Deutsche Patriot-Flugabwehr bleibt bis Jahresende in Polen
Die Bundeswehr soll ihre Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot in Polen bis zum Jahresende an der Ostgrenze der NATO weiter betreiben. Ein entsprechendes Angebot machte Verteidigungsminister Boris Pistorius der Regierung in Warschau. Eine weitere Verlängerung soll aus deutscher Sicht aber ausgeschlossen werden.
Die entsprechende Planung teilte das Verteidigungsministerium am (heutigen) Dienstagabend den Abgeordneten des Bundestags-Verteidigungsausschusses und in einer Pressemitteilung mit:
Das Bundesministerium der Verteidigung hat Polen angeboten, die ursprünglich für maximal ein halbes Jahr geplante Stationierung der drei deutschen Patriot-Einsatzstaffeln über den Sommer hinaus weiterzuführen, voraussichtlich bis zum Jahresende. Unsere Patriot-Systeme sind seit dem 16. Januar 2023 in der Nähe von Zamość stationiert und leisten als Teil der integrierten NATO-Luftverteidigung einen wertvollen Beitrag zum Schutz der Zivilbevölkerung und unseres Bündnisgebietes an der Ostflanke. (…)
Eine Verlängerung über das Jahr 2023 hinaus ist nicht vorgesehen. Im Jahr 2024 werden unsere Patriot-Systeme als Teil der NATO Response Force (NRF) einen wichtigen Beitrag zur Abschreckung und Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses leisten. Dafür beginnen bereits jetzt die Vorbereitungen. Durch den kräftezehrenden Einsatz der Patriot-Truppe in den letzten beiden Jahren, nicht nur in Polen sondern auch in der Slowakei und in Litauen, sind dafür dringend notwendige personelle und materielle Regenerationsmaßnahmen notwendig. Um unseren Bündnisverpflichtung auch in Zukunft verlässlich und durchhaltefähig gerecht werden zu können, ist die Verlängerung der Mission bis zum Jahresende begrenzt.
Nun sind in der Tat die Möglichkeiten der Luftwaffe in der bodengebundenen Luftverteidigung begrenzt und die knappe Zahl der Patriot-Staffeln in diesem Jahr schon massiv beansprucht worden. Allerdings sind die Patriot, die derzeit in Polen im Einsatz sind, bereits in die NATO-Eingreiftruppe VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) eingemeldet – die Begründung, sie müssten für die NATO Response Force (NRF) vorbereitet und deshalb abgezogen werden, scheint damit weniger stichhaltig.
Ergänzung: Die Stationierung der Flugabwehrsysteme in Polen hatten die damalige Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und ihr polnischer Kollege Mariusz Blaszczak im Dezember vergangenen Jahres vereinbart. Damals hatte das Berliner Ministerium auch bestätigt, dass die Einheiten für die VJTF gemeldet sind.
(Archivbild Mai 2023: Pistorius beim Antrittsbesuch bei der Luftwaffe in einer Patriot-Ausbildungsstellung – Jane Schmidt/Bundeswehr)
„Allerdings sind die Patriot, die derzeit in Polen im Einsatz sind, bereits in die NATO-Eingreiftruppe VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) eingemeldet – die Begründung, sie müssten für die NATO Response Force (NRF) vorbereitet und deshalb abgezogen werden, scheint damit weniger stichhaltig“
Die Tatsache, für die VJTF eingeplantes Material und Personal bilateral Polen zur Verfügung zu stellen (natürlich in Absprache mit der NATO) war nie eine besonders elegante Lösung, dies hat auch der medial ausgiebig begleitete Entscheidungsprozess auf politischer Ebene gezeigt. Es ist ein Beispiel von vielen, dass die Politik oftmals vorprescht, ohne sich vorher vernünftig rückzuversichern, hier sei auch kurz OT die Entscheidung bezüglich der Truppenaufstockung in Litauen erwähnt.
Natürlich könnte man, wenn politisch so gewollt, nahtlos NRF-Material und -Personal wieder derartig einsetzen, dies ist aber nicht im Sinne des Erfinders.
Doch lassen wir die Politik mal beiseite. Oberst Sievers, Kommodore des FlaRakG 1 hat meines Wissens nach im Januar, am Tag der Verlegung der Patriot-Staffeln, deutlich gemacht, dass die Systemkomponenten im Einsatz zeitnah in die Industrie zur Wartung und Lizenzverlängerung müssten. Ob und falls ja es ganze Staffeln oder einzelne Komponente des Materials in Polen betrifft, kann ich nicht sagen, ist aber sicherlich nicht unwahrscheinlich. Die Startgeräte sind sicherlich nicht das Problem, doch sollte es kritische Komponenten, wie zum Beispiel Radar oder Feuerleitfahrzeuge, betreffen, müsste man diese für die Einsatzbereitschaft der entsprechenden Staffel 1:1 austauschen.
Personell rotieren unsere Patriot-Einheiten nun seit Juni letzten Jahre (Slowakei) und bedienten ab Januar 23 zwei Einsätze mit fünf Staffeln in der Slowakei und Polen (zzgl. eines „Ausfluges“ nach Litauen). Auf dem Papier existieren personell und materiell zwölf Staffeln (-1 System für die Ukraine). Somit könnte man schließen, dass personell rotieren durchaus durchhaltefähig für das FlaRak-Personal möglich ist. Dies mag selbst unter dem illegitimen Ausschluss des Fakts, dass Personal in fast allen Bereichen der Bundeswehr und auch in der FlaRak fehlt, für das Bedienpersonal gelten, doch bestimmte Funktionen, vom Stab bis hin zur Fachtätigkeit, sind rarer, müssen aber seit Beginn diesen Jahres an fünf Orten gleichzeitig (Slowakei, Polen sowie die Heimatstandorte der Truppe) in Rotation vorgehalten werden.
Daher ist es für mich verständlich, bereits in diesem Halbjahr (Ende Slowakei) und schließlich 2024 den Versuch zu starten „Regenerationsmaßnahmen“ zu vollziehen, soll heißen: Hoffentlich wird die NRF nicht benötigt ;)
Wie lief das eigentlich für das Personal, wenn 50% der auf dem Papier verfügbaren Kräfte im 24/7 Einsatz sind und man nach 4 Monaten im Einsatz 8 Monate Ruhe vor dem nächsten Einsatz haben soll.
gibt es eigentlich noch taktisches schießen für die Combat ready Zertifizierung oder genügt es, wenn man ohne einzuschlafen den Bildschirm bewacht.
FlaRak Personal von Patriot hatte es bis 2013 wirklich gut, da es in den Auslandseinsätzen nicht benötigt wurde. entsprechend wurde auch kräftig reduziert. Jetzt spielt man die verbleibenden Kräfte noch kaputt.
Haben wir welche in der Hinterhand?
Zwei weitere Startsysteme Patriot für Ukraine.
„Raytheon Technologies, Hersteller von Patriot-Luftverteidigungssystemen, plant, die Produktionsmengen deutlich zu steigern und weitere Systeme in die Ukraine zu verlagern“.
https://www.pravda.com.ua/eng/news/2023/08/9/7414907/