Bundestag billigt Abzugs-Mandat für Mali – Union stimmt erstmals nicht zu
Der Bundestag hat wie geplant das letzte Mandat für den Einsatz der Bundeswehr in Mali gebilligt, das den Abzug Deutschlands aus der UN-Mission in dem westafrikanischen Land binnen Jahresfrist vorsieht. Erstmals seit Beginn des Einsatzes vor zehn Jahren stimmte die Union dem Mandat nicht zu und verlangte ein schnelleres Ende der Mission.
Der vorangegangene Beschluss des Bundeskabinetts, dem das Parlament am (heutigen) Freitag zustimmte, sieht bereits im Titel die Letztmalige Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte
an der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der
Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) vor. Im November 2022 hatten sich die Koalitionsparteien darauf verständigt, bis zum Frühjahr 2024 den deutschen militärischen Einsatz in Mali zu beenden und dafür ein Abzugsmandat vorzulegen.
Hintergrund sind seit geraumer Zeit anhaltende Spannungen zwischen der Militärregierung des westafrikanischen Landes und westlichen Nationen, auch als Teil der UN-Mission. So kann die Bundeswehr unter anderem ihre Aufklärungsdrohnen bereits seit vergangenen Herbst praktisch nicht mehr starten lassen, weil es dafür keine Fluggenehmigung gab.
Das neue Mandat (Bundestagsdrucksache 20/6655) sieht neben dem geplanten Auslaufen des Einsatzes in gut einem Jahr auch notfalls ein schnelleres Ende vor:
Letztmalige Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA)
Der Deutsche Bundestag wolle beschließen:
1. Der Deutsche Bundestag stimmt der von der Bundesregierung am 3. Mai 2023 beschlossenen letztmaligen Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen (VN) in Mali (MINUSMA) zu, mit dem Ziel die Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Mission strukturiert auslaufen zu lassen. Sofern während des Mandatszeitraums ein ausreichendes Versorgungs- und Schutzniveau für deutsche Soldatinnen und Soldaten nicht mehr gewährleistet sein sollte, sind Maßnahmen zur Anpassung des deutschen Beitrags einzuleiten bis hin zur beschleunigten Beendigung des Einsatzes. Über die Entwicklung des Versorgungs- und Schutzniveaus sowie den Fortgang der Rückverlegung wird der Deutsche Bundestag regelmäßig und gegebenenfalls anlassbezogen unterrichtet.
In der namentlichen Abstimmung sprachen sich 374 Abgeordnete dafür aus, 265 Parlamentarier stimmten dagegen und der FDP-Abgeordnete Otto Fricke enthielt sich als einziger. Die unüblich hohe Zahl der Gegenstimmen kam dadurch zustande, dass nicht nur wie sonst die Abgeordneten von AfD und Linken, sondern auch die Mitglieder der Unionsfraktion geschlossen gegen das Mandat stimmten:
Seit dem Beginn der deutschen Beteiligung an der UN-Mission in Mali vor knapp zehn Jahren hatten CDU/CSU den Mandaten regelmäßig zugestimmt. Diesmal hatte die Union einen eigenen Antrag eingebracht, in dem vor allem gefordert wurde, den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der MINUSMA-Mission unter den derzeitigen Rahmenbedingungen, die eine substanzielle Verbesserung nicht erwarten lassen, rasch und geordnet, aber bis spätestens Ende 2023 zu beenden. Dieser Antrag wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt, woraufhin die CDU/CSU-Abgeordneten einstimmig gegen das Mandat votierten.
In einer gemeinsamen Mitteilung bereits nach dem Kabinettsbeschluss hatten Auswärtiges Amt, Verteidigungsministerium und Entwicklungsministerium darauf verwiesen, dass das Ende des Bundeswehreinsatzes in Mali kein Ende des deutschen Engagements in der Sahel-Region bedeute. So beteilige sich die Bundeswehr an einer neuen EU-Mission im benachbarten Niger.
(Archivbild Februar 2023: Fennek-Spähwagen und Fuchs-Transportpanzer der Bundeswehr im Camp Castor in Gao/Mali – Leon Kügeler/photothek.de)
Da hat die CDU/CSU Fraktion den Soldaten einen Bärendienst erwiesen. Wegen dummer machtpolitischen Spielchen um ein paar Monate Einsatz den Soldaten die Unterstützung öffentlich zu verweigern ist schon harter Tobak.
Vor allem, da die Absprachen mit der UN und den Verbündeten auch noch da sind.
@Pio-Fritz
Das sehe ich anders. Unser Verband ist, über jeden Soldaten den wir nicht zusätzlich, zu unseren vielen Verpflichtungen, noch für Auslandseinsätze stellen müssen, froh.
Sehr viele Doppelassignierungen im Rahmen von Urkainehilfe/NRF, Umgliederung bei gleichzeitiger Planung für NFM….
@Versorger sagt: 26.05.2023 um 19:45 Uhr
Verstehe Ihren Post nicht. Es hat sich doch nichts geändert, Abzugstermin bleibt doch Frühjahr 2024.
@ Pio-Fritz
…Abzugstermin bleibt doch Frühjahr 2024…
Stimmt so nicht. Im Frühjahr 2024 hat der letzte deutsche Soldat Mali verlassen.
Um dies zu gewährleisten beginnt der Abzug von sehr einsatzrelevanten Komponenten der Luftwaffe bereits aller spätestestens im 3. Quartal 2023 , da verschiedene zivile Contractor bereits zugesicherte Rückverlege Zeiträume haben.
Sonst wäre das ganze logistisch bis Frühjahr 2024 gar nicht möglich.
Dank der Suchfunktion im Blog hier läßt sich die Berichterstattung von Herrn Wiegold zu Mali gut überblicken. Liest man nochmal nach, kann man zu dem Schluß kommen : es wird leider nicht sicherer im Land trotz UN – Truppen.
Wenn also Teile der UN Truppen, und dazu zählt auch das BW Kontingent auf letztlich Geheiß der malischen Junta zum “ Gammeldienst mit Wacheinlage und Eigensicherung verdonnert “ sind , läßt sich darüber nachdenken, ob z.B. die Kameraden „Drohnenflieger“ weiter sinnlos in der Wüstensonne schmoren sollen. Werden deren Fähigkeiten eventuell im Kosovo nicht dringender gebraucht ?
@Aviator sagt: 26.05.2023 um 22:03 Uhr
Ja, bei der Diskussio ging es um den Endzeitpunkt. Für solche „Feinheiten“ hat die Politik doch nichts über.
Von daher war der Antrag der CDU/CSU Fraktion so überflüssig wie ein Furunkel am Hintern. Die Unterschiede sind eben eher kosmetischer Natur.
Die CDU/CSU will also, dass kein Abzug stattfindet und wir für alle Zeiten Stabilität für russische PMC und den KGB generieren?
Habe ich das richtig verstanden ?
Ich stimme Pio-Fritz zu. Die Weigerung zur Zustimmung von Seiten der Union ist ein politisches Spiel auf dem Rücken unserer Soldaten. Angesichts der Aufmerksamkeit, die die Regierung aktuell in der Presse bekommt, glaubte man im Unionslager wohl auch mal einen Aufreger produzieren zu müssen.
Hauptsache der Abzug kommt und so schnell wie eben logistisch möglich.
@T.W. Hübsche Bildauswahl. Fuchs und Wüstenfuchs Seite an Seite.
@AoR: „Die CDU/CSU will also, dass kein Abzug stattfindet und wir für alle Zeiten Stabilität für russische PMC und den KGB generieren?“
Nein zum ersten Teil, steht oben im Text, und im verlinkten Antrag der Fraktion der CDU/CSU. Zitat aus dem Antrag: „… den Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der MINUSMA-Mission unter den derzeitigen Rahmenbedingungen, die eine substanzielle Verbesserung nicht erwarten lassen, rasch und geordnet, aber bis spätestens Ende 2023 zu beenden …“
@Versorger sagt: 26.05.2023 um 19:45 Uhr
„Unser Verband ist, über jeden Soldaten den wir nicht zusätzlich, zu unseren vielen Verpflichtungen, noch für Auslandseinsätze stellen müssen, froh.“
Man könnte argumentieren, dass es die Aufgabe aller Bundeswehrverbände ist für Auslandseinsätze Soldaten abzustellen und das man dadurch nicht belastet ist, sondern nichts weiter als seine Pflicht erfüllt…
… und es nicht wenige gibt die gerne nach Mali fahren, sich sogar darum bemühen weil es
a) eine Stange Geld bringt
b) den gewünschten Haken „Auslandseinsatz“
@Koffer sagt:
27.05.2023 um 22:21 Uhr
Wer befiehlt, der stellt sicher! Den zweiten Teil haben wir vor Jahren aufgegeben.
@Versorger Reczt haben Sie!
Die Entwicklung in Mali mit Wagner, wie z.B. die Hinweise auf mögl. Mittlertätigkeit im sanktionierten Waffenhandel mit RUS (LeMonde) und den daraus resultierenden US Sanktionen gegen Wagner-Personal in Mali (BBC) lassen für Sub-Sahara Böses ahnen. Eine Einstufung von Wagner als das was sie sind – eine Terrororganisation – und den daraus resultierenden, dann zur Verfügung stehenden robusten Mitteln wird wohl aus einem wesentlichen Grund (Ausnahme: Litauen) nicht durchgeführt:
Mittlerweile bedienen sich bereits so viele Regierungen der Wagner Gruppe als Hilfstruppen (Libyen, Mali, Mosambik, Sudan, Zentralafrikanische Republik, Äquatorialguinea, Simbabwe, Demokratische Republik Kongo, Kamerun, Madagaskar, Guinea, Guinea-Bissau, Angola, Ägypten, Eritrea), dass man wohl mit Sanktionen auf einen Schlag so viele Konflikte mit afrikanischen Regierungen hätte, dass man zurückschreckt.
https://www.lemonde.fr/en/united-states/article/2023/05/27/us-says-russia-s-wagner-tried-to-use-mali-to-arm-itself-in-ukraine_6028203_133.html
https://www.bbc.com/news/world-africa-65719825
@Eskadron sagt: 28.05.2023 um 11:00 Uhr
„… dass man wohl mit Sanktionen auf einen Schlag so viele Konflikte mit afrikanischen Regierungen hätte, dass man zurückschreckt.“
Wozu sollte man Sanktionen verhängen, die sowieso von CHN, RUS und diversen arabischen Staaten unterlaufen werden. Und somit wirkungslos wären.
Dann sollen die sich doch gegenseitig weiter abmurksen, offenbar kommt es auf ein paar hunderttausend Tote mehr oder weniger nicht an.
Das ist zwar platt und menschenverachtend, aber wohl das, was man in diesen Staaten will. So sei es dann.
@Richtfunkflieger: Das Bild ist dennoch gesetzt – „Nichtzutimmung zum Abzugsmandat“
@Pio-Fritz:
„Wozu sollte man Sanktionen verhängen……
…. sollen die sich doch gegenseitig weiter abmurksen, offenbar kommt es auf ein paar hunderttausend Tote mehr oder weniger nicht an.“
Im Prinzip richtig. Das Problem ist jedoch, dass Europa, insbes. FRA u. GER in Nordafrika wesentliche Sicherheitsinteressen haben. Ohne Einfluss in der Sub-Sahara Region können wir die unmöglich durchsetzen. Wenn wir keinen wirtschaftlichen und militärischen Einfluss mehr haben, was bleiben uns für Mittel?
@Eskadron
Wenn wir dort tatsächlich wesentliche Sicherheitsinteressen haben sollte sich dies a) im Mandat und b) im Kräftedispositiv wiederfinden. Dann würden wir tatsächlich vor Ort mit FRA partnern.
So bleibt es bei: „wasch mir den Pelz aber mach‘ mich nicht naß“.
Wie so vieles in unserer Sicherheitspolitik: Man muss nur endlich anfangen, sich wirklich allumfassend ehrlich zu machen. Dazu gehört schlicht und einfach, dass der Mali-Einsatz einer der letzten größeren Auslandseinsätze ist und demnächst war! Dazu braucht es keinen Blick in die Glaskugel, es genügt völlig die Anerkennung von Realitäten.
@Roter Milan
Die Stange Geld und einen Haken dran, sollten wir uns wohl nun mal geflissentlich verkneifen.
@ nicolo 15
Sie mögen richtig liegen mit Ihrer Aussage zur Zukunft von Auslandseinsätzen. Jedoch wissen wir nicht genau ob uns statt Mali eventuell ein anderer Einsatz von relevanter Größenordnung aufgezwungen werden kann. Gem. der Meldungen möchte Herr Prigoschin seine Firma vermutlich zur Auffrischung nach der Schlacht von Bachmut in die Etappe schicken. Was bedeutet es, wenn der “ Erholungsraum“ in einem z.B. afrikanischem Staat liegt ?
Das ist ziemlich blöde Schaufensterpolitik durch die Union. Und noch dazu im falschen Schaufenster.
1. Ich will, dass die Soldaten abziehen.
2. Der Abzug, über den abgestimmt wird, geht mir nicht schnell genug.
3. Ich stimme dagegen und habe vielleicht einen eigenen, aber wohl chancenlosen Alternativantrag am laufen.
4. Damit setze ich das unmissverständliche Zeichen, dass ich im Ergebnis den späten Abzug nicht mal dann will, wenn ich einen früheren nicht politisch durchsetzen kann.
5. Gucken, wie die Kuh, wenn’s donnert, sobald Kritik kommt.
Pragmatische Politik sieht anders aus. Da hätte jede Enthaltung besser zu Gesicht gestanden. Von der Linken und der AfD erwarte ich außer ideologischem und symbolischem Abstimmungsverhalten eigentlich nichts, aber die Union hat sich hier einen Bärendienst erwiesen.
@Thomas Melber
„Wenn wir dort tatsächlich wesentliche Sicherheitsinteressen haben sollte sich dies a) im Mandat und b) im Kräftedispositiv wiederfinden.“
Sie gehen davon aus, dass Entscheidungen sich nur an Notwendigkeiten ausrichten. Die Notwendigkeiten bestehen nach wie vor, jedoch verbieten die Bedingungen (politische Lage vor Ort, Innenpolitik FRA u. DEU, Sicherheitsstrategie EU) entsprechend zu handeln. Man wird nochmal neu ansetzen müssen, diesmal mit einem besseren Plan. Mali kommt auf Wiedervorlage, ob wir wollen oder nicht.
Aus meiner Sicht ähnlich wie die Klimakleber – das richtige Ziel mit den falschen Mitteln erreichen wollen.
Ein ambitionierterer Abzug wäre sicher wünschenswert, ist aber aus unterschiedlichsten Gründen nicht realisierbar (Logistische Rückabwicklung (Entscheidung was wird nach NER geschuffelt – ist das Ende der Fahnenstange des Mandats bei tatsächlich vorhandenen Sichh-Interessen bereits erreicht?), Übergabe der Infrastruktur (an wen? – Verbringung von Teilen nach NER?), Verpflichtung gegenüber UN (die Kameraden bei DPO springen sicherlich bereits jetzt vor Freude in die Luft – und ja, GeoPolitik ;) ) – wir wollen ja nicht dass die Rückverlegung in einem Chaos endet.
DEU muss endlich klar artikulieren welche Interessen es wo hat um auch planerisch Dinge vorzuhalten – eine größere Auslandsmission sehe ich hingegen schon aus haushalterischen Gründen derzeit nicht am Horizont auftauchen, wobei, da sind sie wieder die Interessen…(was passiert im post-Ukraine-Konflikt Szenar eigentlich? Friedenstruppen – von wem? den Unterstützern der UKR?).
Ich hoffe das hohe Haus plant und agiert anstatt zu reagieren, dort könnte sich Politik mal mit dem Blick in die Glaskugel befassen, wenn es schon mit dem definieren der Interessen nicht so einfach klappt….
@MikeFox sagt: 28.05.2023 um 10:42 Uhr
„Wer befiehlt, der stellt sicher! Den zweiten Teil haben wir vor Jahren aufgegeben.“
Verstehe ich nicht. Ich wüsste nicht, dass Soldaten/TE/Einheiten die für den Einsatz vorgesehen nicht ordentlich ausgerüstet oder vorbereitet wären.
Ich habe eher den Eindruck, dass manche Soldaten in DEU gerne einerseits nach mehr Anerkennung (à la USA) rufen, aber dann vergessen, dass dazu auch weltweite Einsatzbereitschaft gehört.
Nun kann man über den Sinn der DEU Missionen in Westafrika streiten, aber eines ist klar. Ein Soldat, der die Wahrnehmung hat, dass seine Pflicht nur ist sich für LV/BV vorzubereiten und ansonsten seine 41 abzurackern (und am Freitag natürlich früh nach Hause fahren zu können), der ist halt im falschen Beruf. 80er und 90er ist halt nicht mehr…
@Koffer sagt: 31.05.2023 um 20:39 Uhr
„Ein Soldat, der die Wahrnehmung hat, dass seine Pflicht nur ist sich für LV/BV vorzubereiten und ansonsten seine 41 abzurackern (und am Freitag natürlich früh nach Hause fahren zu können), der ist halt im falschen Beruf. 80er und 90er ist halt nicht mehr…“
Irgendwie haben Sie die falschen Vorstellungen von den 80er und 90er Jahren.
Das, was Sie beschreiben, ist doch eine Folge der Einführung der SAZV, also ab 2015, hinter der man sich gerne versteckt. Ein ehemaliger, jetzt pensionierter, Landeskommandeur sagte zu mir, als ich ihn darauf hinwies, das Reservisten bevorzugt am Wochenende Zeit hätten, das ginge nicht, er müsse auf die Einhaltung der SAZV seiner aktiven Soldaten achten. Seitdem gibt es nur Veranstaltungen, die spätestens Freitagmittag zu Ende sind. Mein Blick muss Bände gesprochen haben, das wurde nicht mehr thematisiert.
Sorry für den OT.