Pistorius macht Tempo: Neue Regeln sollen Beschaffung der Bundeswehr beschleunigen
Angesichts der anhaltenden Kritik an schleppender Beschaffung neuer Ausrüstung für die Bundeswehr macht Verteidigungsminister Boris Pistorius Tempo. Mit neuen Regeln für das Beschaffungswesen sollen die Streitkräfte künftig schneller neue Waffen und Gerät erhalten und das Verfahren weniger als bisher von komplizierten internen Bestimmungen aus Ministerium und Bundeswehr gebremst werden. Oberste Prioriät ist für uns alle künftig der Faktor Zeit, schrieb der Minister in seinem Tagesbefehl Beschleunigung des Beschaffungswesens.
Wo wir uns selbst unnötig Fesseln angelegt haben, werden wir diese nun abwerfen, versprach Pistorius in dem auf den (gestrigen) Dienstag datierten Tagesbefehl. Die konkreten Schritte dazu legten Rüstungsstaatssekretär Benedikt Zimmer und Generalinspekteur Carsten Breuer in zwei Grundsatz-Bestimmungen sowohl für die zivilen Teile des Ministeriums als auch für die Truppe fest.
Die Beschleunigung militärischer Beschaffungen ist mit sofortiger Wirkung handlungsleitend, heißt es in dem Erlass des Staatssekretärs zur Anpassung des Beschaffungsprozesses für militärische Beschaffungen. Dafür habe künftig der Faktor Zeit höchste Priorität. Die neuen Regeln für eine schnellere Beschaffung hätten Vorrang vor allen anderen internen Erlassen und Verfahrensvorschriften, ausgenommen sind nur gesetzliche Vorgaben.
Um die bisherigen langwierigen Anpassungen von neuen Rüstungsgütern künftig auszuschließen, ordnete Zimmer unter anderem an:
• Auflagenbezogene Modifikationen an marktverfügbaren Lösungen erfolgen nur aufgrund gesetzlich verbindlicher Vorgaben (…)
• Ausnahmeklauseln für die Bundeswehr in gesetzlichen Regelwerken sind konsequent zu nutzen, sofern die Voraussetzungen vorliegen
• Soweit bundeswehrinterne untergesetzliche Regelwerke die gesetzlichen Regelungen verschärfen, sind diese hiermit ausgesetzt.
Vor allem die Forderung nach den letzten beiden Punkten war in der Bundeswehr immer wieder laut geworden, weil einzelne Vorschriften über die gesetzlichen Vorgaben hinausgingen.
Nach dem Erlass des Staatssekretärs wie auch nach der Weisung des Generalinspekteurs erhalten die Inspekteure der Teilstreitkräfte und der Organisationsbereiche (wieder) mehr Mitsprachemöglichkeiten bei der Beschaffung von neuer Ausrüstung. Mit der Reform des damaligen Verteidigungsministers Thomas de Maiziére 2012 waren die Inspekteure nicht nur aus dem Ministerium in den nachgeordneten Bereich versetzt worden, sondern hatten auch die Verantwortung für die Beschaffung praktisch verloren.
Künftig sollen die Chefs der einzelnen Bereiche der Streitkräfte die technischen Anforderungen an ein neues Rüstungsprojekt mit billigen – unter besonderer Berücksichtigung des Faktors Zeit und der existierenden technischen Möglichkeiten. Vor allem sollen sie bereits vor Vertragsverhandlungen mit der Industrie bestätigen, dass die Leistungsbeschreibung für das Projekt die notwendige Umsetzung der militärischen Forderungen beinhaltet.
Die neuen Sofort-Regelungen sollen innerhalb eines halben Jahres in die üblichen Bestimmungen eingearbeitet werden. Gehen Sie mutig an die Neuerung heran, appellierte der Verteidigungsminister an alle Mitarbeitenden in Ressort und Truppe. Wichtig ist die Bereitschaft zur Veränderung. Diese Bereitschaft ist die Basis, auf der die Zeitenwende gelingen wird.
(wird ggf. ergänzt)
(Archivbild Februar 2023: Pistorius spricht bei seinem Antrittsbesuch bei der Marine in Eckernförde mit Soldaten des Kommandos Spezialkräfte Marine (KSM) an Bord der Fregatte Hessen – Tom Twardy/Bundeswehr)
Bezgl. der vielfach kommentierten Bestätigung von Beschaffungsvorhaben durch die Inspekteure: Ich habe auch keinerlei Kenntnisse über die Prozesse, aber die Stoßrichtung dieser Änderung scheint doch ganz klar auf die Verhinderung von verzögernden Änderungen des Anforderungskatalogs während des Baus von (Groß-)Projekten zu zielen. So nach dem Motto: Ihr habt doch bestätigt, dass das Projekt die Nutzungsanforderungen erfüllt, jetzt kommt mir nicht mit „wir haben uns gedacht, dass es doch ganz nett wäre, wenn…“ ( will jetzt nicht wieder die Schlauchboote durchs Dorf treiben…)
Mag sein, dass das die Abstimmung „vor Vertragsabschluss(!)“ etwas verzögert, wenn man aber Änderungen der Bestellung als Problem ausgemacht hat, dann ist das ein durchaus nachvollziehbarer (politischer) Move mit einem gewissen, für Politiker zu verstehendem Drohpotential.
@Metallkopf
Nexter ist ein Konzern in Staatsbesitz und Dassault ist in Privatbesitz. Beide produzieren weltweit vermarktbare Produkte und französische Präsidenten haben sich auch schon immer als Werber für die Vermarktung französischer Militärprodukte eingesetzt.
Die Produkte der deutschen Rüstungsindustrie sind verglichen damit nur auf einem kleinen Markt überhaupt absetzbar. Selbst wenn sie das Ergebnis einer internationalen Kooperation waren. Die Fehler liegen da sicher nicht nur bei unserem Baschaffungswesen, sondern auch ein Stück weit bei der Industrie.
Dass französische Rüstungsbeschaffung teilweise schneller funktioniert, liegt daran, dass Auftraggeber (=Frankreich) und Eigentümer der Auftragnehmer (=Unternehmen in Staatseigentum, d. h. = Frankreich) häufig ein und dieselbe juristische Person ist. Mit sich selbst lässt sich leichter verhandeln, und Änderungen sind auch leichter umzusetzen. Ganz zu schweigen davon, dass das europäische Vergaberecht in dieser Konstellation schlicht zu null Anforderungen führt (so wie Deutschland z. B. die BWI GmbH oder die HIL GmbH auch „freihändig“ beauftragen kann).
Und zur Friedensdividende: Das ist nicht die Ersparnis im Verteidigungsbudget, weil lange Frieden herrscht. Das ist die Abwesenheit von kriegsbedingten Verheerungen und um wieviele Billionen (!) Euro eine Gesellschaft dadurch reicher ist. Wer das abstrakt nicht versteht, schaue sich mal Bilder z. B. aus Europa 1945, Syrien 2017 und Ukraine 2023 an. Den Wohlstand der Gesellschaft immer weiter und weiter mehren zu können, anstatt ihn alle fünfzig Jahre in Schutt und Asche sinken zu sehen, DAS ist die Friedensdividende. Dagegen ist der Mehr- oder Minderbetrag des Verteidigungsbudgets ein Klacks, und das Wort verächtlich dafür zu gebrauchen, läuft Gefahr, dass das auch als Herabwürdigung der Segnungen des Friedens missverstanden wird. Tatsächlich ist die Friedensdividende nicht der Grund, warum in der Bundeswehr Material fehlt, sondern warum der BK nach mal gerade drei Tagen Entscheidungsfrist im Februar 2022 entscheiden konnte, zusätzlich 100 Milliarden Euro zum Verbrauch in wenigen Jahren bereit zu stellen. Für so was braucht man Substanz, und die wächst nur im Frieden.
Ich hatte einen Bergepanzer erwartet und jetzt kommt ein Moped.
@ F. Richter: Beide Punkte richtig und gut formuliert. Danke.
Das Geld ist aber nicht die Substanz, die bei der Bundeswehr auf dem Hof steht – das sind einsatzbereite Waffensysteme.
Und genau daran mangelt es aufgrund der Friedensdividende: die Ressourcen der Rüstungsindustrie die Bundeswehr mit einsatzbereiten Waffensystemen (inkl. Ersatzteilen) zu versorgen wurden nicht genutzt. Und diese Ressourcen sind begrenzt innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. Der Mangel an einsatzbereiten Systemen wird sich nicht von heute auf morgen beheben lassen, egal wie viel Geld sich Deutschland jetzt per Sondervermögen schafft. Das Geld mit der Schuldenbremse künstlich zu verknappen wird zudem diese Ressourcenauslastung sofort wieder in Frage stellen, da man ja „sparen“ muss.
Eine grundsätzliche Beschleunigung bei der Beschaffung von Ausrüstung für Bw ist längst überfällig und absolut wünschenswert. Da gibts gewiss viele Hebel an denen man ansetzen kann.
Bereits marktverfügbare Ausrüstung zu beschaffen auch wenn diese marktverfügbare Ausrüstung womöglich nur 80% der Bw-Anforderungen erfüllt, ist ein Lösungsweg und dies mag in zahlreichen Fällen auch praktikabel sein und funktionieren.
So deutlich der Verteidigungsminister dies auch einfordert… das scheint mir kein Allerheilmittel zu sein.
Auf Biegen und Brechen und ausschließlich marktverfügbare Ausrüstung zu beschaffen (die nur 80% der Bw-Anforderungen erfüllt) führt m.E. zu neuen, nachhaltigen Problemen, die sich nach dem die 100Milliarden erst mal ausgegeben sind, nicht mehr lösen lassen. Und es gilt ja auch die Haushaltsmittel effizient und nachhaltig einzusetzen.
Und andererseits will man ja auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland sowie Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionkapazitäten der eigenen Rüstungsindustrie nicht noch mehr schaden (als dies ohnehin Krieg, Export-/ Energiepolitik usw. tuen) und Schlüsseltechnologien erhalten und fördern.
Bei diverser Ausrüstung, die zur Beschaffung ansteht, ist marktverfügbare Ausrüstung oder Ausrüstung, die womöglich US ITAR-Einschränkungen (Regelungen des internationalen Waffenhandels) unterliegt, absolut NICHT zielführend und KEIN Lösungsweg, wie z.B.:
1. Nachfolger Wiesel 1 (20mm MK u. TOW): Es gibt nichts marktverfügbares was auch nur annähernd 80% der Bw-Anforderungen (Schutzlevel, Gewicht, Abmessungen, Geländegängigkeit usw.) erfüllen dürfte. Also muss eine Entwicklung/ Erprobung basierend auf dem LuWa (Luftbeweglicher Waffenträger)-Demonstrator fortsetzen. Alles andere erscheint nicht zielführend.
2. Rad-Artillerie, Rad-Mörser, diverse Pionier-Radfahrzeuge (usw.) für radmobile Mittlere Kräfte des Heeres: Die Mittleren Kräfte folgen dem Konzept der US Stryker-Brigaden. Um Instandsetzungsaufwand/ Ersatzteilversorgung bei Verlegung und im entfernten Einsatzgebiet möglichst gering und die Verfügbarkeit möglichst hoch zu halten, muss die Vielfalt an Fahrzeugtypen möglichst gering sein. Es wäre also absolut fatal irgendwelche schneller marktverfügbaren Radfahrzeuge zu beschaffen, die NICHT auf den in der Bw eingeführten Fahrzeugen (wie z.B. GTK-Boxer, RMMV HX) der Mittleren Kräfte basieren. Die o.g. Radfahrzeuge müssen somit erst auf in der Bw eingeführten Fahrzeugen entwickelt/ erprobt werden. Und vorübergehend kann man auch mit Einschränkungen (Schwertransport) die vorhandenen Kettenfahrzeuge weiter nutzen.
3. Luftverteidigungssystem Nah- und Nächstbereich (NNBS): Es gibt kein marktverfügbares System, dass die Anforderungen erfüllt. Und die von der Industrie vorgestellten Lösungen/ Entwürfe/ Demonstratoren auf GTK-Boxer (Kanone, Rakete, Laser) sowie IRIS-T-SLM erscheinen absolut zielführend für den Schutz der Mittleren Kräfte sowie der Divisions- und Korps-Truppen des Heeres. Auch hier ist Entwicklung/ Erprobung erforderlich. Um ehrlich zu sein wären allerdings auch der Beweglichkeit der Schweren Kräfte entsprechende Lösungen auf Kette erforderlich und der Luftbeweglichkeit der Leichten Kräfte entsprechende Lösungen auf LuWa erforderlich, und diese müsste man auch erst entwickeln/ erproben.
4. Nachfolger ECR-Tornado (Elektronischer Angriff): Eine Kleinst-Flotte eines neuen Flugzeugtyps gilt es aufgrund zu hohem Aufwand für Ausbildung und Logistik und im Ergebnis gewiss geringerer Verfügbarkeit zu vermeiden. Damit ist m.E. die US EA-18 Growler raus. Damit bleibt nur eine Entwicklung auf Basis des in der Bw bereits eingeführten und bewährten Eurofighters. Um das Dilemma Kleinst-Flotte und Verfügbarkeit zu lösen muss man lediglich die Stückzahl von einem geplanten und lächerlichen Staffel-Äquivalent (ca. 12-15 Stück) auf ein robusteres Geschwader-Äquivalent (ca. 30-35 Stück) erhöhen, was auch den Stückpreis und die Lebenszykluskosten reduzieren dürfte.
5. Nachfolger Luftverteidigungsfregatte F124: Gemäß Zielbild der Marine 2035 werden zukünftig 6 Luftverteidigungsfregatten F127 (gewiss u.a. für Missile Defense usw.) benötigt. Japan, Südkorea und Spanien haben national und erfolgreich entsprechende Schiffe entwickelt und dann US Radar, Waffen- und Führungssystem (AEGIS) integriert. Dann wird Deutschland das wohl auch schaffen. Um den eingeschlagenen, innovativen Weg der Marine mit Intensivnutzung von Fregatten und Mehrbesatzungskonzepten sowie mit der eigenen Entwicklung schiffbasierter Hochleistungslaser (Schlüsseltechnologie) optimal fortzusetzen muss man eine Luftverteidigungsfregatte F127 aufbauend auf der F126 entwickeln. Keine der marktverfügbaren oder in Entwicklung befindlichen Lösungen dürfte diese Anforderungen erfüllen.
@F. Richter:
Ich stimme zu. Auch, was Ihre Definition des Begriffs „Friedensdividende“ betrifft. Aus exakt diesem Grund kann ich auch nicht verstehen, warum das kontinuierliche Zurückfahren unserer Bundeswehr nach der Wiedervereinigung mit diesem Begriff betitelt wurde. Siehe auch Wikipedia:
Das deckt sich nicht ganz mit Ihren Ausführungen, wenngleich ich diese selbst auch einleuchtender finde, denn Ausgaben für die Verteidigung und öffentliche Sicherheit haben ihren Niederschlag zuletzt auch in gesichertem Wohlstand und stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen.
Die landläufige Definition hingegen wertet vor allem die Reduzierung von Verteidigungsausgaben und unmittelbare Umdisponierung dieser Gelder als „Friedensdividende“, nicht die Folgewirkungen.
@Schlammstapfer:
Die Probleme deutscher Rüstungsexporte liegen vor allem im fehlenden politischen Willen, deutsche Rüstungsgüter international anzubieten. Das ist natürlich ein ganzes Stück weit unserer staatlichen Geschichte geschuldet und somit auch keine einfache Diskussion, nur muss man eben zur Kenntnis nehmen, dass die Franzosen ein grundsätzlich anderes Verhältnis zu Rüstungsexporten haben. Wie auch zu den (politischen) Einflussmöglichkeiten, die sich daraus ergeben, wenn andere Regimes Rüstungsgüter aus der eigenen Produktion verwenden.
@Metallkopf u Schlammstapfer
Die Förderung des Rüstungsexports steht in der Aufgabenbeschreibung der Rüstungsdirektion in Frankreich im ersten Absatz, und das kann man auf entsprechenden Homepages der
https://www.defense.gouv.fr/dga
auch nachlesen:
Schon im ersten Absatz von „Nous connaitre -> mission“ steht „de soutenir les exportations“ also die Förderung des Exports von Rüstungsgütern im ersten Satz.
Können Sie sich das auf der extern zugänglichen Homepage des BAAINBw vorstellen?
Da gibt es eben schon starke Unterschiede in der politischen Kultur und im Selbstverständnis.
@ Hans II
Hinsichtlich der Boxer-Lösungen gibt es ja diverse Industrie-Angebote (Bergung/Brücke/RCH).
Jetzt stehen für mich zwei Themen an.
a) Endlich eine signifinakte (mindestens 200 besser 500) Zahl an Boxer Grundmodulen in Auftrag geben, ggfs. in der verstärkten britischen oder australischen Version
b) zeitnahe Erprobung der Industrie-Angebote für Brücken und Bergemodule (RCH 155 läuft ja aktuell)
die Kommentare bezüglich des medialen Auftritts der neuen Präsidentin finde ich unpassend. Elequente dampfplauderer haben wir auf vielen Entscheidungsebenen genug. Es gibt da auch die ein oder anderen Präsidenten von oberen Bundesbehörden in der Ebene B9 die ihren Kopf lieber in die Kameras stecken und man sich von Zeit zu Zeit fragt, ob diese es nur tun um sich für eine politische Anschlussverwendung als B11 Staatsekretär empfehlen zu Wollen.
Im BAAINBw braucht man aktuell mehr denn je Fachleute mit Stallgeruch an der Spitze, die wissen welche Hebel gezogen werden müssen.
Inhaltlich hat sie genau die Punkte gemacht, der überbordende Regelungswahn muss weg. Und sie weiß genau wovon die redet!
@Hans II,
Auch wenn ich einiges nachvollziehbar finde, ist ihre Argumentation genau die der typisch deutschen Bedenkenträger und mit der Grund warum sich das Beschaffungsamt festgefressen hat. Wenn man
schon 10 Jahre für die Beschaffung eines Gefechtshelms 10 Jahre braucht, dann sollte mal einer diesen Gordischen Knoten durchschlagen und wir geben uns dann mit 70 oder 80 Prozent des „BW-Goldstandards“ zufrieden. Denn 100 Prozent von Nix, ist eben am Ende auch Null.
Ich weiß, dass das Thema „Friedensdividende“ hart am OT ist, aber dafür eine sehr spannende Diskussion:
Ich denke (meine Ansicht, ich habe keine Quelle), dass die Friedensdividende auf jeden Fall die direkte Einsparung von Kosten im Verteidigungshaushalt umfasst, aber viel wesentlicher, weil viel mehr Geld umfassend, ist die Reduktion von Redundanzen, Lagerhaltung, Mitberücksichtigung von Wehrhaftigkeit bei Infrastrukturplanung, Energiewirtschaft etc. Davon hat die Volkswirtschaft als Ganzes profitiert, auf Kosten der genannten Wehrhaftigkeit, was strukturelle (im Gegensatz zu gesellschaftlich-psychologischen) Aspekte angeht.
Die Kosten dafür fallen jetzt wieder an, die Frage ist, wie sie verteilt werden.
@Hans II: Weitgehende Zustimmung.
Allerdings habe ich noch folgende Anmerkungen/Fragen:
Sie sehen noch Entwicklungs-/Erprobungsbedarf bei IRIS-T-SLM. Wieso? Soweit dies publik ist, ist doch die Erfolgsquote in der Ukraine sehr hoch. Was gibt es für eine bessere Erprobung? Aus meiner Sicht können wir da risikofrei in eine Erstbeschaffung für mehrere Jahre gehen und dann einfach weitersehen.
Sie sehen bei der Beschaffung von marktverfügbarer Ausrüstung den effizienten und nachhaltigen Einsatz der Haushaltsmittel gefährdet. Ich sehe dies genau anders herum. Marktverfügbarkeit führt sowohl zu einem guten Preis/Leistungsverhältnis als auch zu nachhaltigen Absicherung von Ersatzteilen und Wartung.
Dass natürlich für eine erhebliche Anzahl der großen Rüstungsvorhaben (ihre Liste) derzeit keine 80%-Lösung am Markt verfügbar ist, ist davon unbenommen.
@ Niklot (28.04.2023 um 10:33 Uhr):
Volle Zustimmung. Daumen hoch.
Angesichts der revolutionären Entscheidung beim Heer, ausgehend von 5 Panzer-/ Panzergrenadier-Brigaden und 1 Infanterie-Brigade, zukünftig nur noch 3 Pz-/ PzGren-Brigaden und 3 Inf-Brigaden (Mittlere Kräfte) aufzustellen, und diese revolutionäre Entscheidung für eine glaubwürdige LV/BV auch noch schnellst möglich umzusetzen, und bei den riesigen Lücken im Bereich Flugabwehr (NNBS und IRIS-T SLM) Artillerie und Logistik, erscheinen auch mir diverse Entscheidungen sehr dringlich und längst überfällig:
1. Aufträge für die Erprobung der (internationalen) Industrie-Entwicklungen auf Basis GTK Boxer und RMMV HX (z.B. Rad-Haubitze, Rad-Bergefahrzeug, verschiedene Rad-Mörser und Rad-Brückenleger usw.).
2. Vertrag/ Rahmenvertrag über die Produktion/ Beschaffung von zusätzlichen Losen von GTK Boxer Fahrmodulen (normal/ verstärkt) und RMMV HX Fahrgestellen.
3. Aufträge für die Entwicklung weiterer, notwendiger Rad-Fahrzeuge auf Basis GTK Boxer und RMMV HX mittels Nutzung marktverfügbarer Rüstsätze/ Aufbauten/ Anbaugeräte (wie z.B. Räumschild, Baggerarm, Seilwinden, Kran, Minenräumpflug, Minen-Werfer, MLRS-Werfer, NLOS/ LoiteringMunitions).
Und hier muss ich dem Verteidigungsminister zustimmen:
Ohne mutige Entscheidungen für eine Entwicklung/ Beschaffung kann auch keine Ausrüstung beschleunigt zulaufen.
Hier eher am Rand, aber vielleicht interessant für einige: Einer aktuellen Meldung von Dow Jones zufolge erwartet Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz für die nächsten Wochen („vor dem Sommer“) einen Vorvertrag mit Israel über „Arrow 3“ und sprach von einem Versprechen, das erste System noch in 2025 in Deutschland zu haben.
[Der Vollständigkeit halber: kann es sein, dass die Dow Jones-Meldung auf dem Bild-Interview beruht? T.W.]
@TW: Stimmt. Hab ich übersehen. Sorry
@ Nachhaltig (28.04.2023 um 12:01 Uhr):
Sehr wahrscheinlich bedarf IRIS-T-SLM noch gewisser, überschaubarer Anpassung für die Bw um auch (später) in einem vernetzten Luftverteidigungssystem mit NNBS, Patriot, Arrow3 (usw.) reibungslos zu funktionieren. Aber das hatte ich nicht gemeint.
Sorry, der von mir erwähnte Entwicklungs-/Erprobungsbedarf sollte sich nur auf NNBS beziehen, aber nicht auf IRIS-T-SLM.
@ TomCat (28.04.2023 um 11:30 Uhr):
Ich muss Ihnen leider widersprechen.
Die von Ihnen nun thematisierten Gefechtshelme sind ja gerade das einfachste und beste Beispiel für sehr gut marktverfügbare Ausrüstung, und davon gibt es ja auch zahlreiche weitere Beispiele (Chinook, F35,…).
Hingegen habe ich ja bewusst 5 Beispiele ausgewählt, bei denen es m.E. eben KEINE geeignete oder sinnvolle marktverfügbare Lösung gibt und es daher zielführend erscheint selbst (weiter) zu entwickeln und zu erproben. Und bei diesen 5 Beispielen handelt es sich auf keinen Fall um Goldrandlösungen.
Ich halte eine NNBS-Lösung auf Stryker-Basis für wenig zielführend. Wieso sollten wir uns einen Stryker auf den Hof stellen, mit der kompletten Logistikkette für ein weiteres Gefechtsfahrzeug, für Sensoren, für Waffen usw., obwohl bei uns der GTK Boxer eingeführt und bewährt ist (und zudem weitere Vorteile bietet)? Und wollen den dann auch ad hoc über größere Entfernungen verlegen und im Einsatzgebiet (Ostgrenze) instandsetzen?
Ebenso halte ich im Falle der F127 (z.T.) germanisierte Schiffsentwürfe internationaler Anbieter für wenig zielführend, weil dies ja auch wieder extrem zeit- und kostenintensive Anpass-Entwicklungen bedeutet. Wie komplex soll sich den dann die Instandsetzung in unseren deutschen Werften gestalten, wie aufwendig soll denn die Ersatzteil-Logistik beim Marinearsenal werden oder soll die Instandsetzung dann auch ausschließlich im Ausland bei den Werften der internationalen Hersteller erfolgen?
Eine meiner westlichen Aussagen zur Beschaffung marktverfügbarer Ausrüstung (die womöglich nur 80% der Bw-Anforderungen erfüllt) war:
„So deutlich der Verteidigungsminister dies auch einfordert… das scheint mir kein Allerheilmittel zu sein.“
Die Forderung des Verteidigungsministers lässt sich halt nicht ohne erhebliche, nachhaltige Nachteile auf jegliche Beschaffung von Ausrüstung übertragen.
Man könnte die von mir aufgeführten Beispiele auch als Ausnahmen von der Regel einordnen, und es dürfte auch noch weitere Ausnahmen geben.
Hans II sagt am 8.04.2023 um 15:15 Uhr
„… Ich halte eine NNBS-Lösung auf Stryker-Basis für wenig zielführend. Wieso sollten wir uns einen Stryker auf den Hof stellen, mit der kompletten Logistikkette für ein weiteres Gefechtsfahrzeug, für Sensoren, für Waffen usw., obwohl bei uns der GTK Boxer eingeführt und bewährt ist (und zudem weitere Vorteile bietet)? Und wollen den dann auch ad hoc über größere Entfernungen verlegen und im Einsatzgebiet (Ostgrenze) instandsetzen? …“
Volle Zustimmung – von Einem vom Fach. M.E. gilt es, den SKYRANGER 30-Konzeptdemonstrator von Rheinmetall, weiter zu verfolgen. Derzeit nur auf dem Boxer montiert, perspektivisch auch auf Kette zu stellen. Bei Letzterem gilt es jedoch mit wachem Verstand zu prüfen, wie sich Aufwand und Nutzen zueinander verhalten. Dabei auch, wie sich ein solches System „Kette“ in die Fahrzeugfamilie „Kette“ einpassen lässt. Sofern dem Vorschlag der Interessengemeinschaft NNbS Fla gefolgt werden sollte, den Panzertruppen (Pz und PzGren) wieder eine Mörserkomponente beizugeben (eine PzMrsKp pro Btl), könnte man die „schwere Fla“ auf ebenderen Fahrgestell setzen. Eine der „einfachsten Übungen“ für unsere Rüstungsindustrie.
F. Richter sagt: 27.04.2023 um 17:46 Uhr
…Den Wohlstand der Gesellschaft immer weiter und weiter mehren zu können, anstatt ihn alle fünfzig Jahre in Schutt und Asche sinken zu sehen, DAS ist die Friedensdividende….“
Vielen Dank für Ihre Ausführungen dazu. Sehr wohltuend solche Beiträge hier zu lesen. Sie sollten den Wikipedia-Artikel dahingehend überarbeiten. Man sehe sich als Beispiel deutsche Städte vor/nach 1945 an und vergleiche diese mit vielen schweizer Städten.
Danke, VG, NG.
Gepard65 sagt am 29.04.2023 um 12:42 Uhr:
Irgenwas – aber wie lautet genau die Botschaft? Zumindest ich hab sie nicht verstanden!
Pistorius ist laut ZDF auch dabei, die 25-millionen Vorlage anzupassen.
Schließlich wurde die seit 1981 nicht mehr an die Inflation angepasst.
Laut Inflationsrechner wären es heute über 61 Millionen Euro.
Bremser ist u a. Helge Braun, Ex-Kanzlerinnenamtsminister, sowie Dennis Rohde, Haushaltspolitiker der SPD. Braun ist der Meinung, er würde schnell entscheiden. Er verschweigt aber, dass es alleine zur Erstellung einer gesonderten Vorlage Monate dauert!
Rohde findet den Haushalt „flexibel genug“.
Zeit-Lupen-Wende hat Ihren Grund : Angst vor Machtverlust.
Aus“Kommt der Pistorius-Turbo für die Bundeswehr? „.
Der Beschluss zur Notwendigkeit der 25 Mio Vorlage für das BMVg (als einziges Ministerium!) ist ein in jeder Legislaturperiode aktualisierter Beschluss des Haushaltsausschusses. Insofern könnte der Ausschuss mit der Mehrheit der Stimmen im Ausschuss die Höhe der Erfordernis gesonderter Billigung im Ausschuss (die nicht schon durch die gesetzliche Zweckbindung im Haushaltsgesetz des jeweiligen Jahres allgemein erteilt ist) anpassen. Das geht also ohne CDU/CSU wenn sich die Koalition einig ist. Die Frage wie durchsetzungsfähig der BM in der SPD ist wird man dabei sehen können….
Max Meister sagte: „Der Beschluss zur Notwendigkeit der 25 Mio Vorlage … ist ein … Beschluss des Haushaltsausschusses. Insofern könnte der Ausschuss mit der Mehrheit der Stimmen im Ausschuss die Höhe … anpassen.“
Das ist überholt. Im Zuge der Beschleunigungsbemühungen anlässlich der gesetzlichen Umsetzung des Sondervermögens hat der Bundestag die 25-Mio.-Vorlage gesetzlich zementiert, siehe jetzt § 54 Absatz 3 BHO https://www.gesetze-im-internet.de/bho/__54.html . Nunmehr bedarf es einer gesetzgebenden Mehrheit im Bundestag selbst, um an ihr etwas zu ändern. Und nebenbei hat der Bundestag dabei den Anwendungsbereich auch noch ausgeweitet, und noch weitere Komplikationen geschaffen. Die Leute im BAAINBw sind in den letzten Jahren (unter Ex-Präsidentin Korb) schneller und schneller geworden (ca. doppelt so viel Haushaltsmittel bewirtschaftet und unter Vertrag gebracht mit praktisch gleichbleibender Personaldecke), und dann kommt der Bundestag und macht ihnen die Arbeit wieder ein kleines bißchen aufwändiger.
Wohlgemerkt: der Bundestag darf das natürlich, und er ist die einzige unmittelbar vom Souverän legitimierte Gewalt. Aber immer nur auf dem BAAINBw rumhacken, wie es seit Jahren en vogue ist, verkennt die multipolare Beschaffungswelt der Bundeswehr.
@F. Richter
D.h. für mich, daß entweder a) der BT die Folgen seiner Entscheidungen nicht überblickt oder b) daß es tatsächlich gewollt ist, daß der erforderliche deutliche und schnelle Aufwuchs der Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik nicht gewollt ist.
Wie bereits angemerkt erfüllt die Bw derzeit nicht ihren verfassungsgemäßen Auftrag.
Aber oft genug hat die Koalition, die die Bundesregierung stellt, eine Mehrheit und kann ein Gesetz novellieren, also auch den § 54 (3) BHO, so ließe sich die Grenze ab der es einer gesonderten Vorlage bedarf an die Inflation anpassen.
Prinzipiell finde ich es als direkt betroffener Mitarbeiter der verteidigenden Truppe gut, dass die Beschaffung beschleunigt werden soll.
Die Vorschriftenlage ist mittlerweile sehr undurchsichtig und gespickt mit Ausnahmen und vor allem unterschiedlichen Sichtweisen der beteiligten Stellen.
Alle reiten hier so auf den Großprojekten rum. Die sind sicherlich sehr wichtig und prominente Beispiele.
Mich allerdings nervt viel eher die Beschaffung in der logistischen Ebene 1. Also ganz unten in der ‚Schlammzone‘. Hier wurde schon versucht die Beschaffung
dahingehend zu beschleunigen, das die Truppen doch am besten und einfachsten alles selber beschaffen sollen.
Das führt aus meiner Sicht allerdings nur dazu, das das Bürokratiemonster gefüttert wird.
Beispiel:
Es werden handelsübliche Dichtungen benötigt. Die sind mittlerweile für die dezentrale Beschaffung freigegeben.
1. Wir bestellen (suchen den richtigen Artikel raus, beteiligt: 1 Soldat und wenns gut läuft 15 Minuten Arbeit
1 Zivilist Freigabe HHM nochmal 5 Minuten)
2. bekommen das Material (mittlerweile per Post, 1 Zivilist in der Poststelle zuordnen 2 Minuten)
3. bekommen eine Rechnung und machen die Zahlbar (1 Soldat 10 Minuten und 1 Zivilist 10 Minuten)
Das sind ca. 40 Minuten für Dichtungen. Und das nur für einen Vorgang. Früher gab es die im Depot.
Da entfiel das Artikel raussuchen (Materialnummer reicht aus), Rechnung bearbeiten und das Material wurde per Bw Transport direkt
zu Annahme und Versand verbracht.
Und das ist nur ein Beispiel. Diese Vorgänge haben wir hier pro Tag unzählige Male.
Ich fände eine große Beschleunigung würde sich eher dadurch ergeben, wieder mehr Material in die Depots zu verbringen.
Allerdings ist das auch nur ein frommes Wunschdenken, denn durch die schnelle obsoleszenz der mittlerweile im Umlauf vorhandenen Ausstattung ist eine Lagerhaltung auch undankbar und teuer.
Das beschaffungsverzögernde Instrument „25-Mio-Vorlage“ wurde im Zuge von Beschleunigungsbemühungen im Bereich Beschaffung (Sondervermögen u.a.) gesetzlich eingeführt?
Kann man sich nicht ausdenken, sowas.
Dass man nicht so hopplahopp die BHO ändert, dürfte auf der Hand liegen. So wünschenswert das auch ist, die Vorlagen anzupassen, ich sehe durchaus einen Grund, warum man so etwas auf einen breiten Konsens stellen sollte:
Die politische Landschaft ist derzeit etwas von Fahrigkeit geprägt. Insbesondere eine klassisch antimilitaristisch angehauchte Partei auf der linken und eine mit Russlandverstehern gespickte, rechtspopulistische Partei auf der anderen Seite des politischen Spektrums dürften auch eine solche sinnvolle Änderung mit grellen Verzerrungen für ihre jeweilige Agenda nutzen. Die eine kämpft gerade darum, ihre politische Bedeutung zu erhalten, sodass die SPD wenig motiviert sein dürfte, ihren eiugenen, linken und friedensbewegten Flügel zugunsten einer Abwanderung nach links zu schwächen; viele Vertreter der anderen Partei sind sich ohnehin für sehr wenig zu blöde.
Die Schlagworte von „Kontrolle des Parlaments soll zugunsten massiver Aufrüstung ausgehebelt werden“ bis „Kriegstreiberei der Ampel gegen Russland“ schreiben sich da praktisch von selbst, mögen sie auch unterm Strich Blödsinn sein.
Andererseits… Theatralische Oppositionsrhetorik kommt von den genannten Akteuren erfahrungsgemäß ohnehin immer wieder, falls nicht in dieser Hinsicht, dann anlässlich jeder neuen Vorlage im Ausschuss.
„Das beschaffungsverzögernde Instrument „25-Mio-Vorlage“ wurde im Zuge von Beschleunigungsbemühungen im Bereich Beschaffung (Sondervermögen u.a.) gesetzlich eingeführt?“
Jein. Es gab es schon lange vorher (seit 80’er Jahren, infolge der Tornadobeschaffung), wie Herr Meister zutreffend schrieb, als Haushaltsausschussbeschluss. Und im Zuge der gesetzlichen Regelung des Sondervermögens – das ja schnellere (oder mehr früher?) Beschaffung von Ausrüstung ermöglichen soll – wurde es dann gesetzlich eingerichtet, also als Anforderung für die Wirksamkeit der 25-Mio.-Verträge in ein Gesetz geschrieben (halt in § 54 BHO, neuer Absatz 3). Dabei wurde der Anwendungsbereich weniger präzise beschrieben als bisher durch den Haushaltsausschuss (HHA), und dadurch ausgeweitet. Außerdem entfaltet das Gesetz eine zivilrechtliche (!) Wirkung unmittelbar auf die Verträge – bisher war die 25-Mio.-Vorlage eine Sache allein mit interner Wirkung (zwischen Parlament, BMVg und BM für Finanzministerium), von der man ohne Gesetzesbruch hätte abweichen bzw. die man flexibel hätte handhaben können (Absprache zwischen HHA und BMVg wäre jederzeit möglich gewesen, z. B. über die Anwendung im Einzelfall). Jetzt ist es Gesetz und muss natürlich getreu dem Gesetz angewandt werden.
Ja, ich glaube, dass dabei unbeabsichtigte Effekte eingetreten sind. Kinderkrankheiten, hoffe ich.
F. Richter sagt:
01.05.2023 um 21:17 Uhr
„[…] Die Leute im BAAINBw sind in den letzten Jahren (unter Ex-Präsidentin Korb) schneller und schneller geworden (ca. doppelt so viel Haushaltsmittel bewirtschaftet und unter Vertrag gebracht mit praktisch gleichbleibender Personaldecke), und dann kommt der Bundestag und macht ihnen die Arbeit wieder ein kleines bißchen aufwändiger. […]“
Also wenn man sich die absoluten Zahlen anschaut (05.2021 IST: ca. 10k Mitarbeiter, 05.2023 IST: ca 12k Mitarbeiter) finde ich „gleichbleibend“ für die Beschreibung der Personaldecke mindestens interessant. Bleibt die Frage nach der zweckmäßigen Verortung der Ressourcen. Die lässt sich aber nur sinnvoll bewertend beantworten, wenn es man weiß, was die Zielvorgabe der Amtsleitung dazu ist.
Zu „doppelt so viel Haushaltsmittel bewirtschaftet und unter Vertrag gebracht“ bleibt festzuhalten: es sagt nichts über eine Leistungssteigerung des Amtes aus. Rüstungsgüter unterliegen wie alle anderen Waren einer Teuerungsrate, benötigen also bei gleicher Workload der Mitarbeiteer per se mehr Haushaltsmittel. Und wenn man zusätzlich großvolumige Projekte unter Vertrag nimmt erhöht sich dieser Effekt. U.a. zwei Fragen, die es zu beantworten gilt (um eine Leistungssteigerung des Amtes zu messen, es sind so viel Perspektiven mehr, die man betrachten kann): Wie viele Verträge werden pro Jahr geschlossen? Da verbirgt sich der Aufwand, nicht in der Höhe der Rechnung. Und: wie lange braucht man im Amt um einen Vertrag durch die Prozesse „zu schieben“. Sind da kürze Laufzeiten bei ähnlichen Vorgängen zu Verträgen aus der Vergangenheit messbar? Sind also die amtsinternen Abläufe besser geworden? Zahlen ohne Kontext sind Nebelkerzen und tragen nicht zur Transparenz und Berechenbarkeit bei.
@Max Meister sagt: 01.05.2023 um 21:56 Uhr
„Aber oft genug hat die Koalition, die die Bundesregierung stellt, eine Mehrheit und kann ein Gesetz novellieren, also auch den § 54 (3) BHO, so ließe sich die Grenze ab der es einer gesonderten Vorlage bedarf an die Inflation anpassen.“
Ja, wenn der politische Wille dafür da wäre… Aber die Haushaltspolitiker sind eine gesonderte Spezies. Mächtig und parteiübergreifend vernetzt. Da müsste schon eine höhere Macht (Kanzler, Parteivorsitzende, Fraktionsvorsitzende) eingreifen um die zu überssteuern.
@ Koffer 02.05.2023 um 15:36 Uhr
Die besondere Spezies der Haushaltspolitiker ist mir durchaus bekannt, ich durfte Sts auch in den Haushaltsausschuss begleiten und in einigen Fällen dort Fragen beantworten. Und ich habe glaub ich 15 Jahre in verschiedenen Funktionen beim „großen Berichterstatter-Gespräch“ im Stauffenbergsaal gesessen (ein oder zweimal auch in der Dolmetscherkabine, als man nicht so viel „Fußvolk“ im Saal haben wollte….).
Aber wie oben durch Herrn Richter schon beschrieben, eine Aufnahme in den Gesetzestext hat eben auch Nebenwirkungen, an die die verehrten Damen und Herren Abgeordneten vielleicht nicht gedacht haben.
@Max Meister: Da sich Herr Pistorius mit seinem Erlass nur von untergesetzlichen, verwaltungsinternen Vorschriften freimachen kann (für sein Ressort gültige Verordnungen müsste er selbst ändern lassen), und das Gesetz als Richtschnur verbleibt, ist der Weg ja auch klar. Wenn das Gesetz im Weg ist, muss man es – so das sinnvoll ist – eben ändern. Und sei es mit einer Ausnahmeklausel und der Anpassung der Vorlagenbeträge.
Das ist allerdings ein dickeres Brett, als er allein bohren kann. Da braucht er die Unterstützung des gesamten Kabinetts. Ich denke, die Grünen und die FDP werden da keine Steine in seinen Weg legen, die kommen dann eher von den eigenen Genossen und aus der Opposition.
@Max Meister sagt: 02.05.2023 um 21:51 Uhr
Na, dann sind wir uns ja einig.
1. Die 25Mio Vorlage in ihrer heutigen Form ist ein Problem.
2. Das sich das ändern wird ist zwar nicht unmöglich, aber eben auch nicht sehr wahrscheinlich, weil die Haushaltspolitiker (zu) mächtig sind.