Beschaffung für die Bundeswehr: Verträge über Sondervermögen sollen schnell geschlossen werden
Die neue Chefin des Beschaffungsamtes der Bundeswehr drückt wie ihr Vorgesetzter, Verteidigungsminister Boris Pistorius, aufs Tempo. Für Waffensysteme, Gerät und Ausstattung aus dem 100-Milliarden-Euro Sondervermögen sollten die nötigen Verträge bis zum ersten Quartal kommenden Jahres geschlossen werden, sagte Annette Lehnigk-Emden, seit Ende April Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) im Interview mit dem Nachrichtenportal Table.Media.
Das Interview für den Security.Table haben mein Kollege Markus Bickel und ich geführt. Eine wesentliche Aussage:
Bis Ende des Jahres werden nach heutigem Stand zwei Drittel des Sondervermögens vertraglich gebunden sein – und im ersten Quartal 2024 voraussichtlich das volle Sondervermögen. Das heißt, da sind wir auf einem guten Weg.
Mit dieser Aussage wandte sich Lehnigk-Emden gegen den Vorwurf, die schleppende Beschaffung trotz des im vergangenen Jahr bewilligten Sondervermögens sei ihrer Behörde anzulasten. Die 62-jährige kündigte zugleich an, dass das BAAINBw in diesem Jahr eine Rekordzahl an so genannten 25-Mio-Vorlagen ins Parlament einbringen werde: Geplant seien 91 dieser Vorlagen, mit denen jede Beschaffung mit einem Wert von mehr als 25 Millionen Euro gesondert vom Haushaltsausschuss des Bundestages gebilligt werden muss.
Einen weitgehenden Verzicht auf EU-weite Ausschreibungen für Wehrmaterial, wie er nach den EU-Verträgen grundsätzlich möglich ist, hält die BAAINBw-Präsidentin allerdings als Mittel für eine schnellere Beschaffung für wenig aussichtsreich. Das liege unter anderem daran, dass die deutsche Rechtsprechung in diesen Fällen sehr restriktiv sei, sagte Lehnigk-Emden. Bei öffentlichen Aufträgen in Deutschland haben unterlegene Anbieter die Möglichkeit zu einem dreistufigen Verfahren, dass nach einer Nachprüfung beim Beschaffungsamt selbst die Rüge vor der Vergabekammer des Bundeskartellamts und zuletzt eine Klage beim Oberlandesgericht Düsseldorf vorsieht.
Dagegen erwartet die Chefinn der Behörde eine Beschleunigung durch die neuen Vorgaben des Verteidigungsministers. Pistorius hatte im April den Faktor Zeit als wesentlichen Teil neuer Bestellungen genannt; der für Rüstung zuständige Staatssekretär Benedikt Zimmer und Generalinspekteur Carsten Breuer hatte dazu entsprechende Anweisungen für die Verwaltung und die Streitkräfte erlassen.
gut so.
ich denke wesentliche Aufträge die noch vor der Sommerpause in Form einer 25 Mio Vorlage behandelt werden könnten sind:
STH
Iris-T SLM
Arrow3
Schwerer Waffenträger Infanterie
Luftlandeplattform
wenn das Geld des Sondervermögens bis Q1/2024 verplant ist, dann wird es aber auch schnell Zeit über eine Anschlussfinanzierung nachzudenken… Stichwort „deutliche Erhöhung des EPL14“
zumal beim anstehenden NATO Gipfel, Deutschland ja wohl noch deutlich mehr Zusagen an die NATO machen wird
Ohne eine radikale Beschneidung der zahllosen Vorschriften, Selbstfesselungen und Auflagen bei der Beschaffung wird es wohl nichts mit der „Zeitenwende“. Wenn man sich auf die Schulter klopft „dass das BAAINBw in diesem Jahr eine Rekordzahl an so genannten 25-Mio-Vorlagen ins Parlament einbringen werde…“ insgesamt 91 an der Zahl, dann frage ich mich schon, ob die hochqualifizierten Vertragsjuristen statt Erklärungen in den 25 Mio- Vorlagen für zivile Parlamentarier zu liefern, nicht besser an Lieferverträgen mit der Industrie arbeiten sollten…Ist das wirklich nötig, eine solche „Kontrolle“ , die noch aus den Zeiten von Verteidigungsminister Strauß stammt und das pure Misstrauen atmet, in 2023 unverändert weiterzuführen? Übrigens als einziges Ministerium…
Gleichzeitig beschwert man sich im Parlament über die „Bürokratie bei der Bundeswehr“ und den lahmen Beschaffungsprozess, statt hier mal auf der politischen Seite anzusetzen und die Bürokratie und damit den Aufwand und den Zeitbedarf zu verringern. Das verstehe ich nicht.
Der Faktor Zeit als Entscheidungskriterium macht nur Sinn, wenn das Produkt „marktverfügbar“ ist, soweit, so gut. Dazu muss aber der Projektleiter im BAAINBw es auch sofort kaufen können! Nicht erst in 4 Jahren, wenn die bürokratische Schnecke des Haushalts einmal durchgelaufen und das Produkt veraltet ist! Nebenbei muss er dafür total qualifiziert und nahezu ein Übermensch sein, um den globalen Markt mit seiner Expertise einschätzen zu können, das preiswerteste Produkt auszuwählen und gegen alle Widerstände und Sonderwünsche der Organisationsbereiche durchzusetzen. Respekt…
Kurzum, ohne Einschnitte oder besser auch Abschnitte der Bürokratie wird es nicht gehen und beim Haushaltsausschuß fängt es an. Wenn da nichts an dem mindset der Parlamentarier geändert wird, diese sich als Unterstützer der Bundeswehr begreifen müssen und Kontrolle auch mal verlagert wird, kann das nichts werden.
Ich kann die Argumentation der Präsidentin für den Bereich der europaweiten Ausschreibung nicht nachvollziehen – es ist ja nicht so, dass man das in der Vergangenheit groß versucht hätte, sondern vielmehr wurden militärische Ausnahmeregelungen explizit nicht vom Bmvg und dessen untergeordneten Behörden nicht angwendet – insbesondere im Bereich Vergabe und Produktsicherheit.
Art. 346 Abs. 1 lit b) AEUV regelt doch in Verbindung mit der Militärgüterliste vom 15. April 1958 (!) doch sehr genau auf welche Güter entsprechende Ausnahmen anwendbar sind, wenn:
3.1.) dieses die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betrifft,
3.2.) das Absehen von einem Ausschreibungsverfahren muss der Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland dienen,
3.3.) zu dessen Wahrung erforderlich
3.4.) und angemessen sein sowie
3.5.).auf dem Binnenmarkt die Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der nicht eigens für militärische
Zwecke bestimmten Waren nicht beeinträchtigen
Welche konkreten Erfahrungen hat denn das BAAINBw in der Vergangenheit mit der Anwendung dieses Vertrages gemacht und welche Urteile gibt es dazu? Das Klagerecht anderer Anbieter hat erstmal nur sekundär etwas mit der Thematik zu tun – der unterlegene Bieter wird genauso klagen wie der Anbieter der nicht zum Zuge kommt, alleine schon weil das von den Anteilseignern der jeweiligen Unternehmen genau so erwartet wird.
Interessant wäre hier einfach mal zu wissen, welche von den 74 25 Mio € Vorlagen denn nun wirklich in der Pipeline sind. 17 Vorlagen sind in diesem Jahr ja schon durch die Ausschüsse gegangen.
Gibt es da schon offizielle Listen? Man hört immer nur vereinzelt etwas wie z. B. noch im Juni Rahmenvertrag Manövermunition, großer Rahmenvertrag 155 Mun P2000 oder Iris-T SLM….man hört viel, aber es passiert nicht viel…..
Nicht sehr konstruktiv:
Täglich grüßt das Murmeltier. Bin gespannt wie oft wir noch über das Sondervermögen noch reden bevor es ausgegeben ist.
Nur (!) zwei Jahre seit Verkündung der Zeitenwende und die Sonderschulden sind tatsächlich ausgegeben. Bin bass erstaunt über dieses irre Deutschlandtempo (ironie off).
Nein, mal ehrlich, ohne ernsthafte Reformen (nicht nur im Beschaffungswesen) wird diese Bundeswehr vor Ende des Jahrhunderts nicht mehr einsatzbereit.
Dass der neue IBUK dazu die Kraft und die Unterstützung des Kanzlers hat, bezweifle ich.
@wetzelsgruen, das Misstrauen das aus den 25-Millionen-Vorlagen atmet kommt da nicht ganz unbegründet her. Zu Zeiten der Weimarer Republik hat die Reichswehr einfach eingekauft und genau das wollte man damit bei Gründung der Bundeswehr verhindern.
Einziger Fehler daran ist in meinen Augen das die Wertgrenze von 25 Millionen schon etwas älter ist und nicht regelmäßig an die Preisentwicklung angepasst wird.
Gute Idee. Es ist ja auch schon ein Jahr vorbei gegangen.
@wetzelsgruen: +1
Nun, dass erst gezahlt wird wenn geliefert wird, ist das eine. Dass aber auch erst produziert wird, wenn bestellt wurde, das andere. Ich berate selbst für einen Dax Konzern als Jurist die Beschaffung (wir müssen allerdings Gott sei Dank nicht nach öffentlichem Vergaberecht ausschreiben) – und auch da wird erst der Rahmenvertrag geschlossen und danach beschafft. Bezahlt wird grundsätzlich erst bei Lieferung, bei komplexeren Vorgängen ggf. nach Baufortschritt und ggf. mit abgesicherter Anzahlung.
Generelles Juristen- und Kaufleutebashing lehne ich ab – aber irgendwann muss der Rahmenvertrag dann halt auch mal durch sein und dann auch abgerufen werden. Und das dauert hier schon s e h r lange. Für Notfälle gibt es bei uns übrigens auch ein Regelwerk das besagt, handle erst, die Beschaffungsrichtlinie ist ausgesetzt.
Dass man mit der Industrie erst ein paar Monate Szenarien diskutiert („Was könnt ihr liefern bis wann, wie viel müsst ihr investieren, was braucht ihr für Zusagen dafür“), das ist noch völlig verständlich. Aber jetzt ist es an der Zeit zu beauftragen. Daher – was sie sagt klingt gut, ich bin aber mal gespannt wann es denn dann auch kommt.
@Flo sagt: 05.06.2023 um 20:22 Uhr
„Einziger Fehler daran ist in meinen Augen das die Wertgrenze von 25 Millionen schon etwas älter ist und nicht regelmäßig an die Preisentwicklung angepasst wird.“
Mein Reden schon seit geraumer Zeit. Wahrscheinlich könnte man von den 91 Vorlagen gut zwei Drittel einsparen, wenn die Grenze 100 Millionen betragen würde. Dann würde nahezu alles mit persönlicher Ausrüstung, Munition und Ersatzteilen herausfallen.
Das würde Zeit sparen. So, genug der Träumerei, geht ja gar nicht, Beschaffung ohne Zeitverschwendung. Wo kommen wir denn da hin. Unerhört./sarc
@wetzelsgruen:
So sehr ich Ihren Beitrag nachvollziehe, so falsch ist ein Aspekt:
Hier wird der falsche Baum angpieselt. Der Nachfrager, also die Truppe, muss aufhören Anforderungen nach dem „Wünsch-Dir-Was“-Prinzip zu erstellen, sondern sich auf die Kernanforderungen beschränken.
Der Projektleiter muss daraus nur eine Ausschreibung machen und den passenden Anbieter heraussuchen.
Okay, eigentlich müsste er teilweise auch mal kaufmännisch überlegen, ob das Gewünschte überhaupt nutzeneffizient ist, aber dann hätte er/sie ja ggf. kein Projekt mehr und wäre kein/e Projektleiterin.
Inwieweit die Theman „Lieferzeit“ und „Lieferfähigkeit“ wirklich wichtig werden, werden wir demnächst auf den TED und anderen Plattformen sehen können – bisher steht bei den Auswahlkriterien immer „Preis: 100%“…
Ich kann das Wort Sondervermögen und den Wert 100 Milliarden Euro nicht mehr hören.
Vor ziemlich genau einem Jahr wurde das Sondervermögen beschlossen.
Wir haben in Deutschland eine Inflation von rund 7 Prozent, also sind es jetzt schon nur noch 93 Milliarden an Kaufkraft im Vergleich zum letzten Juni.
Die Preise, egal in welchem Bereich steigen aber momentan eher um 20 Prozent, was dann dazu führend wird, dass am Ende des Geldes leider ziemlich wenig Beschaffung herauskommen wird.
Die Entscheidungen dauern einfach zu lange, um das Geld sinnvoll zu investieren.
Die 25Mio Vorlagegrenze gehört mMn komplett abgeschafft. Auch die historische Herleitung ist einfach Unsinn. Dann wird halt jedes Jahr ein Rüstungsbericht und Haushaltsbericht (ach ja wird ja schon gemacht) angefertigt und gut ist. Für den jeweiligen Haushalt muss das Ressort eh schon grob darstellen wofür es Geld braucht – Kontrolle ist mehr als genug da.
Wenn man sich die Protokolle der Erörterungen durchliest, ist die ganze Veranstaltung vielmehr ein Schauplatz um Interessen von in gewissen Wahlkreisen ansässigen Firmen und Konzernen nochmal aufs Tableau zu holen und für offenkundige Lobbyarbeit. Wo genau der demokratische Grundgeist da innewohnt verstehe ich nicht.
@ResOffz
der Art. 346 AEUV alleine reicht leider nicht aus. Um vor dem EuGH zu bestehen müssen sie den Art. 346 AEUV sowie die EG/81/2009 und EU/24/2014 anwenden. Vorher müssen sie aber im nationalen Recht den §107 GWB bzw. den §145 GWB anwenden.
Der §107 GWB ist eine (leider schlechte) Übersetzung der EU Richtlinie. Hätte man den inhaltlich korrekt übersetzt, hätte das BAAINBw wirklich viele Möglichkeiten um das langwierige Ausschreibungsverfahren abzukürzen.
So bleiben aber immer noch Möglichkeiten, dies zu tun – es mangelt jedoch nachhaltig am MUT der Projektleiter im BAAINBw dies auch zu tun. Denn nur die treffen in der EVA (Entscheidung zur Vergabeart) die Festlegung ob man europaweit ausschreibt, oder eben davon absieht und andere Wege beschreitet. (Direktvergabe, FMS (Kauf von den USA), etc.) Sobald man das aufs die Agenda setzt, hört man immer die gleichen Rechtfertigungen. „Ich muss das so machen“ „Das geht so nicht“ „Da klagen doch alle“ „Ich bin dafür verantwortlich und muss gerade stehen“ usw.
Die Urteile des OLG Düsseldorf zur Anwendung des §107GWB und des Strategiepapiers zur verteidigungsindustriellen Schlüsseltechnologie z.B. zum Tankerkauf der Marine haben dort den Mut nicht erhöht. Obwohl man da der Marine und dem BAAINBw durchaus etwas Blauäugigkeit vorwerfen könnte… Aber es stimmt schon was die Präsidentin des BAAINBw da sagt. Vor dem EuGH würde Deutschland mit einer großzügigen Anwendung des §107 GWB und §145 GWB bestehen (außerhalb der Bundeswehr – also für andere Ressorts – funktioniert das auch regelmäßig). Derzeit sind aber vorallem die nationalen Gerichte da ein Hemmniss – aber auch weil man sich da seitens Bundeswehr – sorry blöd – angestellt hat und gleich mal mit einem waghalsigen Beschaffungsprojekt gestartet ist.
Fazit: Ja geht alles – auch beschussfest vor Gerichten und Vergabekammern. Aber es fehlt allein der Mut bei den Verantwortlichen sich darauf einzulassen. Zeitenwende beginnt im Kopf und in der persönlichen Haltung.
@Der Realist
Zudem unterliegt die Beschaffung auch der USt. / EUSt.
@ BOW. „Der Nachfrager, also die Truppe, muss aufhören Anforderungen nach dem „Wünsch-Dir-Was“-Prinzip zu erstellen, sondern sich auf die Kernanforderungen beschränken.“
oK; Bin ich dabei, aber dann muss die „Truppe“ ja die Kernforderungen an den Projektleiter übermitteln und wissen „was geht“. Das halte ich bei der Hierarchie in der Bundeswehr nur bei kleinen, flachen Organisationsbereichen für machbar und wo gibt es die bitte? Demgegenüber steht die Bundeshaushaltsordnung, die zum Beispiel sagt wieviele A 16 es braucht, um einen B6 zu begründen….da wird aus dem Sonderwunsch eines einzelnen an der entscheidenden Stelle schnell die Muss- Forderung….
„auch mal kaufmännisch überlegen, ob das Gewünschte überhaupt nutzeneffizient ist“
Genau das hat man dem uniformierten Teil der Bundeswehr über Jahrzehnte erfolgreich ausgetrieben, der 87b lässt grüßen. wir beschaffen ja eben nicht im Verbund, es ist die Aufgabe des Planungsamtes hier Synergien für die gesamte Bundeswehr festzustellen und eine breite Streuung der Erkenntnisse und Produkte zu erreichen. Die Umsetzung scheint mir ein wenig zu holprig.
Hallo, @ Jas
die Entscheidung der Vergabeart wird nicht durch den Projektleiter (PL) getroffen. Die Rolle und Funktion des PL im BAAINBw ist in der Bundeswehr Regelung CPM (Customer Product Management) definiert und in weiteren mitgeltenden Regelungen in der genauen Aufgabe und Verantwortlichkeiten weiter ausdefiniert.
Organisatorisch in den Gruppen Wirtschaftlichkeit/Recht der jeweilgen Projektabteilungen sind in den Vertragsreferaten Juristinnen und Juristen, die in Zusammenarbeit mit dem Stab Justiziariat und unter „fachtechnischer Einbindung“ des Projektleiters eine Entscheidung über die Vergabeart treffen.
Diese Entscheidung wird unter Abwägung vielfältiger Faktoren entlang der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen, aber in Federführung der Vertragsjuristen, getroffen.
Insofern kommt dem PL dabei eine „beratende Rolle“ hinsichtlich „fachtechnischer Belange“ zu.
Das ist vielleicht etwas „nerdig“, hier bei Augengeradeaus.net aus meiner Sicht aber passend.
Denn an dieser Stelle muss man die Prozesskette etwas genauer betrachten, um sich ein eigenes Bild der Lage machen zu können
Ich bin ganz auf Ihrer Seite, wenn Sie den handelnden „Mut zur Entscheidung“ zu rufen. Dieser Mut und die Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen ist aber auf allen Ebenen erforderlich.
Übrigens können auch die Inspekteure über ihre bestellten Vertreter in den integrierten Projekteams Argumente liefern, welche den Juristinnen und Juristen eine Entscheidungsgrundlage liefern, diese oder jene Vergabeart begründen zu können!
An dieser Stelle gilt es also auch, bei allen Beteilgten im Beschaffungsprozess, die ihre Aufgabe außerhalb des BAAINBw haben, z.B. in den Kommandos oder Ämtern der TSK, das Prozessverständnis und die eigene Verantwortung für ein vollumfängliches Gelingen eines Rüstungsprojektes zu verdeutlichen
Auf gemeinsames gutes Gelingen
Grashüpfer
Annette Lehnigk-Emden scheint eine kleine Medienoffensive zu fahren – neben dem Gespräch bei Table Media gab es ja auch ein Interview in der ZEIT.
Zwei Punkte sind mir bei dem ZEIT-Interview aufgefallen:
1. Zum Thema Munitionsbeschaffung sagt sie dort:
„Die Industrie ist komplett ausgelastet, es gibt keine freien Produktionskapazitäten mehr.“
Dies widerspricht aber den Aussagen von Armin Papperger, dass Rheinmetall nur mit 2/3 seiner Kapazität 155mm Munition produziert.
https://twitter.com/Kpunkt_Bpunkt/status/1635729241084948480
2. In der gleichen Antwort sagt sie, dass momentan gerade Rahmenverträge für Munition abgeschlossen werden.
Laut Labacco (Kommentar aus dem Dezember 2022) wurden noch gar nicht alle Rahmenverträge komplett abgerufen. Auch da habe ich noch keine Aussage gehört, warum dies so ist.
https://augengeradeaus.net/2022/12/haushaltsausschuss-billigt-bundeswehr-beschaffungen-fuer-13-mrd-euro-erste-bestellungen-aus-dem-sondervermoegen/comment-page-1/#comment-393155
Ein Punkt ist besonders erwähnenswert aus dem TableMedia-Interview:
„Ich erwarte von jedem unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, dass er oder sie prüft, ob wirklich jede Vorschrift, die bisher angewendet wurde, auch weiterhin angewendet werden muss.“
Und dann liest man auf der BAAIN-Webseite folgendes zur Depot-Instandsetzung der Fregatte Hamburg:
„Aufgrund eines inzwischen höheren Hygienestandard in der Lebensmittelverarbeitung muss auch die Ausstattung der Kombüse auf der Fregatte „Hamburg“ angepasst werden. Über eine neu geschaffene Öffnung in der Außenhaut des Schiffes werden Kochgruppe und Theke ersetzt. Dazu müssen die gesamte Innenverkleidung inklusive der Isolierung der Schiffshülle entfernt und sämtliche Strom- und Wasseranschlüsse zurück gebaut werden.“
https://www.bundeswehr.de/de/organisation/ausruestung-baainbw/aktuelles/mars-fregatte-hamburg-depotinstandsetzung-5600512
Nochmal zum Thema Zeitenwende, sprich Vollausstattung der Truppe und der entsprechenden geplanten Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit.
Anzahl 25 Mio € Vorlagen in 2022. Ganze 24 Vorlagen, davon
Einzelplan 14 -> 15 Vorlagen
Sondervermögen -> 9 Vorlagen (u.a. Leuchtturmprojekt F-35, Bekleidung, Funkgeräte, CATV (1. Los), Nachrüstung 143 Puma -> SV Volumen roundabout 15 Mrd. €
Anzahl 25 Mio € Vorlagen in 2023 ganze 17 Vorlagen, davon
Einzelplan 14 -> 9 Vorlagen
Einzelplan 60 -> 3 Vorlagen (Nachbeschaffung P2000 und Leopard 2A8)
Sondervermögen -> 5 Vorlagen (u.a. CATV (2. Los), 2. Los Schützenpanzer Puma, Rettungszentrum) -> SV Volumen roundabout 3 Mrd. €
Fazit: von seit 2022 insgesamt 41 Vorlagen werden gerade mal 14 Vorlagen aus dem Sondervermögen finanziert mit einem Volumen von rund 18 Mrd. €, der Großteil dieser 18 Mrd. € verteilt sich auf fünf Projekte (F-35, Puma, Bekleidung, Funkgeräte, CATV).
Was ist bis heute bei der Truppe angekommen? A bissel Bekleidung und ein paar Funkgeräte, sonst nix. Ach ja, von Munition möchte ich gar nicht reden…..
Wir befinden uns im Juni des Jahres 2023, rund 16 Monate nach dem russischen Angriff auf die Ukraine.
Wo bleibt die Vollausstattung und die Zeitenwende Herr Scholz und Herr Lindner?
Unfassbar, dass die Reichswehr als Grund für irgendwelche Bürokratie herhalten muss. 100 Jahre später!!!! Und die Gründungszeit der Bw sollte auch mittlerweile als beendet klassifiziert werden können.
Also, warum machen wir das mit den 25 Mio Vorlagen? Weil wir’s schon immer so gemacht haben und total viele Leute damit befassen können. Ändern? Um Gottes Willen, nein. Das hat sich doch total bewährt.
Es ist der Verdienst von Blogs wie diesem, solchen Irrsinn zumindest öffentlich zu beleuchten.
Den Porsche kaufen ist nicht das Problem, das Fahren ist das Problem. 100 Mrd€ RüInvest führen zu min. 500 Mrd€ in der Nutzung. Für die Nutzungsdauer, der in Rede stehenden WaSys, können ruhig 30 Jahre angenommen werden. Dies führt allein schon zu einem Mehrbedarf von min. 16,6 Mrd€ p.a. Mich würde interessieren, ob in den FFFn bzw. LVen dies auch reflektiert wird. Weiterhin muss Personal generiert werden, dass diese HHM umsetzt. Die Aspekte Munition, ortsfeste logistische Einrichtungen, Fachpersonal in diesen Einrichtungen, sowie sonstige Infrastruktur und Ersatz- und Ausstauschteile sind noch nicht berücksichtigt. Alles in alle wird das Sondervermögen dazu führen, dass es zu weiteren Fähigkeitsverlusten kommt , die Infrastruktur, die nicht den neuen WaSys zugeordnet wird, weiter verfällt und die angestrebte Personalstärke von 203.000 nie erreicht wird. Nur eine steil ansteigende Finanzlinie des EP14 kann dem vorbeugen.
Alles in Allem bestet der Eindruck, dass die Hälfte der Führung Luftschlösser baut und die andere Hälfte einzieht und es sich gemütlich macht. Alle diese Herausforderungen wurden in den letzten 10 Jahren mehr als ausführlich beschrieben. Ebenso wurden Lösungen formuliert, einzig die Umsetzung erscheint mehr als fraglich.
Die Frage wurde gestellt, wo bleiben die 25 Mio-Vorlagen bzw. Abrufe aus bestehenden Rahmenverträgen? Zumindest die Rahmenverträge welche die Abwehr gepanzerter Fahrzeuge betreffen, wie z.B. MELLS (Rahmenvertrag über 11.500 LFK, abgerufen sind rund 4.600 LFK) oder Wirkmittel 1800+ (Rahmenvertrag über 3.100 LFK, abgerufen wurden 850 LFK)? Die 120mm und 155m Munition kann man vernachlässigen, da geht eh alles in die Ukraine….
Oder liegt es tatsächlich an der Finanzierung weil Munition über EP14 läuft und weniger an den Kapazitäten? Weiß da jemand mehr?
@Volker Bäcker:
Danke, dass Sie auch ein Schlaglicht auf die Unterhaltskosten werfen, die hatte ich nicht mit Faktor 5, sondern eher mit Faktor 3 kalkuliert, aber die dann fälligen 16,6 Mrd € p.a. entsprechen ziemlich genau den fehlenden Ausgaben zum 2%-Ziel…
Zufall?! ;-)
Mehr Geld soll es für die Bw wohl nicht geben meldet WELT Online (Zahlschranke):
„Dann macht sich Deutschland international lächerlich“
„Die Regierung plant offenbar, der Bundeswehr kein zusätzliches Geld zur Verfügung zu stellen – trotz anders klingender Ankündigungen des Kanzlers. Notwendige Folge wäre ein Verzicht auf militärische Fähigkeiten.“
Soweit zur Glaubwürdigkeit – verläßt man sich auf Deutschland ist man verlassen. Und komme man mir nicht mit „wesentlicher (haushalterischer) Lageänderung“.
@ Labacco sagt: 07.06.2023 um 9:23 Uhr
„Die Frage wurde gestellt, wo bleiben die 25 Mio-Vorlagen bzw. Abrufe aus bestehenden Rahmenverträgen? […] Die 120mm und 155m Munition kann man vernachlässigen, da geht eh alles in die Ukraine….“
Ich würde gerade diese Verträge ins Zentrum stellen. Denn wenn der Rheinmetall-Chef sagt, er produziere nur mit 2/3 der Kapazität, weil Aufträge fehlten, dann könnte dieses Problem mit dem Abruf aus den Rahmenverträgen ja zumindest verkleinert werden.
In jedem Fall hätte man dann noch Munition zu alten, günstigen Preisen ordern können.
(So hat Österreich die Option für zusätzliche AW169M-Hubschrauber gezogen und konnte entsprechend von alten, günstigen Preisen profitieren.)
Vielleicht kann ja ein Unions-Abgeordneter eine kleine Anfrage stellen:
Welche Rahmenverträge für Rüstungsgüter, Waffen und Munition lagen zum 24.2.2022 vor (mit welchen Umfängen und welchen bereits erfolgten Abrufen)?
Welche Abrufe aus diesen Rahmenverträgen sind nach dem 24.2.2022 wann erfolgt?
Wenn keine Abrufe erfolgten, warum nicht?
Bei der nächsten Sitzung des Verteidigungs- und Haushaltsausschusses am Mittwoch, den 14, Juni stehen drei 25 Mio € Vorlagen auf der Agenda:
– Beschaffung / Vorvertrag Waffensystem ARROW nebst Munition (LFK ARROW 3)
– Beschaffung Luftverteidigungssystem IRIS-T SLM
– Beschaffung von 164 Geschützten und 203 ungeschützten Wechselladersystemen
(WLS) sowie 1.634 Wechselladerpritschen mit Zubehör
@Labacco: danke für den Hinweis…
Sehr gut dass es hier weiter geht…
ARROW3 und Iris-t SLM
Spannend finde ich auch…
„Sachstand Beschaffungen Kampffahrzeuge aus dem EPL14 vs Einsatzbereitschaft der Grossverbände des Heeres vs NATO new force Model
@ Michael S.:
Auch in einem, DAX-Konzern muss man sich an Vergaberichtlinien etc. halten, sonst
bekommt man auch Probleme mit der Compliance. Der letzte größere Fall war bei MAN.
Sicher die VOB, VOL und VOF sind schon rigide, aber auch größere Unternhemen sind wesentlich eingeschränkter, als der e. K.
Frage an die Experten:
Laufen NATO-Beschaffungen wie die gemeinsame Tankflugzeug-Flotte auch über diese 25-Mio Euro Vorlagen?
Airbus hat gestern den Nachfolger des A330MRTT bekannt gegeben, der ab 2026/2027 geliefert werden soll.
Bei unserer Bürokratie kann man da noch ein paar Jahre draufrechnen, bis die ersten Flugzeuge bei der NATO stehen.
Oder laufen solche Vorhaben anders ab?
@Der Realist:
welcher Nachfolger A330 MRTT ?
da werden über die NATO nur nach und nach weitere Flugzeuge ergänzt…
Die einzelnen Teilnehmer sichern sich Flugstunden pro Jahr und zahlen da ein… das geht meiner Meinung nach nicht direkt über eine 25 Mio Vorlage und schon gar nicht übers Sondervermögen…daher hier off topic
zum Thema:
Gestern wurde ja der erste Schritt in Richtung ARROW3 gegangen
und bzgl Iris-t SLM die 25 Mio Vorlage durchgebracht….
vor der Sommerpause sollten bzgl Sondervermögen jetzt noch die 25 Mio Vorlagen zu:
Schwerer Waffenträger Infanterie
STH
Luftlandeplattform
über die Bühne gehen… dann hätte man einiges erreicht…
generell fehlt mir noch
Boxer skyranger30
Boxer RCH155
diese sollen aber wohl über den normalen EPL14 kommen… aber hier ist die Frage ob Geld dafür da ist :-(
@Realist:
Was soll denn neu sein? Ich zumindest finde keine Pressemitteilung von Airbus.
Grundlage auf A330neo? Also größtenteils neuer Flügel mit Triebwerken?