Munition für die Panzerhaubitze: Weniger als zehn Prozent im Depot

Dass die Bundeswehr mehr als 20 Milliarden Euro für die Beschaffung von Munition einplanen muss, ist ein länger bekanntes Problem. Wie dramatisch das aber in bestimmten Bereichen ist, hat die Truppe bislang nicht kommuniziert – jetzt wird klar: Bei bestimmten Arten von Artilleriemunition sind weniger als zehn Prozent des nötigen Vorrats vorhanden.

Der Spiegel zitiert am (heutigen) Montag aus Vorlagen des Verteidigungsministeriums für den Haushaltsausschuss des Bundestages, in denen es um den Abruf von Munition aus bereits geschlossenen Rahmenverträgen und um neue Verträge geht. Aus der Vorabmeldung des Magazins:

Nach Spiegel-Informationen soll zum einen aus bestehenden Rahmenverträgen mit der Industrie mehr Munition als bisher geplant abgerufen werden. So sollen beispielsweise die Firmen Rheinmetall und Diehl in den kommenden Jahren mehr Artilleriemunition für die Bundeswehr liefern. Daneben sind aber auch neue Rahmenverträge geplant. Laut vertraulichen Papieren für den Haushaltsausschuss ist das »Vorziehen der Beschaffung der geänderten Sicherheitslage geschuldet« und dient »dem beschleunigten Aufwuchs eigener Bestände der Bundeswehr«.
In den Papieren, die dem Spiegel vorliegen, wird erstmals detailliert dargelegt, wie leer die Bundeswehrdepots für Artilleriemunition tatsächlich sind. So beträgt »der aktuelle Bestand an Sprenggeschossen im Kaliber 155mm rund 20.000 Stück«. Bis 2031 aber müsse die Bundeswehr einen Bestand von rund 230.000 Geschossen aufbauen. Wegen des Fehlens von gut 190.000 Schuss sei der beschleunigte Ankauf von 155er-Geschossen »zwingend erforderlich«, so die vertraulichen Unterlagen.
Hintergrund der Zahlen sind die Vorgaben der Nato. Diese sehen vor, dass die Bundeswehr bis 2031 ausreichend Artilleriemunition vorhalten muss, um 30 Tage in einem intensiven Gefecht bestehen zu können. Bisher hatte das Ministerium sich geweigert, genaue Zahlen über die Munitionsbestände und den Bedarf der Bundeswehr zu nennen.

Das Kaliber 155mm ist für die Panzerhaubitze 2000 vorgesehen. Nach Lieferung dieses Waffensystems an die Ukraine hatte sich in den Erfahrungen des Landes im russischen Angriffskrieg gezeigt, dass in den Gefechten erheblich mehr von dieser Artilleriemunition verschossen wird als bislang in Bundeswehr und NATO planerisch vorgesehen war.

Nach Angaben des Spiegels sollen darüber hinaus die neuen Verträge für Munitionslieferungen eine so genannte Versorgungsklausel enthalten: Im Verteidigungs- oder Bündnisfall soll die Produktion drastisch erhöht werden, unter anderem durch einen Betrieb der Produktionsstätten rund um die Uhr.

(Archivbild Mai 2022: Panzerhaubitze2000 der Bundeswehr bei der NATO-Battlegroup in Litauen)