Pistorius und die vermeintliche „Rückkehr zur Wehrpflicht“
Unter den Schlagzeilen des (heutigen) Mittwochs findet sich auch die Aussage, Verteidigungsminister Boris Pistorius habe eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ins Gespräch gebracht. Ein kurzer Blick auf die tatsächliche Aussage.
Die Überschriften scheinen recht eindeutig. Wehrpflicht – Pistorius hält Wiedereinführung für möglich, heißt es beim Deutschlandfunk; Pistorius: Rückkehr zur Wehrpflicht möglich, schreibt das ZDF. Und der MDR titelt Pistorius hält Wiederbelebung der Wehrpflicht für möglich – um nur einige Beispiele zu nennen.
Das scheint, nun, eine Interpretationsfrage. Das Interview mit dem Minister, auf das sich diese Aussagen beziehen, steht in der Zeit und leider hinter Paywall (deshalb auch kein Link). Die entsprechende Passage, als vorletzte Frage in einem langen Gespräch, bezieht sich auf die knappe Personalstärke der Bundeswehr und Pistorius‘ Ankündigung, Strukturveränderungen der Streitkräfte zu prüfen. Darauf dann die Frage der Kollegen, ob es ein Comeback der Wehrpflicht geben könnte, auf die der Minister so antwortet:
Es war ein Fehler, sie abzuschaffen. Aber sie jetzt wieder einzuführen, stößt auf erhebliche verfassungsrechtliche und auch strukturelle Probleme. Die Diskussion darüber wird aber Fahrt aufnehmen, das denke ich schon.
Das ist, vollständig zitiert, die Aussage zur Wehrpflicht.
Nun ist schon richtig, dass Pistorius in seinen Antworten zuvor viel von seinen bisherigen Forderungen nach einer kriegstüchtigen Truppe und nach einem Mentalitätswandel in Deutschland gesprochen hat. Und die gewandelten Aufgaben der deutschen Verteidigungspolitik mit dem Vergleich beschrieben hat: 30 Jahre haben wir von der Friedensdividende profitiert. Jetzt aber geht es um Kapitalerhöhung.
Eine Forderung nach Wiedereinführung von oder Rückkehr zur Wehrpflicht findet sich da allerdings nicht.
(Archivbild: Pistorius bei der Generaldebatte zum Bundeshaushalt im Deutschen Bundestag in Berlin am 06.09.2023 – Florian Gärtner/photothek.de)
Ob jedoch ein Mentalitätswechsel in Deutschland gelingt, ohne dass wesentliche Teile der Gesellschaft konkret in Fragen von LV/BV gefordert und gefördert werden, bleibt für mich zweifelhaft.
Es wäre schön, wenn es mal eine breite, aber sachliche Debatte zu dieser Frage geben würde, allein mir fehlt der Glaube. Wir sollten uns zudem ehrlich eingestehen, dass eine Rückkehr zum letzten (bewusst überspitzt ausgedrückt) „neun- oder sechsmonatigem Gammeldienst“ weder hilfreich noch zielführend ist.
Evtl. kann es eine mehrmonatige und im Schwerpunkt infanteristische Allgemeine und/oder Spezialgrundausbildung geben, die zumindest schon mal angebrütete Sicherungskräfte ergeben würde. Wer möchte, könnte dann Zeit dranhängen und sich weiter spezialisieren, z.B. bei den gepanzerten Kampftruppen, der Artillerie, Logistik oder wo auch immer. Dann lohnen sich auch Investitionen wie Führerscheine etc.
Insgesamt ist ein Dienst an der Allgemeinheit in meinen Augen sehr wünschenswert – gerne für alle Geschlechter verpflichtend, gerne in den Streitkräften, aber bitte nicht auf freiwilliger Basis. Das sollte einem die Gesellschaft und unser freier, demokratischer Staat schon wert sein. Mal schauen, wie sich das entwickelt.
Zitat (aus dem Einsatz 2019):“Sie sollten sich nicht fragen, was Gott für Sie tun kann, sondern, was Sie für Gott tun können.“
Wenn auch etwas weit hergeholt, sollte sich das der eine oder andere vielleicht auch mal in Deutschland fragen, was der Staat alles für Ihn tut; und was er Ihm zurückgeben kann…
Eine Rückkehr zur „damals“ bekannten Wehrpflicht halte ich nicht mehr für zeitgemäß. Dennoch halte ich die Diskussion eines allgemeinen sozialen Jahres für durchaus überlegenswert. Das es dort durchaus auch Ausnahmen geben wird, wie „Pflege eines Familienangehörigen“ oder „Betreuung eines nicht Schulpflichtigen Kindes“ fände ich lobenswert. Durch die Überalterung der Gesellschaft sollten wir diese Diskussion jedoch nicht nur auf die Wehrpflicht beschränken. Durch ein allgemeines soziales Jahr (für ALLE w/m/d) wäre auch eine Einsparung im Haushalt bei den Sozialabgaben möglich. (Die Diskussion, ob Arbeitende zu wenig und Nicht-Arbeitende zu viel bekommen, erspare ich mir an dieser Stelle…)
Unabhängig davon finde ich es schade, dass wir in Deutschland diese Diskussion überhaupt führen müssen. In Ländern, wie Norwegen ist der Wehrdienst in Verbindung mit der gesellschaftlichen Akzeptanz so attraktiv gestaltet, dass über 90% der erforderlichen Kräfte durch Freiwillige gedeckt werden können; ohne Pflicht…
Weiterhin wird in Deutschland eine Stärkung der Reserve angestrebt. Hierzu müsste man diese vor allem für Seiteneinsteiger deutlich attraktiver machen. Ohne vorangegangene Wehrpflicht wird der Pool einfach deutlich zu klein… Selbst, wenn der Arbeitgeber sagt, dass nur 50% des Reservedienstes durch Urlaub gedeckt werden muss, ist dies für die meisten nicht mehr attraktiv… Und sich rein auf ausgeschiedene Soldaten zu verlassen, führt zu nichts anderem, als einem überalterten Reservekörper, der im Bedarfsfall keine gesundheitliche Eignung mehr erhält.
Statt hypothetische Überlegungen zur Wehrpflicht zu tätigen, wäre eine Vermeidung der künftigen massenhaften Mobilisierung von Reservisten wünschenswert. Beispielsweise durch eine adäquate Ausstattung der Ukraine mit Material. Günstiger und einfacher wird eine militärische Absicherung der EU auf absehbarer Zeit nicht mehr.
Welche Anstrengungen werden unternommen, um die zugesagte Munitionslieferung zu gewährleisten? Was ist jetzt mit Taurus? Gilt beim Szenario „die USA fallen aus wegen republikanischen Machtspielen/Trump“ das Prinzip Hoffnung …?
Dieses ganze Gerede von der Wehrpflicht ist an so vielen Ecken und Enden falsch und Unsinn. Es gibt weder das Geld, noch die Strukturen, noch das Material, noch die politischen Rahmenbedingungen dafür. Und die Bedrohung, die diese „Idee“ auslöst, wird genau _jetzt_ eingehegt.
„ Es war ein Fehler, sie abzuschaffen. Aber sie jetzt wieder einzuführen, stößt auf erhebliche verfassungsrechtliche…Probleme“
Biddewas? Seit wann ist die „abgeschafft“ und seit wann haben wir ein verfassungsrechtliches Problem??? Haben wir beides nicht, sollte der BM wissen.
Das „Problem“ ist primär strukturell.
Da hätte ich von Pistorius mehr Wahrheitsgehalt erwartet.
Betreffend „ Jetzt aber geht es um Kapitalerhöhung“…. der Versuch Probleme allein mit Geld zuzuschütten ist leider eine typisch deutsche Unart, die sich in den letzten 40-50 Jahren entwickelt hat.
[Ich würde das Zitat einfach noch mal lesen. Die „Kapitalerhöhung“ bezieht sich nicht auf „mit Geld zuschütten“, sondern auf den Begriff „Friedensdividende“. T.W.]
Verfassungsrechtliche Probleme: Vielleicht, aber muss auch nicht. Strukturelle Probleme: mit Sicherheit, aber lösbar.
Kurzum: Ein klares politisches Dementi geht anders und das war es auch nicht und sollte auch von niemandem so verstanden werden.
Wer etwas anderes möchte, sollte klipp und klar sagen, wie er sich den dringend nötigen nachhaltigen und gründlichen Aufwuchs der Bundeswehr vorstellt. Aber bitte nicht erst, wenn ein Präsident Trump uns sehr deutlich sagt, dass wir gefälligst selbst für unsere Sicherheit zu sorgen haben. Aber natürlich kostet das, bislang tragen die Amerikaner den fettesten Batzen für unsere Sicherheit. Bitte bloß nicht vergessen!
Naja es wird geprüft… wenn man den §12a GG wieder in Vollzug setzten würde, so wie er ist. Würde sich ein jährliches Potential von etwa 400.000 Männern ergeben die Gemustert und evtl. eingezogen werden müssten…. 50-60% KDV Quote ist wohl zu erwarten und 5-10% dauerhaft Dienstuntaugliche. Bleiben wohl jährlich zwischen 180.000 und 120.000 die man ziehen könnte.
Damit die Wehrgerechtigkeit auch vorm Verfassungsgericht bestand hat müsste man wohl etwa ⅔ der „verfügbaren“ eines Jahrgangs auch tatsächlich ziehen. Also landet man bei 135.000 bis 90.000…
Eine mögliche Struktur könnte dann ff. aussehen…
50.000 BS
100.000 SaZ
100.000 GWDL
= 250.000 Friedensumfang
würde man die GBO auch auf GWDL’er anwenden würde sich ein zusätzlicher Mobilnachungsumfang von 600.000 Reservisten generieren. W12 wäre wohl die einzig vernünftige mindest Dienstzeit, um auch verwendbare Reservisten zu generieren.
Nach 2+4 Vertrag sind der BRD 370.000 Soldaten erlaubt, man könnte also mit einem zusätzlichen Mobilnachungsumfang von +120.000 planen und hätte immernoch genug Reservisten in der Hinterhand um Feldersatz zu stellen und Dienstpflichtige im Konfliktfall rotieren lassen zu können, ein Problem was ja zur Zeit in Russland und der Ukraine zunehmend der Bevölkerung unter den Fingern brennt.
Na, endlich ist der Groschen auch an der Spitze des BMVg gefallen, dass ohne eine wie auch immer geartete Wehrpflicht, die geforderte Kriegstauglichkeit der Streitkräfte und deren Sollstärke von 203.000 niemals erreicht werden kann.
Hoffentlich ist es noch nicht zu spät.
Solange die Bw mit Personal extrem verschwenderisch umgeht, können sich gewisse Protagonisten ihr Steckenpferd Wehrpflicht dahinmontieren, wo die Sonne nicht scheint.
Die 40er Verwendungsreihen (Elektroniker) werden derzeit ausgelaugt (vereinzelt 200+ Seetage), weil Verstärkung fehlt, gleichzeitig wird interessiertes und ausgebildetes Bestandspersonal aus Papiergründen nicht dafür genommen oder — wie in einem Fall in meinem Umfeld — aktiv aus der Bw vergrault.
Den spärlichen Nachwuchs ein Jahr auf Stube gammeln lassen in der Hoffnung, dass er bleibt, ist angesichts des massenhaften Ausscheidens der Boomer aus dem Erwerbsleben keine gute Idee. Und wenn dann mal jemand hängen bleibt, bekommt er abstruse Einplanungen oder wird anderseitig drangsaliert? *slowclap*
Apropos: Hat die Marine eigentlich schon mal an Shanghaien anstatt BAPersBw gedacht? Immerhin erträumt sie sich in ihrem Zielbild 2035 eine größere Flotte…
Ich bin 1997 als Wehrpflichtiger eingezogen worden. Damals war es ja „normal“ eingezogen zu werden. Auch schon normal gewesen, dass es viele „Verweigerer “ gab, die dann als Zivi ihren Dienst abgeleistet haben.
Jetzt sehe ich allerdings, sollte eine Wehrpflicht wieder eingeführt werden, schon die erste Klagewelle auf die BRD zurollen. Schlecht finde ich eine Wehrpflicht nicht. Es gab damals auch Wehrpflichtige, die ihren KDV Antrag zurückgezogen haben und bei der Truppe geblieben sind. Ja,..sicherlich ne Ausnahme. Wenn Wehrpflicht, dann auch sinnvoller Einsatz der Soldaten. ( Das gleiche gilt für die Zivis ) . Abgesehen davon, wer wie lange gezogen werden soll, stellt sich die Frage nach der Infrastruktur und dem nötigen Ausbildungspersonal. Grundsätztlich sollte( muss ) über eine bessere Wehrhaftigkeit der BW ( mit Wehrpflicht-Soldaten ) nachgedacht werden.
Wenn ich das (relativ kurze) Zitat von Pistorius lese, sind gleich zwei Fehler darin.
Erstens wurde die Wehrpflicht nicht abgeschafft, sie ruht nur.
Zweitens gibt es für die ruhende Wehrpflicht auch keine verfassungsrechtlichen Probleme, sie ist verfassungskonform. Probleme gibt es erst, wenn man an der Wehrpflicht etwas verändern möchte.
Das ist ja auch genau das, was wir brauchen. Eine gesellschaftliche Diskussion über das Thema Wehrfähigkeit. Dass das auch das damit verbundene Thema Wehrpflicht mit beinhaltet, einschließlich der Verfassungs- und Strukturfragen, die sich da stellen, kann man ja auch hier im Blog immer wieder beobachten.
Es gibt jene, die staatsbürgerliche Pflichten tendenziell eher doof finden. Bürgerrechte reichen ja völlig.
Es gibt darüber hinaus jene, die – wie der Minister – die Aussetzung retrospektiv für falsch halten, aber halt auch Probleme bei der (Re-)Aktivierung sehen. Zu diesen zähle ich mich auch – und halte auch die Probleme für grundsätzlich lösbar – sofern denn ein breiter gesellschaftlicher Konsens hergestellt werden kann.
Und dann gibt es jene, die aus verschiedenen Überlegungen hinaus am liebsten eine allgemeine Dienstpflicht für alle einführen würden – wobei ich da noch kaum wirklich durchdachte Vorschläge gesehen habe, wie das nun eigentlich verfassungs- und vor allem den jungen Menschen in unserem Land gegenüber gerecht umgesetzt werden soll.
Der erste Schritt ist aber, dass das jetzt mal unaufgeregt und mit entsprechender Sachtiefe diskutiert werden muss, was wir als Gesellschaft eigentlich verteidigungspolitisch können (wollen) müssen. Da ist zwo Minuten dreißig Sekunden aber wohl eher nicht ausreichend. Und auch in einem längeren Feuilletonartikel dürfte kaum die Breite der Argumente erschöpfend abgehandelt werden.
Das ist aber ein Brett, das über mehrere Wahlperioden hinweg gebohrt werden muss. Deshalb ist auch erforderlich, dass man das so breit aufstellt, dass politisches Kalkül hier am Ende keine Rolle spielt. Ob wir dazu als Gesellschaft in der Lage sind? Man wird es sehen.
Wehrpflicht ist doch per se schon der falsche Begriff in der heutigen Zeit.
Es geht nicht darum, Personal für die Streitkräfte zu gewinnen, sondern allgemein Menschen zu motivieren, etwas für die Allgemeinheit zu tun.
Es sollte meiner Meinung nach ein „Dienstjahr“ geben. Für alle Geschlechter, aber mit der freien Wahl, in welchem Bereich man dieses ableisten möchte. Und dies auch bei guter Bezahlung.
Es gibt genug Bereiche, die sich über jede Unterstützung freuen würden. Und wenn man ein Jahr seines Lebens „gibt“, sollte man in dem Bereich tätig sein, der einem am meisten liegt und wo die Allgemeinheit am meisten profitiert.
Ich glaube kaum, dass eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Wehrpflicht größere Mengen wirkende Truppen (egal ob im Schlamm oder zur See) generiert.
Im Gegenteil: Ausbildungsbetrieb für ca. 100K Menschen jährlich und dafür nötige Infrastruktur nehmen eher noch zusätzlich aktive Soldaten und finanzielle Ressourcen in Beschlag.
Die fehlen dann leider für Unterstützung der Ukraine bzw. Investitionen in zeitgemäße Wirkmittel an der Verteidigungslinie.
Dafür haben wir mittelmäßig ausgebildete Sicherungssoldaten, die eine Kaserne in Mitteleuropa bewachen können. Auch wichtig, aber nicht das gleiche…
@all
Leider läuft’s wie es zu erwarten war: Wehrpflicht? Nein ja oh, Dienstjahr bitte, alle was für die Allgemeinheit tun, dann aber auch für Frauen, und überhaupt…
Die globalgalaktische Debatte dieser Art bringt hier, wie auch in der Gesellschaft, recht wenig voran – und ich erinnere mal sanft daran, dass es hier um sicherheitspolitische Themen geht und nicht um allgemeine gesellschaftliche Fragen.
Hallo allen zusammen,
Dass Pistorius in den Medien zweifelhaft zitiert wird, halte ich für kein Problem. Im übrigen bennent er die Dinge meiner Ansicht nach beim Namen, zB. Kriegstüchtigkeit und dass die Gesellschaft sich von grundauf verändern muss.
Vier Beispiele die zeigen, wie dramatisch die Lage tatsächlich ist: das Karfreitaggefecht, als sowohl die Bundeswehr, als auch die Politik und insbesondere die Zivilgesellschaft lernen mußten, was Kämpfen bedeutet.
Die Bombardierung des Tanklastwagens, wo auch hier die selben genannten Gruppen erkennen mußten, es geschehen auch Fehler, auch die moralisch blütenweißen Deutschen können Kriegsverbrechen begehen. Und die unehrenhafte Rückkehr der Truppen aus Afghanistan.
Als letztes Beispiel eine Rede des Generalinspektors der Marine. Darin hatte er betont wie Vorteilhaft die Beteiligung der Deutschen Marine an internationalen Einsätzen sei. Außenpolitisch beweise man die Bereitschaft Deutschlands des Bündnisbeitrags, und innenpolitisch ist es vor der Zivilgesellschaft vertretbar, da im Verhältins zu terrestrischen Einsätzen das Risiko um vielfaches niedriger ist.
Ohne sich dessen bewußt gewesen zu sein, hat er damit im Grunde nur eines gesagt: Die Bundeswehr ist feige. Die Politiker sind feige. Die Deutschen sind feige..
Als Soldat würde ich mich fragen, „Was soll ich hier? Die Politik will mich nicht, die Deutschen wollen mich nicht, man gibt mir nicht die Werkzeuge die ich brauche. Aber ich soll Sandsäcke bei Überflutungen füllen und ich soll zum Großen Zapfenstreich antreten, um einer Kanzlerin alle Ehren zu erstatten, die meinen Verein jahrelang kaputtgespart hat, und der es am A**vorbeigeht, wenn ich aus dem Kampf heimkehre…“
Wenn das Bewußtsein und die Grundeinstellung sich in der deutschen Zivilgesellschaft ändern soll, dann sind vordergründig provokant erscheinende Aussagen und Titel in den Medien wichtig. Sie bringen die Themen in den öffentlichen Diskurs, und es muss diskutiert werden. Es muss in den öffentlichen Alltag eindringen.
Und genau deswegen halte ich eine Wiedereinführung einer Wehrpflicht für notwendig, ganz abgesehen von Argumenten der Personalstärke.
Mit einer Wehrpflicht kommen Menschen aus der Zivilbevölkerung mit der Bundeswehr in Kontakt, die es sonst nicht tun würden. Sie erleben sie real, sie nehmen Stellung zu ihren Erlebnissen und zur Bundeswehr allgemein.
Diese gesellschaflich breitere Realität wird zu einer weiterreichenden Veränderung des Bewußtseins in der gesamten Gesellschaft führen.
Mir scheint, als befinde sich Deutschland in einer Art idealistischen, pazifistischen Winterschlaf und wehrt sich mit aller Kraft dagegen, aufzuwachen.
Deutschland muss aus seinem Winterschlaf erwachen und seine Feigheit ablegen, die es weiterhin durch das heuchlerische Argument der Vergangenheit zu schützen sucht.
Arthur
Jetzt zweifele ich erheblich an der Kompetenz des Ministers und der Medien, die Wehrpflicht besteht nach wie vor und wurde niemals abgeschafft- Grundgesetzartikel 12 a ist uneingeschränkt gültig.
https://www.bundestag.de/webarchiv/textarchiv/2011/33831649_kw12_de_wehrdienst-204958
https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_12a.html
Alles was derzeit mit irgendwelchen Task-Forces in der Bw erdacht und teilweise auch direkt umgesetzt wird, ist aus meiner Sicht nach nicht zielführend. Noch „genießen“ wir einen verhalten positiven Personalmangel, die Boomer-Generation dient noch wenige Jahre und die erhöhten Einstellungsumfänge im Rahmen der Trendwende Personal wirken sich noch positiv aus. Aber, das ist mittelfristig das Ende der Fahnenstange. Dann wird es rapide bergab gehen mit den Bestandszahlen. Und das sind auch nur die quantitativen Aspekte. Qualitativ, im Sinne von Fachkräften, bspw. mit elektronischen Einstiegsberufen, wird es noch viel viel schlimmer werden.
Kurzum: Ich bin überzeugt, dass es ohne eine grundlegende strukturelle Veränderung der Bundeswehr niemals gelingen wird einen personellen Aufwuchs nicht alleine an Zahlen, sondern vor allem auch an Qualität zustande zu bringen, ohne dass wir eine Dienstpflicht in Deutschland einführen. Für jeden. Egal welchen Geschlechts. Mindestens 12 Monate. Sinnvoll gestaltet. Die meiner Meinung nach überwiegenden positiven Effekte auf Gesellschaft, Bundeswehr, Resilienz im Katastrophenfall, aber auch Entlastung der sozialen Bereiche und anderer Blaulichtorganisationen wurden hier schon zur genüge anderweitig diskutiert.
Es muss was passieren, bevor wir irgendwann vor vollendeten Tatsachen (bspw. USA vermindern ihr Engagement in Europa oder gar ein direkter militärischer Konflikt der NATO in Europa gegen einen ebenbürtigen Gegner) mit heruntergelassener Hose stehen. Zumindest ein ehrlicher Diskurs mit einem klaren Ergebnis und dann folgender Umsetzung ist unumgänglich und längst überfällig.
Weil hier ja wohl viele selbsternannte Verfassungrechtler anwesend sind:
Eine Wehrpflicht ist rechtlich schwierig weil
– Wehrgerechtigkeit: Wer wird gezogen? Warum keine Frauen?
– Ist sie *wirklich* nötig? Karlsruhe hat recht deutlich gesagt, daß eine Pflicht die Ausnahme sein sollte. Bis 1989 war das anders – da ging’s um LV. Aber vor 2022? Und jetzt?
Es gibt dazu sicherlich auch eine Folge Sicherheitshalber – das überlasse ich Thomas, die zu finden. :-)
Die verfassungsrechtliche Dimension hat @P_O_Heinemann ( Attorney at law | Legal Historian | Occasional contributor to FAZ, LTO & NVwZ) in 5-teiligem post ausführlich dargestellt, bei „x“.
„Was zur Wehrgerechtigkeit öffentlich vertreten wird, ist verfassungsrechtlich leider oft recht wenig informiert. Art. 12a Abs. 1 GG verleiht der Wehrpflicht für Männer Verfassungsrang. Verfassungsrechtlicher Zweck der Wehrpflicht ist die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der
Streitkräfte und damit der Verteidungsfähigkeit des Bundes („Streitkräfte zur Verteidigung“, Art. 87a Abs. 1 Satz 1 GG). Das ist das oberste Prinzip, das die Wehrpflicht verfassungsrechtlich leitet.
Was folgt daraus? Zu allererst ein Perspektivwechsel: Für die Wehrverfassung des
Grundgesetzes ist am wichtigsten, dass die Streitkräfte funktionieren, hierzu ist die Wehrpflicht verfassungsrechtlich zulässig. Die Vorstellung, dass die jeweiligen Jahrgänge gerecht im Sinne von möglichst umfassend mit der Wehrpflicht zu belasten sind, ist demgegenüber
allenfalls nachrangig. Mit Normbezug: Art. 12a Abs. 1 GG und Art. 3 GG sind verfassungsrechtlich gleichrangig. Wehrgerechtigkeit greift daher verfassungsrechtlich insbesondere schon nicht für Frauen. Wehrgerechtigkeit bedeutet nicht mehr, als dass der Bedarf der Streitkräfte nicht durch eine willkürliche Einberufungspraxis gedeckt werden darf. Willkürlich wäre es zum Beispiel, wenn man losen würde, anstatt sich an sachlichen Auswahlkriterien (vorrangig Tauglichkeit) zu orientieren.
Merke: Wehrgerechtigkeit bedeutet also insbesondere nicht, dass so viele wiemöglich eingezogen werden müssen“.
(Herr Heinemann hat mir sein Einverständnis für die Übernahme seines Tweets gegeben.)
@all: Ja, die Wehrpflicht ist rechtlich nicht abgeschafft. De facto ist sie es freilich schon, allein schon durch das jahrzehntelange Schleifen der für die Umsetzung notwendigen Verwaltungs- und Ausbildungssrukturen.
Und da liegt dann auch die rechtliche Hürde. Etwas grundsätzlich laut Verfassung zu dürfen, ist das eine. Es auch auf konkret verfassungsgemäße Art und Weise zu tun das andere…
Ich gebe @Pham Nuwen recht, wenn der Ukrainekrieg nur den Anstoß, nicht aber das eigentlich zu lösende Problem darstellt. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns keinerlei Gedanken über übermorgen machen müssen. Denn was heute Russland, kann morgen China, und Übermorgen vielleicht auch wieder Russland sein. Meine Kristallkugel ist jedenfalls (mal wieder) verdächtig trübe, was Prognosen für die nächsten 30 sicherheitspolitischen Jahre angeht. Und wenn man mal davon ausgeht, dass es klimapolitisch heute fast selbstverständlich ist, seinen Kindern eine lebenswerte Welt hinterlassen zu wollen, dann ist es wohl nur verständlich, wenn man sich dann auch der Verpflichtung stellt, dafür zu sorgen, das unsere Gesellschaft sich auch mit unseren Kindern und deren Kindern gegen Aggression von außen oder innen verteidigen kann.
Haben und nicht brauchen ist allemal besser als brauchen und nicht haben! Hat man ja aktuell dann auch gesehen.
Eine erfreuliche Nachricht.
Die politische Ablehnung wird enorm sein, auch die Rückkehr zur benötigten Infrastruktur.
Für mich eine Mehrzwecklösung die der Bundeswehr personelle Abhilfe schafft, außerdem, sofern man das Wahlmodell betrachten würde, ein Wohltun für die Gesellschaft aufgrund des Sozialdienstes.
Und natürlich beobachtet der Osten genau, wie sich die Wirtschaftsmacht DEU auch militärisch perspektivisch aufstellt. Stichwort Abschreckung.
200 Jahre hatten wir mit kurzer Unterbrechung nach den Weltkriegen in fast allen deutschen Staaten eine Wehrpflicht als Bürgerpflicht. Für die Bundeswehr führte der Gesetzgeber fast unmittelbar nach ihrer Gründung ebenfalls wieder die allgemeine Wehrpflicht für Männer ein (mit Ausnahme von Israel gibt es weltweit keine allgemeine Wehrpflicht für Frauen und auch die IDF zieht Frauen nur freiwillig in Kampfeinheiten ein). 2011 hat man die Wehrpflicht außer Vollzug gesetzt, da damals IKM Missionen Profil bestimmend waren und ein Konventioneller Konflikt großen Ausmaßes in Europa nicht denkbar war…. 2014 und 2022 wurden wir eines Besseren belehrt.
Die „Zeitenwende“ hat deutlich gemacht das der Verfassungsauftrag der Streitkräfte wieder primär geworden ist. Um den Verfassungsauftrag auch im Konfliktfall glaubhaft, durchhaltefähig und mit Schlagkraft umzusetzen bedarf es ausgebildeter Reservisten die die Streitkräfte verstärken und Personal Ausfälle ersetzen.
Hardenberg und Stein wussten das, dass nur durch eine allgemeine Wehrpflicht sichergestellt werden kann.
Die viel gescholten Gammeldienste kamen eigentlich erst in den 90’er und 2000′ er Jahren auf als kein Geld mehr da war um regelmäßig zu üben. Als man begann die Liegenschaften durch private Wachschutzfirmen bewachen zu lassen und man der Meinung war die Liegenschaften durch Fremdfirmen in Schuss halten zu lassen und die längerdienenden Zeit- und Berufssoldaten zunehmend damit beschäftigt waren weniger ihre GWDL’er auszubilden als sich selbst in Ferne Auslandsmissionen zu stürzen.
Die finnische Armee kennt keine Gammeldienste, in der Schweiz hocken die Soldaten auch ehr weniger 8h auf Stube.
Nicht zu vergessen die Zivilverteidigung die ebenfalls Verfassungsrang hat. Als der Kalte Krieg noch Realität war hatte das THW fast 200.000 Helfer und Hauptamtliche Mitglieder. Heute sind es noch knapp 80.000 wovon nur 40.000 auch Einsatzbefähigt sind. Auch diese Strukturen muss eine Wehrpflicht mit Personal füllen.
@ T. Wiegold 10:08
Sie schreiben „ich erinnere mal sanft daran, dass es hier um sicherheitspolitische Themen geht und nicht um allgemeine gesellschaftliche Fragen.“
Selbstverständlich haben sie recht.
A B E R: Das Kardinalproplem unserer Sicherheitspolitik ist, dass sich die Gesellschaft zu wenig dafür interessiert. Und wenn Interesse vorhanden ist, dann darf es nichts kosten.
Das gilt für die Parteien (eigentlich ohne grundsätzliche Ausnahme), für unsere geliebte Presse (dass Sie eine Ausnahme sind, macht es grundsätzlich nicht anders), und für die Gesellschaft als Ganzes.
Sorry, aber seriöse Sicherheitspolitik ist derzeit zwingend Gesellschaftspolitik. Und wenn das nicht angegangen wird, kann man sich das Herumdoktoren an einzelnen Symptomen eigentlich auch sparen.
Ich finde es sehr gut, dass der Minister versucht, die Debatte anzustoßen. Ob er jetzt sagt, die Wehrpflicht ist abgeschafft oder ausgesetzt: Geschenkt.
Wir brauchen die Diskussion. Leider sehe ich aktuell dafür trotz Ukraine-Krieg und Nahostkrise zu wenig Unterstützung.
Meine Ansicht nach ist eine „Globaldebatte“ über eine Wehr- und Dienstpflicht schon notwendig. Der Absatz 12a (1) zielt – trotz Anpassung im Jahre 2000 – ausschließlich auf die Einberufung von Männer an die Waffe, wohingegen für Frauen „nur“ die Verpflichtung für Leistungen im Sozialdienst besteht (12a 4). In Bezug auf die Gleichstellung von Mann und Frau hat sich in den letzten 20+ Jahren aber erheblich was getan, so dass die Frage schon berechtigt ist, ob solche Formulierungen – selbst mit Verfassungsrang – nicht heutzutage im direkten Widerspruch zu Art. 3 (2) stehen – Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
Mein Wehrdienst ist gute 20 Jahre her – würde ich heute unter den oben geschriebenen Voraussetzungen zum Wehrdienst einberufen werden, müsste ich schon fragen: warum nur Männer und nicht Frauen? Gleichberechtigung kann nicht selektiv gelten, sondern muss dann schon pari angewendet werden. Aus meiner Sicht heißt das: Wehrpflicht ohne allgemeine Dienstpflicht für alle (m/w/d) wird nicht funktionieren.
Letztlich sind auch Gesetze und Verfassungen einem Wandel der Zeit unterworfen. Was 1956 bei Wiederaufstellungen der Streitkräfte richtig war, 2000 aufgeweicht wurde, muss heute so nicht mehr korrekt sein, und sollte zumindest einer genaueren Betrachtung unterworfen werden.
Gleichwohl: ich kann nicht erkennen, dass in den nächsten 5-10 Jahren hier ernsthaft was passieren wird. Die Debatte scheint mir eher theoretischer Natur zu sein. Bundeswehr & die Pendants auf ziviler Seite werden den Nachwuchs anders generieren müssen als über eine Dienstpflicht, so wünschenswert ich sie auch gesellschaftlich halte.
Etwas deutlicher wurde BP kürzlich in Berlin beim nicht-öffentlichen Teil der BwTagung. Dort sagte er zwar auch (wie in der ZEIT), die Aussetzung der Wehrpflicht sei ein Fehler gewesen. Er fügte aber hinzu, er habe keinerlei Absicht, die Wehrpflicht zu reaktivieren, da dies verfassungsrechtliche Probleme (gemeint ist wohl unter anderem die Wehrgerechtigkeit) mit sich bringe. Zudem verfüge die Bw gar nicht mehr über die Strukturen, um die Wehrpflichtigen aufzunehmen und auszubilden. Daher scheint die Aufregung um die jetzigen Sätze etwas aufgebauscht.
Was viele Wehrpflichtromantiker verdrängen: Damals^TM gab es kein BAPersBw. Ich würde da erst einmal die Axt anlegen, bevor man dem Arbeitsmarkt Kräfte entzieht und diese dann kaputtverwaltet.
Gleiches gilt auch für die Haushaltsmittel. Einfach mehr Geld in ein ineffizientes System drücken führt nicht zu mehr Output.
Das System Bw ist FUBAR. Plattmachen, neu aufsetzen.
Hallo zusammen,
Ich bin überrascht zu sehen, dass fast alle Kommentare hier die Tatsache ignorieren, dass Journalisten die Aussagen des Verteidigungsministers in Bezug auf die Wehrpflicht übertrieben verzerrt haben. Bin ich der Einzige, der das schockierend findet? Und was soll das bedeuten?
Ist es wirklich notwendig, Herrn Pistorius Worte zu unterstellen, die nicht seine eigenen sind, um diese Debatte wieder in Gang zu bringen?
Es gibt Grenze die man nicht überschreiten sollten. Als Journalist eine sach- und wahrheitsgemäß Berichterstatung ist eine davon.
Sicherlich kann man sich an Begrifflichkeiten hochziehen ,ob sie denn nur „ausgesetzt“ wurde, aber de facto ist sie abgeschafft, und mir fehlt jede Vorstellung wie das wieder geändert werden sollte. Da wär zum einen die rechtliche Frage der „Wehrgerechtigkeit“ . Um diese verfassungskonform zu gewährleisten, müssten die entsprechenden Jahrgänge praktisch vollständig eingezogen werden. Aber wohin? Nach der „Aussetzung“ konnte man es ja nicht erwarten, sämtliche freigewordenen Liegenschaften zu veräußern ,abzureißen oder oder z.B: zu Flüchtlingsheimen umzufunktionieren. Diese benötigte Infrastruktur ist nicht mehr vorhanden. Von fehlenden Waffensystemen und Ausrüstung mal ganz zu schweigen. Dazu kommt der moralisch Aspekt, das vielleicht größere Problem. Nachdem man in den letzten 30 Jahren der Bevölkerung systematisch jegliches militärische, dazu Patriotismus und Nationalstolz ausgetrieben hat, braucht man sich nicht zu wundern, das diese wenig bis gar keine Lust verspürt ,dieses Land im Ernstfall mit ihrem Leben zu verteidigen. Und um ganz ehrlich zu sein, gilt das auch für mich ,als ehemaliger GWDler. Ich halte die Wehrpflicht durchaus aus vielen Gründen für sinnvoll , aber in der heutigen Gesellschaft für ein totes Pferd ,was sich mit kosmetischen Eingriffen nicht mehr wiederbeleben lässt. Zumindest nicht unter dieser Regierung.
Warum eigentlich Wehrpflicht/Pflichtdienstjahr nur für die jungen Schulabgänger?
Haben wir nicht irgendwas um 3 Mio (gemeldete!) Arbeitslose derzeit? Die werden ja nicht alle im Altersband 40-67 Jahre zu finden sein. Und bei den u40-Leuten ist die Chance sehr hoch, dass sie nicht (mehr) gezogen wurden.
Und wenn die schon keine Arbeit finden, kann man sie ihnen auf diese Weise geben und für den Anschluss vielleicht noch Qualifizierungen/BFD bzw. einen Eingliederungsschein bei guter Leistung (davon hätte der öffentliche Dienst dann auch was).
[Ich denke, diese etwas abseitige Art der Debatte lassen wir hier. Und zwar unmittelbar. T.W.]
@ Flying-Tiger
Vielen Dank für Ihren Kommentar.
Ich sehe es genauso.
Gleichberechtigung bedeutet eben auch wirklich Gleichberechtigung in der heutigen Zeit.
Und weshalb sollten nicht viele junge Frauen Lust auf die Bundeswehr und viele junge Männer eben auf Ersatzdienst haben?
Aber die freie Wahl ist wichtig.
Ich bin nicht überrascht über die Pressemeldungen, die, die Aussagen von Herrn Pistorieus nach Gutdünken wiedergeben. Dieser Boulevardtrend ist schon länger zu beobachten, ein Grund mehr, diesen Blog hier zu loben.
Zur Wehrpflicht ist zu sagen, dass Sie sicherlich nicht alle Probleme löst und auch neue mitbringt.
Aber Argumente, wie fehlendes Material und Personal, bzw. Strukturen sind alle lösbar. Auch rechtliche Probleme kann man lösen, wenn man den Will. Hier sehe ich das Problem….
Vorteile wären klar, dass ein Personalaufwuchs dadurch entstehen würde und die Bundeswehr wieder in die Mitte der Gesellschaft kommt.
Sollte, Gott möge es verhüten, die jüngsten Aussagen des russischen Präsidenten ggü. dem Baltikum und anderen Ländern, ernsthafte Ansagen sein und sei es erst in mehreren Jahren, ist somit ein Countdown gestartet, der die Zeit definiert, in der man noch vernünftig reagieren kann.
Eine Bundeswehr in der aktuellen Größe, wäre binnen weniger Wochen / Monate, je nach Intensität der Auseinandersetzung, am Ende.
Auf die USA und / oder Europa sich zu verlassen, ist schlichtweg naiv.
Die Frage der Wehrgerechtigkeit löst man nur, wenn man Konzepte hat, die berücksichtigen, dass man eine Mindestanzahl X an Rekruten zeitnah mustern, einziehen, verwalten, ausrüsten und (wenigstens rudimentär sinnvoll) ausbilden können muss, um nicht verfassungswidrig einen kleineren Teil der wehrpflichtigen Jahrgänge mit dem „Nachteil“ der Dienstverpflichtung zu treffen, während der größere Teil nicht mal zu Ersatzdiensten herangezogen wird.
Da die Bundeswehr in ihrer derzeitigen Struktur kaum Massen an OR-1 bis -4 benötigt, die außer Wachdienst und Geschäftszimmer eigentlich auch kaum sinnvolle Tätigkeiten verrichten könnten, liegt auf der Hand, dass man den Weg „zurück in die 80er“ kaum gehen kann. Besser wäre eine milizähnliche Aufstellung, wie in der Schweiz, mit der kurzen, aber verbindlichen infanteristischen Grundausbildung für (mittelfristig) alle und anschließender mehrfacher Beübung in den jeweiligen Truppengattungen und dem sukzessiven Aufbau strukturierter, weiterer Kapazitäten hierfür bei den Truppenteilen.
Man könnte den Eingriff so auch für junge Leute anfänglich relativ gering halten und die Aufwuchsfähigkeit und nötige Ausbildungstiefe dann im Laufe der Zeit erreichen. Für eine gewisse Karenzzeit dürfte m.E. das Bundesverfassungsgericht Ungleichgewichte in der Wehrgerechtigkeit wohl auch tolerieren, allein schon weil das anders gar nicht möglich wäre. Niemand kann verlangen, dass ein Auto unmittelbar von 0 auf 100 km/h beschleunigt. Der Aufbau der Bundeswehr lief auch 1955 nicht von jetzt auf gleich. Vorangegangen waren auch gut 5 Jahre intensive Vorbereitung und Konzeption. Man hätte aktuell immerhin den Vorteil, nicht mit lediglich 101 Freiwilligen anfangen zu müssen.
Die Strukturen für eine „Neue Wehrpflicht“ müssten aber wohl weitgehend neu gedacht und dann konsequent realisiert werden. Gleichermaßen für den Zivil- und die sonstigen Ersatzdienste. Vielleicht sitzen ja auch längst schon ein paar kluge Köpfe in der Eifel in einem Kloster zusammen und feilen an einer Denkschrift. Wenn nicht, sollte Herr Pistorius überlegen, ob er nicht hierzu mal in Abstimmung mit seinem Kanzler den Auftrag erteilt.
Es ist schön, wie sehr das Aussetzen des Aussetzens der Wehrpflicht hier beworben wird – nur dürfte das aus ganz pragmatischen Gründen nur sehr schwer möglich sein: die Liegenschaften „Kreiswehrersatzamt (KWEA) XYZ“ wurden zum überwiegenden Teil an die BImA zurückgegeben und zum Teil auch schon wieder weiterveräußert. Und wir reden da von zuletzt 52 Ämtern und 7 „Musterungszentren“. Hinzu kommt, dass im Zuge der Auflösung der KWEA ein signifikanter Teil der Beschäftigten zu anderen Dienstherren wechselte (mit Masse Zoll und BAMF) und bei dem überalterten und zahlenmäßig auf Kante genähten Bestand an Zivilbeschäftigten (Beamte UND AN) der Wiederaufbau einer Wehrersatzorganisation kaum machbar sein dürfte. Allein schon der Bedarf an Musterungsärzten dürfte beim gegenwärtigen Ärztemangel kaum zu decken sein.
Hinzu kommt eine bitte nicht als „Stammtisch“ einzuordnende Frage – Art. 12a Abs. 1 GG spricht von „Männern“ – der § 9 der geplanten Selbstbestimmungsgesetzes rekurriert auf die „rechtliche Zuordnung einer Person zum männlichen Geschlecht“, wenn der Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrages weniger als zwei Monate vor Ausrufung des Spannungsfalls gestellt wurde. DAS stelle ich mir sportlich vor!
Entwurf [der Bundesregierung] eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften
§ 9
Zuordnung zum männlichen Geschlecht im Spannungs- und Verteidigungsfall
Die rechtliche Zuordnung einer Person zum männlichen Geschlecht bleibt, soweit es den Dienst mit der Waffe auf Grundlage des Artikels 12a des Grundgesetzes und hierauf beruhender Gesetze betrifft, für die Dauer des Spannungs- oder Verteidigungsfalls nach Artikel 80a des Grundgesetzes bestehen, wenn in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit diesem die Änderung des Geschlechtseintrags von „männlich“ zu „weiblich“ oder „divers“ oder die Streichung der Angabe zum Geschlecht erklärt wird. Der zeitliche Zusammenhang ist unmittelbar ab einem Zeitpunkt von zwei Monaten vor Feststellung des Spannungs- oder Verteidigungsfalls sowie während desselben gegeben.
Vielleicht sollte man sich von der Wehrpflicht, wie sie bis 2011 bestand, einfach verabschieden. Zu sperrig, zu großer Organisationsaufwand, zu viel Infrastruktur nötig. Es gibt doch genug Modelle innerhalb der NATO, von denen man sich das beste abgucken kann. Sei es die National Guard in den USA, die Territorial Army der Briten, schwedische, norwegische oder auch baltische Modelle.
Wir sehen doch gerade sowohl im Ukraine-Krieg als auch im Gaza-Konflikt, was wirklich gebraucht wird. Logistik, Objektschutz, Flugabwehr, pioniertechnische Fähigkeiten und jede Menge infanteristisch ausgebildete Soldaten, die in mobilen Trupps zur Panzerbekämpfung befähigt sind. Landesverteidigung eben. Und die müssen dann nicht unbedingt monatelang in eine Kaserne einrücken, das geht auch anders. man muss natürlich das entsprechende Material dafür beschaffen, in ausreichender Menge.
Wir brauchen eben nicht noch 5 Jabo-Geschwader, 10 Panzerbataillone oder 10 Fregatten. Die wären zwar nice to have, aber mehr für die NATO, weil kleine Staaten sich so etwas nicht leisten können (oder wollen).
@Jean-Pierre sagt: 07.12.2023 um 17:59 Uhr
Ich weiß nicht, wo Sie das Problem mit der Presse haben. Die Aussage des Ministers steht, sie ist auch korrekt zitiert worden. Seine (Pistorius) Aussage ist eben nicht eindeutig und lässt somit Interpretationen zu, wie der Hausherr schon schrieb. Das ist völlig legitim.
Sie müssen doch nur die Kommentare hier lesen, dann sehen Sie, welche Bandbreite der Minister durch seine Äußerung angestoßen hat.
Niemand kann mir sagen wir könnten keine Wehrpflicht mehr. Es ist einzig der politische Wille der fehlt. Was schwadroniert man im Rahmen der Inneren Führung von damals als im Kloster Himmerod binnen 3 Tagen 12 Divisionen planerisch aufgestellt wurden, obwohl es noch gar keine Streitkräfte gab. Vier Jahre nach Ernennung der ersten Freiwilligen hat diese Armee aus dem Boden gestampfte Armee es mittels Wehrpflicht auf über 400.000 Soldaten gebracht. Ja, dafür muss viel Geld in die Hand genommen werden, es müssen neue Kasernen gebaut werden, es würde auch dieses Mal weit mehr als 10 Jahre dauern bis wir von einer ordentlichen Wehrpflichtarmee sprechen und es würde ordentlich krächzen im Gebälk, aber wenn der politische Wille und der sicherheitspolitische Druck da sind, dann geht das. Man will nur nicht.
@ Ben
Wer sagt denn, dass Wehrpflichtige in der heutigen Zeit in einer Kaserne auf Bundeswehr-Gelände nächtigen müssen? Lass sie doch leben, wo sie möchten, solange sie pünktlich zum Dienst erscheinen.
Alleine das würde die Akzeptanz erheblich steigern.
@Ben
„Vier Jahre nach Ernennung der ersten Freiwilligen hat diese Armee aus dem Boden gestampfte Armee es mittels Wehrpflicht auf über 400.000 Soldaten gebracht“
Das ist rückbetrachtend so anzuzweifeln, könnten Sie belegen?.
Die optimistischen Annahmen zur Heeresvermehrung jedenfalls, binnen 4 Jahren 12 Div untergliedert auf 36 Brig zu realisieren, konnten nie erreicht werden.
Im Zeitraum 1959 – 1962 (1) stiegen die Landstreitkräfte von 125.000 auf 250.000 Mann.
In den Folgejahren bedeutete der Aufwuchs zunächst 275.000 im Heer.
Die Bundeswehr insgesamt erreichte die Zielstärke von 495.000 erst zum 01. Oktober 1969, also ca 9 Jahre später als der NATO zugesagt,
Quelle: Söhnke Neitzel, „Deutsche Krieger“, 2020
(1) Die Jahreszahl 1959 hat Bedeutung, da erst im Jahr zuvor nach Auswertung der LV 58 (Lehr- und Versuchsübung) die Entscheidung zur Brigadegliederung anstelle der Kampfgruppen-Struktur gefallen war.
Kurzer Blick in deutsche Heeresgeschichte, mit Wehrpflicht:
Die „Alte Armee“ umfasste im Sommer 1914 unmittelbar vor Kriegsbeginn 795.000 Mann bei der Einwohnerzahl von 68 Millionen. Mit Blick auf heute diskutierte Wehrgerechtigkeit, es wurde nur ca die Hälfte aller dienstpflichtigen Männer eingezogen.
Hinsichtlich „Wehrgerechtigkeit“ Verweis auf 07.12.2023 um 14:02 Uhr, Inhalt von Rechtsanwalt und Rechtshistoriker P. O. Heinemann.
@Ben, 08.12.2023, 12:37: 100% Wenn der politische Wille auf eine breite gesellschaftliche Akzeptanz trifft, so wäre es sicher kein Problem die Wehrpflicht wieder aufleben zu lassen (was erheblich Geld kosten würde, vollkommen richtig). Weder für das Eine, noch für das Andere sehe ich derzeit Anzeichen. Vielleicht war die Äußerung von BM Pistorius der Versuch die Diskussion in zumindest der Politik ein wenig zu befeuern, frei nach dem Motto „wenn der Frontalangriff keine Aussicht auf Erfolg hat, dann geht es vielleicht über die Flanke“.
@all die jetzt die Leier Spielen… dazu ist die Bundeswehr verwaltungstechnisch gar nicht in der Lage zu.
Das tolle wenn man ein Wehrersatzwesen neu aufbaut man braucht keine „alten Traditionen“ zu pflegen.
Wehrerfassung können die Meldeämter übernehmen. Digitale Meldung an eine Zentralbehörde. Versorgungsämter können erfasste Schwerbehinderte melden damit die gleich raus sind. Kindergeldkasse haben überblick über alleinerziehende, können also auch rein Melden. Datensätze werden digital gepflegt. Mit dem Ladungsschreiben zur Musterung gibt’s einen QR Code um Nachweise, Arztatteste oder andere Bescheinigungen Hochzuladen. KI unterstützt kann eine teilautomatisierte Bearbeitung stattfinden, so das menschliche Sachbearbeiter nur noch Akten entscheiden müssen die das System nicht verarbeiten.
Wer noch eine Musterung im KWEA mit gemacht hat… der wird sich erinnern das man den Arzt 5 Minuten zu Gesicht bekam… Kniebeuge / Rumpfbeuge / Finger Nase Test / Hoden Kontroll Griff und einmal Husten / Lunge abgehört und gut war….
Macht man jetzt 25 Musterungszentren auf mit je 10 Musterungsärzten…. ergibt das 250 Musterungsärzte, die findet man bei der Bundeswehr! Bei maximal zu erwartenden 400.000 Musterungen pro Jahr macht das pro Doc… 1600 Untersuchungen pro Jahr…. bei 220 Arbeitstagen… 7 bis 8 Untersuchungen pro Arbeitstag…. können die zwischen 8 bis 11 Uhr vormittags Abarbeiten und den Nachmittag bis Dienstschluss noch die Akten schwarz machen.
Jedes Musterungszentrum müsste dann pro Arbeitstag zwischen 70 und 80 Musterungen + Eignungsfeststellungen durchführen…. auch zu schaffen.
Und für die SaZ Bewerber haben früher 4 Zentren für Nachwuchsgewinnung + eines für die Marine und die Offiziersbewerber Prüfzentrale ausgereicht…. da die Bewerber meist schon einen Musterungsbescheid mitgebracht haben.
Also alles zu schaffen man muss nur wollen.
„ Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst! “
Ich stelle leider fest das wir es weder können noch ausdrücklich wollen!
Wo sollen die Wehrpflichtigen (Wehrpersonen) denn untergebracht werden? Die Liegenschaften sind durch tolle Ausstattungen bereits schon so überfüllt, das die KpFw regelmäßig eine bestimmte Altersgruppe aus der Kaserne werfen „muss“. Wohnen 2020 braucht Platz, Platz den wir nicht mehr haben um irgendwelche Wehrpersonen über einen ausreichenden Zeitraum unterzubringen. Unterbringungen zu 4.-6. sind doch OUT.
Ich erinnere mich an die Übernahme einer Liegenschaft, die 40 Jahre durch die BW genutzt wurde jedoch als UK für andere „Menschenunwürdig“ sei.
Da hilft auch kein Ansatz “ Wohnen außerhalb der Liegenschaft, Hauptsache er ist pünktlich vor Ort oder im Dienst“. Die Fürsorge verbietet es sogar nach längerem Dienst, ja auch den gibt es noch, die Männer und Frauen vollkommen übermüdet auf die Heimreise zu schicken. Dem Stammpersonal wird es nicht besser ergehen, sogenannte „Heimschläferstuben“ haben teilweise nicht einmal 1 Bett oder werden in Kellern und halbfeuchten Hallen abgebildet. Auch hier verabschieden wir uns von der Tatsache das der militärische Führer Standortnah wohnt. Zur Erinnerung schauen wir am WE in die Züge der DB oder beachten mal die Anzahl der TG-Empfänger.
Träumer sollten sich davon abmelden das der/die/das „Wehrpflichtige 2024“ aus dem Landkreis kommen wird. Warum? Weil wir schlicht so gut wie keine Truppe mehr in der ländlichen Peripherie haben. Aufgelöst, Kasernen- entmilitarisiert und zum Spottpreis verhökert!
Ich weis nicht mehr welcher Kommentator die Unterstützung (adäquate Ausstattung der Ukraine) angesprochen hat. Jedoch gebe ich ihm voll Recht.
Landesverteidigung vs Bündnisverteidigung scheint von einigen nicht erkannt worden zu sein. In erster Linie muss die Bündnisverteidigung sowie die Warnung an größenwahnsinnige Despoten „Bis hierher und nicht weiter!“ gelten.
Daraus ergibt sich dann Grundsätzlich die Notwendigkeit der Landesverteidigung, ohne wenn und aber!
Das bringt mich zum letzten Punkt. Das nicht wollen! Dies fängt schon beim Bürger an. Der schläft nämlich gerne unter dem Deckmantel von Freiheit und Demokratie. Wer diese Vertritt und bei Bedarf verteidigt ist den meisten nämlich vollkommen wurscht. Dies hat die Umfrage vom Februar 2023 sehr deutlich gezeigt!
Um zu verstehen, was Pistorius mit verfassungsrechtlichen Problemen meint, muss man sich klar machen, welchen Optionen in Sachen Wehrpflicht bzw. Dienstpflicht bestehen. Option 1: Wiedereinsetzung der seit 2011 ausgesetzten Wehrpflicht, Vorteil: Kann durch einfache Gesetzgebung reaktiviert werden, Grundgesetzänderung ist nicht erforderlich, Problem: Nur Männer wären betroffen und das dürfte gesellschaftspolitisch nur noch sehr schwer vermittelbar sein. Option 2: Schaffung einer geschlechtsunabhängigen Wehrpflicht, Problem: Artikel 12a Absatz 1 GG müsste geändert werden, das Problem der Wehrgerechtigkeit würde erheblich werden, da sich die Grundgesamtheit der Wehrpflichtigen im Vergleich zu Option 1 verdoppeln würde. Option 3: Schaffung einer neuen und geschlechtsunabhängigen Dienstpflicht, bei der Wehrdienst nur eine von mehreren Optionen ist. Problem: Dienstpflichten jenseits der Wehrpflicht könnten verfassungswidrig sein.
@ Pio-Fritz sagt:
08.12.2023 um 11:28 Uhr
+1
@ Der Realist sagt:
08.12.2023 um 16:11 Uhr
+1
@ Marmorklippe u.a.
Man zeige mir die riesige Menge an KWEA, die Wehrpflicht verwaltendem Personal und den ganzen Kasernen bei unseren skandinavischen Nachbarn, insbesondere in FIN, das bei 15% der Gesamtbevölkerung von den ca. 900.000 Reservisten in sehr kurzer Zeit knapp 500.000 mobil machen kann. Öfter mal über die Grenze schauen und sich was schlau gemachtes abgucken würde ich mir für die BW wünschen.
Viel wäre gewonnen wenn man offiziell a) den tatsächlichen Personalbedarf in einem LV/BV Szenar feststellt, inkl. Feldersatz und Heimatschutz / Host Nation Support i.w.S., und b) den Weg zum Aufwuchs darstellt – Zeithorizont zur Erreichung der Zielgröße max. 60 Monate.
Negativ überrascht bin ich, daß es deutliche Anlaufschwierigkeiten bei der Grundbeorderung (GBO) gegeben hat, denn das ist doch in der Umsetzung eher ein no brainer.
@Thomas Melber sagt: 08.12.2023 um 23:05 Uhr
„Negativ überrascht bin ich, daß es deutliche Anlaufschwierigkeiten bei der Grundbeorderung (GBO) gegeben hat, denn das ist doch in der Umsetzung eher ein no brainer.“
Ja, da hat es wohl an verschiedenen Stellen in der Personalbearbeitung massiv gehakt.
Alleine schon der Zuständigkeitswechsel im BAPersBw dürfte zu einem großen Hemmschuh geführt haben. Schlank und schnell ist in den Bw-Ämtern nur aus Science-FictionRomanen bekannt. Egal in welchem.
Sollte die Wehrpflciht wieder reaktiviert oder auch ein Dienstjahr wieder eingeführt werden, sollte man sich auch überlegen, dies atraktiv zu machen.
Gerade für junge Menschen ist Geld nicht unwichtig, und da bevölkerungsmäßig ja die Staatsbürger in Deutschland immer weniger werden, betrifft dies ja nur den deutschen Anteil.
Somit sollte man auch damit rechnen, dass das Thema „Benachteiligung“ auf kommen könnte. Der eine soll als Staatsbürger, seinen Lebensweg für z.B. 1 Jahr unterbrechen, der andere kann in dieser Zeit mehr Wissen oder Praxis in Beruf sammeln.
Darum sollte man auch überlegen, wie man das Thema für Leute interessant machen kann, die noch keine deutschen Staatsbürger sind. z.B. schnellere Einbürgerung oder Bonuspunkte für die Einbürgerung.
Gerade wenn es zukünftig um das Dienstjahr gehen sollte, muss dies ja nicht die Bundeswehr sein, wo man für den Staat dienen kann.
@Thomas Melber: Für den Bereich Heimatschutz – ohne zusätzlichen Schutz rückwärtigen Raumes des Feldheeres – wurde mal die Größenordnung ca. 100.000 Gewehrträgern genannt, dazu noch obendrauf etwas Unterstützungstruppen. In dieser Berechnung nach dem 11.9.01 wurde aber der Anteil UstgTrp schmal gedacht, da man weitgehend von ortsfesten Kräften ausging. D.h., für das Gros Abstützung auf zivile Verpflegung und ortsfeste Sanität, kaum mil. Kraftfahrzeuge, zivile Werkstätten nutzen, etc. etc.. Diese Zahlen waren weniger als gefechtsmäßiger Objektschutz gerechnet, sondern eher als „robuste Wachverstärkungen“ im Wechselschichtdienst, mit denen z.B. Sicherheitszonen mit Checkpoints um gefährdete Objekte herum eingerichtet werden könnten oder zivile Wachen durch militärische Wachen ersetzt / verstärkt werden könnten. Damals diskutiert, aber ohne Ergebnis: eine volkswirtschaftlich durchhaltefähige Personalstruktur… Kann man Sicherungskompanien in unterschiedlichen Kategorien so rekrutieren, dass eine 1. Welle in Stunden schnell verfügbar ist? D.h. standortnahe Beorderungen… Dass eine 2. Welle vielleicht ohne größere Auswirkungen einige Wochen oder Monate einberufen bleiben kann? Hoher Anteil Studenten und jüngerer Leute? Hoffentlich gräbt in Berlin jemand mal diese Pläne aus und entwickelt sie weiter. Die 8000 (?) Mann und Frau aktueller Heimatschutz sind ein guter Anfang, aber völlig unzureichend. Aus dem System KVK/BVK müsste eine neue, gestraffte und teilaktive Struktur entstehen mit den alten führungsfähigen Verteidigungskreiskommandos, die für vier bis fünf Landkreise zuständig waren und mob. Kräfte in Btl.- Stärke hatten. Und alle TerrAufgaben bündeln.
@Andreas: Da gäbe es einen ganzen Katalog von Vorteilen, die es win-win lohnend machen könnten, seinen Dienst zu leisten. Beispiele von früher, Beispiele aus dem Ausland. Geldprämien, Stipendien bei förderlichen Ausbildungen oder Studiengängen, Praktika, Mentorenprogramme, Führerscheine, Anrechnung von Dienstzeiten, Anrechnung von Qualifikationen in Studium oder Beruf, und und und. Grundvoraussetzung wäre aber ein schnelles und intelligentes System der Personalentwicklung zum Nutzen beider Seiten.
@Windlicht
Soweit mir erinnerlich ist man „damals“ den Studenten, die Wehrdienst geleistet hatten, beim NC mit ein paar 1/10 auf die Abi-Note entgegengekommen, ich weiß aber nicht mehr, wie viel.
Abseits davon, daß ich es in einer – nicht „erst“ in den letzten gut 30 Jahren, in denen „wir“ (angeblich) „von Freunden umzingelt“ sind – Gesellschaft, die insgesamt zur nahezu völligen Gleichgültigkeit bzgl. Verteidigungs- oder Wehrfähigkeit erzogen wurde, für „schwierig“ halte, die Wehrpflicht wieder aufleben zu lassen, scheinen mir die „rechtlichen Hürden“ durchaus „überwindbar“ (soweit ich die Entscheidung damals verstanden habe, wurde sie auch gar nicht „abgeschafft“, sondern lediglich „ausgesetzt“).
Allerdings halte ich es überhaupt NICHT für „verwerflich“, einer Jugend, der in ihren ersten mindestens 16 Lebensjahren doche einiges „geboten“ wurde, quasi „im Gegenzug“ auch einen „Dienst für´s Vaterland“ zu abzuverlangen!
Und das ganze selbstverständlich „gerecht“: ALLE dürfen da mitmachen, nicht nur „selbsterklärte Männer“ ;-)
Was das „Wo und Wie“ dieses Dienstes angeht, kann das durchaus „breit gestreut“ gestaltet werden, muß das nicht nur bei der Bw sein: DRK, THW, BPol, Feuerwehr oder auch zB fd GIZ oä könnten den „jungen Erwachsenen“ auch „neue Perspektiven“ nahebringen.
Und wenn es die Bw schafft, die Grundausbildungseinheiten mit gutem Ausbildungs- und Führungspersonal zu bestücken, wird da sicher (wieder) ein nennenswerter Anteil des Zeit- und Berufssoldatennachwuchses gewonnen werden können!
Ob das mit einer „überregulierten“ Truppe, wie sie heute leider Realität ist, machbar ist, scheint allerdings mindestens „schwierig“.