Neue Position zur Eurofighter-Lieferung an die Saudis: „Der Bundeskanzler teilt diese Einschätzung“
Die Kehrtwende der Bundesregierung, eine Lieferung von Eurofighter-Kampfjets von Großbritannien an Saudi-Arabien nicht mehr zu blockieren, ist von den zuständigen Ministerinnen und Ministern der Ampel-Koalition gemeinsam getroffen worden. Nachdem Außenministerin Annalena Baerbock am (gestrigen) Sonntagabend in Israel überraschend den Kurswechsel mitgeteilt hatte, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit: Der Bundeskanzler teilt diese Einschätzung. Zur Dokumentation:
Die Aussagen des Regierungssprechers sowie von Sebastian Fischer vom Auswärtigen Amt und Luisa-Maria Spoo vom für Rüstungsexporte zuständigen Bundeswirtschaftsministerium am (heutigen) Montag vor der Bundespressekonferenz:
Frage: Herr Fischer, Außenministerin Baerbock hat am Wochenende gesagt, die Bundesregierung sei offen für den Verkauf weiterer Eurofighter an Saudi-Arabien. Im Koalitionsvertrag war das bisher ausgeschlossen. Können Sie kurz erläutern, wie es zu dieser Kehrtwende gekommen ist?
Herr Hebestreit, teilt Bundeskanzler Scholz diese Einschätzung? Unterstützt Scholz die Äußerung, dass sich Berlin solche Waffenverkäufe an Saudi-Arabien vorstellen kann?
Hebestreit: Ich kann es relativ kurz machen. Ja, der Bundeskanzler teilt diese Einschätzung. Ich kann Sie auch darauf verweisen, dass die Bundesregierung im Sommer des vergangenen Jahres das, was als Jemenklausel bekannt geworden ist, im Lichte der Entwicklungen der letzten Monate und Jahre im Konflikt im Jemen neu bewertet hat und, was sowohl die Rolle der Vereinigten Arabischen Emirate als auch die Rolle Saudi-Arabiens anbetrifft, eine Neubewertung vorgenommen hat.
Im Lichte dieser Neubewertung und auch der Entwicklungen, die wir seit dem 7. Oktober erleben, in denen Saudi-Arabien Israel gegenüber eine sehr konstruktive Haltung einnimmt ‑ ‑ ‑ Das muss man auch sagen: Die Attentäter des 7. Oktobers hatten ein Ziel, nämlich die Wiederannäherung Saudi-Arabiens an Israel zu verhindern. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Die israelische Regierung und auch die Regierung Saudi-Arabiens sind in einem guten Miteinander. Saudi-Arabiens Luftwaffe hat ‑ das hat die Außenministerin gestern, glaube ich, auch mit den Worten, bezeichnet, es sei ein offenes Geheimnis ‑ auch mit Eurofightern Raketen der Huthi, die auf dem Weg nach Israel waren, abgeschossen. Im Lichte all dieser Entwicklungen ist die Positionierung der Bundesregierung, was die Eurofighter anbetrifft, zu sehen. Das ist innerhalb der Bundesregierung eng abgestimmt.
Fischer: Ansonsten würde ich Sie bitten, sich den Wortlaut dessen, was die Ministerin gesagt hat, genau anzuschauen.
Für den Kontext: Es gibt eine saudische Ausschreibung und auf britischer Seite Überlegungen, sich daran zu beteiligen. Die Ministerin hat sich dazu gestern Abend in Tel Aviv auf Nachfrage geäußert und deutlich gemacht, dass wir uns diesen britischen Überlegungen nicht entgegenstellen würden. Ich kann nicht erkennen, dass Sie konkret von einer Lieferung oder auch einer Genehmigung gesprochen hat, die nämlich zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht ansteht.
Frage: Herr Hebestreit, Sie haben gerade die Jemenklausel für uns noch einmal interpretiert, die Verständigung vom vergangenen Sommer. Der Bundeskanzler hat damals explizit darüber gesprochen, dass es dabei in erster Linie um Dinge gehen würde wie die A400M. Er sagte damals auch, eine Entscheidung über Eurofighterlieferungen in Richtung Saudi-Arabiens stehe absehbar nicht an.
Jetzt sagen Sie uns aber gerade, wenn ich das richtig verstanden habe, dass es jetzt doch eine Änderung daran gibt, die auch der Bundeskanzler so sieht. Was hat sich denn konkret in Bezug auf Saudi-Arabien, jetzt nicht auf Israel, geändert, dass man sagen kann, Saudi-Arabien sollte diese Kampfjets bekommen können?
Hebestreit: Jetzt enttäuschen Sie mich ein bisschen, weil ich dachte, die Frage hätte ich schon beantwortet. Der 7. Oktober war am 12. Juli nicht absehbar, und das Verhalten Saudi-Arabiens seit dem 7. Oktober ist Teil der Gleichung, die Sie jetzt versuchen aufzulösen.
Wie Sie ja wissen ‑ und für die, die es nicht wissen, erkläre ich es ‑, gibt es bei Rüstungsexportentscheidungen ein zweistufiges Verfahren. Das erste ist die Voranfrage, also ob sich ein Unternehmen überhaupt um den Export eines Rüstungsprojektes bewerben kann. Darum geht es in dieser Frage, also ob sich das Konsortium, das von Großbritannien geführt wird, um eine Ausschreibung in Saudi-Arabien bewerben kann. Da gibt es verschiedene Anbieter. Eines wäre dann der Eurofighter.
In einem zweiten Schritt, wenn Saudi-Arabien dazu käme, den Zuschlag zu erteilen, die Eurofighter bestellen zu wollen, gäbe es eine abermalige Befassung des Bundessicherheitsrates in Deutschland mit der Frage, ob man unter den konkreten Kautelen und unter der konkreten auch machtpolitischen Konstellation und Situation vor Ort einem solchen Export zustimmen würde oder nicht.
Es handelt sich bei dieser Voranfrage um die erste Stufe, und darauf bezog es sich.
Zusatzfrage: Der Hintergrund der sogenannten Jemen-Klausel im Koalitionsvertrag war ja auch, dass die innersaudischen Verhältnisse und das Verhalten gegenüber Nachbarstaaten das eigentlich nicht hergeben. Was hat sich aus Sicht der Bundesregierung ganz konkret an innersaudischen Verhältnissen geändert?
Hebestreit: Die Reaktion seinerzeit ‑ ich glaube, fünf Jahre ist es inzwischen her ‑ ist in der heutigen Situation neu bewertet worden. Das haben wir im Sommer letzten Jahres vorgenommen. Das kann ich jetzt hier nicht ad hoc eins zu eins nachvollziehen und aufbereiten. Aber es hat Entwicklungen gegeben, sowohl was die Unterstützung der Huthi angeht als auch den Umgang mit den Nachbarn. Wir erinnern uns, es gab da auch eine Konfliktsituation mit Katar, es gab gewisse regionale Spannungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das hat sich deutlich verändert, seitdem die Jemen-Klausel seinerzeit noch von der schwarz-roten Regierung erlassen worden ist.
Frage: In welchem Zeitfenster kommt es dann zu einer abschließenden zweiten Entscheidung? Wie läuft das also normalerweise ab? Man stellt sich einer Voranfrage nicht entgegen, die kann jetzt gestellt werden. Und wann tagt dann der Bundessicherheitsrat, um eine endgültige Entscheidung zu fällen?
Hebestreit: Erst einmal hängt das davon ab, wie die saudi-arabische Entscheidungsfindung läuft. Da gibt es eine Ausschreibung. Die Fristen kenne ich nicht, bis wann das laufen soll. Das sind in der Regel mehrere Monate; bis zu Jahren kann das dauern. Dann gibt es einen Zuschlag, und dann müssen die Flugzeuge produziert werden bzw. man muss in die Produktion einsteigen. Und erst dann ‑ insofern reden wir wahrscheinlich von mehreren Jahren ‑ kann es zu einer Lieferung kommen. Diese Lieferung müsste noch einmal im Bundessicherheitsrat beschlossen werden.
Fischer: Um es zu ergänzen: Das Verfahren liegt dann in diesem Fall in saudischer Hand. Dort müssen ja die entsprechenden Entscheidungen gefällt werden.
Zusatzfrage: Es gab beispielsweise aus dem Verteidigungsministerium, vom Verteidigungsminister, auch schon einmal die Aussage, dass man eben, was Waffenexporte angeht, gerade mit Blick auf den globalen Süden ‑ ich sage jetzt einmal ‑ etwas liberaler damit umgehen könnte. Ist diese Entscheidung, die man jetzt mit Bezug auf Saudi-Arabien getroffen hat, eine Einzelentscheidung oder ist das ein grundsätzlicher Strategiewechsel, den man jetzt vorgenommen hat?
Hebestreit: Die Bundesregierung bleibt bei ihrer restriktiven Rüstungsexportpolitik. Dann sind das immer Einzelfallentscheidungen. Dabei wird es auch bleiben.
Frage: Ich hätte eine Frage an das BMWK. Inwiefern war die Aussage von Frau Baerbock gestern mit dem BMWK abgesprochen? Und wie positioniert sich das BMWK jetzt zu den Eurofightern für Saudi-Arabien?
Spoo: Vielen Dank für die Frage. Herr Hebestreit hatte ja schon ausgeführt, dass das innerhalb der Bundesregierung eng abgestimmt ist. Die Außenministerin hat sich geäußert, wie Sie wissen.
Grundsätzlich wissen Sie ja, dass Rüstungsexportentscheidungen immer eine Entscheidung der Bundesregierung sind, bei der die außen- und sicherheitspolitische Lage, aber auch die Menschenrechtslage im Land zu bewerten sind. Diese Bewertung läuft derzeit noch. Natürlich ist dabei auch die geänderte Lage zu berücksichtigen und die stabilisierende Rolle, die Saudi-Arabien in der Region einnimmt. Hierauf hat ja auch die Außenministerin Bezug genommen.
Zusatzfrage: Das heißt, das BMWK steht auch hinter der Entscheidung?
Spoo: Es ist so, wie ich es eben gesagt habe.
Frage: Frau Spoo, Sie haben jetzt gesagt, dass auch die Menschenrechtslage da miteinfließt, und das werde noch geprüft. Da gibt es also noch keine abschließende Entscheidung Ihres Ministeriums oder wie muss ich das verstehen?
Spoo: Genau. Ich kann zu der Menschenrechtslage noch einmal sagen, dass sie für Saudi-Arabien nicht unseren Standards entspricht. Das ist ja auch bekannt. Dazu haben wir uns auch schon mehrfach geäußert. Wie gesagt, gleichzeitig sehen wir aber auch die stabilisierende Rolle des Landes in der Region.
Ich kann Ihnen hier heute an der Stelle keine andere Entscheidung verkünden als das, was wir eben diskutiert bzw. worauf wir verwiesen haben.
Zusatzfrage: Um es richtig zu verstehen: Das Bundeswirtschaftsministerium kommt trotz der Prüfung auch der Menschenrechtslage zu dem Ergebnis, dass es diese Entscheidung bei der Voranfrage der Saudis mitträgt?
Spoo: Entschuldigung, können Sie die Frage wiederholen?
Zusatzfrage: Das Wirtschaftsministerium ‑ darauf zielte ja auch die Frage des Kollegen ‑ trägt diese Entscheidung also mit, auch wenn bei Ihnen die Prüfung über die Menschenrechtslage noch nicht abgeschlossen ist?
Spoo: Zum Verfahren hat sich Herr Hebestreit ja im Grunde geäußert. Wie gesagt, es ist innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Dazu zählt eben auch das Bundeswirtschaftsministerium.
Hebestreit: Das ist auch eine kontinuierliche Überprüfung der Menschenrechtslage. Das meinte ich mit dem zweistufigen Verfahren. Das ist eine kontinuierliche Überprüfung. Es gibt nicht einen Faktor, von dem man sagt „Jetzt ist es gut“, und danach guckt man nicht mehr hin. Genau so ist diese Prüfung zu verstehen.
Frage: Herr Hebestreit, Ihre Hinweise auf die Stufigkeit der Entscheidungsverfahren ändert ja nichts daran, dass insofern eine fundamentale Positionsveränderung vorgenommen wurde. In der der Vergangenheit, die sich auch immer auf abgestufte Entscheidungsverfahren bezog, wurde klar gesagt: „Wir werden Waffenlieferungen an Saudi-Arabien nicht zustimmen.“ Und jetzt wird signalisiert: „Wenn die Anfrage kommt, dann werden wir uns dem nicht verweigern.“ Das ist eine inhaltlich fundamental andere Position. Die Frage ist: Ist das eine Art Belohnung für die Rolle, die Saudi-Arabien im aktuellen Nahostkonflikt einnimmt?
Hebestreit: Ich dachte, die Frage sei bereits diskutiert und beantwortet worden, die Sie gerade stellen. Die Einschätzung, welchen Grad diese Entscheidung hat, ist Ihre Aufgabe und nicht meine. Wir haben dargelegt, was uns zu dieser Entscheidung gebracht hat und dass wir in einem zweistufigen Verfahren sind. Das ist genau so, wie ich es gesagt habe.
Zusatzfrage: Das bedeutet also, die Rolle Saudi-Arabiens, die wir, wenn man so will, als Stabilitätsanker in der Region ansehen, wiegt bei der Abwägung schwerer als die nach wie vor bestehende Kritik an den Verhältnissen, auch an den Menschenrechtsverhältnissen, innerhalb Saudi-Arabiens? Ist das richtig aufgefasst?
Hebestreit: Das ist Ihre Beurteilung. Es steht Ihnen an, das zu beurteilen, wie Sie das möchten.
Frage: Sie hatten gerade gesagt, dass sich die Rolle Saudi-Arabiens nach dem 7. Oktober geändert hat. Was sich aber auf keinen Fall geändert hat, ist zum einen die Tatsache, dass Saudi-Arabien im Jemen jahrelang unfassbares Leid verursacht hat, zum anderen aber auch nachweislich ‑ da könnte ich jetzt viele Menschenrechtsorganisationen zitieren ‑ internationales Recht gebrochen hat. Das passiert auch weiterhin, zum Beispiel an der saudischen Außengrenze gegenüber Migranten und Migrantinnen. Da gab es vor einigen Monaten einen öffentlichen Fall.
Entspricht das den Werten, die Annalena Baerbock mit ihrer wertegeleiteten Außenpolitik in die Welt tragen möchte, an eine sich offensichtlich nicht an die Menschenrechte haltende Regierung Waffen zu liefern?
Fischer: Wie gesagt, erst einmal geht es ja nur darum, dass wir uns den britischen Überlegungen nicht entgegenstellen. Das hat Herr Hebestreit ja auch mit dem zweistufigen Verfahren ausgeführt.
Dann ist es so, dass sich die Lage im Jemen seit April 2022 beruhigt hat, seitdem es dort eine Waffenruhe gibt. Die Zahl der zivilen Opfer ist seitdem signifikant zurückgegangen. Auch nach dem Auslaufen der Waffenruhe im Oktober hat es nach unserer Erkenntnis keine Militäroperationen ausländischer Staaten gegen die Huthi-Rebellen mehr gegeben, auch nicht aus Saudi-Arabien. Saudi-Arabien hat sich glaubhaft von dem Ziel einer militärischen Lösung des Konflikts verabschiedet und unterstützt nun seit bald drei Jahren gemeinsam mit den Vereinten Nationen die Bemühungen für eine politische Beilegung.
Sie wissen vielleicht ‑ wenn nicht, dann ist es vielleicht wichtig zu wissen ‑, Saudi-Arabien und die Huthis haben sich zuletzt in direkten Gesprächen auf den Beginn eines politischen Prozesses geeinigt, und jetzt wird versucht, gemeinsam mit den Vereinten Nationen dessen Umsetzung zu organisieren. Es gibt da also deutliche Fortschritte in Richtung eines politischen Prozesses, der ohne die konstruktivere Rolle Saudi-Arabiens in diesem Dossier nicht möglich geworden wäre.
Auch die Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Iran hat dazu beigetragen, Spannung in der Region zu reduzieren. Wie die Ministerin gesagt hat, war der 7. Oktober eine Zäsur für die Region. Ich glaube, viele von uns hätten sich in der Vergangenheit nicht vorstellen können, dass Saudi-Arabien einmal auf Israel gerichtete Raketen und Drohnen abfängt.
Zusatzfrage: Verstehe ich das richtig, dass aus Sicht der Bundesregierung Menschenrechtsverletzungen, die über Jahre ausgeübt wurden, dann irgendwann verjähren?
Fischer: Diese Unterstellung würde ich mir nicht zu eigen machen.
Frage: Es bleibt aber tatsächlich fast dabei. Der Hintergrund der Jemen-Klausel war unter anderem die Ermordung von Jamal Khashoggi. Daran werden Sie sich sicherlich noch gut erinnern. Hat sich denn der Aufklärungswunsch der Bundesregierung an diesen saudi-arabischen Partner, Counterpart, in irgendeiner Form ‑ ja, wie will ich es sagen? ‑ auflösen lassen? Die Frage richtet sich an Herrn Fischer oder Herrn Hebestreit; ich weiß nicht, wer von Ihnen das sagen kann.
Fischer: Sie können sicher sein, dass wir die menschenrechtlichen Fragen, die Sie ansprechen, immer wieder mit der saudischen Seite erörtern und auch unabhängige, transparente und umfassende Aufklärung einfordern. Und von saudischer Seite ist uns zugesichert worden, diesen Vorwürfen nachzugehen.
Zusatzfrage: Daraus schließe ich, dass das bislang noch nicht abschließend erfolgt ist. Ist das soweit korrekt?
Fischer: Den letzten Stand müsste ich mir noch einmal geben lassen.
(Archivbild August 2023: Two U.S. Air Force F-16 Fighting Falcons assigned to the 125th Expeditionary Fighter Squadron fly in a four-ship formation with two Royal Saudi Air Force (RSAF) Eurofighter Typhoon aircraft during Operation Agile Spartan 23.2, Kingdom of Saudi Arabia, Aug. 24, 2023 – U.S. Air Force photo by Tech. Sgt. Alexander Frank)
Frage: Welche Ministerinnen und .Minister der Ampel entscheiden denn alles?
-Aussenministerin
-Wirtschaftsminister
Und wer noch?
-Verteidigungsminister (?)
-Kanzler
-Finanzminister (?)
[Tipp: oben nachlesen:
n einem zweiten Schritt, wenn Saudi-Arabien dazu käme, den Zuschlag zu erteilen, die Eurofighter bestellen zu wollen, gäbe es eine abermalige Befassung des Bundessicherheitsrates in Deutschland mit der Frage, ob man unter den konkreten Kautelen und unter der konkreten auch machtpolitischen Konstellation und Situation vor Ort einem solchen Export zustimmen würde oder nicht.
T.W.]
Wenn ich Herrn Hebestreit richtig lese, dann gibt es eine saudische Ausschreibung und britische Überlegungen, daran teilzunehmen. Und Deutschland hat zugestimmt. Bevor überhaupt eine Bestellung ausgelöst wurde.
Ich bitte um Hilfe, wo ist da das berichtenswerte Ereignis?
[Großbritannien will seit fünf Jahren den Saudis Eurofighter verkaufen. Muss man nicht zur Kenntnis nehmen, hilft aber bei der Bewertung. T.W.]
lupenreine Demokraten, eh Monarchen die Saudis.
Immerhin teilen Regierung und Volk unsere freiheitlich demokratischen Werte. Oh wait, nicht mal bei den allgemeinen Menschenrechten besteht Einigkeit.
na gut, sind ja nur Rüstungsgüter.
Mit irgendeinem Staat der Erdöl und Erdgas verkauft muss man sich wohl einigen. Da IRAN und Russland es nicht mehr sind, bleiben erstmal nur die Staaten des Golf-Kooperationsrat.
@ Alfred Maynard
Man wird Ihre Einschätzung in London und Warton sicherlich zur Kenntnis nehmen – ob sie etwas ändert, darf bezweifelt werden.
Man kann sich nicht an einem multinationalen Projekt beteiligen und den Partnern hierbei die eigenen Exportregeln oktroyieren.
Das da mal eben wesentliche Teile einer wertebasierten Außenpolitik, die man wie eine Monstranz ideologisch vor sich hergetragen hat zu Grabe getragen wurde, ist offensichtlich und geschenkt.
Was nur irritierend und verstörend ist, ist die hanebüchene Begründung in Ihrer Geschwindigkeit ohne jeglichen Unterbau/ Unterfütterung, die einen außenpolitischen Kompass komplett vermissen lässt. Außenpolitik muss schon verlässlich sein und selbst die Verlässlichkeit ist nun flöten gegangen, zu offensichtlich und überdeutlich das Herumgeeiere und das Nichtbeantworten der Fragen durch die Herren Hebestreit und Fischer.
@Alfred Maynard
immer dieses Gerede ums Öl.
Einfach mal nachschauen woher „unser“ Erdöl so kommt, könnte da einiges klären.
Geht wohl schlicht um Einfluss und Abhängigkeiten schaffen um in der Region Schlimmeres zu verhindern. Man kann die Region sonst ja Putins Diktatorenclique, der neuen „Achse des Bösen“, überlassen. Bringt bestimmt viel für Menschenrechte….
Großbritannien ist neben den USA der klassische Kampfflugzeug-Lieferant von Saudi Arabien, was auch damit zusammenhängt, dass die saudische Luftwaffe mit Hilfe der Briten gegründet wurde.
Das begann nicht erst mit dem Eurofighter, sondern schon lange vorher mit der Lightning und danach mit dem Tornado. Unser Veto nach so vielen Jahrzehnten der Lieferungen machte wenig Sinn.
Ich habe eher die Vermutung, dass Deutschland auch deswegen eingelenkt hat, weil man sich die Türen in Großbritannien und Italien nicht ganz verschließen möchte, falls NGF sich weiter so problematisch entwickelt.
@Niccolo15:
Ich sehe hier gerade keine Beerdigung einer wertebasierten Außenpolitik. Auch nicht in Teilen. Wie klar gesagt wurde, handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren und es bleibt im Grundsatz bei einer restriktiven Rüstungspolitik, ungeachtet von Einzelfallentscheidungen.
Im Übrigen kann man sich seine Freunde leider nicht immer aussuchen. Saudi-Arabien ist beileibe kein Paradepartner für westliche Demokratien, aber es ist auch nicht mehr der Buhmann, für den man ihn hier im Westen gern hinstellt. Die Saudis arbeiten – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – derzeit u.a. auch an der Transformation ihrer Gesellschaft für eine Post-Öl-Ökonomie, weil sie wissen, dass das bisherige Modell auch nicht ewig ausgereizt werden kann.
Und ohne Saudi-Arabien als Hauptakteur bliebe als größerer Einflussstaat in der Region nur noch der Iran (neben Israel).
Herr Dominik, Ihren letzten Punkt sollten Sie dann doch eher mit Herrn Kashoggi besprechen, sofern Sie ein Nekromancer sind.
Geschmacklos? Sicherlich auch.
Was bedeutet das Ganze eigentlich für uns Bürger? Sollen wir trotzdem weiterhin an die Welthungerhilfe spenden, oder hat sich das jetzt erledigt?
[Dieser Teil der Debatte hat sich jedenfalls hier erledigt. T.W.]
„Wie klar gesagt wurde, handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren und es bleibt im Grundsatz bei einer restriktiven Rüstungspolitik, ungeachtet von Einzelfallentscheidungen.“
Wenn die „Einzellfallentscheidung“ immer wieder nicht im Einklang mit dem Grundsatz ist, wie wertvoll ist der Grundsatz?
Die Saudis wollen den Eurofighter. Für die Regierungen der meisten Staaten wäre das kein Problem. Für eine Regierung, deren Exportgesetze durch Moral- und Wertvorstellungen geleitet sind, dagegen schon.
Unter dem Moral- und Werteaspekt gibt es für Waffenexporte nach Saudiarabien keine Entschuldigung. Die Saudische Luftwaffe hat aktiv in der Zeit des Bürgerkriegs im Jemen Ziele bombardiert und ist dadurch direkt am Tod tausender Zivilisten verantwortlich. Auch nach innen wird Kritik an der saudischen Monarchie und Regierung brutal unterdrückt. Zudem ist es glatt gelogen, den Saudis eine „stabilisierende Wirkung“ in der Region zuzuschreiben. Ohne das Eingreifen der Saudis und ihrer islamischen Koalition, wäre der Bürgerkrieg im Jemen schneller vorbei gewesen und weniger Menschen hätten dort leiden und sterben müssen.
Eine Regierung, die trotz der Faktenlage, wiederholt entgegen der eigenen offensiv vertretenden Haltung handelt, macht sich zudem selbst unglaubwürdig. Man kann es auch Heuchelei nennen.
Die Alternative ist, dass man darauf verzichtet, andere Regierungen belehren zu wollen, und pragmatisch und uneingeschränkt Handel mit allen Staaten treibt, egal ob uns deren System passt oder nicht.
Ich bin da hin- und her gerissen. Ich bin nämlich stolz auf unsere Moral- und Wertvorstellungen und darauf, dass unser Land ein positives Beispiel für andere Regierungen darstellen könnte.
Aber ich sehe auch, das die Bundesrepublik in der Rohstoff- und Energieversorgung auf Importe angewiesen ist und davon lebt, erfolgreich Wirtschaftsgüter exportieren zu können. Auch wenn es mir selbst nicht passt, so muss ich anerkennen, das man sich Prinzipien leisten können muss.
So wie es momentan läuft geht, es nicht weiter. Aktuell schießen wir uns mit unserer Aussen- und Wirtschaftspolitik selbst in Knie. Wir sind dabei, die Basis für unseren eigenen Wohlstand zu zerstören.
Das enthebt uns aber nicht der Verantwortung, uns über die Folgen unseres Handels Gedanken zu machen. Waffenexporte, die durch die Schaffung bzw. Erhaltung von Abschreckungspotenzial, Kriege eher unwahrscheinlich machen, sind durchaus sinnvoll.
Waffenexporte in Krisengebiete, die dortige Kriege nur in die Länge ziehen, sind es nicht. Kriege können nur durch Diplomatie und politische Lösungen beendet werden.
Konflikte ohnehin am besten diplomatisch bevor daraus Kriege werden. Auch hier ist Pragmatismus zielführender als die Moralkeule.
Ich sehe hier vor allem die Eskalation im Roten Meer und die Angriffe auf die Schifffahrt durch die Huthi-Rebellen als Anlass für die Kehrtwende. Saudi-Arabien bekämpft aktiv, u.a. auch durch Luftschläge, die Huthis, weshalb eine Stärkung der saudischen Luftwaffe zumindest indirekt Auswirkungen auf die Situation im Roten Meer haben sollte. Man kann hoffen, aber auch bezweifeln, dass es für Deutschland positive Auswirkungen sind.
@Schlammstapfer sagt: 09.01.2024 um 16:06 Uhr
„Ohne das Eingreifen der Saudis und ihrer islamischen Koalition, wäre der Bürgerkrieg im Jemen schneller vorbei gewesen und weniger Menschen hätten dort leiden und sterben müssen.“
Jaja, die bösen bösen Saudis./sarc
Schade, das Sie in Ihrer Betrachtung den Iran und seine Schergen völlig außen vor lassen. Ohne deren Unterstützung hätte es erst gar keinen Bürgerkrieg gegeben.
Die wahren Gründe für diese Entscheidung werden natürlich nicht genannt. Ich sehe mindestens zwei:
– die Tatsache, dass die Gespräche zwischen den Saudis und den Franzosen über die Rafale gut und schnell voranschreiten. Es ist unerträglich für Großbritannien wie für Deutschland, einen Markt zu verlieren, der als gefangen angesehen wird.
– zweitens die Tatsache, dass Airbus sehr laut geschrien hat, durch die Stimme von Guillaume Faury und Michael Schoellhorm. Auf diesen Verkauf zu verzichten, wahrscheinlich einer der letzten möglichen Exportmöglichkeiten für den Eurofighter, bedeutete fast das Ende der Kampfflugzeugindustrie in Deutschland.
Die Folgen insbesondere für den FCAS wären für Deutschland unhaltbar gewesen.
Gut Airbus bekommt seinen Auftrag, dann halten die schön die Klappe und man kann eine neue Staffel EF Tranche 5 noch mal schön 4-5 Jahre in die nächste Legislatur verbummeln lassen. Ente gut, alle gut. Herzlichen Smily :)
Eurofighter EK nur als Upgrade aus dem Bestand … jetzt ist das Bild rund.
@ Metallkopf
Es geht mitnichten um ein Dafür/Dagegen von Rüstungsexporten. Es geht um schlüssige, langfristige, vorausschauende Argumentation der getroffenen Entscheidung. Um nichts anderes geht es.
Denn mit der fatalen Argumentation einer „Neubewertung“ oder noch dämlicher die Bewertung eines angeblichen „konstruktiven“ Verhaltens unterstreicht man nur die eigene Ahnungslosigkeit und Naivität.
So mancher setzt doch schon heute auf eine „Neubewertung“ bei „konstruktiven“ Verhaltens in dem anderen Angriffskrieg in Europa. Da schließt sich dann der Kreis so einer verheerenden, inhaltsleeren Argumentation, die nicht bis zum Ende gedacht ist. Das ist das Signal, das von dieser absolut grottenschlechten Kommunikation und Argumentation ausgeht.
@Der Realist (09.01.2024 um 8:58 Uhr)
und
@Pio-Fritz (09.01.2024 um 17:45 Uhr)
und
@Geraud (09.01.2024 um 18:18 Uhr):
Ich sehe das in weiten Teilen auch so.
Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass Deutschland als einzige Partner-Nation so lange die Lieferung weiterer (!) Eurofighter an Saudi-Arabien behindert hat und wohl zudem als einzige Partner-Nation im Meteor-Projekt die Lieferung der Meteor Luft-Luft-Flugkörper (für die bereits gelieferten Eurofighter) behindert hat. Deutschland liefert in beiden Fällen nur einzelne Bauteile / Baugruppen. Endmontage und die Lieferung / Export der fertigen Waffensysteme erfolgen hier ohnehin nicht aus Deutschland, sondern aus Großbritannien.
Es gab schon immer sehr gute industriepolitische und wirtschaftspolitische Argumente weitere Eurofighter an Saudi-Arabien zu liefern:
– Die deutsche und europäische Industrie lebt von Exportaufträgen. Exportaufträge sichern auch deutsche Arbeitsplätze, stärken die deutsche Industrie und bringen Steuereinnahmen. Wenn Deutschland mit seinem Veto die Lieferung von weiteren Eurofightern behindert, dann werden stattdessen halt französische oder amerikanische Kampfjets geliefert und somit nur die französische oder die amerikanische Industrie gestärkt, aber die deutsche Industrie wird hingegen geschwächt.
– Ich vermag bei keiner der Partner-Nationen grundsätzlich falsche Moral- oder Wertvorstellungen zu erkennen. Wenn unter den 4 Partner-Nationen im Eurofighter-Projekt (allesamt auch NATO-Partner) also ausschließlich Deutschland ein Problem beim Export an Saudi-Arabien sieht, dann könnte es schlichtweg auch an einer einseitig übertrieben restriktiven Sichtweise Deutschlands liegen. Zudem leidet das Vertrauen der 3 Partner-Nationen (und anderer Nationen) gegenüber Deutschland als zuverlässiger Partner bei gemeinsamen Rüstungsprojekten.
– Die Eurofighter-Partner-Nationen sowie Frankreich (mit Blick auf FCAS) könnten künftige Kampfflugzeuge problemlos ohne Deutschland und ohne Beteiligung der deutschen Industrie entwickeln und fertigen, Deutschland könnte dies umgekehrt, ohne Partner-Nationen jedoch nicht! Also sollte man im eigenen Interesse stets mit den Partner-Nationen (NATO-Partnern) eine gemeinsame Lösung, gegebenenfalls einen Kompromiss für Exporte suchen.
– Da Entwicklungsprojekte und die Produktion von Kampfflugzeugen über mehrere Dekaden laufen, müssen die Partner-Nationen auch unabhängig von regelmäßig wechselnden Farben in der jeweiligen Regierung in der Lage sein zuverlässig eine gemeinsame Lösung mit den Projekt- und NATO-Partnern zu finden.
– Als Teil-Ersatz für die abgängigen Tornados benötigt Deutschland neben der F-35 absehbar auch weitere Eurofighter. Aber nur mit Exportaufträgen kann die Eurofighter-Produktion bis dahin aufrecht erhalten werden. Saudi-Arabien ist der einzige verbleibende Exportkunde und ohne Exportaufträge endet die Produktion frühzeitig.
Und es gibt schon lange sehr gute außen- und sicherheitspolitische Argumente weitere Eurofighter an Saudi-Arabien zu liefern:
– Stabilität im Nahen Osten bewirkt sichere Sehwege (z.B. an der jemenitischen Küste), günstige Öl- / Energiepreise und somit auch die Wirtschaft von export- und importabhängigen Industrienationen, wie z.B. Deutschland. Destabilisierung im Nahen Osten beeinflusst die Weltwirtschaft negativ.
– Der Iran unterstützt diverse Terrororganisationen, Extremisten und Rebellen im Nahen Osten (z.B. Hamas, Hisbollah und Huthis) und unterstützt Terror-Regime (z.B. Syrien und Russland). Der Iran destabilisiert damit bewusst und systematisch die gesamte Region Naher Osten und erweitert zunehmend sein Einflussgebiet (z.B. Gaza, Irak, Syrien, Libanon, Jemen). Der massive Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und in Folge der aktuelle Krieg in Gaza wurden vom Iran mitverursacht. Durch seine Waffenlieferungen an Russland destabilisiert der Iran zudem Europa. Man möge mir diese vereinfachten, groben Darstellungen nachsehen.
– Als Gegengewichte zum destabilisierenden Einfluss des Iran bleiben im Nahen Osten lediglich Saudi-Arabien, Jordanien, Ägypten, Israel und evt. noch ein paar kleinere arabische Staaten. Saudi-Arabien ist aufgrund seiner Stabilität, Größe und strategisch günstigen Lage in dieser Aufzählung wohl das wichtigste Gegengewicht.
– Wenn man (als Deutschland, Europa, NATO) selbst nicht in der Lage ist oder gewillt ist im Nahen Osten ein dauerhaft wirksames Gegengewicht zum Iran zu bilden, dann sollte man wohl im eigenen Interesse Saudi-Arabien (und weitere Staaten in der Region) dem entsprechend dabei unterstützen, z.B. mit Kampfflugzeugen. Und Saudi-Arabien nicht zu unterstützen, wäre wohl ein größeres Risiko. Dies ist offensichtlich die Sichtweise und Herangehensweise der Amerikaner und anderer NATO-Partner.
Es geht auch um künftige gemeinsame europäische Verteidigungsprojekte. Verbot des Eurofighter Exports hätte alle nicht selbstmord-willigen europäischen Nationen zu einer „German-free“ Politik gezwungen.
@ Hans II:
„Die Eurofighter-Partner-Nationen sowie Frankreich (mit Blick auf FCAS) könnten künftige Kampfflugzeuge problemlos ohne Deutschland und ohne Beteiligung der deutschen Industrie entwickeln und fertigen, Deutschland könnte dies umgekehrt, ohne Partner-Nationen jedoch nicht!“
Airbus DS wird nicht umhin kommen, sich zu einem eigenständigen Anbieter von Kampfflugzeugen zu entwickeln. Das Airbus BoD muss hier klare strategische Vorgaben machen. Das BKA macht sie bisher nicht. Nachdem Dassault Airbus bei Exporten, Super Rafale und FCAS derart herausfordert und vorführt, muss es und wird es eine Antwort geben.
Bei FCAS liegen die nationalen Ambitionen derart weit auseinander, das kein gemeinsamer Nenner gefunden werden kann. Man sollte dieses Vorhaben zugunsten eines KF X schnell beenden. Dieses System muss schnell verfügbar sein, deutlich vor 2040 und Deutschland in die Lage versetzen eine wirksame Abschreckung an der NATO-Ostflanke zu garantieren.
@ Hans II
Ich sehe noch die Möglichkeit eines großen Auftrags aus der Türkei.
Die Situation ist vergleichbar: Wenn wir nicht liefern, werden es die Amerikaner tun.
Die NATO würde die Ausrüstung der Türkei mit EF in der Region stärken, was ein wichtiger Punkt für eine Genehmigung sein könnte.
Aber das hängt wohl sehr mit dem noch ausstehenden Ok der Türkei zu einem NATO-Beitritt Schwedens zusammen.
@ Wehrbär (10.01.2024 um 9:33 Uhr):
„…Verbot des Eurofighter Exports hätte alle nicht selbstmord-willigen europäischen Nationen zu einer „German-free“ Politik gezwungen.“
Daumen hoch, Zustimmung.
@ Der Realist (10.01.2024 um 13:42 Uhr):
Eurofighter an den NATO-Partner Türkei zu liefern (sofern dort Interesse besteht)…
– Ja, warum nicht? (mal rein theoretisch)
– Die von Russland erworbenen und von der Türkei eingesetzten Luftverteidigungssysteme (S400?) dürften keinen Hinderungsgrund für eine Eurofighter-Lieferung darstellen.
– Ist die Türkei ein verlässlicher NATO-Partner? Jein. Die Türkei verfolgt eigene, z.T. abweichende Interessen und ist ein äußerst herausfordernder NATO-Partner.
– Die Türkei hat m.E. deutlich abweichende Moral- und Wertevorstellungen (Menschenrechte, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Rechtsstaat, Trennung von Religion und Staat usw.).
– Sind regelmäßige Luft- und Artillerieangriffe auf kurdische Stellungen und Orte sowie der massive Eingriff im syrischen Bürgerkrieg zur Bekämpfung von Terroristen hinnehmbar? (sorry, dies vermag ich nicht zu bewerten)
– Aber auch im Falle der Türkei wäre es m.E. ein größerer Fehler des Westens die Türkei nicht zu unterstützen und nicht zu beliefern. Denn bei länger ausbleibender Unterstützung / Lieferung aus dem Westen könnte sich die Türkei noch weiter Richtung Russland orientieren ;-)
– Eine Lieferung lässt sich auch an Bedingungen knüpfen, z.B. die schnellst mögliche Ratifizierung des NATO-Beitritts Schwedens. Und Bedingungen zu stellen, ist ja vollkommen legitim.
– Und selbst nach Lieferung und Zahlung kann man bei nicht erfüllten Bedingungen jederzeit die Aussetzung des Supports (SoftwareUpdates, Ersatzteile usw.) androhen.
Entscheidungen über Rüstungsexporte können gewiss mit Moral- und Wertevorstellungen verknüpft werden, aber hier sollte man eher einen pragmatischeren Ansatz wählen und keinen absoluten. Man sollte stets eine gemeinsame Linie mit den Projekt-, EU- und NATO-Partnern suchen, ansonsten wirkt sich dies nachhaltig negativ auf den Wirtschaftsstandort Deutschland aus.
Wahrscheinlich haben die meisten Nationen (abhängig von ihrer Situation und ihren Interessen) gegenüber Deutschland mehr oder weniger abweichende Moral- und Wertevorstellungen.
Auch mit Nationen, die abweichende Moral- und Wertevorstellungen haben, kann man wesentliche, gemeinsame Interessen teilen (z.B. sichere Seewege). Und man sollte stets alle Vor- und alle Nachteile abwägen.
Exportentscheidungen als Moralapostel nur von z.T. übertrieben ausgeprägten Moral- und Wertevorstellungen abhängig zu machen, bis hin zur Selbstgeisselung und Erklärungsnot, dies scheint mir ein rein deutsches Phänomen zu sein.
[Ich weiß nicht, ob es ein rein deutsches Phänomen ist, aber die Tendenz, mal schnell auf einen OT aufzuspringen, ist hier schon bemerkenswert. Nein, es geht in diesem Thread nicht um die Türkei, nein, wir werden Rüstungsexporte an die Türkei an dieser Stelle nicht weiter debattieren. So viel ausprägte Wertevorstellungen kann man auch anderswo ausleben. T.W.]
@ T.W.:
Besten Dank, Ihr Hinweis auf die Hausordnung kommt zu Recht.
Da bin ich im Eifer wohl falsch abgebogen. Mein unbewusstes Aufspringen auf einen OT bitte ich zu entschuldigen.
Weiß jemand ob damit ein Technologietransfer verbunden ist?
Die reine Lieferung finde ich ok, weil es eben zumindest etwas Abhängigkeit und Einfluss schafft.
Technologietransfer, z.B. über Fertigung vor Ort, sollte es in solche Regionen aber schlicht nicht geben.
@Q
„Airbus DS wird nicht umhin kommen, sich zu einem eigenständigen Anbieter von Kampfflugzeugen zu entwickeln. Das Airbus BoD muss hier klare strategische Vorgaben machen. Das BKA macht sie bisher nicht. Nachdem Dassault Airbus bei Exporten, Super Rafale und FCAS derart herausfordert und vorführt, muss es und wird es eine Antwort geben.
Bei FCAS liegen die nationalen Ambitionen derart weit auseinander, das kein gemeinsamer Nenner gefunden werden kann. Man sollte dieses Vorhaben zugunsten eines KF X schnell beenden. “
Viel Glück!
In letzter Zeit hat Airbus DS nicht gerade bewiesen, dass er ein Programm ohne Kostenüberschreitungen oder Verzögerungen durchführen kann (P3C-Renovierung, NH90, Tiger, A400M, Eurodrohne, … ). Dassault hingegen reiht mit seiner Rafale einen Erfolg an den anderen.
@Pio-Fritz
Wenn Sie sich ein bisschen mit der Historie des Konflikts im Jemen beschäftigt hätten, dann wäre Ihnen bekannt, dass die jemenitischen Stämme noch nie ausländische Helfer gebraucht haben, um sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen.
Auch den jetzigen Konflikt gab es schon lange bevor sich der Iran und Saudiarabien da eingemischt hatten. Auch diesen Konflikt hätte die internationale Gemeinschaft mit Diplomatie lösen können. Aber es gibt halt viele Konflikte auf der Welt und die Probleme des Jemen waren wohl nicht so wichtig.
Überlegen Sie mal, wie lange dieser Bürgerkrieg gedauert hat und wie wenig uns im Westen das interessiert hat. Die Berichterstattung in unseren Medien dazu war so gut wie nicht vorhanden. Mit dem aktuellen Bürgerkrieg in Sudan ist es auch so. Auch darüber wird nicht mehr berichtet, seit alle „Westler“ ausgeflogen worden sind.
Was den Iran anbetrifft, so waren wir eigentlich auf einem Weg zur Entspannung, bevor Donald Trump Präsident wurde. Auch Jo Biden hat nichts zur Entspannung beigetragen. Ob der Iran heute für uns so ein Problem wäre, wenn man die Entspannungspolitik fortgesetzt hätte? Ob der Iran ein solches Problem wäre, wenn die USA den Irak als politisches Gegengewicht nicht neutralisiert hätten?
Ob sich mit solchen Fragen beschäftigen sollte, bevor man irgendwo militärisch interveniert?
@ pak
NH 90 und Tiger wurden von Airbus Helicopters (NHI bzw. ECT) entwickelt und gebaut. A400M ist ein Produkt der Airbus Military SL. An der Eurodrohne ist Die von ihnen präferierten Dassault ( neben Airbus DS). Das Re-Winging scheiterte letztlich an einer abgebrannten Lagerhalle. Sie können nicht alle Probleme dieser Welt Airbus DS zuschreiben.
Wenn FCAS bzw. NGF scheitert, sollte es einen Plan B geben. Einen Plan der gut für die Anforderungen an die Bundeswehr ist. Airbus muss wissen, das die Rü vorzugsweise verfügbare Lösungen beschaffen will, um genau die Entwicklungsprobleme der vergangenen Dekaden zu vermeiden. Sie muss dann was auf den Tisch legen können.
@ Q
Wir haben sogar einen Plan B und einen Plan C.
B. Aufstockung der F-35-Bestellung
C. Teilnahme am Konkurrenten aus UK, IT und J.
Der Plan C wäre dann die Airbus-Lösung.
@ Der Realist: Die F35 ist ein Multi Role Kampfflugzeug der 5. Generation. Wir reden von einem Luftüberlegenheitsjäger der 6. Generation, das ab 2034 Eurofighter ersetzen muss. Wenn schon US, dann sollte man als Alternative auf NGAD (Next Generation Air Dominance) blicken.
Schweden charakterisiert das GCAP/Tempest Programm als „Cluster Fuck“. Daran müssen wir uns nicht beteiligen.
Schweden würde sich sofort an einem von Deutschland geführten Programm beteiligen.
Tempest soll ab 2035 Eurofighter in Uk ersetzen. Wir laufen dann in die gleichen Probleme, wie beim Tornado. Das wird auch den Saudis auffallen. Die haben das bei Tornado gelernt.
Und wir brauchen eine EF Nachfolge vor 2040+(NGF) bzw. 2035 (Tempest) also ein KF 2034. Es bleibt keine Zeit, Deutschland muss voran kommen, notfalls auch allein. Wir sind näher dran und als erste betroffen.
Wir sollten uns auch nicht noch abhängiger von den USA machen. Für mich ist weder F35, noch NGAD eine ernsthaft zu erwägende Alternative.