Noch ein Sammler: Probleme mit dem Schützenpanzer Puma (Update)

Der massenhafte Ausfall von Schützenpanzern des Typs Puma bei einer Übung der Bundeswehr in der vergangenen Woche lässt immer noch viele Fragen offen. Was eigentlich genau passiert ist und wie es dazu kam, ist bislang – zumindest öffentlich – nicht bekannt. Und auch die bisher vorliegenden Mitteilungen ändern daran wenig. Deshalb, ohne Bewertung und Anspruch auf Vollständigkeit, auch zu diesem Thema ein Sammler mit evtl. Ergänzungen:

Das Thema führte zu vielen Fragen in der Bundespressekonferenz am (heutigen) Mittwoch; Aussagen dazu von Oberst Arne Collatz, dem stellvertretenden Sprecher des Verteidigungsministeriums:

Das Transkript dazu:

Frage: Zum erweiterten Themenkreis deutsche Ukrainehilfe auch an das BMVg: Krauss-Maffei Wegmann hat jetzt angekündigt, sich an der Analyse der Schäden an den Puma-Panzern zu beteiligen. Nach unseren Informationen haben sie die Puma-Panzer aber noch nicht zu Gesicht bekommen. Meine Frage ist: Wann wird das der Fall sein und wie geht es da jetzt weiter?

Collatz: Soweit ich weiß, handelt es sich um insgesamt 18 Panzer, die jetzt auf verschiedenen Wegen zum Teil zurück zu den Standorten ihrer Heimatbataillone gehen. Nach meiner Kenntnis – das ist der andere Teil, den ich erwähnen möchte -, sind acht Panzer aber bereits in Unterlüß, also an dem Industriestandort, angekommen und werden dort bereits begutachtet – zumindest ein Teil von denen -, und die Arbeiten daran laufen schon. Wie lange das dauert, kann ich nicht sagen. Sie haben die Ministerin ja schon vielfach in der Öffentlichkeit vernehmen können. Sie drängt natürlich darauf, dass das möglichst zeitnah geschieht, und hofft darauf, dass wir zum Ende der nächsten Woche zumindest eine Analyse des Schadensbildes haben.

Zusatzfrage: Noch einmal die Nachfrage nach dem Zeitplan: In der Pressemitteilung hieß es, bis Ende nächster Woche. Heute Morgen im Deutschlandfunkt hat die Ministerin wieder von Wochen und von „möglichst bald“ geredet.

Collatz: Ich denke, dass das zwei verschiedene Dinge sind. Zum einen spricht sie die Schadensanalyse an – das ist bis Ende nächster Woche geplant – und zum anderen die Abstellung der Mängel soweit möglich. In Bezug auf das Letzte sagt sie, das seien wenige Wochen.

Frage: Herr Collatz, wir haben die Schadensanalyse ja noch nicht. Deshalb nur grob gefragt: Stimmen Informationen, wonach die Mehrzahl der 18 Panzer, um die es geht, kleinere Schäden hat und höchstens zwei Panzer größere Schäden haben, beispielsweise einen Kabelbrand oder einen Schaden am Zahnkranz des Turmes, während die Mehrzahl Schäden hat, die relativ schnell behoben werden können?

Collatz: Ich habe es so wahrgenommen, dass auch die Industrie noch nicht sagen kann, wie groß das Schadensbild im Einzelfall ist. Sicherlich wird die ganze Spannbreite vorhanden sein. Für uns kommt es natürlich darauf an, dass uns jenseits des aktuellen Schadensbildes auch verlässlich aufgezeigt wird, wie die Stabilität dieses Systems darüber hinaus gewährleistet sein kann.

Zusatzfrage: Wann sind die letzten Schäden aufgetreten? An welchem Tag waren die letzten Schadensereignisse?

Wie war dann der Meldeweg über General Butler in die Führung des Heeres und ins Verteidigungsministerium? Wann hat wer davon erfahren?

Collatz: So stark ins Detail kann ich dazu nicht gehen. Aber vielleicht kann ich wiederholen, was bereits in der Öffentlichkeit genannt wurde, auch durch die Ministerin selbst. Vielleicht fange ich ganz vorn an. Die VJTF-Fähigkeit des Panzers wurde durch den Inspekteur des Heeres im März 2021 bestätigt. Auch das hat er nicht ohne Grundlage getan, sondern nach vielfältigen Tests und Erprobungen. Sie können das alles recherchieren. Dieser Bericht ist auch öffentlich einsehbar. Danach gab es natürlich eine Reihe von Übungen. Mit Blick auf die VJTF-Verpflichtungen ist es übliche Praxis auch der Truppe, dass man die Truppe insgesamt mit ihrem Material auf diese Aufgabe vorbereitet. Bei dem Großverband, der hierfür verantwortlich ist, der 10. Panzerdivision, die von General von Butler geführt wird, hat es mehrere Vorbereitungsübungen gegeben, die sich über Wochen erstreckten. Erst in der letzten Woche kam es, wie dann durch die Truppe gemeldet wurde, zu einem größeren Schadensereignis.

Die Meldungen waren so: Am Mittwoch – das war alles in der letzten Woche – waren die Ausschusssitzungen – darauf wollen Sie vielleicht hinaus -, die über eine Freigabe von Geldern entschieden haben. Im Laufe des Donnerstags erreichte die Benachrichtigung aus der Truppe das BMVg. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Ministerin bereits auf einer Dienstreise in Mali, wurde aber umgehend informiert. Sie hat dann weitere Informationen eingeholt. Das Wochenende wurde genutzt, um das Lagebild zu verdichten, sodass am Montagmorgen in aller Frühe noch vor der anstehenden Reise in die Slowakei ein Gespräch stattfinden konnte, um das Gesamtbild zu festigen. Direkt im Anschluss an dieses Gespräch und auf Grundlage dieser erst dann bestehenden Lagefeststellung wurden auch das Parlament und anschließend die Öffentlichkeit informiert. Das war die Reihenfolge.

Zusatzfrage: Noch einmal: Wann war das letzte Schadensereignis?

Collatz: Das kann ich Ihnen nicht sagen, wann genau, in welcher Minute – – –

Zusatz: (akustisch unverständlich)

Collatz: Wir sitzen hier auf der Regierungsbank und nicht im Leitungsbüro eines Gefechtsschadensbüros des Grenadierbataillons. Das kann ich Ihnen nicht sagen, und das werde ich auch nicht herausfinden können.

Frage: Kurze Lernfrage! Herr Collatz, ist es nicht üblich, dass Industrietechniker auch bei Übungen dabei sind? Warum hat Krauss-Maffei bisher keinen Zugang, keinen Zugriff auf die Panzer gehabt?

Collatz: Ich kann die Ihrer Frage zugrunde liegende Feststellung nicht bestätigen.

Zusatzfrage: Dass bei Übungen Techniker der – – –

Collatz: Nein, dass sie nicht dabei gewesen seien.

Zusatzfrage: Waren sie also dabei?

Collatz: Nach meiner Kenntnis sind bei jeder dieser Übungen Techniker dabei.

Zusatz: Aber die Firma behauptet, dass sie bisher noch keinen Zugriff auf die Pumas gehabt habe.

Collatz: Offizielle Behauptungen dieser Art kenne ich nicht.

Frage: Das wäre auch meine Verständnisfrage. Hat Krauss-Maffei bisher Zugriff auf die Panzer gehabt? Das habe ich noch nicht richtig verstanden.

Collatz: Nach meiner Kenntnis waren Techniker vor Ort.

Frage: Ich muss noch einmal nach dem fragen, wonach der Kollege gerade gefragt hat. In den Berichten wird doch stehen, wann welcher Panzer ausgefallen ist, meinetwegen nicht auf die Minute genau, aber – – – Weil Sie sagten, Sie werden das auch nicht rausfinden. Das muss doch auch für die Ministerin interessant sein, die ja heute Morgen auch gesagt hat, sie habe in dem Moment, wo sie vom Parlament die Freigabe der Millionen bekommen hat, das noch nicht gewusst. Das heißt, auch die Ministerin hat doch bestimmt ein Interesse daran, zu wissen, ob die verantwortlichen Generäle in den Gefechtsständen, in den Übungsständen das dann schon wussten.

Collatz: Dann habe ich vielleicht angenommen, dass hier genau gesagt werden soll, in welcher Stunde welcher Panzer ausgefallen ist. Das andere wurde bereits alles deutlich gesagt. In den Wochen der Übungen zur Vorbereitung auf die Nato-Speerspitze hat sich das Schadensbild ganz anders dargestellt. Der Puma hatte sich recht gut geschlagen. Die Einsatzbereitschaft lag immer bei über 60 Prozent. Erst in der letzten Übungswoche kam es zu dem geschilderten Ereignis mit einer größeren Schadensmenge.

Das ist der Level an Granularität, den ich Ihnen liefern kann.

Zusatzfrage: Aber die alles entscheidende Frage, die Sie ja auch eben schon gestellt haben – wusste man das vor dem Haushaltsausschuss oder nicht -, die lässt sich nicht klären?

Collatz: Das habe ich doch eben ganz eindeutig gesagt. Die Ministerin hat von diesem letzten Stand, der unerwartet kam, am Donnerstag im Laufe des Tages erfahren. Da war sie bereits in Mali und – – –

Zusatzfrage: Nein, das habe ich verstanden! Die Frage ist: Ist der Panzer vor dem Haushaltsausschuss ausgefallen?

Collatz: Die Ministerin kann ja nur über Dinge entscheiden beziehungsweise mit Dingen umgehen, die sie kennt und weiß. Auch das BMVg kann nur das tun und die Ministerin auf Dinge vorbereiten, die das BMVg kennt und weiß. Vor dem Donnerstag gab es im BMVg keinerlei Hinweise darauf, dass sich die Lage beim Puma so ändert, wie sie sich jetzt darstellt.

Frage: Noch einmal zu der Frage der Industrievertreter bei der Übung: Sie sagen, Sie könnten nicht bestätigen, dass keine da waren. Sind sie denn herangezogen worden? Hat man sie angefordert?

Collatz: Noch einmal: Ich sitze nicht im Büro des Panzergrenadierbataillons bei der Gefechtschadeninstandsetzung. Ich bin hier für Regierungshandeln da. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie die Einzelabsprachen auf Bearbeitungsebene vorn an der Truppe, auf der Schießbahn erfolgt sind. Das wird aber sicherlich irgendwann Teil der Gespräche und Untersuchungen sein. Ob dann auch eine Reaktion aus dem BMVg auf Basis der dann feststehenden Dinge erforderlich ist, können wir erst dann bewerten.

Frage: Nur noch einmal zum Verständnis: Krauss-Maffei hat öffentlich klargestellt, dass seine Techniker bislang keinen Zugriff auf die als schadhaft gemeldeten Schützenpanzer bekommen hätten. Dem widersprechen Sie.

Collatz: Nein. Sie hatten am Anfang gefragt, ob Techniker da waren. Nach meiner Kenntnis waren Techniker vor Ort. Alles Weitere entzieht sich der Kenntnis.

Zusatz: Die haben also zugeguckt, aber hatten vielleicht noch keinen Zugriff.

Collatz: Das Spekulieren muss ich Ihnen überlassen. Das tut Ihnen gut, mir nicht.

Update: Eine gemeinsame Erklärung von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall, den Herstellerfirmen des Puma:

Experten untersuchen Schützenpanzer Puma: Industrie mobilisiert Kräfte für kurzfristige Instandsetzung
Seit heute befunden Experten von KMW und Rheinmetall einen Teil der
schadhaften Puma-Schützenpanzer der Bundeswehr, unter anderem am Standort Unterlüß der Rheinmetall AG in unmittelbarer Nähe zum Truppenübungsplatz Munster. Ziel der Experten ist es zuallererst, ein qualifiziertes Schadensbild entstehen zu lassen, um davon ausgehend die umgehende Instandsetzung in die Wege zu leiten.
Die Industrie hat in enger Abstimmung mit dem BMVg bereits weitergehende Maßnahmen eingeleitet. Alle Kräfte sind nun darauf gerichtet, die Fahrzeuge in den nächsten zwei bis drei Wochen instand zu setzen. Die Analyse der Ursachen der offenbar sehr distinktiven Schadensfälle und Schadenausmaße wurde unmittelbar nach Bekanntwerden auch auf der industriellen Seite sofort angestoßen. Von Anfang an agiert die Industrie in diesem Prozess der Analyse engstens mit dem BMVg und der Bundeswehr.
In Abstimmung mit dem Verteidigungsministerium wurden seitens der industriellen Partner Sofortmaßnahmen vorgeschlagen und diese in einem Maßnahmenpaket vorgelegt. Im Zuge der Umsetzung des besagten Maßnahmenpakets wurde fachkundiges Personal von KMW und Rheinmetall auch die Bundeswehr-Standorte entsandt, an denen sich weitere defekte Puma-Fahrzeuge befinden.
Das System Puma stellt das Herzstück der verbundenen digitalisierten Landstreitkräfte der Bundeswehr dar. Die Kriegstauglichkeit des Systems wurde im Jahr 2021 im Zuge einer aufwendigen technischen Prüfung bestätigt.
Um die Bereitschaft der VJTF-Kräfte über den gesamten Zeitraum des Einsatzes verlässlich zu gewährleisten, sollte die Industrie zur Begleitung des Schützenpanzers Puma als Teil des Verbandes kontinuierlich vor Ort bereitstehen und hinzugezogen werden.
Die Industrie will alles daran setzen, dass der Puma weiter Rückgrat der deutschen Panzergrenadiertruppe bleibt. Zugleich ist der Puma für das deutsche Heer integraler und unverzichtbarer Bestandteil des Systems Panzergrenadier.
KMW und Rheinmetall sehen die erfolgreiche Zusammenarbeit mit BMVg und Bundeswehr bei Entwicklung und Zertifizierung des Schützenpanzers Puma als Garanten für die Lösung der aktuell aufgetretenen Probleme.

Die Mitteilung im Original:
20221221_Statement_PUMA_KMW_Rheinmetall

(Aus gegebenem Anlass die dringende Bitte, bei der Debatte nicht völlig in den Bereich der Spekulationen und Anschuldigungen abzugleiten.

(Archivbild Mai 2022: Ein Puma des Panzergrenadierbataillons 212 bei der Übung Defender Europe auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz – U.S. Army National Guard photo by Spc. Hassani Ribera)