richtigen“ Armee nicht mehr viel anfangen. Sie wird als erweitertes THW oder als Einsatzarmee in exotischen Ländern gerade so akzeptiert, aber Landesverteidigung mit allen Konsequenzen?
Die Bundeswehr wird leider in spätestens fünf Jahren unter die 175.000er Grenze gerutscht sein. Tendenz weiter fallend.
Die Auswirkungen, die ein drohender Konflikt zwischen Russland und NATO (aber auch zwischen China und Taiwan) auf die Weiterverpflichtung und mögliche Freiwillige hat, kann bestenfalls geraten und nicht prognostiziert werden.
@Thomas Melber, wie sieht das zahlenmäßig aus? Wären das auch genug Ausbilder für einen kompletten Jahrgang (bzw den Anteil der tauglich ist und nicht verweigert?)
@Flo
Das natürlich nicht. Man sollte überhaupt erst einmal den Bedarf feststellen. Bzgl. der Ausbildungsinhalte und der Dauer bin ich bei @Fux. Alle sechs Monate zehntausend Rekruten durchschleusen müßte doch möglich sein (zwanzigtausend wären besser). Die Schwierigkeit ist dann natürlich das In-Übung-Halten; das gilt auch für die Kameraden in Grundbeorderung.
Man hat ja das schwedische Modell angedacht was ja eigentlich ein Freiwilligen-Modell ist.
@Flo sagt: 05.02.2024 um 20:20 Uhr
„@Thomas Melber, wie sieht das zahlenmäßig aus? Wären das auch genug Ausbilder für einen kompletten Jahrgang (bzw den Anteil der tauglich ist und nicht verweigert?)“
Auch hier wäre der selbe Ansatz möglich, wie bei den FWDL-Heimatschutz. Hier bilden Reservisten angehende Reservisten aus. Mit viel Engagement und ordentlichen Ergebnissen. Für Objektschutz und infanteristische Grundausbildung völlig ausreichend.
Man müsste nur zeitnah anfangen, bevor diese Reservisten aus Altersgründen ausscheiden.
@ Segestes sagt:
05.02.2024 um 17:30 Uhr
Uh-oh.
Die Zahlen „sinken nicht monatlich“, die Truppenstärke ist seit 10 Jahren recht gleichbleibend mit sehr geringen Schwankungen.
„ Früher war eine der ersten Fragen bei der Neueinstellung eines jungen Mannes…“
Hammse jediehnt? Ernsthaft?
„ glaube in Niedersachsen, eine neue Munitionsfabrik gebaut werden soll. Alle waren sofort dagegen“
Betr. Nds. ist das wohl Rheinmetall mit der neuen Produktion in Unterlüß. Alle dagegen? Beleg dafür ist wo? Da habe ich nirgendwo relevanten Protest vernommen, man lebt dort gut von und mit Rheinmetall. Sie meinen vielleicht die Stimmen aus Großenhain/Sa. im MDR, wo man sehe viel NIMBY bzw. St. Florians-Prinzip raushörte und von der AFD organisierte Friedensdemos im Putin-Shirt sah. Nun ja.
„Wenn es eine Mentalitätswende in der Bevölkerung gegeben hätte, müssten die Bewerber vor den Wehrersatzämtern…“
Ich glaube, sie sind sehr weit weg vom aktuellen Geschehen.
Die Frage, ob die Bevölkerung „eine richtige Armee will“, die Sie vorher aufgeworfen hatten, ist übrigens eine völlig andere Frage als die, warum die Bewerberzahlen sind, wie sie sind. Analogie: Ich bin ich halt als junger Mensch zur Marine und zur freiwilligen Feuerwehr gegangen. Nur weil ich mich nicht als Polizist oder als Lehrer beworben habe, heisst dass nun nicht, dass ich der Polizei oder dem Lehrerberuf gegenüber negativ eingestellt bin.
„Ich halt mich lieber an die Fakten.“
Kann ich leider nicht erkennen. Wenn Sie den Ergebnissen repräsentativer Umfragen nicht trauen (und ZMSBw arbeitet da wirklich gut) trifft wohl eher das Gegenteil zu und es läuft ggf. jeder Versuch sachlicher Argumentation ins Leere. Bitte prüfen Sie einmal, ob Sie etwas zu viel innere Distanz zu „der Bevölkerung“ aufgebaut haben, es klingt mir da zu viel Elitarismus vermischt mit gefühlten (Halb-) Wahrheiten bei Ihnen durch.
Moin,
@ Flo, auch zu Zeiten der allgemeinen Wehrpflicht gab es nie genug Ausbilder und Infra um einen ganzen Jahrgang auszubilden.
@Landmatrose3000:
Für mich als Chef könnte das schon ein Kriterium sein. Nicht in einer „Untertan“-artigen Hurra-Schreier-Weise, aber als Zeichen, dass jemand es tatsächlich unternommen hat, die Komfortzone zu verlassen und sich in einer Gemeinschaft mit anderen auseinanderzusetzen und die eigenen Belastungsgrenzen zu erproben.
In mancherlei Hinsicht könnte man andersherum heutzutage im Rahmen von Freiwilligenarmeen auch vorsichtig fragen: „Musstense dienen?“, einfach, weil mangels Qualifikation einigen jungen Menschen nichts anderes übrig bleibt, als zum Barras zu gehen. Wobei auch das durchaus eine runde Sache werden könnte, wenn der Dienstherr „Bundeswehr“ die Menschen über ihre Dienstszeit auch mit Fähigkeiten und (Fach-)Wissen ausstattet, die ihnen auch nach ihrer Verpflichtungszeit noch kontinuierlich Vorteile im zivilen Leben bringen. Und zwar ganz reale, messbare Vorteile, nicht nur Boni bei Leuten mit einem Hindenburg-Mindset, in dem nur zählt, wer auch beim Kommiß war.
Dann wird’s auch wieder attraktiv, zum Bund zu gehen.
@Landmatrose3000
Ich lasse einmal Ihre ad hominem- Argumentation weg. Wenn Sie schon so statistikgläubig sind, habe ich z.B. diese für Sie:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1365814/umfrage/einsatzbereitschaft-im-angriffsfall/ (@ T.W. sind solche Links OK?). Danach würden sich im Falle eines Angriffs auf Deutschland 5% der Bevölkerung freiwillig zum Wehrdienst und 11% für nichtmilitärische Hilfeleistung melden, aber 24% versuchen, so schnell wie möglich D zu verlassen. (Im Fall des Falles wird die Realität anders aussehen.)
In Ihrer Lieblingsstatistik haben Sie sicherlich auch gesehen, dass von 2021 auf 2022 die Attraktivität der BW als Arbeitgeber für junge Menschen weiter gesunken ist. Wie passt das zu den anderen Angaben zur Steigerung der Wehrbereitschaft?
So, nun können Sie glauben oder nicht.
Zurück zu den Fakten: Wo sind die begeisterten Bewerber für die BW?
Auch wenn ich @Segetes & Co. nicht immer nachvollziehen kann, so sind eineige seiner Punkte gründsätzlich valide:
– Dass die „Boomer“ wohl überall aus der Arbeit in die Rente wechselt, ist hinlänglich bekannt. Das sollte man aber nicht als Nachteil sehen, denn es betrifft ja eher die „Lametta-Ränge“.
Sollte man also die Stellen nicht stumpf nachbesetzen wollen (was leider tatsächlich erwartbar ist), dann könnten hier einige B3 ff. Stellen abgebaut werden.
– Ja, es gibt eine Mentalitätswende in der Bevölkerung. Die ist gut messbar, ABER die mentalitätsgewendeten sind eher in der Generation 40plus zu finden. Das betrifft viele Salon-Pazifisten (Campino, Hofreiter, etc.).
Das ist diskursiv interessant, bringt aber keine „Boots on the ground“.
Die Rekrutierungszielgruppe (18-25) hat weiterhin keine besondere Lust auf den Job. Hier sieht man die Bundeswehr als eher „Security as a service“-Provider, den man gerne outsourced. Hier ist auch das Bewusstsein, dass Sicherheit und Freiheit die Grundlage für alles ist, nicht wirklich vorhanden. Freiheit wird als „gottgegeben“ wahrgenommen und Langfristrisiken mit Änderung des eigenen (!) Kosumverhaltens und Lebensstils (Klimawandel) werden klarer wahrgenommen.
Auch darf bezweifelt werden, daß dies nach der Beendigung des Ukraine-Krieges aufrecht erhalten bleibt. Da wird es sehr schnell wieder eine Kosten-Nutzen-Rechnung geben. Der Feind liegt weiter im Osten, aber Deutschland ist nicht mehr „Front-Staat“. Das ist jetzt Polen und die sind ja schon drauf und dran sich Panzerdivisionen kalt-kriegerischen Ausmaßes werden ja bereits angeschafft.
Zur Not machen wir es wie „früher“ und zahlen den Polen ihre Ausrüstung und bleiben weiter bei unserem „Security as a service“-Ansatz.
– Ob diese Wertschätzung ggü. dem Militär und der Rüstungsindustrie dauerhaft bleibt, darf auch bezweifelt werden.
— In Troisdorf möchte Diehl gerne seine Produktion erweitern. Die 50HA möchte der Stadtrat aber lieber zu einer gemischter Industrie- und Wohnnutzung nutzen, denn „als Abstandsfläche brachliegen zu lassen“.
(https://www.troisdorf.de/de/rathaus-service/aktuell/pressemeldungen/2023/dezember/zur-aktuellen-diskussion-um-das-fruehere-dynamit-nobel-gelaende/)
Das ist einerseits nachvollziehbar, aber niemand will Rüstung im eigenen Hinterhof. (Siehe auch Leo-Testgelände in München).
– Die Lage der Bw hat sich sichtbar eher verschlechtert, als verbessert:
— Bisher ist kein abgegebenes Material wiederaufgefüllt, geschweige denn Aufwuchs sichtbar. Im Gegenteil. Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Lage in (!) der BW eher schlechter, als besser.
— Auch wenn 2030 die Ausstattung sich der Vollausstattung angenähert haben wird, dann sind die nächsten Mängel bereits programmiert, denn jedes Großgerät hat Erhaltungskosten über die Nutzungsdauer, die ca. dem 3-4fachen der Anschaffungskosten entsprechen. Diese Kosten sind noch nicht einmal annäherend in der geplanten (!) Erhöhung des EP14 auf 2% BIP enthalten. Unter 3% BIP brauchen wir gar nicht anzufangen, aber das wird bald nicht mehr vermittelbar sein. So wird zuerst Material eingemottet, dann ausgeschlachtet, dann lässt man es verroten oder verkauft es und der Frust wird noch höher.
Ein mir sehr wichtiger Punkt, der in der ganzen Diskussion nie wirklich angesprochen wird, ist die „Komplexitätsfalle“, der Waffensysteme.
Weil wir immer weniger Personal absehbar zur Verfügung haben, werden Waffensysteme immer „personalschonender“, aber komplexer in der Handhabung.
Ein Tornado ist im Vergleich zu einer F35 „einfach“ in Handhabung und Wartung. Ein Divisionsgefechtsstand besteht nicht mehr aus einer großen „Feldwähl“, in der 15 „Bongos“ Kabeln zu verschiedenen FFOB/ZB ziehen und einigen abgesetzten Funkzellen (HF B1 oder B2), die teils noch mit „Melder zu Fuß“ bespielt wurden, sondern aus komplexen Computersystemen (im Idealfall).
Da aber die querschnittlichen Fähigkeiten der zur Verfügung stehenden Menschen nicht mehr mit der querschnittlichen Nachfrage der BW im Einklang stehen wird (oder schon jetzt nicht mehr steht), wird die Nachwuchsgewinnung noch schwieriger, da die nachgefragten Fähigkeiten seitens „der Wirtschaft“ meist besser entlohnt werden.
Sprich: „Einfachere Gemüter“ können absehbar in der BW nur noch bedingt Verwendung finden (Kabelbau-Fernmelder, Ladeschütze, Verlegepionier, Transportsoldat, …), weil die Tätigkeiten mittlerweile obsolet oder automatisiert/automatisierbar sind und/oder nur noch eine unter vielen anderen Aufgaben sind.
Die „Cleverle“, die zur Bedienung oder gar Wartung der immer komplexeren Systeme notwendig sind, haben außerhalb der BW meist bessere Angebote (siehe Flugzeumechaniker/-mechatroniker, Schirrmeister, Radar-Operator….) und die Ausbildung zu Feldwebel ist auch nur noch bedingt attraktiv.
Daran ändert auch die Rückkehr zu einer irgendwie gearteten Wehr- oder Dienstpflicht nichts.
@ Segestes
Ich versuchs nochmal: Zunächst hatten Sie behauptet „die Bevölkerung, der Souverän, will keine richtige Armee.“ Das ist nachweislich falsch. Es hat zum Thema in den letzten Jahren einen durch diverse wissenschaftliche Studien belegten starken Mentalitätswandel in der Bevölkerung gegeben. Ich habe eine äussert starke Aversion dagegen, „der Bevölkerung“ nachweislich falsche Dinge zu unterstellen.
Dann sind sie umgeschwenkt auf das Thema der Bewerberzahlen. Ein völlig anderes Thema. Das diese und die Zahl der Neueinstellungen sind wie sie sind – besser geht hier immer – liegt nun auch bei weitem nicht monokausal an einer „Wehrunwilligkeit“ der Bevölkerung. Es gibt eben die bekannten Probleme bei Einstellungsprozess, Personalbindung und Personalführung. ZMSBw hat z.B. in der Bewerberstudie 2022 (https://zms.bundeswehr.de/resource/blob/5621972/c9563445e46f1c0ea5a42f1172230b16/zmsbw-forschungsbericht-134-bewerberstudie-2022-pdf-data.pdf) ein recht differenziertes Bild herausgearbeitet.
Übrigens gilt die BW seit Jahren in Studien als zweitattraktivster Arbeitgeber bei Schülern (Ergebungskohorte Klassen 8-13, Studie Trendance Schülerbarometer. Platz 1 hat – auch schon seit Jahren – die Polizei). Bei nichtakademischen Fachkräften sieht es ähnlich aus. Die BW ist leider nicht in der Lage, etwas daraus zu machen, Personal wirklich einzustellen, ausreichend zu halten und zu fördern und setzt ständig seltsame Prioritäten.
@Bow
„ Das ist diskursiv interessant, bringt aber keine „Boots on the ground“.
Jein. Bei den klassischen„Boots on the ground“, hat die BW doch nach eigener Aussage aktuell ja gar kein Rekrutierungsproblem bzw will gar nicht mehr. Bzgl. Kompexitätsfalle – stimmt genau. Man müsste mal dringend da raus. Auch hier gäbe es bei den Skandinaviern viel zum abgucken.
Alle Monate wieder… zumindest haben es einzelne Foristen aufgegeben uns das Märchen vom „Langsamen Auswuchs im Jahresmittel“ zu erzählen.
Wir sehen 180.000 kann man halten im Schnitt, vielleicht mit Kniffen und Tricks aber man kann sie halten.
Jährlich scheiden etwa 15.000 Zeit-& Berufssoldaten aus dem Dienst aus, das müsste etwa 90.000 Reservisten für die GBO ergeben.
Bei den FWDL’ern sehen wir auch etwas knapp um um bei 10.000 die Dienen. Würde man von denen auch für 6 Jahre die Meldedaten behalten und aktuell halten wären das die nächsten 50.000 bis 60.000 die man im V-Fall schnell wieder einziehen könnte.
Das wären dann 180.000 aktive
+90.000 GBO
~+60.000 ex FWDL
=330.000 V-Umfang
Wenn wir uns nur endlich ehrlich machen. Die Strukturen auf „Kriegsverwendungsfähigkeit“ umstellen und ordentliche Reservestrukturen aufbauen. Stattdessen ergießen wir uns in Selbstmitleid und singen ein Klagelied nach dem anderen.
Der Minister versucht die Strukturen im Ministerium auf ein vernünftiges Maß zu bringen und der Gesamtpersonalrat ätzt los das sie das nicht mittragen. Jawoll, Bravo, Super! Weiter so…..