Wird Deutschland mit Ausbildung ukrainischer Soldaten zur Kriegspartei? Ein Vielleicht mit Fragezeichen
Die Frage, ob Deutschland mit Waffenlieferungen an die Ukraine im russischen Angriffskrieg ebenfalls Kriegspartei werden könnte, bewegt derzeit die öffentliche Diskussion. Eine Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages verneint das – und sieht allerdings eine Grauzone bei der Ausbildung von Ukrainern an diesen Waffen in Deutschland.
Der Sachstandsbericht der Parlamentswissenschaftler mit dem Titel Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme stammt bereits von Mitte März. Die Ausarbeitung (über die zuvor das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet hatte), stellt deshalb die damals vorherrschende Frage in den Mittelpunkt, ob eine Unterstützung für die ukrainische Luftwaffe durch die Lieferung von Kampfjets aus NATO-Ländern und eine mögliche Nutzung von Flugplätzen in diesen Ländern als Kriegsbeteiligung anzusehen sei. Die mögliche Lieferung von MiG29-Kampfjets aus osteuropäischen Mitgliedsländern der Allianz hatte damals die Diskussion bestimmt.
Seitdem hat sich die Debattenlage grundlegend verändert: Eine Ausbildung von Ukrainern an gelieferten Waffen ist nicht mehr hypothetisch, sondern findet inzwischen statt. Bereits am 22. April hatte der Abteilungsleiter Führung Streitkräfte im deutschen Verteidigungsministerium, Generalleutnant Kai Rohrschneider, öffentlich mitgeteilt, dass die USA auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern ukrainische Soldaten an Haubitzen ausbilden wollen. Zudem plane die Bundeswehr eine solche Ausbildung an von den Niederlanden gelieferten Panzerhaubitzen 2000 (Foto oben) an der Artillerieschule in Idar-Oberstein. Pentagon-Sprecher John Kirby hatte diese Ausbildung am vergangenen Freitag bestätigt.
Ob eine solche Ausbildungsunterstützung nun eine Kriegsbeteiligung bedeute, nimmt in dem Bundestags-Gutachten eine untergeordnete Bedeutung ein. Diese Frage wird in der zwölfseitigen Ausarbeitung nur in einem Absatz angesprochen:
Bei Unterstützungsleistungen auf der Grundlage von non-belligerency bleibt der Umfang von Waffenlieferungen, aber auch die Frage, ob es sich dabei um „offensive“ oder „defensive“ Waffen handelt, rechtlich unerheblich. Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.
Als Beleg dafür wird ausschließlich ein Interview der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) mit dem Bochumer Völkerrechtler Pierre Thielbörger angeführt. In dem am 13. Februar erschienenen Interview, also deutlich vor Beginn des russischen Angriffskrieges und auch vor Beginn deutscher Waffenlieferungen, hatte der Jurist verneint, dass Waffenlieferungen allein ein Land zur Kriegspartei machen würden. Aber:
Bei Waffenlieferungen ist es etwas komplexer als bei Wirtschaftssanktionen. Bei Waffenlieferungen spielen Art und Umfang eine Rolle. An sich sind Waffenlieferungen allein noch keine Kriegshandlung. Es gibt keine Staatenpraxis, die das annimmt. Anders könnte es sein, wenn es eine Beratungsleistung gibt, wie Waffen zu gebrauchen sind. Aber auch hier bleibt die Betrachtung des Einzelfalls ausschlaggebend.
Auf die Nachfrage, ob Deutschland also zum Beispiel Panzerabwehrwaffen liefern dürfe, aber den Ukrainern den Gebrauch nicht erklären dürfte, antwortete Thielbörger: Jedenfalls würde man sich damit der roten Linie, ab der man Kriegspartei ist, einen Riesenschritt nähern.
Eine Aussage, dass Deutschland mit der Ausbildung der Ukrainer tatsächlich Kriegspartei würde, ist das noch nicht.
Ergänzung: Zum Stand der Ausbildung der USA für ukrainische Soldaten Angaben vom (heutigen) Montag aus dem Pentagon, notiert von Dan Lamothe von der Washington Post:
Training of Ukrainians on Western systems continues.
Fifty Ukrainian artillerymen are expected to complete a week-long familiarization course today on the American howitzers, bumping the total number to receive the training to about 220, the official said.
Twenty Ukrainian soldiers began receiving training yesterday on how to use the new Phoenix Ghost drone. The unmanned aircraft is a loitering munition that can be flown directly into Russian vehicles or troop formations.
(Archivbild Oktober 2018: Niederländische Panzerhaubitze 2000 bei der Erprobung von Excalibur-Munition in Schweden – Foto defensie.nl)
Hier der Verweis zum Gutachten bzgl „Kriegsteilnahme“:
https://www.bundestag.de/resource/blob/892384/d9b4c174ae0e0af275b8f42b143b2308/WD-2-019-22-pdf-data.pdf
Was mich als Staatsbürger umtreibt ist, daß das Gutachten wohl bereits vor der Abstimmung im BT vorgelegen hat aber überhaupt nicht thematisiert wurde. Auch bei den Wahlkampfauftritten – z.B. der GRÜNEN – nicht.
„Eine Aussage, dass Deutschland mit der Ausbildung der Ukrainer tatsächlich Kriegspartei würde, ist das noch nicht.“
Das ist richtig. Sollten wir aber z.B. Auklärungsergebnisse beisteuern (zur Verdichtung des Lagebildes, auch an Bündnispartner, die diese dann an die UKR weiterleiten) wäre das wohl anders.
[Auch da ist der Völkerrechtler etwas differenzierter: „Hier sind die genauen Umstände entscheidend“, s. WD-Ausarbeitung. T.W.]
Ich finde diese Diskussion langsam abstrus.
1. Hier wird eine völkerrechtliche Frage betrachtet und versucht zu definieren. Zeitgleich stellt sich der Konflikt, der betrachtet wird aber ausdrücklich(!) außerhalb des Völkerrechts auf. Schließlich hat die russische Föderation ja selbst alle notwendigen UN Resolutionen zur Anerkennung des Konflikts verhindert.
2. Das Völkerrecht hat die UN Charta als Kern – Russland sieht den Konflikt aber außerhalb der darin enthaltenen Definitionen. Dann kann auch die Definition der Kriegspartei hier keine Anwendung finden. Kein Krieg – keine Kriegsparteien.
3. Und selbst wenn? Was soll diese wissenschaftliche Definition? Als ob Putin das Völkerrecht interessiert. Ob wir Kriegspartei aus Sicht Russlands sind, kann Russland jederzeit einseitig bestimmen – genauso wie sie einseitig diesen Krieg führen.
4. Was fürchtet man? Eine Begründung zur Ausweitung zu liefern? Man hat nichtmal eine völkerrechtliche Begründung (inkl Resolution) zum Beginn des Krieges gebraucht – aber bei der „Ausweitung“ ist dann plötzlich wieder eine rote Linie?
Ich finde es bedenklich, dass wir einerseits sehen, wie Putin das Völkerrecht sonstwo vorbeigeht, wir aber weiterhin darauf pochen mit ihm in diesem Sandkasten zu spielen. Klar haben wir so ein tief verwurzeltes rechtsstaatliches Verständnis – und das ist unsere Stärke. Aber einfach anzunhemen – trotz aller Gegenbeweise – dass Putin das auch tut ist langsam wirklich verblendet. Wenn er möchte greift er die NATO an – da ändert auch das Völkerrecht nichts dran. Macht er halt nicht derzeit – wird schon seine Gründe haben, die sind aber wohl vielschichtiger als das Stückchen Papier.
Ein einzelner Jurist macht Deutschland also durch seine Rechtsmeinung zur Kriegspartei?
Und medial wird das Ganze dann gehörig aufgebauscht.
@ Thomas Melber: vermutlich hat das Ganze genau deshalb in der Debatte bisher kaum eine Rolle gespielt (Einzelmeinung eines Juristen)
Im Übrigen leisten die USA und vermutlich auch osteuropäische NATO-Mitglieder solche Hilfe bereits länger. Wenn Putin also das als Begründung für einen Krieg mit der NATO braucht/nutzt ist es völlig unerheblich, wie wir uns als Deutsche verhalten haben.
Tja, Recht und (Real-)Politik sind am Ende zwei Paar Schuhe…
Das Gutachten ist zweifelsohne interessant.
Allerdings ändert es nichts daran, dass weder ein Gutachten, noch irgendwer sonst im Westen entscheidet was für Russland eine aktive Kriegsteilnahme unsererseits ist. Ab wann wir Kriegspartei sind wird wohl oder übel in Moskau entschieden.
Aus meiner Sicht ist hier die teilweise extrem detaillierte Berichterstattung ein Problem, bringt sie doch die andere Seite, also Russland in Zugzwang. Sowohl im Korea- als auch im Vietnamkrieg haben sowjetische Soldaten aktiv Amerikaner bekämpft. Das reichte von der Ausbildung des jeweiligen Gegners vor Ort bis hin zum Stellen von Piloten für die jeweiligen Luftstreitkräfte.
Dies war den Amerikaner auch bekannt, wurde aber aus offensichtlichen Gründen nie an die große Glocke gehangen. Eben um eine Bloßstellung und gegenbenfalls eine übertriebene russische Reaktion zu verhindern. Beziehungsweise die Forderung der eigenen Bevölkerung nach derartigen Maßnahmen.
Vielen Dank für Ihre ausgewogene Darstellung.
Die Frage ist ganz sicher hochkomplex.
Nun ja, zu Bedenken geben sollte man: auch wenn man als Bundesrepublik selbst zu der Überzeugung gelangt, man sei es nicht, macht sie vielleicht die Gegenüber, die Russische Föderation dazu.
Natürlich gilt es das zu bedenken (und vorzubereiten), was es heißt, von der Russischen Föderation als Kriegspartei wahrgenommen bzw als solche eingestuft zu werden.
Wenn man das mit geschichtlichen Beispielen vergleicht, z.B. der sowjetischen und chinesischen Hilfe für Nordvietnam oder der amerikanischen Hilfe für Israel im Yom-Kippur-Krieg, da flogen ja die C-141 und C-5 mitten ins Kriegsgebiet und luden Phantoms und Skyhawks ab. Teilweise flogen die F-4E ja noch mit US-Hoheitsabzeichen Kampfeinsätze für Israel.
Oder gar die „American Volunteer Group“ gegen Japan (auch wenn diese ja erst NACH der japanischen Kriegserklärung gegen die USA Kampfeinsätze flog).
Oder in jüngerer Vergangenheit die NATO-Waffenhilfe für Kroatien, Bosnien und die UCK
Da ist historisch gesehen sehr viel Luft nach oben
Das eine ist die juristische Meinung, von Realpolitikern gerne als Elfenbeinturm verpönt. Warum? Animus Belligerandi, welcher als solcher von einer Partei festgestellt wird. Oder um es praktischer zu formulieren, wenn die Russen uns als Kriegspartei sehen wollen, dann machen die uns zu einer. Denn denen scheint das Völkerrecht ziemlich egal zu sein.
Der Begriff OP-Sec gewinnt an Aktualität…
Moralisch/jurisitsch betrachtet eine komplexe und „interessante“ (i.S.v. wissenschaftlich bedeutsame) Fragestellung.
In realitas lässt sich das aber kurz fassen: „Kriegspartei ist, wer als Kriegspartei angesehen wird“.
Geschichtliche Beispiele wurden hier ja schon genannt. In vielen Fällen ist das offene Benennen einer Kriegspartei nicht im Sinne eines/aller Beteiligten. Das Schweigen über Belorusslands Rolle als Aufmarschgebiet/Rückzugsraum/Logistikunterstützer… durch alle Seiten (die Ukraine kann kein Interesse an einer „heißen“ Front im Nord(west)en haben).
Genau wird in der jetzigen Lage Russland kaum ein Interesse haben, uns als Kriegspartei einzustufen. Da dürfte sich eher die Republik Moldau unfreiwillig in die Rolle als Kriegspartei gedrängt sehen.
@Niklot um 12.59h
Hier noch einmal der Link vom 20.4.2015:
https://augengeradeaus.net/2015/04/us-soldaten-beginnen-ausbildung-fuer-ukrainische-truppen/
Operation Fearless Guardian, das Ausbildungszentrum in Lemberg ist ja inzwischen zerstört. Von Krieg war damals schon die Rede.
USA, GB und CAN haben ausgebildet.
Interessant auch die damaligen Kommentare…
Macht es völkerrechtlich einen Unterschied, ob man zur Kriegspartei wird, wenn man in dem zu unterstützenden Land ausbildet oder eben auf jenem Hoheitsgebiet, aus dem die ausbildenden Soldaten kommen?
Mit Krieg soll Recht und Regeln durchgesetzt werden, und zwar die des Siegers. Ist also egal, was unsere Juristen sagen, wenn die Russen es nicht interessiert.
@Jas: Amen!
Dieses akademische Klein-klein geht natürlich der deutsch-narzisstisch-pseudo-pazifistischen Front runter wie Öl. Passend zur irrationalen Atom- und Kriegsangst wird diese Einschätzung bereits rauf- und heruntergespielt. Als ob dies Zünglein an der Waage zwischen Vergewaltigungsbefehl, Städteauslöschung und Traktorklau plötzlich Russland auf den Boden von Recht und Ordnung zurückholt …
Staatsräson. Erinnert sich noch jemand daran, was das bedeutet?
Warum machen wir uns so unnütze Gedanken. Wer in Russland behauptet, dass die Russische Föderation KRIEG gegen die Ukraine führe. Riskiert eine fünf jährige Haftstrafe.
Wenn also Russland selbst bestreitet Teilnehmer oder gar agressor in einem Krieg zu sein kann Deutschland oder irgendein anderer dritt Staat ja auch nicht zur Kriegspartei werden.
Wir erleben doch Grade das Völkerrecht bedeutungslos wird wenn der Angreifer UN Vetomacht ist und obendrein über eines der größten Nuklear Arsenale der Welt verfügt.
Warum Russland noch nicht die Logistik Hubs in Polen und Deutschland mit Fernwaffen ausradiert hat liegt einzig am Schutz durch den NATO/US Atomschirm.
Da jede Form der Diplomatie versagt hat, kann man die Russen nur durch Schmerz von ihrem Vorhaben abbringen. Sprich soviel Russische Soldaten töten oder verwunden und soviel Technik zerstören das eine Fortführung der Operationen nicht möglich wird oder das Russische Volk Mal wieder eine Revolution gegen die Obrigkeit anstimmt…. darin haben die Russen Erfahrung.
Im letzen Jahrhundert haben sich die Polen, Balten und Finnen erfolgreich gegen die Russen (Sovjets) verteidigt. Die Ukraine muss jetzt nur lange genug durchhalten und der Kremel wird verhandeln.
Unser Job ist jetzt einfach die Mittel und Fähigkeiten dafür bereit zu stellen.
Wir müssen uns von dieser Angst befreien der Russe könnte militärisch gegen die NATO vorgehen… dazu sind sie unterhalb der Nuklearen Kapazitäten schlicht nicht in der Lage und da weiß jeder General das er sich nach dem Druck auf den Roten Knopf eine Kugel in den Kopf jagen kann (geht schneller und weniger qualvoll als an Strahlenkrankheit zu verrecken).
Wenn er sozialeingestellt ist hat er seiner Frau und den Eltern auch noch eine Pistole auf den Nachttisch gelegt.
Jeder Tag Krieg in der Ukraine und jeder Gefallene Russische Soldat, jeder zerstörte Russische Panzer erspart uns so zynisch das klingen mag zukünftige Kampfhandlungen in Polen, Moldawien, Lettland, Litauen, Estland oder Finnland. Die Ukrainer vergießen ihr Blut um das Blut von NATO Soldaten zu sparen.
Und entgegen einiger Stimmen zu Anfang des Krieges die vor einem Russischen Energieembargo gegen den Westen gewarnt haben…. ist genau das nicht eingetreten. Das Gas strömt durch die Pipelines nach Westen…. ist auch kein Wunder 40% des Russischen Staatshaushaltes werden durch Energieexporte erzielt.
Gegen Agressoren hat immer nur ein einziges Mittel geholfen….
Weiche nicht zurück!
Dafür muss man auch bereit sein sich eine blutige Nase zu holen.
Diese angebliche völkerrechtliche „Grauzone“ ist doch völlig unerheblich. Die russische Regierung interessiert sich doch sowieso nicht für Völkerrecht oder daraus resultierende juristische Betrachtungen. Ansonsten gäbe es ja keinen Krieg in der Ukraine.
Russland sieht die NATO-Mitgliedsländer nur deshalb nicht als Kriegspartei, weil die NATO stärker ist. Das ist auch die einzige Sprache, die dort verstanden wird. Die Äußerungen von Lawrow gestern und heute und die ständige Erwähnung und Drohung mit einem Atomkrieg sind untrügliche Parameter.
Wie denken sich dass die Leute mit der Ausbildung in einer fremden Sprache? Dass ist ein komplexes System. Einfach nur auf den Knopf drücken iss nich.
Leider wird das Gutachten in verschiedenen Medien mit teils sehr plakativen Überschriften versehen.
z.B.
[Links zu deutschen Verlagswebseiten finden hier bekanntermaßen i.d.R. nicht statt, deshalb Link gelöscht, aber die Überschrift bei Zeit Online kann man ja nennen:]
„Gutachten sieht Ausbildung ukrainischer Soldaten als Kriegsbeteiligung“
Ich finde die Medien sollten hier deutlich vorsichtiger formulieren, da es sich im Gutachten nicht eindeutig liest (Grauzone).
Dazu zwei Aspekte:
1. Wie viele hier schon anmerkten, Putin wird letztlich für sich entscheiden wer für ihn Kriegspartei ist. Und zwar so das es im nützt. Dafür würde alles als Vorwand herhalten, ob es stimmt oder nicht.
2. Wenn man es so auslegt wäre, Weißrussland vermutlich ebenso als Kriegspartei zu betrachten. Es hat sogar Basen für Angriffe aus seinem Territorium zur Verfügung gestellt.
[Den Link oben gelöscht, wie angemerkt; und Belarus wird ja in der Debatte ausdrücklich erwähnt. T.W.]
Ich komme bei der Diskussion leider nicht aus dem Kopfschütteln heraus….
Das Thema ist zwar vielleicht rechtlich interessant, allerdings in meinen Augen völlig irrelevant für die aktuelle Situation in der Ukraine.
Die Entscheidungsfindung in Moskau lässt sich offensichtlich nicht von rechtlichen oder moralischen Normen leiten, warum sollten sie sich dann dafür interessieren ob Deutschland in den eigenen Augen Kriegspartei ist oder nicht?
Wenn Putin uns als Kriegspartei dastehen lassen will, wird er das tun.
Und ob wir dann einen Zettel haben auf dem steht „wir sind der Meinung wir sind keine Kriegspartei“, dann interessiert das nochmal wen genau???? Richtig…… niemanden.
Wir sind seit unserer Waffenlieferungen Kriegspartei.
Nicht erst durch die kommende Ausbildung.
Wir verteidigen indirekt ein Land, welches weder zur NATO, noch zur EU gehört
– ohne UN-Mandat.
Ich muss leider sagen, wir befinden uns im Krieg gegen Russland, auch wenn es sich viele Politiker schönreden.
Könnte, möglicherweise, Grauzone. Wenn schon die Ausbildung von Personal als problematisch angesehen wird, dann ist die andere Aussage in diesem Gutachen für mich von größerer Bedeutung. Auch die Lieferung von Aufklärungsergebnissen (AWACS) und Geheimdienstinformation wird als noch viel problematischer angesehen.
Und das wird ja von Anfang an gemacht. Über den Umfang wird man wohl nicht im Spiegel oder der Tagesschau berichten. Putin bestimmt wer Kriegspartei wird. Dazu braucht er gewiss nicht das Völkerrecht. Gelingt es ihm aber, die bestehende Allianz aller Staaten aufzubrechen, weil einer kalte Füsse bekommt, dann wäre das für ihn ein großer Erfolg. Er hat ja schon damit begonnen, die Welt in freundliche und unfreundliche Staaten einzuteilen.
Eine sehr interessante Diskussion auf Basis eines ähnlich interessanten Gutachtens.
Auch wenn es juristisch nicht greifbar ist, gibt es hier eine Diskrepanz zwischen kodifiziertem und „gelebten“ Völkerrecht und einem gefühlten Völkerrecht putinscher Prägung.
Da wir uns nicht einmal auf eine einheitliche Sichtweise einigen können (innerrussischer Konflikt vs. Angriffskrieg auf die Ukriane), sind die ganzen Einschätzungen wertlos.
Was nützt es einem angegriffenen Polen (Namen kann durch jeden anderen Unterstützer der Ukraine ersetzt werden), wenn formaljuristisch dieser Angriff zwar nicht vom Völkerrecht gedeckt ist, aber trotzdem die russischen Einschläge die großstädtischen scheiben bersten lassen.
Solange es um einen UN-Veto-Staat handelt, ist jedweder Sanktionierungsversuch sinn-, wert- und nutzlos.
Machen wir uns nichts vor: die Diskussionen sind was für Schattenfechter und Winkeladvokaten.
Wenn Putin eine Handlung eines Unterstützers nicht gefällt und er meint, seinem Unmut militärisch Nachdruck verleihen zu müssen, dann ist es weiterhin unerheblich, wie die angetretene Jurispudenz das Geschehen bewertet.
Und was will ihn aufhalten?! Russland wird ihn niemals nach Den Haag ausliefern und als Milliardär lebt es sich auch in Russland trefflich. International ist er eh persona non grata und wird wohl auch nicht mehr gesellschaftsfähig werden.
Fallhöhe eher gering – zu verlieren hat er nichts.
Offenbar ist und bleibt die UN weiterhin ein Instrument der „Großen“ sich ihr Verhalten gegen die „Kleinen“ absegnen zu lassen. Die „Druckmittel“ gegen eine Veto-Macht sind rein symbolischer Natur und daher irrelevant.
Es bleibt leider festzuhalten, dass die Bezeichnung eines anderen Despoten für den „Völkerbund 2.0“ leider immer noch Bestand hat: „Schwatzbude“.
Ich schließe mich der bereits geäußerten Meinung an: Wir führen mal wieder eine typisch deutsche Scheindebatte, denn bei gleicher Argumentation und Sachlage ist die halbe NATO bereits Konfliktpartei. Ja – Ausbildung in Deutschland ist eine Sache, aber die andere eben auch logitische Drehscheiben zur Versorgung der UKR in Ost- und Südosteuropa inkl. geplanter Instandsetzung von Wehrmaterial. Sollte Putin einen Vorwand suchen, so hat er also bereits jetzt genügend Anlässe.
Was besonders dabei ärgert, ist die enstandene katastrophale Außenwirkung der Bundesrepublik und der Stempel als unsicherer Kantonist. Heute morgen kam auf WDR 5 dazu ein Beitrag, in welchem bei einer nicht repräsentativen Umfrage fast alle Befragten in Polen eine Bündnistreue Deutschlands im Falle eines russischen Angriffs auf Polen bezweifeln oder sogar erheblich bezweifeln. Mir schwant, dass diese u.a. Scheindebatten bewusst befeuert werden, da man im Kreml genau weiß, wie unsicher und reflexbehaftet der deutsche Michel bei solchen Themen ist; siehe Kundgebungen zum 1. Mai oder Wahlwerbung der extremen Linken MLPD in NRW z. Zt.
Wenn die Lieferung von Waffen an einen angegriffenen Staat völkerrechtlich unbedenklich ist, dann erst recht die Ausbildung an diesen Waffen zumal die Ausbildung nicht in der Ukraine stattfindet. Ohne Ausbildung sind Waffen nicht nutzbar. Warum soll es erlaubt sein, eine Waffe zu liefern, deren Nutzung dann völkerrechtlich unmöglich zu machen? Diese Logik erschließt sich mir nicht. Dann würde das völkerrechtlich gesicherte Recht auf Selbstverteidigung leer laufen. Vom Ende her gedacht, wäre damit die Existenz der Ukraine gefährdet. Das wird völkerrechtlich nicht zu begründen sein.
Natürlich ist Deutschland Kriegspartei. Deutschland ist eindeutig parteiisch und pro Ukraine. Das kann man nicht verleugnen und das ist auch gut so.
Kriegsteilnehmer ist Deutschland aber aus meiner Sicht eindeutig nicht.
[Ok, Sie haben da einen Punkt – aber in diesem Thread, wie auch in der Debatte insgesamt, dürften die beiden Begriffe als gleichgesetzt verstanden werden, und über Semantik zu streiten brauchen wir an dieser Stelle nicht. T.W.]
Sicher entscheidet RUS wer Kriegspartei ist und wie es darauf reagiert. Es geht mir hier aber um die politische Debatte in Deutschland.
Wenn die BReg nun de facto und ggf. auch de jure DEU zum Kriegsteilnehmer macht möchte ich darüber schon eine Abstimmung im BT – auf Grundlage des Gutachtens.
Es gab zwar über die Lieferung „schwerer Waffen“ eine Abstimmung, aber offenbar haben die Weiterungen, die sich aus dem Gutachten ergeben, niemanden interessiert.
[Ich finde es jetzt ein bisschen, nun, weitgehend, als gesichert zu betrachten, dass „die BReg nun de facto und ggf. auch de jure DEU zum Kriegsteilnehmer macht“… T.W.]
@vodoo, genau so ist es!! Mir kommt es vor wie eine gezielte Unterwanderung weiter Teile der Gesellschaft mit pro russischer Propaganda.
„Was besonders dabei ärgert, ist die enstandene katastrophale Außenwirkung der Bundesrepublik und der Stempel als unsicherer Kantonist. Heute morgen kam auf WDR 5 dazu ein Beitrag, in welchem bei einer nicht repräsentativen Umfrage fast alle Befragten in Polen eine Bündnistreue Deutschlands im Falle eines russischen Angriffs auf Polen bezweifeln oder sogar erheblich bezweifeln. Mir schwant, dass diese u.a. Scheindebatten bewusst befeuert werden, da man im Kreml genau weiß, wie unsicher und reflexbehaftet der deutsche Michel bei solchen Themen ist; siehe Kundgebungen zum 1. Mai oder Wahlwerbung der extremen Linken MLPD in NRW z. Zt.“
@TW
De facto weil die Lieferung der Waffen ja schon eine – noch niederschwellige – Ustg der UKR ist – dies hat die BReg ja beschlossen und wurde so dem BT zur Abstimmung vorgelegt.
Nun wird die Industrie und ggf. auch die Bw die nötige Ausbildung der UKR Sdt durchführen, und dies sieht das Gutachten (de jure; gerichtlich festgestellt ist es noch nicht, ob jemand klagt ?) eben als eine deutlich weitergehende Unterstützungshandlung an mit dem (möglichen) Verlust des Status der „Nicht-Konfliktpartei“.
Ich hätte als Staatsbürger da doch gerne eine rechtliche Klarstellung. Fatal wäre es, wenn das Gutachten zwar der BReg nicht aber den Abgeordneten vorgelegen hätte.
[Äh, nein. Die Ausarbeitung zitiert ein Zeitungsinterview mit einem Völkerrechtler, der sagt, unter Umständen könne im Einzelfall die Ansicht vertreten werden, Deutschland könne näher an eine Kriegsbeteiligung heranrücken. Ich habe die ausführliche Erklärung oben nicht zum Spaß geschrieben, sondern um deutlich zu machen, dass es mitnichten so juristisch eindeutig ist wie teilweise dargestellt. Außerdem: da es ein Papier des Bundestages und nicht der Regierung ist, lag es ziemlich sicher nicht der Bundesregierung vor, wenn es Abgeordnete noch nicht hatten. T.W.]
@Thomas Melber sagt: 02.05.2022 um 16:21 Uhr
„…aber offenbar haben die Weiterungen, die sich aus dem Gutachten ergeben, niemanden interessiert.“
Was für Weiterungen? Das Gutachten ist doch in diesem punkt schwammig. Es könnte eventuell unter Umständen sein, das man mit Ausbildung zur Kriegspartei wird. Aber das muss jeweils für den Einzelfall betrachtet werden.
Es fehlt eine klare und eindeutige Aussage. Das kann man so interpretieren wie Sie es tun, aber auch genau anders herum. Dieses Gutachten bewirkt nur eins, es facht in DEU völlig unnötige Diskussionen an, die außer einem interessierten Fachpublikum niemand wirklich versteht. Um es mal mit Asterix zu sagen: „Die spinnen, die Deutschen“. Im Ausland wird das erst recht keiner verstehen, worüber wir uns Gedanken machen.
Das sind typisch deutsche Luxusprobleme.
@ Jas sagt:
02.05.2022 um 12:54 Uhr
+1
Wenn Putin einen Krieg mit der NATO will, braucht er keinen Grund bzw. für sein Volk, erfindet er einen!
Daher ist die Diskussion, wo die rote Linie für Putin ist, irrelevant.
Russland muss so geschwächt werden, dass er selbst erkennt, dass Russland für ein Krieg gegen die NATO nicht in der Lage ist.
Daher müssen wir die Ukraine wirksam unterstützen, die Ostflanke stärken und unsere eigenen Streitkräfte ertüchtigen.
Denn nur dadurch verliert Putin die Lust an einer Eskalation.
@Dante:
Englisch ist als Sprache bekannt oder?
@ Der Realist
„Wir sind seit unserer Waffenlieferungen Kriegspartei.
Nicht erst durch die kommende Ausbildung.
Wir verteidigen indirekt ein Land, welches weder zur NATO, noch zur EU gehört
– ohne UN-Mandat.
Ich muss leider sagen, wir befinden uns im Krieg gegen Russland, auch wenn es sich viele Politiker schönreden.“
Ist Ihnen das gar nicht peinlich? Ihre Meinung sei Ihnen gelassen, nur mal so als Denkanstoß: Ist man keine Kriegspartei in einem Krieg wenn das Land dem man hilft in der EU oder Nato wäre oder man ein UN Mandat hätte? Was wäre dann anders?
Wirklich sehr schwierig……GENAU NIX. Wir DÜRFTEN der Ukraine völkerrechtlich jederzeit mit allem helfen was wir haben. DANN wären wir aber auf jeden Fall Kriegspartei.
@all:
Im übrigen ist die Debatte irrelevant. Entweder Putin greift die NATO an oder eben nicht. Einen Grund braucht er dabei nicht, es geht wohl nur darum, ob er damit rechnet gewinnen zu können. Ob er damit weitere Länder völkerrechtswidrig überfällt ist Putin doch schnurzpiepegal. Und de facto ist es auch vollkommen egal. Ob er zwei, drei oder hundertmal das Völkerrecht bricht sollte keinen Unterschied mehr machen.
Kann ich das auch auf Fälle im Individualrecht anwenden? Dementsprechend wäre bei einem Mord mit Schusswaffe der Waffenverkäufer ein feiner Kerl, der Ausbilder am Schießstand, der den verantwortungsvollen und sachgemäßen Umgang lehrt, aber Mordgehilfe?
[Super, jetzt erreicht die juristische Debatte neue Höhepunkte, und so geniale Vergleiche, die Ukraine als Mörderbande… wir stellen das jetzt bitte umgehend ein. T.W.]
Juristisch mag es (insbesondere für die Aufarbeitung von z.B. Kriegsverbrechen, der Festlegung von Kriegsreparationen, dem Abschluss eines Friedensvertrages NACH dem Kriegsende) von völkerrechtlicher Bedeutung sein. Momentan scheint es eher ein Luxus-Problem im deutschsprachigen Raum zu sein.
Frage: Gibt es denn inzwischen eine diplomatisch offizielle Kriegserklärung von RUS an die UKR?
Nur mal als Frage:
Ich arbeite normalerweise wissenschaftlich. Ich würde normalerweise nicht einmal im entferntesten daran denken Zeitungsinterviews oder andere Zeitungsartikel als Grundlage für ein „Gutachten“ zu nehmen. Meine Gutachten muss ich wissenschaftlich begründen können.
Was will man eigentlich mit solch einem Gutachten?
Wenn man übliche Gutachteritis betrachtet, könnte man auch auf die Idee kommen, dass das Gutachten im Sinne der SPD Erzählung vom „Wir wollen keine Kriegspartei werden“ erstellt wurde. Bei den „Quellen“ ist es doch ein leichtes das so zusammenzuschreiben, dass die richtige Richtung rauskomme. Andere Juristen und „Gutachter“ haben dann eben die gegenteilige Meinung…..(und eventuell 1 Jurist auch mal 3 Meinungen gleichzeitig ;) ))
Und eigentlich heißt es ja in dem Gutachten ja nur „könnte, vielleicht, Graubereich“
Dann sind wir durch die Ausbildung saudischer Soldaten auch Kriegspartei im Jemen. :O
@Militärökonom sagt: 02.05.2022 um 18:48 Uhr
„Frage: Gibt es denn inzwischen eine diplomatisch offizielle Kriegserklärung von RUS an die UKR?“
Eigentlich bedarf es da keiner Antwort. Wenn Sie diese Frage der RUS-Regierung stellen würden wäre die Antwort ungefähr so: „Krieg? Welcher Krieg?“. RUS führt immer noch eine Spezialoperation durch. Das wäre es als Antwort.
Ich frage mich, ob es sinnvoll ist, öffentlich zu machen, wer, wen, wo, an was, ausbildet und wer, was, wohin liefert.
Ich habe leider nie gedient, aber ist es gut, dem Gegner in einem bewaffneten Konflikt, seine Karten zu zeigen?
Bis hin zu den Aussagen aus dem BMdV, „Wir sind blank“.
Ist es nicht besser, den Gegner da im unklaren zu lassen?
Beeindruckt das Moskauer-Regieme unsere Angebotspalette, oder die der anderen Unterstützer, oder ist das ehr gut, für das jeweilige „Nations-Ego“, bzw. den anderen Unterstützern zu zeigen „Wir auch“ ?
Die juristische Bewertung ist ohne jede Relevanz. Dies würde voraussetzen, dass es ein oberstes Gericht gibt, dem sich alle Konfliktparteien unterwerfen.
Militärische Potenz folgt aus wirtschaftlicher Potenz, nicht anders herum. Nach Guderian ist Krieg die die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Ergo stellt sich die Frage, ab welchem Punkt zieht der Gegner die Samthandschuhe aus und teilt Schläge aus die richtig weh tun. Nur darum geht es.
[Oh weh, jetzt wird’s ein bisschen… merkwürdig. Damit Sie nicht Spott ernten: Das mit der „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ ist nicht von Guderian, wirklich nicht. T.W.]
@TW: Ja nach Clausewitz, iss schon klar … Das schmählert mein Argument aber in keinster weise!
1. Daß die Bundesregierung und der Bundestag ihr Handeln juristisch begleiten läßt, ist in einem Rechtsstaat selbstverständlich. Deutschland hat sich zur Einhaltung des Völkerrechts verpflichtet, und daran ist auch der Kanzler gebunden. Was das bedeutet, ist gegebenenfalls juristisch zu klären. Im angesprochenen Fall wird sich daraus eine juristische Debatte entwickeln, in der es verschiedene Meinungen und Einschätzungen geben wird. Sollte Klarheit gesucht werden, muß es eben vor das Bundesverfassungsgericht.
2. Nun glaube ich, daß die Ausbildungsfrage in erster Linie politisch zu entscheiden ist: Will die Bundesregierung das, oder nicht? Es besteht dann ein gewisses juristisches Risiko – das ist für micht die Aussage des juristischen Thesenpapiers. Das eigentliche Risiko ist allerdings die russische Reaktion, und die dürfte sich in der Tat mit den juristischen Quisquilien eher nicht abgeben. Da finde ich den Blick auf Korea, Vietnam etc. aussagekräftiger, wo die durchaus mögliche Kriegsausweitung eben aus militärisch-politischen Gründen nicht stattfand.
3. Deutschland ist auf jeden Fall schon Partei. (Gut so, finde ich.) Im Blick auf die russische Kriegszielpropaganda und das dem entsprechende imperialistische Agieren der russischen Armee unter Putin sehe ich nicht, wozu eine „Nicht provozieren!“-Haltung gut sein soll. Dann doch eher dafür sorgen, daß Rußland sich militärisch, diplomatisch und ökonomisch weiter schwächt. Wenn dazu die Lieferung von Waffen und die Ausbildung an Waffen gehört, dann ist es eben so. Wie gesagt – eine in meiner Sicht politische Entscheidung aufgrund einer politischen Abwägung.
Was passiert eigentlich, wenn es irgendwann zu einem Waffenstillstand kommt.
Ich geh mal davon aus, dass dann die Unterstützung durch den Westen erstmal weitergeht.
Hat dann aber Russland die Möglichkeit seine materiellen und personellen Verluste in gleichem Maße zu regenerieren? Ich geh mal davon aus, dass nicht.
Ist Russland dann aber nicht in gewissem Maße in der Zwickmühle, auf der einen Seite seine Kräfte regenerieren zu müssen, auf der Anderen den Druck aber nicht von der Ukraine nehmen zu können, um nicht Gefahr zu laufen das sich die Ukraine zu stark erholt.
Allen die hier festhalten, dass es für Putin egal ist, was wir über das Völkerrecht denken sei zugestimmt.
Wir sollten uns daher sicherlich nicht davon leiten lassen was wir glauben, was Putin vielleicht glaube und/oder behaupten könnte.
Aber die Frage hat auch eine Dimension. Wir als Bundesrepublik Deutschland sind ja an Recht und Gesetz gebunden. D.h. wir müssen uns sicher sein, wie WIR es rechtlich nach bestem Wissen und Gewissen einschätzen. Als Beispiel sei hier nur mal der hypothetische Fall eines Angriffs RUS SpezKr gegen die Ausbildungseinrichtung in DEU und gegen die dort eingesetzten DEU oder USA Ausbilder. Wenn wir mit der Ausbildung rechtlich in den Krieg eintreten, dann darf RUS das! Wenn nicht, dann wäre es eine Straftat der teilnehmenden Sdt. Das gleiche gilt für RUS Besitz in DEU. Wenn wir Kriegspartei werden, dann stehen uns völkerrechtlich andere Maßnamen zu, als wenn wir rechtlich neutral sind.
Zusammenfassung: es ist zwar egal was Putin behauptet was (Völker)-Recht ist, aber es ist für uns nicht egal, was wir nach bestem Wissen und Gewissen davon halten.
Unabhängig davon, darf man solche Gutachten des WD nicht zu hoch hängen. Das sind zumeist wissenschaftliche Ausarbeitungen mit Meinungscharakter. Wenn diese sich nicht auf eine etablierte Rechtsprechung und/oder eine herrschende Lehrmeinung, dann sind sie genauso richtig oder falsch wie möglicherweise gegenläufige Gutachten anderer Fachleute.
Man sollte diese keinesfalls ignorieren, aber man muss diese häufig auch nicht als einzig zulässig Auslegung betrachten.
@ Dominik
Ist mir das peinlich? Nein, überhaupt nicht. Es ist meine Meinung, die aber sehr viele in Deutschland teilen. Und sie sagt nichts darüber aus, wie ich generell zum aktuellen Krieg in der Ukraine oder zu Waffenlieferungen oder der Ausbildung von ukrainischen Soldaten stehe.
Wir bewegen uns aktuell in einer Grauzone, die aber vom größten NATO-Gegner leider als ziemlich schwarz wahrgenommen werden könnte. Und da dieser Gegner eben leider nicht nur marode Panzer im Einsatz hat, könnte es für uns sehr ungemütlich werden.
Aber das scheint Ihnen egal zu sein.
Just my two cents:
Ob Russland Deutschland oder ein anderes Land als Kriegspartner ansieht, dass hängt wohl hauptsächlich davon ab, ob das russische Regime dies so sehen will und weniger davon, wie wir uns verhalten.
Die Diskussion über ein juristisches Papier, in dem eine an Schwammigkeit kaum zu übertreffende Möglichkeit in Betracht gezogen wird, ist somit wohl sinnlos und nutzt vorrangig Russland, dass mit seinen Drohungen gegen die Unterstützer der Ukraine, einen Keil in die weitgehende Einigkeit der demokratischen Regierungen Europas treiben will.
Eine Berufung Russlands auf irgend welche Formen internationalen Recht ist wohl an Lächerlichkeit nicht zu überbieten, wenn man sich den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine und die teils systematischen Grausamkeiten und Kriegsverbrechen der russischen Armee gegen die Zivilbevölkerung betrachtet. Von den organisierten Diebstählen und Plünderungen von Einkaufscentern und hochwertigen Landmaschienen, will ich da gar nicht sprechen.
Solange man in Russland in den Knast geht, wenn man bei den über zehntausend toten russischen Soldaten von Krieg spricht, solange wird Deutschland wohl kaum Kriegspartei werden. Und wenn, dann sei es drumm! Die Ukraine führt einen Abwehrkampf der absolut gerechtfertigt ist und jedes dort vernichtete russische Waffensystem und jeder dort getötete russische Soldat reduziert die Gefahr für Europa. Dafür bin ich gerne bereit Einschränkungen und kosten auf mich zu nehmen. Dass Duckmäusertum wie 2014 keinen Frieden sichert, dass haben wie inzwischen wohl hoffentlich gelernt.
@Dominik
Normalerweise ist das auch nicht der Stil des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. In aller Regel haben die Gutachten, die von dort kommen, „Hand und Fuß“. Hier ist das anders. Warum das so ist, kann ich nicht sagen. Insoweit kann ich nur spekulieren, dass diese konkrete Frage noch nie in der deutschsprachigen Literatur zum Völkerrecht behandelt worden sein könnte und eine Recherche in der fremdsprachigen Literatur zeitlich oder kapazitätsmäßig nicht möglich gewesen sein könnte. Ich würde vermuten (kann es aber nicht sicher sagen), dass es zur Frage des Kriegsbeitritt englischsprachige Fundstellen gibt. Sinnvoller wäre es hier gewesen, dass MPI in Heidelberg mit einem solchen Gutachten zu beauftragen.
Das Gutachten ist insoweit auch inhaltlich sehr schwach. Das Völkerrecht ist im Kern die Staatenpraxis. Es ist deshalb in großen Teilen ungeschrieben und wird dadurch „erschaffen“, dass Staaten eine bestimmte Frage in einer bestimmten Form behandeln. Insoweit käme es schon darauf an, was gewichtige Stimmen unter den Völkerrechtlern zu einer bestimmten Rechtsfrage sagen, weil sich dadurch bestimmte Linien herausprägen können. Völkerrecht wird aber sicherlich nicht dadurch geprägt, dass eine einzelne Stimme in einer Tageszeitung etwas sagt. (Zudem müsste auch Herr Thielbörger einmal gefragt werden, ob er überhaupt so interpretiert werden will. Ich vermute, dass er das nicht will.)
Daraus hätten sich mit einer genaueren Betrachtung der historischen Umstände m.E. erkennen lassen müssen, dass es gerade eine gegenteilige Staatenpraxis gibt, wonach auch die Ausbildung keine Kriegsbeitritt ist. Es gibt jedenfalls unzählige Beispiele, in denen niemand auf die Idee gekommen ist, dass eine Beteiligung (auch durch Ausbildung) kein formaler Kriegsbeitritt ist. Beispiele dafür wäre etwa der Vietnamkonflikt (kein Beitritt der SU trotz Ausbildung sogar in Nordvietnam), Afghanistan zwischen 1979 und 1989 (kein Kriegsbeitritt der USA trotz Ausbildung an Stingersystemen), vermutlich auch der Koreakrieg (wo erst die Teilnahme an Kampfhandlungen durch Soldaten der SU von dieser wohl offensichtlich als Eintritt gesehen wurde, weil gerade das ja verheimlicht stattfand). Historiker könnten sicherlich noch einige weitere Beispiele nennen.
Das Ganze ist eine Diskussion um des Kaisers Bart.
Wenn Putin das als Kriegsbeteiligung betrachtet dann ist es so. Wenn nicht dann nicht.
Das gilt für das Ausbilden genau so wie für das Liefern. Und wenn Putin der Meinung ist dass wir zu viel Popmusik hören kann er das auch als Kriegsbeteiligung werten.
Denn was Juristen in fernen Ländern schwätzen interessiert ihn herzlich wenig.
Die Frage muss lauten:
1. Was betrachten die Russen als Kriegsbeteiligung?
sowie
2 Was kann Rußland dagegen tun?
Ich spiel mal Advocat Diaboli.
zu 1. unsere Existenz als erfolgreiche demokratische Rechtsstaaten reichen als Provokation aus.
zu 2. er kann uns natürlich Gewalt antun. Aber alles unterhalb einer nuklearen Exkalation wird zu einer vernichtenden, geradezu asymetrischen Niederlage für Rußland führen.
Naja, jetzt wandert er angeblich ersteinmal ein paar Wochen ins Krankenhaus. Vieleicht ist der Spuk ja anschliessend vorbei.
Ist eigentlich irgendjemand mal auf die Idee gekommen, das es auch im (militärischen) Interesse der Ukraine sein könnte, das EskalationsTEMPO herauszunehmen… …bis die westliche Rüstungsindustrie hochgefahren ist?
Wenn VVP sich sofort und umgehend überlegenen Kräften gegenüber sähe, auch nur vermeintlich, könnte der Frosch ja aus dem Topf mit kochendem Wasser heraushüpfen oder die Generalmobilmachung befehlen. Beides nicht optimal für das erklärte US-Ziel (das auch unseres sein muss), der RF einen zweiten solchen Angriffskrieg auf weitere Zeit unmöglich zu machen. Um aber die russischen Streitkräfte wirksam abzunutzen dürfen sie Stand jetzt weder komplett raus (derzeit unwahrscheinlich) noch all-in gehen. Das mag sich ändern wenn die Ukraine zur Phase Rückeroberung aller besetzten Gebiete übergeht. Aber bis dahin ist es mMn noch ein weiter Weg.
SunZu sagt: Wenn du stark bist wirke schwach.
@T.W., Koffer 02.05. 23:27, Realist 02.05. 23:36, Völkerrecht 03.05. 01:06, +1
Vielen Dank an Herrn Wiegold für die sehr klare und ausgewogene Herausarbeitung der Quelle des WD des BT und deren Einordnung. Ich teile die Ansicht, dass ein “wissenschaftlicher Dienst” auch entsprechende Quellen nutzen sollte. Jedoch, wie vom Hausherrn klargestellt, war diese Fragestellung ja nur eine Randnotiz eines Gutachtens, welches seit knapp 2 (!) Monaten zur Verfügung stand. Die gegenwärtige Lage gibt doch allen Grund, in dieser Frage weiter zu recherchieren um präzisere Rechtsmeinungen einzuholen. „Wieso der Aufwand?“, fragen sich in diesem Thread manche, schließlich schere sich RUS ja auch nicht ums Völkerrecht (VR).
Hierzu 3 Punkte:
1. Nur weil das VR RUS derzeit nicht ausreichend zu begrenzen scheint in seinem Handeln, kann sich eine „westliche Staatengemeinschaft“ nicht selbst von dessen Bindung freisprechen. Die Folge wären ultimativ ein totaler, unregulierter Krieg, wenn man die auf der Zeitachse erwartbare Eskalation berücksichtigt.
2. Das VR wurde grade von DEU, seinen Medien und auch vielen Foristen hier wiederholt angeführt als es um die schnelle Verurteilung und Einordnung des RUS Angriffs auf die UKR ging. Also wenn man schon auf das VR beharrt, dann doch bitte konsequent und nicht nur bei Bedarf. Truppensprech: Völkerrecht ist keine Einbahnstraße. ;)
3. Trotz der unscharfen Quellenlage und des zweifelhaften Rechtswerts dieses Gutachtens ist doch ein Punkt klar: Die Ausbildung UKR Kräfte an DEU Waffen auf DEU Boden um in Anschluss mit diesen Waffen RUS Soldaten zu töten (ich spreche es mal aus) stellt eher einen Schritt in Richtung Kriegseintritt dar als einen Schritt in Richtung Neutralität. Daher könnte man diese Entscheidung der Bundesregierung durchaus als eine weitere Schleife in der Eskalationsspirale Richtung 3. Weltkrieg dokumentieren, sollte es mal so weit kommen. Hier frage ich mich schon, ab welchem Punkt in dieser Spirale die Exekutive (Bundesregierung) ihre Kompetenzen überschreitet und ein BT-Beschluss (Legislative) notwendig it.
Als Soldat kommen mir, rein hypothetisch gesprochen zu dieser Zeit, Grundfragen der Inneren Führung und des Befehlsrechts in den Sinn, vor allem wenn man sich den grundgesetzlichen Auftrag der Bundeswehr in Erinnerung ruft:
Ich kann derzeit keinen klaren Fall der Landes- oder Bündnisverteidigung erkennen!
Ich möchte gerne an dieser Stelle mal zwei Aspekte „aufbröseln“, die gerne mal miteinander verwoben werden, obwohl sie m. M. nach getrennt werden müssen.
W
Das eine ist der Aspekt der „Moral“, das andere der Aspekt der „Angst“.
Zur Moral:
Die Frage, ob man die Ukraine weitmöglichst in ihrem Selbstverteidigungsrecht unterstützt, ist letztendlich die Frage, wie man den Ausgang des Krieges beurteilt.
Glaubt man, dass die Ukraine auf jeden Fall verlieren wird, dass der Ausgang des Krieges auf jeden Fall eine besetzte Ukraine sein wird, kann man die Ukraine eben nicht militärisch unterstützen. Denn: jeder weitere Tag Krieg bedeutet das Töten und Sterben von Menschen.
Der Ausgang wäre auch ohne eben dieses unerträglicheLeid dasselbe.
Darum habe ich auch hier mal in einem anderen Thread kommentiert, dass wir keine Waffen liefern dürfen.
Dann hat sich allerdings die Ukraine sehr viel besser geschlagen, als ich gedacht hätte. Und Russland sehr viel schlechter…
Und ich habe einen Leuchtstreifen am Horizont gesehen. Seitdem bin ich für die Unterstützung der Ukraine. Vielleicht gelingt es wirklich, Russland in seinem imperialistischen Streben zu stoppen, so sehr zu schwächen, dass wir zumindest die nächsten Jahre Ruhe haben.
Der zweite Aspekt ist die frage der „Angst“:
Ich möchte hier gerne mal ein „was wäre wenn…“ Szenario durchspielen. Im Prinzip ist es auch okay, weil alle Kommentare hier eigene, subjektive Wahrnehmungen, wie Russland reagieren wird voraussetzen.
Was wäre also, wenn Deutschland auf dem eigenen Staatsgebiet ukrainische Soldaten ausbildet? Und dies auch noch mit genauen Standortdaten versieht, also hier genau bilden wir an diesem und jenem Waffensystem aus.
Und was wäre wenn… Russland das dann als Argument nimmt, genau diese militärischen Standorte zu bombardieren? Also nichtatomar, sondern konventionell?
Russland bombardiert dann nur ein rein militärisches Ziel, nämlich die entsprechende Kaserne.
Und dann? Dann gibt es genau zwei Szenarien:
1. Die NATO reagiert auf diesen Bündnisfall. Es wird Raketen gegen Russland geben, eventuell wird auch einmarschiert. Der dritte Weltkrieg ist nicht mehr zu vermeiden. Auch atomar. Wir können uns jetzt dann alle schon mal von unseren Liebsten verabschieden. Von unseren Kindern, unseren Eltern, von unseren Freunden… Die Wahrscheinlichkeit, dass wir überleben werden ist gering.
2. Deutschland und die NATO reagieren besonnen. Es soll auf jeden Fall der dritte Weltkrieg vermieden werden. Darum akzeptiert man halt einfach die paar 100 Tote in der Kaserne. Und Putin hat jetzt danach einfach die Macht, beliebig Städte und Standorte anzugreifen, die er als nicht genehm empfindet. Alternative: dritter Weltkrieg mit Atomwaffen.
Vielleicht sollten wir einfach mal die Eskalationsschraube rausdrehen. Ich bin wirklich kein Putin–Fan. Aber ich habe Angst. Meiner Meinung nach, ist die besonnene Haltung der Bundesregierung richtig in dieser Situation. Leider wird aber die Eskalation auch gerade von den Medien wirklich hochgepusht. Besonnenes Handeln im Verborgenen, weitab davon, sich von den Medien jagen zu lassen, wäre m. M. Nnach die richtige Vorgehensweise. Und auch viele Soldaten sollten sich mal wieder darauf besinnen, dass sie einen Eid/Gelöbnis auf das Wohlergehen der Bundesrepublik geleistet haben. Damit ist die Bevölkerung gemeint!
@Hetfield sagt: 03.05.2022 um 9:03 Uhr
„Hier frage ich mich schon, ab welchem Punkt in dieser Spirale die Exekutive (Bundesregierung) ihre Kompetenzen überschreitet und ein BT-Beschluss (Legislative) notwendig it.“
Der Bundestag hat doch der Lieferung von schweren Waffen und Ausbildung in Deutschland, auch durch die Bundeswehr, zugestimmt. damit hat man doch eindeutig Position bezogen. Es ist keine weitere Legitimation notwendig.
„Ich kann derzeit keinen klaren Fall der Landes- oder Bündnisverteidigung erkennen!“
Ich auch nicht. Allerdings lassen Sie völlig die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Auslandseinsätzen etc. gem. Art 24 GG außer acht. Es gibt da mehr, als den von Ihnen sehr eng abgesteckten Rahmen. Der Primat der Politik hat seine Aufträge erteilt und entsprechend legitimiert. Es wird nicht zu strafbaren Handlungen oder Verstößen gegen irgendwelche Rechtsnormen aufgerufen, Sie brauchen sich also um Innere Führung und Befehlsrecht nicht zu sorgen.
Das Ihnen das nicht gefällt, ist auch in Ordnung, schließlich haben die Linke und AFD auch dagegen gestimmt. Allerdings zählt in einer Demokratie das, was die Mehrheit beschließt, auch wenn es nicht der eigenen Meinung entspricht.