Bundeswehr beendet Patriot-Einsatz in Polen
Fürs Protokoll: Die Bundeswehr beendet planmäßig den Einsatz von Patriot-Flugabwehrsystemen in Polen und holt die drei dort stationierten Feuereinheiten nach Deutschland zurück. Die Luftwaffe hatte die Patriot-Systeme im Januar nach Zamość im Osten Polens verlegt, nachdem Ende 2022 eine fehlgeleitete Rakete aus der Ukraine eingeschlagen war.
Der Einsatz, den noch im vergangenen Jahr die damalige deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht mit ihrem polnischen Kollegen Mariusz Blaszczak vereinbart hatte, war ursprünglich auf ein halbes Jahr begrenzt. Im August hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius eine Verlängerung voraussichtlich bis zum Jahresende zugesagt.
Aus der Mitteilung des Verteidigungsministeriums vom (heutigen) Mittwoch:
Am Freitag, 10. November 2023, wird die deutsche Air and Missile Defence Task Force ihre Mission im Rahmen der NATO enhanced Vigilance Activities beenden.
Der Luftverteidigungsauftrag wird dann wieder von Polen übernommen, nachdem der PATRIOT-Einsatz der Bundeswehr zunächst auf polnischen Wunsch um mehrere Monate verlängert worden war. Nach einem feierlichen Abschlussappell in der kommenden Woche am 15. November 2023 erfolgt schrittweise die Rückverlegung des Personals und der drei eingesetzten Feuereinheiten nach Deutschland.
Pistorius dankte den Flugabwehreinheiten der Luftwaffe, die in den vergangenen zwei Jahren mit den Patriot-Systemen nicht nur in Polen, sondern auch in der Slowakei zum Schutz der NATO-Ostflanke und zwischenzeitlich auch zum Schutz des Gipfels der Allianz in Litauen eingesetzt waren. Das Ende der Mission in Polen verschafft ihnen nun die dringend notwendigen personellen und materiellen Regenerationsmöglichkeiten. Die brauchen sie, um in den folgenden Jahren auch weiterhin unsere Bündnisverpflichtung verlässlich und durchhaltefähig sicherzustellen, betonte der Minister.
Bereits im August hatte das Wehrressort darauf hingewiesen, dass die Patriot-Einheiten im kommenden Jahr für die NATO Response Force (NRF) vorgesehen seien und für die entsprechenden Vorbereitungen Zeit bräuchten. Die bislang in Polen eingesetzten Systeme sind darüber hinaus bereits in diesem Jahr für die NATO-Speerspitze, die Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) gemeldet.
Da es bei den letzten Meldungen – auch hier – ein bisschen durcheinander ging bei der Frage, wie viele Patriot-Feuereinheiten die Luftwaffe nunmehr hat, habe ich noch mal nachgefragt. Der offizielle Stand: Derzeit verfügt die Bundeswehr über zwölf Systeme, von denen eins demnächst wie zugesagt an die Ukraine abgegeben wird (die zuvor bereits eines erhalten hatte). Damit hat die Luftwaffe nun planbar im so genannten Buchbestand elf Patriot-Systeme.
(Archivbild: Patriot-Feuereinheiten in Polen – Bundeswehr/PAO eVA-Polen)
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Die Patriot-Verwendung führt nicht nur sprachlich leicht zu Missverständnissen, da die Begriffe Feuereinheit, Staffel, System, Raketenwerfer im gerade öffentlichen Diskurs nicht selten undifferenziert gebraucht sind. Dies betrifft auch die Abgabe von Patriot und zugehörige Kommentierung in die Ukraine.
Daher hier mit Wiki-Nachhilfe etwas Erhellung.
Eine Patriot-Feuereinheit, in Deutschland als Staffel bezeichnet, besteht aus einem Multifunktionsradar Radar Set (RS),
einem Feuerleitstand (ECS),
drei bis acht Startgeräten (LS) sowie die dazugehörige Antennenmastanlage (AMG) und die Stromversorgungseinheiten.
Ein Patriot-Bataillon besteht aus bis zu sechs Feuereinheiten, also Staffeln.
Ggf kann ein FlaRak Kamerad aus der Gliederungs-, Ausbildungs- und Einsatzpraxis Erhellendes ergänzen?
Spannung kann sich angesichts der POL Regierungsbildung und des kritischen Verhältnisses der PiS zu Deutschland anlässlich des feierlichen Abschlussappells in der kommenden Woche am 15. November 2023 ergeben.
Nehmen Morawiezki oder Tusk, die Medien, die deutsche Hilfe zur Kenntnis?
Die Erholung und Regeneration ist zwingend nötig!!
von den 11 Systemen im Bestand sind vermutlich auch einige bei der Industrie bzgl Upgrades.
Bzgl Zukunft Patriot:
Gerüchteweise sollen als Ersatz ja 4 neue Feuereinheiten bestellt werden!?
Außerdem ist ein Aufbau der Fertigung für PAC2 FK durch MDBA in Deutschland geplant/wird angestrebt
VJTF machen sie im Zweifel aus der Bewegung von Polen aus, aber für NRF brauchen sie Vorbereitung? Liest das Wehrressort noch die eigenen Begründungen vor der Veröffentlichung oder ist inzwischen alles egal?
Es ist gut und richtig, den Einsatz in Polen zu beenden. Ein Land, das den Einsatz anfänglich selbst gar nicht wollte, und ständig gegen Deutschland stichelt, braucht die Bundeswehr nicht.
@Jabberwocky
auch hier ist wieder der Zeithorizont zu betrachten. War VJTF bis 12/2023 und liegt NRF dahinter? Muss das Gerät dazwischen eventuell zu einer größeren Wartung?
Wie waren die Anforderungen für VJTF und NRF bezüglich FlaRak
Ansonsten bleibt festzustellen, aus Ausbildung in USA, Standorten in ganz Deutschland und Übungen in Griechenland und Niederlande, sind bei PATRIOT
Ausbildung in Husum, Standorte nur im Norden Deutschlands und Einsätze in Türkei, Slowakei, Polen und Baltikum geworden.
Deutsche Verteidigungspolitik ist schlicht nicht mehr nachvollziehbar.Wir haben selbst nicht genug und geben davon noch ab.Demnächst vielleicht 1,2,3…“Feuereinheiten“ an Taiwan?
Und all das tragen die eweiligen militärischen Führungen seit Jahren
mit!
Allein was soll Patriot in Polen? Das gehört alles in die Ukraine!
Die Bundeswehr sollte so viel sie hat an die Ukraine abgeben. Die baltischen Staaten haben sofort alles abgegeben, was sie hatten. Während wir diskutieren, Denn dort in der Ukraine werden die Menschen getötet und umgebracht, nicht bei uns. Bis jetzt. In der Ukraine greift der russische Aggressor an, (noch) nicht bei uns.
Wenn die Ukraine diesen Krieg verliert, wegen zu wenig Waffen, werden wir als Nächstes alle dran sein. Tun wir nicht so, als ob dieser Krieg uns nichts angeht.
Das Appeasement der Bundesregierung ist ein Fehler.
Etwas off-topic aber passend zum Themenkomplex der ballistischen Raketenabwehr:
Am 31 Oktober hatte Arrow 3 seine Feuertaufe und zerstörte eine im Yemen gestartete ballistische Rakete außerhalb der Atmosphäre. Das von der IDF veröffentlichte Video findet sich in diversen sozialen Medien. Damit wurde, zumindest nach meinem Wissen, das erste Mal in der Menschheitsgeschichte Krieg im Weltraum geführt.
The Economist nimmt dies als Aufhänger für den Artikel „The deadly missile race in the Middle East“. Um es kurz zu machen. Die Anzahl der Raketen hat stark zugenommen und die Technologie um diese präzise zu machen, ist weitgehend verfügbar. Seit dem 31 Oktober wissen wir, dass autoritäre Staaten bereit sind diese Waffen einzusetzen.
[Danke, aber diesen OT verfolgen wir in diesem Thread bitte nicht weiter. T.W.]
Gott sei Dank, dann kommt mein Junge endlich wieder nach Hause. Wir wünschen allen Beteiligten ein schönes Weihnachtsfest mit ihren Familien.
@KPK: Eine kleine Korrektur: FlaRak-Bataillone gehören ebenfalls in die Vergangenheit, inzwischen sind es „Flugabwehrraketengruppen“, Jargon der Luftwaffe wie auch schon die „Staffel“.
Ergänzen könnte man zu Ihrer Aufzählung noch diverse Unterstützungsfahrzeuge, zum Beispiel zum Beladen der Startgeräte oder mobile Komponenten für den Staffelgefechtsstand, aber das geht dann schnell ins Detail.
@Christoph Müller: So verständlich Ihre Forderung sein könnte, muss man doch ein wenig tiefer in das Gesamtbild blicken. Bereits in ihrem Beitrag sprechen Sie ja davon, dass „noch nicht“ Krieg bei uns angekommen ist. Für aber genau diesen Fall ist die Bundeswehr durch die Verfassung verpflichtet, vorbereitet zu sein. Wo es überall dennoch hapert ist hier Off-Topic, aber eine ganze Fähigkeit in solchen Zeiten abzugeben ist dann doch zu fahrlässig, meine Meinung.
Zudem wäre es ja schön und gut, alles in die Ukraine zu bringen, aber wer soll denn ab dem Moment die Waffensysteme bedienen? Die UKR müssen an jedem westlichen Waffensystem intensiv ausgebildet werden, so auch für Patriot (die Luftwaffe twitterte kürzlich über den Start der zweiten Ausbildungswelle). Dies kostet Zeit und bindet deutsche wie auch ukrainische Ressourcen. Denn ohne das Bedien-, Wartungs- und Führungspersonal tun diese wertvollen Waffensysteme nur eines: Rumstehen… und dies hoffentlich außerhalb der Reichweite von russischen Angriffen.
@Herr Wiegold: Die Zahl 12 (Stand heute) überrascht, ich vermute, dass in ihrer offiziellen Aufzählung ein Trainingssystem mit eingeflossen ist?
Eine vielleicht naive Frage zum Foto: Macht es Sinn die Starter so eng beieinander zu platzieren? Das ist doch direkt eine Einladung, mit einem Treffer gleich 3 oder gar 6 Starter zu zerstören, je nach Explosionsradius?
@Peter, hier wurden die Systeme für ein hübsches Foto so aufgestellt.
selbstverständlich kennt auch die FlaRak die Vorteile von verteilt aufgestellten Fahrzeugen. Alleine Aufgrund des Abgasstrahls der Lenkflugkörper und dazugehörigen Abständen würde eine solche Aufstellung in der Realität nicht zulassen.
laut Wikipedia können die Startgeräte bei PAC2+ 10 km vom Feuerleitstand entfernt und mit PAC3 sogar bis zu 30 km von diesem entfernt aufgestellt werden. Dann erfolgt die Anbindung allerdings über Datenfunk statt Lichtwellenleiter.