Protokollnotiz: Kein Gipfel, kein Ergebnis
Zum, nun ja, Spitzentreffen von Vertretern der Rüstungsindustrie und der Bundesregierung am (gestrigen) Montagabend im Kanzleramt ist wohl eine Protokollnotiz nötig. Die Vorhersage von Regierungssprecher Steffen Hebestreit scheint sich da bewahrheitet zu haben: Das ist aber ein Treffen auf Beamtenebene – dazu kommunizieren wir gar nicht – und auch eher ein Informationsgespräch. Ergebnisse gab es jedenfalls nicht.
Auch wenn sich der Regierungssprecher vehement gegen den Begriff Munitionsgipfel gewandt hatte, weil das Treffen nur auf Beamtenebene stattfinde: Von Seiten der deutschen Rüstungsindustrie waren durchaus die Unternehmensspitzen präsent, auf Seite des Regierungsapparats neben dem sicherheitspolitischen Kanzlerberater Jens Plötner immerhin die Staatssekretäre Sven Giegold (Wirtschaft) und Benedikt Zimmer (Verteidigung), wenn auch kein(e) Minister(in), geschweige denn der Kanzler. Dennoch scheinen beide Seiten gerade mal so weit gekommen zu sein, dass das bisherige Aneinander-vorbei-reden ein Ende finden könnte.
Denn in den vergangenen Monaten zeigte sich immer wieder das Henne-Ei-Problem: Während die Regierung die Industrie aufforderte, doch mehr zu tun für die Produktion vor allem von Munition, verlangte die Industrie für eine mögliche Erhöhung ihrer Kapazitäten möglichst konkrete Aussagen, was die Bundeswehr denn künftig bestellen wolle. Mehr Munition sei ja in Ordnung, aber welcher Typ? Selbst Monate nach Ausrufen der Zeitenwende durch Bundeskanzler Olaf Scholz, so klagte ein Industrievertreter, sei da bislang nichts weitergekommen.
Immerhin, so ist zu hören, sollen die Regierungsvertreter bei diesem Gespräch problembewusster geworden sein. Und ihren ursprünglichen Plan, bei dem Treffen gleich konkrete Arbeitsgruppen zu spezifischen Beschaffungsthemen einzurichten, hätten sie an dem Abend auch verworfen: Erst einmal müssten sie vor dem Hintergrund dessen, was ihnen die Wirtschaftsvertreter vortrugen, die Lage neu bewerten.
An einer Stelle allerdings, so heißt es aus dem Gespräch, warnten die Industriellen vor zu hohen Erwartungen: selbst wenn das nötige Material für die Produktion vorhanden sei, müsse sich die Politik auf lange Lieferzeiten einstellen. Einige Unternehmen hätten durchaus gefüllte Lager mit dem nötigen Rohmaterial – und veranschlagten dennoch zwei Jahre, das Gewünschte auch herzustellen.
Was daraus wird? Da gab es zunächst kein klares Bild. Einige Industrievertreter zeigten sich optimistisch, dass die Bundesregierung nun schneller mit Lieferwünschen und vor allem -verträgen komme. Andere klagten, eine klare Ansage gebe es nach wie vor nicht.
(Archivbild Februar 2016: Die Besatzung des Schützenpanzers Marder kontrolliert die Patronengurte vor dem Aufmunitionieren der Bordkanone im Rahmen auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz – Marco Dorow/Bundeswehr)
Unfassbar das Ganze.
Für diese fortlaufende Ignoranz werden wir einen sehr hohen Preis zahlen.
Was hier in den letzten 9 Monaten NICHT passiert ist macht sprachlos…
Der Industrie kann man hier keinen Vorwurf machen!
Das man jetzt blanker als jemals zuvor da steht… und auch an die Ukraine nicht mehr viel liefern kann, ist alleine Schuld der Bundesregierung!
man hätte wenigstens direkt nachbestellen können was man an die Ukraine abgibt…
also
155mm Munition
Panzerabwehr FK
Stinger
viele kleinere Kaliber!
außerdem hätte man einfach mehr davon bestellen können was man in einem großen Konflikt sicher benötigt:
viel viel 155mm Artillerie Munition (Smart, Vulcano)
120mm für Leopard2
40mm Munition GraMaW
30mm für Puma
mehr Spike Panzerabwehr
diverse NLOS und Loitering Munition
Iris-t Flugkörper
die meiste o.g. Munition lässt sich auch von unterschiedlichen Systemen Einsätzen…
egal ob am Ende Puma oder Boxer 30mm oder Spike verschießen…
egal ob 155mm von PZH2000 oder Boxer RCH155 verschossen wird
egal ob Iris-t von Eurofighter oder als SLS verschossen wird (identischer FK)
Grossbestellungen JETZT!!!
Ich halte von unserer Verteidigungsministerin nicht besonders viel.
Es ist jedoch bezeichnend, dass die Regierungen unter Angela Merkel und die CDU-Verteidigungsminister die Depotorganisation und die Vorratshaltung an Munition und Ersatzteilen zusammengeschrumpft haben.
Das ist systematische politische Wehrkraftzersetzung. Der aktuelle Zustand bzgl. der Munition ist unhaltbar!
Es ist schon bemerkenswert wie … entspannt man sich dem Thema widmet. Als wäre in den letzten Monaten nicht geschehen.
> Staatssekretär Zimmer vom Verteidigungsministerium soll nach SPIEGEL-Informationen angekündigt haben, so schnell wie möglich Bedarfslisten von Munition für die Bundeswehr vorzulegen. Die Industrie könne anhand derer mit der Produktion beginnen. Man einigte sich darauf, die Ergebnisse zunächst intern zu beraten. Es gilt als wahrscheinlich, dass man sich noch einmal zusammensetzen wird.
(https://www.spiegel.de/politik/deutschland/munitions-gipfel-im-kanzleramt-so-schnell-geht-das-nicht-a-61a020b2-5ce4-49e2-bfb8-3b8b9a3a36e7)
Man fängt an den Bedarf zu erörtern. Ende 2022. Nach Russlands Invasion im Februar und NATO-Gipfel im Juni, auf dem klare Ziele vereinbart wurden, die auch verstanden wurden: https://www.bmvg.de/de/aktuelles/verbessertekaltstartfaehigkeit-fuer-die-buendnisverteidigung-5522934
Nach Zeitenwende und Blank-Kommentar „gilt [es] als wahrscheinlich, dass man sich noch einmal zusammensetzen wird.“, nachdem der Bedarf jetzt „schnellstmöglich“ vorgelegt wird.
Tick tack, macht die Uhr!
Alles nicht gewollt
Ein „Treffen auf Beamtenebene“ ohne klare Ergebnisse? Unvorstellbar!
Hoffe dennoch, alle beteiligten hatten einen schönen Tag und ein gutes Buffet.
Wie sagte der Kanzler? „Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch“. Hier haben wohl einige Mitarbeiter verschiedener Ressorts „Führung“ bestellt, ohne es laut auszusprechen, quasi durch Untätigkeit. Hier ist -glaube ich- „Führung“ dringend angezeigt!
Die Bewertung, dass es sich bei einem Treffen mit zwei Staatssekretären und dem AL 2 BKAmt mit den Unternehmensspitzen im BKAmt nicht um einen Gipfel handelt ist aussagekräftig darüber welches Verständnis man (oder zumindest der Regierungssprecher) in der BReg über Führung und Staatsdiener hat.
Immerhin sind die Staatssekretäre entscheidungsbefugte Teile der Hausleitungen. Im klassischen Verständnis damit für langfristige Vorhaben wie Beschaffung sogar wesentlich wichtiger als die politische Hausleitung (aka der Minister).
Und auch inhaltlich bleibe ich hier ratlos zurück.
Neun Monate nach Kriegsbeginn immer noch „Klärungsbedarf“. Da bleibt mir nur Kopfschütteln :(
Keine Munition UND keine Depots, kein Personal für Bewirtschaftung, keine logistischen Ketten. Der Fakt des Munitionsmangels ist doch nur allzu offensichtlich gerademal die Spitze des viel zitierten Eisbergs. Das weiss das BMVg auch, daher die ewigen Zeitlinien. Die Steigerung von Reformstau ist Blockade.
@Klab
Das ist genau der Punkt, man bekommt den Eindruck, es scheint politisch wirklich nicht gewollt zu sein. Anders ist dieses Drama nicht mehr zu erklären. Wie ich schon mehrfach ausgeführt habe, es existieren viele Rahmenverträge über Munition, die bei weitem noch nicht alle abgerufen wurden (von 120mm Mun, über 155mm Mun, bis hin zu MELLS, RGW, Wirkmittel 90,etc.). Viele Anschaffungen für z. B. kleinere Kaliber (5,56mm, 7,62mm) kann man auch ohne 25 Mio – Vorlagen realisieren.
Das Argument von Herrn Klingbeil von wegen vorläufige Haushaltsführung halte ich für vorgeschoben, erst recht wie in dieser Krisensituation in der wir uns befinden. Man hat Monate geschlafen und gehofft, der Konflikt wird sich schon irgendwie beruhigen. Und ich glaube viele Politiker in der Regierung glauben immer noch klammheimlich man kann mit dem russischen Regime reden und alles ausdiskutieren. Anders ist mir dieses passive Verhalten nicht zu erklären.
Klar, die Kapazitäten der Rüstungsindustrie sind begrenzt, auch die Anzahl der Depots, aber dann muss man auf Kriegswirtschaft umstellen. Wir haben es mit einem Land von 140 Mio Menschen zu tun, die ruckzuck 3-5 Mio Mann unter Waffen bringen können (Militär, Paramilitär, Innenministerium, Grenztruppen, Söldner, etc.). Und die haben auch die Munition dazu. Das sind die Dimensionen, mit denen wir es hier zu tun haben. Und diese ganzen Träumereien von wegen das russische Militär ist bald am Ende, reines Wunschdenken!
Diese Untätigkeit und Naivität der verantwortlichen Politiker in der Regierung macht mich einfach nur fassungslos und ich befürchte, das wird uns alle, spätestens im nächsten Frühjahr, noch ganz ganz bitter auf die Füße fallen!
Das ist die Realität, leider…..
Weshalb wird der 24.02.2022 als Wendepunkt angesehen? Seit 2014 ist doch LV/BV der SP der Bw (gut, legen wir noch zwei Jahre drauf bevor das verinnerlicht wurde, z.B. im Weißbuch).
D.h. seit 2016 wird das Thema verschleppt – grob fahrlässig, oder vorsätzlich weil es in die politische Agenda paßt?
Davon ab: gehen wir also davon aus, daß ein zukünftiger heißer Krieg in 30 Tagen beendet ist? Eine nennenswerte Nachbeschaffung während der Kampfhandlungen erscheint mir „sportlich“.
Davon ab: vielleicht ist er auch – für uns – nach 30 Tagen vorbei, denn „durchgeschossen“ gilt durchaus als Grund die Waffen zu strecken und ist nicht per se ehrenrührig.
Oh, Problembewusstsein bei den politischen Vertretern ist geweckt worden. Toll! Und den Bedarf will man jetzt klären. Super!
Tipp an das BMVg:
Jungs, es wäre schon schön, wenn ihr Munition für die vorhandenen Waffensysteme und Handwaffen bestellt. Nehmt ausreichend, daß Motto sollte sein „mehr ist mehr“. … Und macht `ne Zeichnung, damit ihr euch auf dem Weg zum Klo nicht verlauft….
Man mag es kaum glauben, daß mehr als solche Plattitüden nicht herausgekommen sind. Oder man ist nicht in der Lage, die Ergebnisse vernünftig zu kommunizieren.
Also wenn ich bei mir in der Firma die Sachnummer einer Schraube in die richtige Transaktion (out of the box, nicht customized!) im SAP eingebe, sehe ich die Lagerbestände dieser Schraube – weltweit. Funktioniert auch mit Schmieröl, Zahnrädern, Klopapier. Das sollte SASPF bei der Butzelwehr doch auch können – egal ob 1 EA 5,56×45 Doppelkern oder 1 EA TAURUS. Zumindest was die Depots angeht. Was in der Truppe „zum unmittelbaren Verbrauch“ lagert, ist da ja eher zweitrangig. Also sollte eine Bestandsfeststellung doch zwischen Dienstbeginn und NATO-Pause auf einer Backe machbar sein. Oder doch nicht?
RND zitiert Lambrecht wie folgt: „Die seit Dezember 2021 amtierende Verteidigungsministerin sagte, die schwierige Lage bei der Munition sei seit Jahren bekannt, weil nicht genügend nachbeschafft worden sei.“ Desweiteren erläuterte sie „Und die Abgabe von Munition an die Ukraine aus unseren Beständen hat die Situation noch verschärft“. Und weiter: „Jetzt werden die Weichen schnell neu gestellt.“ Dafür müsse die Industrie Kapazitäten erhöhen, „und natürlich brauchen wir auch die nötigen Finanzmittel“, so Lambrecht“
278 Tage Krieg
Was mich persönlich am meisten irritiert: es gibt keinen journalistischen Versuch Dunkel in das Gebaren des Bundeskanzleramtes, des Auswärtigen Amtes und des Verteidigungsministeriums zu bringen. Nix. Nada. Kein Wort zu den Hintergründen dieser Vorgänge. Business as usual. Ehrlich gesagt, bin ich entsetzt.
@Mitleser, @Melber
Zum Kauf der MaxamCorp (operative Standorte: Trubia, Burgos, Navalmoral, El Gordo, Albacete und Murcia in Spanien sowie Texarkana in USA) durch Rheinmetall: „…..Mit der Akquisition strebt der Düsseldorfer Technologiekonzern eine nachhaltige Absicherung seines Kerngeschäfts im Bereich Waffen, Munition und Antriebe an, wobei die Ausweitung der verfügbaren Produktionskapazitäten und die Erweiterung des Produktportfolios im Mittelpunkt stehen.“….“Von strategischer Bedeutung ist dabei auch der für Rheinmetall entstehende Zugriff auf Produktionskapazitäten von Munitionspulver, bei dem in Europa mittlerweile Engpässe entstanden sind.“…..“ stärkt die Akquisition das bestehende Angebot von Rheinmetall substantiell, insbesondere auch im stark wachsenden Marktsegment der Artillerie- und Mörsermunition sowie der Mörserwaffen.“
https://www.rheinmetall.com/de/rheinmetall_ag/press/news/latest_news/index_35904.php
Ich habe schon einmal geschrieben, das ich nicht verstehe, warum die Wehr-Industrie nicht seit März mit Hochdruck daran arbeitet, die Produktionskapazitäten aufzubauen. Die können doch derzeit alles verkaufen, was sie produzieren. Oder hat hier jemand Beispiele für Ladenhüter bei der deutschen Industrie? Ist doch fast wie die Lizenz zum Gelddrucken! Wo sind denn die Firmenleitungen, die einfach mal in Vorleistung gehen um dann am Markt als erste den Reibach zu machen? Bevor die Bestellungen in Südkorea weiterwachsen und alles in den USA bestellt wird.
Eine völlig überforderte BuReg … oder einfach nur Kalkül, der Doktrin vor dem 24. Feb. 2022 folgend? Was wird der Bevölkerung vorgegaukelt (Zeitenwende, Wehretat über 2%, Führungsmacht in EU, stärkste Landstreitmacht Europas, usw.) und was passiert tatsächlich -> keine Zeitenwende, Wehretat schrumpft, BK blickt ängstlich nach links u rechts was die Bündnispartner machen und in Sachen Landstreitmacht werden wir Polen niemals aufholen. Einzig und allein dem Wahlkampfslogan „Keine Waffen in Krisenregionen“ wurde man untreu. Doch spielt genau das der BuReg in Sachen alter Doktrin in die Karten: Noch nie konnte man so einfach der BW die Fähigkeiten rauben.
Wer langfristig von einer Fabrik geliefert haben will, muss der Industrie erlauben, eine Fabrik zu organisieren:
Für ALLES Verbrauchsmaterial was fehlt
10 Jahres Rahmenvertrag
Festbestellungen „was immer ihr liefern könnt“ für 48 Monate
Bis auf weiteres rollierende Fortschreibung in Jahresabständen.mit Anpassung an die Lage.
Und dann reden wir über Grossgeräte in vergleichbarem Stil.
Im Moment habe ich das Gefühl, die Regierung wartet darauf, dass aus dem SupaWhumms mit Hilfe der Inflation ein leises Zischen wird.
Führen durch Entscheidungsvermeidung mit Wegducken.
Beim TV-Interview mit Herrn Klingbeil (Montagabend, N-TV?) kam ich aus dem Staunen kaum heraus.
Wie eine gesprungene Schallplatte wiederholte und bekräftigte er, dass die gesamte Rüstungsindustrie gefälligst massiv produzieren soll um den Mangel zu beseitigen.
Ich kann dem Mann leider keine Fachkenntnisse unterstellen und vielleicht ist er wirklich so naiv, wie er wirkte. Aber nur mal so als Hinweis: Der Bund/die Bw ist kein gefragter Kunde der Rüstungsindustrie. Die Prozesse der Entscheidungsfindung und Beschaffung sind dermaßen unbefriedigend, dass oftmals nicht einmal die Aussicht auf Mondpreise mehr zieht.
In Vorleistung treten wird keine Rüstungsfirma mehr. Schon viel zu oft wurde teuer entwickelt, Produktion aufgebaut und dann gleich wieder die Bestellmenge gekürzt. Beispiel aus meinem Bereich: Da fordert der Konzeptionär 12 Systeme plus Ausbildungssystem(e) , und am Ende stehen vier Stück in der Bw (und eines davon war das Test/Entwicklungssystem).
Die Lagerhalle des Herstellers war voll, alles totes Kapital. Die Systeme wurden kaum in Übungen genutzt, zehn Jahre nix nachbestellt. Irgendwann fliegt der Krempel raus, und wenig später klopft die Bundeswehr wieder an.
Am System sind Änderungen erwünscht und eine mobile Version hätt man auch gerne. Bitte mal entwickeln,
Staunen allerseits ob der Reaktion…
Also nochmal, bei so einem Kunden kann ich jede Zurückhaltung bestens verstehen. Am Ende baut man sonst die Produktion auf und zum Sommer einigen sich Ukraine und Russland irgendwie. Verträge gibt es noch keine und die Gelder werden in Wiederaufbau gesteckt. Unrealistisch? Nur der Teil mit dem Kriegsende vielleicht.
@Florian Staudte:
Ich teile Ihre Einschätzung unserer derzeitigen VM durchaus und sehe auch bei ihren Vorgängerinnen keine Lichtgestalten.
Aber man darf nicht alleine die politische Leitung des BMVg für diese Munitionsmisere schelten. Ich frage mich, wieso haben die ca. 300 Flaggoffiziere der Bw dieser Entwicklung über viele Jahre tatenlos zugeschaut? Waren die alle so sehr mit der eigenen Karriereplanung beschäftigt, dass sie die Warnmeldungen aus der „Schlammzone“ schlicht nicht wahrgenommen haben?
Als Scholz am 27.02.22 seine „Zeitenwende“-Rede gehalten hat, ist man wahrscheinlich davon ausgegangen, dass es ein sehr schneller Krieg werden würde.
Nun dauert der Krieg aber schon neun Monate, Ende offen, und da hat man in Berlin wohl den Schluss gezogen, dass Munition, Nachbeschaffung, Neubeschaffung usw. doch nicht so dringend sind.
„Ich kann nicht“ wohnt in der „Ich will nicht“-Straße. Offensichtlich sind alle Erzählungen (jährlich 2%, Auffüllung des Bestandes, Fähigkeit zu LV/BV) nur Scharade. Der Finanzminister hält das Geld zusammen, alle anderen Ressorts verteidigen ihre Herzensprojekte und der Kanzler kann sich wahrscheinlich schon nicht mehr an seine Aussagen erinnern.
Wenn es nicht so gefährlich für den Bestand des Staates wäre, man wäre geneigt eine Comedy-Serie daraus zu machen.
„Es ist jedoch bezeichnend, dass die Regierungen unter Angela Merkel und die CDU-Verteidigungsminister die Depotorganisation und die Vorratshaltung an Munition und Ersatzteilen zusammengeschrumpft haben.“
Suchen Sie mal nach „Projektskizze Logistik“! Viele unserer heutigen Probleme haben damit angefangen. Tolle (Beratungs-)Leistung die man sich damals von den wohlbekannten Unternehmen eingekauft hat obwohl man die (bessere!) Expertise doch Inhouse hätte haben können.
Warum ratet niemand die Feuerwehren in DEU nach EFFIZIENZ-Kriterien, bei den Streitkräften schien es zu funktionieren…..
Also wenn so der „Wumms“ aussieht dann bin ich ja auf den „doppel Wumms“ gespannt.
Übrigens laufen in der Marine jetzt Soldaten in LW-Parka rum, jeder darf raten warum.
Wenn es nicht so traurig wäre…..
Am Ende ist es nun mal so: Man erntet was man säht.
Ohne Depots ist der Lagerplatz für Munition begrenzt, der Abfluss beschaffter Munition durch Kürzungen bei Übungen und Fokussierung auf die „Ost-Flanke“ und die zögerliche Haltung der BReg eben auch nicht sichergestellt.
Nicht nur dass es die Bw unmittelbar betrifft und für Kopfschütteln sorgt, es zeichnet auch ein Bild im Ausland dass es schwierig wieder aufzufangen gilt.
Und mich wundert immer wieder wie hier auch auf Seiten des BMVg auf Sicht gefahren wird und sich scheinbar niemand Gedanken darüber macht, was könnte die UKR in x-Monaten benötigen und was davon können wir unmittelbar liefern bzw. was muss jetzt dazu beauftragt werden – Ich erinnere hier an die PzH2000.
Auch dieses Rum-Lamentieren bzgl der Lieferung von Alt-Metall (Leo2 Ax) ist aus meiner Sicht nur schwer nachvollziehbar.
Vllt ist das aber alles auch politisch gewollt um den RUS nicht vollends zu vergraulen weil wir am Ende (nach der Krise) ja gerne wieder unsere günstigen Gas-/Öl-Lieferungen haben wollen – man muss eben nach allen Seiten offen sein um keine Richtung festlegen zu müssen.
Es ist nicht zum Aushalten. Ich bin eigentlich ein Gegner der „Hamse jedient?“-Frage an designierte Verteidigungsminister, aber so langsam habe ich den Eindruck, als fehlte wirklich nicht nur der politischen Spitze, sondern inzwischen auch den mittleren und höheren Beamten im Verwaltungsapparat die notwendige „Innensicht“ bzw. „-erfahrung“, um Entscheidungen zu treffen, die nicht im Wolkenkuckucksheim verortet werden.
Wir haben ja schon eine grandios verkleinerte und auf Kante genähte Bundeswehr. Und nicht mal die bekommt rechtzeitig das, was sie zu ihrem reibungslosen Funktionieren benötigt. Das politische Vertagen notwendiger Beschaffungsprozesse ist einfach beispiellos – ganz abgesehen von den immer stärker zu Tage tretenden handwerklichen Problemen im Beschaffungsprozess selbst.
Ich kann mir irgendwie denken, wie das über Jahrzehnte in den Hinterzimmern der Koalitionen bei CDU und SPD immer gelaufen sein dürfte:
„Wir benötigen Sell und Ebbes für die Bundeswehr!“
-„Nee, lass mal, dann schreien gleich die Linke und die Grünen wieder Zeter und Mordio, außerdem sind wir doch von Freunden umzingelt! Willst Du als Kriegstreiber in der Zeitung stehen?“
„Aber auch hinsichtlich der Auslandseinsätze…“
-„Du, in MeckPomm sind in drei Monaten schon wieder Wahlen, da können wir uns kontroverse Diskussionen im Bund nicht leisten. Dann kommen auch schon wieder NRW und Niedersachsen und die Bayern wollen garantiert auch wieder Extraweißwürste, Das ganze Thema Bundeswehr ist einfach für den Wähler überhaupt nicht mehr vermittelbar. Ich sag mal wir machen wieder das mit den Fähnchen und gucken, ob wir nicht auch so über die Runden kommen…“
Ein Bühnenstück aus der Fantasie, aber frei nach E.v.Däniken: „Könnte es nicht so gewesen sein?!“
Ich weiß nicht, was ich sagen soll… Mir schallt es noch in den Ohren, die Rede des Bundeskanzlers im Februar. Was muss ich – kurz vor Weihnachten und kurz vom Jahrestag des RUS-Einmarsches in die UKR – sehen?
– Keine Munition (schon lange bekannt)
– Schrumpfender Verteidigungshaushalt: – 300 Mio.
– Mit Inflation und zu erwartender Tarif-/Besoldungsanpssung nach der Tarifrunde Anfang 2023: Schrumpfung des „bereinigten“ Verteidigungshaushalts um ca. 10% (also 5 Mrd).
– Abgabe von Material an UKR (Richtig!), aber bisher kein Ersatz (fatal!), geschweige denn im ausreichenden Maße bestellt.
– Abfluss aus dem Sondervermögen? – Kaum vorhanden
– Ab 2023 mind. 2% BIP: Haha, guter Witz, in 2023 sind es rund 1,6% (inkl. Sondervermögen).
– Personal? – Wurde hier schon zu genüge geäußert. Mit dem Personalkörper (zu wenig, zu viel Wasserkopf) können wir LV vergessen – und BV leisten wir nur im Rahmen unserer Möglichkeiten. Dabei schlägt die Demographie ab kommenden Jahr erst so richtig zu bei der Bw (wegen besonderer/allgemeiner Altersgrenze).
– Infrastruktur: Ganz große Baustelle… Auch wenn wir mehr Personal bekämen, heutige Infrastrukturprojekte dauern nicht selten 5+ Jahre (nach meiner Bewertung sind „5“ Jahre dabei schon schnell).
– Weiterhin eine lähmende und überbohrende Bürokratie.
In allen Ernstes stellt sich die Frau Ministerin im BTag hin und erzählt was vom Baumarkt. Echt jetzt? Hat doch keiner behauptet. Bestellen bzw. Verpflichtungen eingehen kann man trotzdem schon.
Nicht mehr lange, dann bin ich endlich raus. Ich finde es zwar sehr schade, aber der Dienstherr bzw. die pol. Führung gibt sich sehr viel Mühe, dass ich mich aufs Dienstzeitende freue. In die „BS-Falle“ werde ich jedenfalls nicht tappen.
@Auslandsdiener: Richtig, die notwendige Logistik hinter der Munition ist ebenfalls nicht vorhanden. Keine Lagerfläche, kein Personal für Lagerung und Instandhaltung etc.
Im BMVg sollte dann auch mal schnellstmöglich ein Infra-Gipfel stattfinden, um das Nadelöhr bei den Landesbauverwaltungen aufzulösen und den Infra-Prozess deutlich zu beschleunigen.
Denn ohne Lager- und Instandhaltungsinfrastruktur für Munition nutzt die schnellste Beschaffung nichts…
Munition ist die eine Sache. Eigentlich die einfachste Übung.
Aber was ist mit der Einsatzfähigkeit des schon beschafften Materials? (Ziel besser 90%). Wie steht es um die Ersatzteilbestände und Instandhaltung auch unter erschwerten Bedingung aus? Was fehlt an Anzahl von schon eingeführten Waffensystemen? Auch hier sollte mehr als Sollstärke für Verluste zur Verfügung stehen. (Siehe Materialverschleiss Artillerie und Anzahl zerstörter gepanzerter Fahrzeuge).
Wie steht es um die Organisation der Einsatzbereitschaft? D.h. Wie erreichen wir Veteidigungsbereitschaft in wenigen Tagen?
Wo ist die Planung? Wo ist Kopf der dies dann auch umsetzt?
„außerdem hätte man einfach mehr davon bestellen können was man in einem großen Konflikt sicher benötigt:
viel viel 155mm Artillerie Munition (Smart, Vulcano)“
Nun, Smart 155 wurde zuletzt vor 20 Jahren produziert. Immerhin wurden Mittel bewilligt dafür, die Obsoleszenzen zu beseitigen. Sprich, man baut das Ding von Grund auf neu und dann muss man es testen, und erst dann baut man nach. Vor 2024 wird da nichts kommen, aber wenigstens ist es bewilligt.
Beim Rest ist es wohl noch schlimmer. Bei der Pandemie ging es ja auch, Großserienproduktion mit komplexen Produkten schnell auf den Weg zu bringen. Ich hätte hier schon erwartet, dass man nach 9 Monaten schon weiter wäre.
Eigentlich sollte es ein 3 Parteien Gespräch sein Bundeswehr, Beamte, Industrie. Oder waren das Beamte der Bundeswehr? Denn ich glaube kaum, dass einer dieser Beamten detaillierte Ahnung von dem jeweiligen Bedarf der Bundeswehr hat, schon gar nicht über Spezifikationen. Selbst die Bundeswehr selbst, wird je nach Bereich auch immer nur von ein paar Mängeln wissen. Allerdings bin ich zuversichtlich, dass dies schneller geklärt werden kann.
Die Fragen sind also:
Was genau braucht man?
Wo liegt die Priorität?
Welche Produktionskapazitäten haben wir, bezogen auf jede einzelne Munitionsart?
Was liegt in den Produktionsmöglichkeiten von wem?
Wo gibt es nutzbare Redundanzen?
Was muss ggf. vom Ausland zugekauft werden?
Bis wann können die Aufträge erfüllt werden?
Wie läuft die Auftragsverteilung?
Wo ist das erste Ziel, 15 Tage, 30 Tage, 45 Tage?
Wer ist verantwortlich für die Koordination?
Zitat: „Die Rüstungsbosse plädierten dringend, mit dem Verteidigungsministerium sogenannte Rahmenverträge für die Herstellung von Munition einzugehen. »Das würde die nötige Sicherheit für Investitionen in Fertigungsanlagen geben«, erklärte ein anwesender Industrievertreter gegenüber dem SPIEGEL. Die Rüstungskonzerne könnten nicht ohne Weiteres in Vorleistung gehen. Das habe man dem Verteidigungsministerium auch schon seit Längerem kommuniziert, bislang allerdings keine befriedigenden Zusagen erhalten.“
Mit dieser Aussage, dass es keine Rahmenverträge zur Herstellung von Munition gäbe, sondern jede Munitionsbestellung ein kompletter neuer Einzelvertrag ist, macht sich der Sts Zimmer, ex General Zimmer absolut lächerlich und blank.
Bitte schön, was tut ein „Abteilungsleiter Beschaffung“ im Ministerium (General Zimmer) die ganzen Jahre auf dem Dienstposten, wenn er nicht sicherstellt, dass es für die Beschaffung von Munition Rahmenverträge des BAAInBw mit der Industrie gibt ?
„sollen die Regierungsvertreter bei diesem Gespräch problembewusster geworden sein“
Nach dem Lesen hat mich leider die Wut gepackt. Seit Jahren liegen die Ergebnisse vielfältigster Untersuchungen, Lagefeststellungen und sonstiger Produkte zahlloser Stabstäter vor. Die Misere ist seit Jahren bekannt und in allen möglichen Formen beschrieben. Passiert ist nichts, wobei es natürlich verschiedene Formen des politischen „Nichts“ gibt. Beschwichtigungsformeln, Floskeln, dumme Parolen und sonstige möglicherweise politisch korrekte, aber völlig nutzlose Kommunikation ausdrücklich eingeschlossen.
Nun ist der große Knall am 24. Februar passiert und es folgt wieder „Nichts“. Dass die Sicherheitspolitik in diesem Land kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem hat, ist nicht neu.
Neu ist für mich die haarsträubende Ignoranz politischer Entscheidungsträger, an dem bekannten Zustand etwas zu verändern, und mit verändern meine ich „Machen“. Das ist viel krasser als nur darüber zu reden, da stehen zum Schluß manchmal sogar Ergebnisse.
Wenn also trotz sattsam bekannter Beschreibung, unter anderen auch von der Wehrbeauftragten, die hier wirklich „Klartext“ redet, weiterhin „Nichts“ passiert und die einzigen Lieferanten der Bundeswehr für Munition am Ende des Gesprächs in dieser Lage immer noch keine Aufträge haben, dann lässt das nur eine mögliche Schlußfolgerung zu: „das ist politisch nicht gewollt“.
Warum allerdings kein Wille besteht, die Bundeswehr für ihren Auftrag entsprechend auszustatten, muss ebenfalls politisch geklärt werden. Aus meiner Sicht durch sofortige Neuwahlen.
Rahmenverträge sind phasenweise auf heftige Kritik des Bundesrechnungshofes gestoßen, und MdBs unterschiedlicher Fraktionen haben das begierig aufgegriffen. Denn dadurch werden ja Haushaltsmittel der Einzelbewilligung der Abgeordneten entzogen. Der Hof stellt sich vor das jede einzelne Charge jedes mal ausgeschrieben wird, damit schön sparsam beschafft wird. Das ist dann nicht Rahmenvertrag…..
Auch „Überbestände“ und vergammelnde Altmunition befanden sich im Visier des BRH seit 2010. Wenn sich dann die Referatsleiter die Finger wund tippen für die Stellungnahmen (die ja alle über die Sts Büros gehen bevor sie das Haus verlassen) dann muss sich niemand wundern wenn die Situation 10 – 15 Jahre später so aussieht wie sie jetzt ist.
@Thomas Melber
„Davon ab: vielleicht ist er auch – für uns – nach 30 Tagen vorbei, denn „durchgeschossen“ gilt durchaus als Grund die Waffen zu strecken und ist nicht per se ehrenrührig.“
Es wäre ein Verbrechen so einen Krieg überhaupt zu führen, wenn man weiß, dass all die Opfer nach 30 Tagen umsonst waren. Dann kann man auch am ersten Tag kapitulieren. Das war wohl auch als „Konzept“ für die Ukraine vorgesehen, nach einer Woche „Habe fertig …“
Heute ist Tag 280 des Krieges und in Bachmut sieht es aus wie seinerzeit in Verdun, und in Berlin sind die
„Schlafwandler“ unterwegs.
Sehr traurig das Nichtergebnis!
Schön das mal etwas an die Öffentlichkeit kommt, wie Beschaffung praktiziert wird.
Verehrte Leserinnen und Leser, behalten Sie im Hinterkopf, so läuft es bei jeder kleinen Schraube bis zum Großgerät.
Wir sollen mal eine vierte Gewalt in Deutschland gehabt haben. Leider schaut diese auch nur noch auf Einschaltquoten, Klickzahlen und Printverkäufe.
Daher begrüße ich das neue Projekt von T.W. und seinen Mitstreitern, und hoffe das es nicht im Blätterwald untergeht.
https://go.table.media/6pfSA
@Boson: das hätte definitiv auf Vorlage ausgearbeitet in irgendeinem Schliessfach/ Schrank seit Jahrzehnten liegen müssen. Spätestens Ende Februar 22 hätten diese Fragen innerhalb einer Nacht geklärt gehört. Was machen denn die Verantwortlichen hierfür die ganze Zeit? Setzen 6.
Inzwischen ist aufgrund des Totalversagens der politischen und MILITÄRISCHEN Führungskräfte eindeutig festzustellen, dass wir entweder kein Interesse an einer funktionierenden und einsatzfähigen Bundeswehr haben oder die Organisation dieser Einrichtung so überverwaltet und ineffizient ist, dass sie schlicht aufgelöst gehört und ein Neustart zwingend notwendig ist.
Damit meine ich explizit auch den Austausch der militärischen Eliten.
Die Politik gibt vor… aber unsere militärischen Führer wollen mit gutem Gewissen Ihre Soldaten und Soldatinnen so notfalls in den Kampf ziehen lassen? Können Sie das noch moralisch und einsatzorientiert vertreten, bzw. gutheißen?
Der Druck der Öffentlichkeit auf die Politik endlich nun zu handeln, unseren Soldatinnen und Soldaten die bestmögliche Ausrüstung und Ausbildung zukommen zu lassen, wird meines Erachtens nur dann rapide steigen, wenn endlich mal klare Aussagen der Generalität fallen, bzw. diese im Sinne der ihnen anvertrauten Untergebenen in direkte verbale Konfrontation mit den politischen Verantwortlichen gehen.
Das erwarte ich von Führungskräften, dass sie endlich Verantwortung für sich, ihr Aufgabengebiet und vorallem ihre Untergebenen übernehmen.
Eine große (Mit-)Verantwortung der deutschen Generalität für den katastrophalen Gesamtzustand der deutschen Streitkräfte steht meines Erachtens außer Frage. SIE hat Rückgrat und Verantwortungsbewusstsein in der Vergangenheit missen lassen und zeigt auch jetzt in der Krise nur sehr wenig davon.
Munition für 3 Tage intensive Gefechte?
Und wir bekommen 9 Monate nach Kriegsausbruch solche Mitteilungen kommuniziert…
Ubi stas Germania?
Munitionskauf als Raketenwissenschaft (pun intended) …
Man stelle sich vor, es gäbe eine exakte Liste über das vorhandene Gerät, die vorhandene Munition und eine gewisse Vorgabe der NATO … Mit überschaubaren mathematischen Fähigkeiten könnte hier ein Delta errechnet werden (inklusive Addition eines saftigen „Ukraine-Aufschlages“, für weitere Lieferungen).
Diese wunderschöne Liste legt man jetzt der Industrie vor. Die macht dann ein Angebot, benennt Kosten und Zeit. Und wenn es eine Kiste Artilleriegranaten mehr braucht, damit sich die zweite Produktionslinie lohnt – was soll’s, es ist Zeitenwende, verdammt.
Aber natürlich ist das viel zu naiv, weil …. (Nein, ist es nicht, wenn man wirklich vorankommen will!)
@Andreas Westphal Einfach Kalkül. Weil es das Volk auch nicht will. Harmonie ist ein Mantra geworden, Wehrwille ist nicht erwünscht. Die Politik macht ihren Auftrag schon richtig – sie vermittelt dem Volk, was es wirklich will: Stabilität und Harmonie.
Wenn auch nur ein Funke Ernst hinter dem Geschwafel stecken würde, hätte man schon längst den Spannungsfall ausgerufen, mich als Reservist in den Dienst zurückgepresst und ich würde jungen Feuerpissern den Panzervernichtungstrupp ausbilden…
Daher: Reserve hat Ruh. Zumindest organisatorisch. Mental eher weniger…
„Ich habe schon einmal geschrieben, das ich nicht verstehe, warum die Wehr-Industrie nicht seit März mit Hochdruck daran arbeitet, die Produktionskapazitäten aufzubauen. “
Weil es naiv ist anzunehmen, dass man mit einem u.U. kurzen Krieg Geld macht. Die Industrie braucht langfristige Abnahmeverträge oder man könnte auch über Bezahlung von Produktionseinrichtungen (Arsenale) reden. Es bringt der Industrie auch nichts, wenn Munition u.U. in ein paar Jahren nicht mehr exportiert werden darf….
Es wäre Aufgabe der Bundesregierung, relevante Zusagen zu machen. Dann erst erwarte ich, dass sich die Industrie bewegt.
Zum schlichten Nachbestellen des bereits nach UKR gelieferten Mat brauche ich weder Planung noch zusätzliche Depots. Nicht einmal das bekommt die BuReg/IBUK hin. Nicht einmal das.
Es ist wirklich unglaublich!
Da entblödet sich ein Lars Klingbeil nicht, die Industrie dafür zu schelten, dass sie nicht schon großartig in Vorlage geht, während jeder ernstzunehmende Kaufmann nach dem Grundsatz geht:“Nur eine Bestellung ist eine Bestellung“!
Als Mitarbeiter einer Firma, die schon öfter mit MoU der verschiedensten Ministerien konfrontiert wurde, kann ich guten Gewissens sagen, dass die meisten „Absichtserklärungen“ als solche geendet sind – kein einziges Mal hat der Bund seine Absicht auch in abrechenbare Aufträge umgesetzt.
Den Fehler, MoU schon als „Auftrag“ misszuverstehen und daraufhin Produktion und Einkaufsmengen hochzufahren, haben offenbar schon einige gemacht (https://www.n-tv.de/politik/Ruestungsindustrie-Unternehmen-gehen-in-Vorleistung-doch-Regierung-bestellt-kaum-etwas-article23748450.html)
Es ist überhaupt kein Problem, dass man Rahmenverträge mit klar genannten Mindestabhnahmen/Mindestumsätzen und abnahmegestaffelten Preisen verhandelt. Das kann man für Einzelprodukte, Produktreihen oder „Warenkörbe“ machen und ist weder „Hexenwerk“ noch unüblich.
Ander Länder können das offenbar auch – nur schneller.
Aber wie meistens möchte der Bund sich nicht festlegen und die Wahl haben und sich nicht binden, während er erwartet, dass alle Hersteller sich nur darum reißen, für die Bundesrepublik Deutschland ein Risiko einzugehen.
Aber auch die Wirtschaft hat dazugelernt. Spätestens seit der Corona-Krise und den Zahlungsmodalitäten sogar bestellter Ware, arbeitet jede Firma, die es sich aussuchen kann, lieber nicht mit der Bundesrepublik Deutschland zusammen, denn da werden Zahlungen vertagt, ausgesetzt oder nach Gutsherrenart gekürzt. Den Gang vor Gericht gewinnt zwar regelmäßig der „Kläger“, aber dazu muss man den langen Atem erst einmal haben und sich den Gang vor Gericht auch finanziell erst einmal leisten können.
Ich sage jetzt schon voraus, dass die Munitionsbestände auch in den nächsten Jahren nicht aufgefüllt werden.
Die 100 Mrd. EUR werden entweder nicht ausgegeben oder in irgendwelchen Leuchtturmprojekten versanden.
Das einzige, was Deutschland noch kann ist, sich moralisch aufzuspielen.
Entschiedenes Handeln und vor allem schnelles Entscheiden ist in Deutschland nicht mehr gegeben. Dazu haben alle zuviel Angst einen Fehler zu machen und/oder Verantwortung zu übernehmen.
Reden sind wohlfeil und Entscheidungen kan man wegmoderieren.
Trotz der putativen Bedrohung durch das putinsche Russland, ist die Rüstungsindustrie am Ende des Tages noch immer in der Schmuddelecke.
Daran wird sich auch nichts ändern.
Schade eigentlich.
Den Beweis für Denken und Handeln der Regierung hat doch der Regierungssprecher mit seinem Geschwurbel über den Munitionsgipfel geliefert und kommt offensichtlich bei der Presse damit durch. Der Skandal ist nicht nur der Munitionsmangel sondern auch der Umgang damit. Denn der bräsige Umgang damit, zeugt von tieferen Ursachen wie Unwillen, Ablehnung jeglicher Zeitenwende usw.
Die Bundeswehr soll nach dieser Denke also lediglich den Verkehr regeln und ansonsten gefälligst nicht weiter stören und nerven und sich mit mühsam-höflichem Desinteresse begnügen. Dazu genügt es, sich doch einmal näher die Berater des Bundeskanzler in Verbindung mit deren früheren Funktionen zu betrachten. Wo bitte soll da eine Zeitenwende herkommen? Der eigentliche Skandal dazu ist doch das weitgehend dröhnende Schweigen im deutschen Blätterwald nebst übriger Medien. Diese Regierung kann sich das scholzige Aussitzen leisten, nett das wir mal wieder diskutiert und gesprochen haben. Folglich passiert auch nichts und das verwundert hier? Also bis zum nächsten Gespräch, irgendwie muss sich das dann ja auch mal totlaufen, oder? Das ist allerdings nur noch mit einer Spur Sarkasmus zu ertragen.
Ich erinnere mich an eine satirische Fake-Meldung aus dem Beschaffungsamt zum Thema „Feierabend“:
„Unerwartete Abenddämmerung endet in katastrophaler Dunkelheit“.
Ja wer rechnet auch damit dass nach dem Tag der Abend und dann die Nacht folgt…
Dass man im März nicht wenigstens die Fehlbestände der eigenen Lager neu bestellt hat ist mehr als ärgerlich, es ist FURCHTEINFLÖSSEND.
Aber mal Ernst, es läuft auch insgesamt in der NATO einiges schief. Natürlich kann man argumentieren dass man Russlands Willen zum totalen Krieg unterschätzt hat und man damit rechnete dass sie im Laufe des Jahres zur Vernunft kommen.
Spätestens nach der Niederlage der Russen bei Charkiv sollte klar sein dass die Russen nicht wegen 100.000 Toten aufgeben. Jetzt erst Recht lautet die Device.
Trotzdem operieren die Produzenten in NATO und EU nicht organisiert. Am Rohstoffmarkt konkurrieren die einzelnen Akteure anstatt gemeinsame Großbestellungen aufzugeben. Man stelle sich vor die NATO gibt morgen eine Bestellung bei Dynamit Nobil über 100.000 RGW90 ab mit der Bedingung dass die Fertigung beschleunigt – auch mittels Lizenzpartnern – ausgeweitet werden muss, fertig aus basta. Anstatt gemeinsame Sammelgroßbestellungen aufzugeben wird gekleckert.
Machen wir uns nichts vor, die Ukraine wird eine Materialschlacht ähnlich dem ersten Weltkrieg. Klasse kann nur begrenzt Masse kontern. Am sinnvollsten wäre eine gemeinsame Rüstungsinitiative der NATO. Schonmal weil sich dann Bundesregierung und Beschaffungsamt nicht rausreden können. Mangelnde Kompetenz von oben ergänzen sag ich nur.
Hätte Putin im März erfahren dass die NATO 500 KF-51, 100 F-35, 100 PzH200 und 100 M270 bestellt und die Hälfte der Ukraine gibt dann wäre der Krieg im April vorbei gewesen. Is so. Stärke versteht er.
Kostenpunkt für diese Einmal-Anschaffung wäre gewesen: 20 Milliarden. Ganz ohne Doppelwumms und Wirtschaftskrise und Russland würde weiter brav Gas und Öl billig in den Westen verkaufen.
Stattdessen gehen die wirtschaftlichen Schäden in Ukraine und Westen inzwischen auf 2000 Milliarden hin. Wer im Krieg zögert leidet um so mehr.
@ LuckySailor sagt: 30.11.2022 um 6:49 Uhr
„Aber man darf nicht alleine die politische Leitung des BMVg für diese Munitionsmisere schelten. Ich frage mich, wieso haben die ca. 300 Flaggoffiziere der Bw dieser Entwicklung über viele Jahre tatenlos zugeschaut?“
1. Es sind eher 200 als 300 (ich glaube wir haben um die 210 militärische Planstellen B6+).
2. Die Mahnung sind regelmäßig erfolgt. Man kann der militärischen Führung nicht vorwerfen, dass sie die politische Leitung und die Abgeordneten nicht informiert hätten. Die Politik wollte halt nur nicht die Konsequenzen ziehen. Nun kann man sicherlich kritisieren, dass diese Mahnungen zu zurückhaltend waren, aber erfolgt sind sie.
Klab sagt:
30.11.2022 um 12:10 Uhr
„Wenn auch nur ein Funke Ernst hinter dem Geschwafel stecken würde, …“
Ich erinnere da an das Interview von Robert Habeck vom 24.02. des Jahres (Maybrit Illner auf ZDF.de) und seiner Aussage:
„So richtig können wir der Ukraine nicht helfen, und wir helfen ihr auch nicht.“
Robert Habeck, Wirtschaftsminister
Wären da nicht die Bündnispartner und deren Drängen würde es die BuReg bis heute nicht tun. Einen wirklichen Willen kann ich nicht erkennen. Nach allen Fails und Ablehnungen (diese kontra allen öffentlichen Beteuerungen), die bisher bekannt wurden, kann ich nicht mehr von Unfähigkeit oder Fehlern ausgehen.
@ ExHG3.22 Du schreibst „Damit meine ich explizit auch den Austausch der militärischen Eliten.“ und „…Totalversagens der politischen und MILITÄRISCHEN Führungskräfte…“ Wie schräg ist das denn???
Es gibt ein Problem, aber anstatt es einer Seite zuzuschieben, sollten wir es lösen. Ich denke wir haben das KnowHow und auch die richtigen Leute dafür, sowohl in der Bundeswehr, als auch in der Politik und dass eine frührere Rechtsanwätin nach ein paar Monaten nicht Spzialistin für Militärkunde ist auch klar, muss sie auch nicht und dass die BW jetzt auch einmal an dem Problem schuld sein soll, halte ich für Unsinn. Dass der ein oder andere Beamte in der Beschaffung mal seinen Hintern hoch bekommen sollte, steht außer Frage. Aber dafür bedarf es eines Koordinators und damit meine ich nicht die Ministerin, sondern jemand der für diese Aufgabe eingesetzt wurde und mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattet wurde. Die Industrie wird schon produzieren, sobald die nötige Grundlage geschaffen ist.
Der pure Zynismus nötigt schon fast die Erkenntnis ab, daß das KSK mit dem Horten von Munition doch nicht ganz unrecht hatte.
Ja, ich habe Verständnis, wenn Sie das nicht bringen – ist aber im Moment der running gag bei Teilen des Heeres …
… Aber dafür bedarf es eines Koordinators und damit meine ich nicht die Ministerin, sondern jemand der für diese Aufgabe eingesetzt wurde und mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattet wurde. …
Den gibt es doch. Nennt sich Staatssekretär und der war sogar mal Dreisternegeneral. Nur scheint er alles verdrängt oder vergessen zu haben, was er mal auf seinem Weg dorthin so gelernt und erfahren hat. Sonst hätte er (oder seine Untergebenen) nämlich inzwischen eine DETAILLIERTEN Überblick darüber, was die Bw in welcher Dringlichkeit und in welcher Menge benötigt. Schließlich sitzt er schon länger auf seinem Stuhl als seine Ministerin auf ihrem. Und auch von den Inspekteuren kommt wenig bis gar nichts. Wie immer „Schweigen im Walde“.