Wird Deutschland mit Ausbildung ukrainischer Soldaten zur Kriegspartei? Ein Vielleicht mit Fragezeichen
Die Frage, ob Deutschland mit Waffenlieferungen an die Ukraine im russischen Angriffskrieg ebenfalls Kriegspartei werden könnte, bewegt derzeit die öffentliche Diskussion. Eine Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages verneint das – und sieht allerdings eine Grauzone bei der Ausbildung von Ukrainern an diesen Waffen in Deutschland.
Der Sachstandsbericht der Parlamentswissenschaftler mit dem Titel Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme stammt bereits von Mitte März. Die Ausarbeitung (über die zuvor das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet hatte), stellt deshalb die damals vorherrschende Frage in den Mittelpunkt, ob eine Unterstützung für die ukrainische Luftwaffe durch die Lieferung von Kampfjets aus NATO-Ländern und eine mögliche Nutzung von Flugplätzen in diesen Ländern als Kriegsbeteiligung anzusehen sei. Die mögliche Lieferung von MiG29-Kampfjets aus osteuropäischen Mitgliedsländern der Allianz hatte damals die Diskussion bestimmt.
Seitdem hat sich die Debattenlage grundlegend verändert: Eine Ausbildung von Ukrainern an gelieferten Waffen ist nicht mehr hypothetisch, sondern findet inzwischen statt. Bereits am 22. April hatte der Abteilungsleiter Führung Streitkräfte im deutschen Verteidigungsministerium, Generalleutnant Kai Rohrschneider, öffentlich mitgeteilt, dass die USA auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern ukrainische Soldaten an Haubitzen ausbilden wollen. Zudem plane die Bundeswehr eine solche Ausbildung an von den Niederlanden gelieferten Panzerhaubitzen 2000 (Foto oben) an der Artillerieschule in Idar-Oberstein. Pentagon-Sprecher John Kirby hatte diese Ausbildung am vergangenen Freitag bestätigt.
Ob eine solche Ausbildungsunterstützung nun eine Kriegsbeteiligung bedeute, nimmt in dem Bundestags-Gutachten eine untergeordnete Bedeutung ein. Diese Frage wird in der zwölfseitigen Ausarbeitung nur in einem Absatz angesprochen:
Bei Unterstützungsleistungen auf der Grundlage von non-belligerency bleibt der Umfang von Waffenlieferungen, aber auch die Frage, ob es sich dabei um „offensive“ oder „defensive“ Waffen handelt, rechtlich unerheblich. Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.
Als Beleg dafür wird ausschließlich ein Interview der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) mit dem Bochumer Völkerrechtler Pierre Thielbörger angeführt. In dem am 13. Februar erschienenen Interview, also deutlich vor Beginn des russischen Angriffskrieges und auch vor Beginn deutscher Waffenlieferungen, hatte der Jurist verneint, dass Waffenlieferungen allein ein Land zur Kriegspartei machen würden. Aber:
Bei Waffenlieferungen ist es etwas komplexer als bei Wirtschaftssanktionen. Bei Waffenlieferungen spielen Art und Umfang eine Rolle. An sich sind Waffenlieferungen allein noch keine Kriegshandlung. Es gibt keine Staatenpraxis, die das annimmt. Anders könnte es sein, wenn es eine Beratungsleistung gibt, wie Waffen zu gebrauchen sind. Aber auch hier bleibt die Betrachtung des Einzelfalls ausschlaggebend.
Auf die Nachfrage, ob Deutschland also zum Beispiel Panzerabwehrwaffen liefern dürfe, aber den Ukrainern den Gebrauch nicht erklären dürfte, antwortete Thielbörger: Jedenfalls würde man sich damit der roten Linie, ab der man Kriegspartei ist, einen Riesenschritt nähern.
Eine Aussage, dass Deutschland mit der Ausbildung der Ukrainer tatsächlich Kriegspartei würde, ist das noch nicht.
Ergänzung: Zum Stand der Ausbildung der USA für ukrainische Soldaten Angaben vom (heutigen) Montag aus dem Pentagon, notiert von Dan Lamothe von der Washington Post:
Training of Ukrainians on Western systems continues.
Fifty Ukrainian artillerymen are expected to complete a week-long familiarization course today on the American howitzers, bumping the total number to receive the training to about 220, the official said.
Twenty Ukrainian soldiers began receiving training yesterday on how to use the new Phoenix Ghost drone. The unmanned aircraft is a loitering munition that can be flown directly into Russian vehicles or troop formations.
(Archivbild Oktober 2018: Niederländische Panzerhaubitze 2000 bei der Erprobung von Excalibur-Munition in Schweden – Foto defensie.nl)
@JAS
Das Völkerrecht ist eine Zusammenstellung von Regeln, auf die sich die meisten Staaten verständigt haben. Egal wie diese Staaten regiert werden. Die Charta der Vereinten Nationen baut auf dem, was davor schon Völkerrecht war auf, Das Völkerrecht ist aber kein Gesetzbuch. Viele Dinge sind im Völkerrecht auch nicht im Detail geregelt. Entscheidungen über die Einstufung von dem, was dem Völkerrecht entspricht und was nicht, hängen im Detail von den Umständen ab.
EIn Problem, dass die Sache mit Sezessionen so schwierig gestaltet, ist der Umstand, dass im Völkerrecht das Recht eines Staates auf die Unverletzlichkeit der Grenzen und des Selbstbestimungsrecht der Völker gleichberechtigt neben einander stehen. Wenn die Regionalregierung der Krim die Krim-Bewohner in einem Referendum entscheiden lässt, ob sie lieber zu Russland oder zur Ukraine gehören wollen, dann fällt das unter das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Aber es verletzt das Recht der Ukraine auf auf die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen. Als die Kroaten, gegen den Wiederstand der jugoslawischen Regierung, sich für die Selbstständigkeit entschieden, war das ihr gutes Recht im Einklang mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Gleiches gilt für die Sezessionen Sloveniens, Bosniens und des Kossovo. Die Anerkennung all jener Sezessionen durch die Bundesrepublik waren jede für sich genommen Verletzungen des Völkerrechts.
Wenn jetzt also die Schotten ihre Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich und die Katalanen ihre Unabhängigkeit von Spanien fordern, dann ist das im Einklang mit dem Völkerrecht und gleichzeitig ein Bruch des Völkerrechts, wenn die jeweiligen Staatsregierungen das ablehnen.
Dabei ist es eigentlich egal, ob die jeweilige Sezession nun international anerkannt wird oder nicht. Taiwan, Transnistrien, Abchasien und Südossetien sind de facto unabhängige Staaten. Was Russland da in der Ost-Ukraine treibt ist am besten vergleichbar mit der Sezession des Kossovo. Das Kossovo war von NATO-Truppen besetzt, es wurden gewünschte Leute, um die Begriffe „nationalistische Halsabschneider, Banditen und Mörder“ zu vermeiden, zur Regierung „gekürt“, die wiederum die Abspaltung des Kossovo von Serbien (ganz ohne Volksentscheid) verkündeten.
Russland kann also in der Ukraine Fakten schaffen, wenn es der ukrainischen Armee nicht gelingt, die russische Armee von ihrem Territorium zu vertreiben.
@Hetfield, 03.05.2022 um 9:03 Uhr
Sorry, wenn Sie einen Fall der Landes- oder Bündnisverteidigung erkennen, dann ist es ZU SPÄT!!
Dann kämpfen wir bereits an der Oder, an der Ostseeküste und ggf. auch bald in Berlin!
Sie als Soldat fangen doch auch nicht mit Ihrer Ausbildung und Vorbereitung auf einen potentiellen Krieg an, wenn der Gegner an ihre Haustür klopft! Auch Sie treffenn Maßnahmen, um kampfbereit zu sein, den Gegner von einem Angriff abzuschrecken, sich vorzubereiten. (Jedenfalls hoffe ich das!)
Ich bin froh, dass man die russischen Fähigkeiten, Krieg zu führen, gerade in der Ukraine ziemlich effektiv eindampft. Das mag zynisch sein, aber gerade deshalb sollten wir die Kameraden dort so weit wie möglich ertüchtigen.
Fussgaenger, 03.05.2022 um 10:52 Uhr
Apropos „eindampfen“: Wenn Deutschland und NATO so weitermachen, der Ukraine schwere Waffen liefern und ukrainische Soldaten ausbilden, wird es zu einem Atomkrieg kommen. Auch, weil Putin kein gesichtswahrender Ausstieg mehr gewährt wird. Die Parole wurde seitens „des Westens“ doch schon ausgegeben: „Putin muss diesen Krieg verlieren!“ Die Devise ist also, dass Russland fallen, am Besten ganz implodieren muss. Ganz oder gar nicht. Hier geht es um die Existenz Europas – und Russlands.
Russland hat zu viel riskiert, als dass es jetzt einen Rückzieher – „aus unhaltbarer Position“ (v. Clausewitz) – machen könnte oder gar würde. Alle russischen/putinschen Lügen und Propaganda hin oder her, ein immenser Schaden ist bereits angerichtet. Das enorme Risiko des Angriffskrieges auf die Ukraine, die Verletzung des Völkerrechts, Sanktionen, Isolation und internationale Ächtung, tote Russen und Ukrainer. Russland *kann* nicht aufhören, die NATO-Osterweiterung wenigstens für die Ukraine zu verhindern, um den Machteinfluss der USA zu beschränken. Das war immer das Ziel. Das war lange Zeit vorher bekannt. Die Russen haben es immer wieder gesagt – es wurde immer wieder ignoriert.
Diese Situation ist wesentlich gefährlicher als die Kuba-Krise. Darüber sollten sich alle klar sein.
@Schlammstapfer sagt: 03.05.2022 um 10:40 Uhr
Da liegen Sie diesmal aber so richtig daneben. Jugoslawien war ein föderativer Staat, genauso wie die Bundesrepublik Deutschland einer ist. Wenn eine Provinz, oder in unserem Fall ein Bundesland, aus dieser Föderation ausscheiden will, dann ist das alles mögliche, aber kein Bruch des Völkerrechts. Die Föderation kann nach außen hin nur die Grenzen ihrer Mitglieder geltend machen. Ein Bruch des Völkerrechts wäre es, wenn man diese Provinzen zwingt, in der Föderation zu verbleiben.
Ich finde es schon arg bedenklich, das Sie die Auflösung der Sowjetunion (CCCP= SSSR = Vereinigte Sozialistische Sowjetrepubliken) nicht ebenfalls darunter subsumieren. Da sind eben auch mehrere unabhängige souveräne Staaten daraus hervorgegangen, die sich alle gegenseitig und explizit auch von der Russischen Föderation (schon wieder diese Föderationen!) völkerrechtlich anerkannt wurden. Das schließt die Ukraine eben mit ein.
Von daher lässt das schon tief blicken, das Sie den Kosovo mit der Ukraine vergleichen wollen. Der Kosovo war ein Teil Serbiens innerhalb der Bundesrepublik Jugoslawien. Die Ukraine ist ein souveräner Staat, dem zudem noch, im hier mittlerweile vielzitierten, Budapester Memorandum u.a. von Russland die Eigenständigkeit und die bestehenden Grenzen garantiert wurden.Und nein, die Ukraine ist kein föderativer Staat, einzige Ausnahme war der Sonderstatus der Krim.
Von daher vergleichen Sie Melonen mit Weintrauben und befinden beides für gleich groß. Am besten lassen Sie so einen Quatsch, bevor man Sie für einen Troll hält.
@Jas:
Besten Dank für diese hervorragend präzise Zusammenfassung! 100% Zustimmung.
Ergänzend:
1. Die völlig verlogene russische Propaganda würde sich sofort selbst ad absurdum führen, wenn sie uns (oder jeden anderen Staat, der die Ukraine unterstützt) offiziell als Kriegspartei bezeichnet. Denn laut deren Propaganda gibt es in der Ukraine ja gar keinen Krieg. Also können wir auch nicht zur Kriegspartei werden.
Und genau das sollte von unserer offiziellen politischen Seite auch so deutlich kommuniziert werden, um genau diese Verlogenheit bloßzustellen. Die russischen Aggressoren mit ihren eigenen Waffen schlagen – sozusagen Jiu-Jitsu Prinzip.
2. Das russische Regime hat doch gleich zu Beginn seines Überfalls sehr deutlich gesagt (und seitdem mehrfach wiederholt), dass es ganz generell alle Staaten, die der Ukraine zu Hilfe eilen, als Feinde und Kriegspartei betrachtet. Für die sind wir das de facto also schon lange, egal welche Unterstützung wir im Detail liefern. Genau genommen schon seit fast 20 Jahren, seit Russland seinen hybriden Krieg gegen die westlichen Demokratien führt: Massive Unterstützung aller antidemokratischen Kräfte von links und rechts, Unterwanderung des Wertesystems durch fortlaufende Propaganda, finanzielle und / oder ideologische Korrumpierung westlicher Politiker (darunter leider extrem viele deutsche), Cyberattacken, Abhängigkeiten im Rohstoffbereich schaffen, um diese Abhängigkeiten als Waffe einsetzen zu können, Ermordung russ. Oppositioneller auf unserem Boden – nur einmal ein paar Beispiele dieses langjährigen Krieges gegen uns (den Putin übrigens schon vor vielen Jahren sogar ganz unverblümt öffentlich gegenüber russischen Journalisten erklärt hatte, wollte hier bei uns nur niemand hören). Wenn wir auch nur noch ein bisschen Würde und Selbstachtung haben, fangen wir endlich mal an, uns zur Wehr zu setzen und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu verteidigen.
@der Realist:
„Wir verteidigen indirekt ein Land, welches weder zur NATO, noch zur EU gehört
– ohne UN-Mandat.“
Es ging mir um diesen Satz. Diese Tatsache ist nämlich vollkommen egal. An der Einstufung als Kriegspartei ändert es doch gar nichts, ob man ein UN Mandat, oder irgendwas von NATO oder EU hat.
Und noch dazu brauchen wir auch weder ein UN Mandat noch irgendetwas von NATO und EU um der Ukraine völkerrechtlich einwandfrei helfen zu dürfen, auch mit Waffen egal wie schwer.
@Koffer:
wenn Russland uns angreifen würde, wäre das schlicht ein zweiter völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen uns. Kümmert in Russland eh keine Sau. Ist der Ruf erst einmal ruiniert…..
Wir werden nicht zu einem legitimen Ziel. Der Aggressor bleibt Russland.
@Schlammstapfer:
also neben dem ganzen anderen Gerede: Einfach mal die ethnische Zusammensetzung Kosovo mit Ostukraine vergleichen.
Im Kosovo wäre ich mir damals und heute sicher wie ein Referendum bezüglich Unabhängigkeit unter demokratischen Grundsätzen unter UN Mandat ausgehen würde.
Wollen wir ein UN kontrolliertes Referendum im Donbas? und auf der Krim mit der damaligen Bevölkerung? (damalig, weil alles offen pro ukrainische vertrieben wurde)
@besorgte Bürgerin:
Szenario 3:
die Nato reagiert mit einem entsprechenden angemessenen Gegenschlag.
Ist doch auch eine Option oder? Warum immer nix tun und sich alles gefallen lassen oder gleich komplette nukleare Auslöschung.
Das gilt auch für das „Wir dürfen Putin nicht in die Ecke drängen“ Argument. Ein Rauswurf der russischen Truppen ist doch kein in die Ecke drängen. Natürlich sollen weder ukrainische Truppen noch NATO Truppen vor Moskau stehen zwecks Eroberung. Einfach auf dem Teppich bleiben. Es scheinen viele alt68ziger Fans von antiautoritärer Erziehung zu sein, Den armen kleinen Putin darf man nur mit Samthandschuhen anfassen.
@Dominik sagt: 03.05.2022 um 17:04 Uhr
„wenn Russland uns angreifen würde, wäre das schlicht ein zweiter völkerrechtswidriger Angriffskrieg gegen uns. Kümmert in Russland eh keine Sau. Ist der Ruf erst einmal ruiniert…..
Wir werden nicht zu einem legitimen Ziel. Der Aggressor bleibt Russland.“
Das ist nicht so einfach. Wie ich bereits geschrieben habe.
Denken Sie z.B. mal an die Handlungen des einzelnen Soldaten (nicht Putin oder Gerasimov!), da ist es ein massiver Unterschied ob wir Kriegspartie sind oder nicht. Im einen Fall begehen die einzelnen Soldaten keine Straftat im anderen sehr wohl.
Also, es ist sehr wohl für uns von Relevanz ob wir de jure Kriegspartei sind oder nicht.
Und die Frage der einzelnen RUS Soldaten ist nur ein Beispiel.
@ Fussgaenger, 03.05.2022 um 10:52 Uhr
Haben Sie vielen Dank für Ihren Post.
Sie schreiben u.a.:
„Sie als Soldat fangen doch auch nicht mit Ihrer Ausbildung und Vorbereitung auf einen potentiellen Krieg an, wenn der Gegner an ihre Haustür klopft! Auch Sie treffenn Maßnahmen, um kampfbereit zu sein, den Gegner von einem Angriff abzuschrecken, sich vorzubereiten. (Jedenfalls hoffe ich das!)“
Ich fasse Ihren Post mal metaphorisch auf und antworte entsprechend:
1. Sie folgen scheinbar der Argumentation eines gewissen „Domino-Prinzips“, welches annimmt, dass RUS früher oder später an jeder Haustür westlich seiner Grenzen klopfen würde, wenn man es nur lassen würde. Ich erkenne, jenseits des medialen, politischen und vor allem emotionalen Getöses, keine unmittelbare/direkte Bedrohung für meine Haustür. Jedenfalls noch nicht.
Meine Regierung und militärische Führung scheinbar auch nicht, denn sie hat mich als Soldat weder in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, noch auf ein solches Szenario oder die zu treffenden Gegenmaßnahmen eingewiesen. Es ist auch kein Mandat durch den Bundestag erlassen worden, welches irgendeinen Einsatz außerhalb der direkten LV/BV- Situation vorsieht, soweit ich weiß.
2. Bzgl. der von Ihnen geforderten Vorbereitung der Bundeswehr und der von Ihnen erhofften Abschreckung gegenüber potentiellen Aggressoren möchte ich Ihnen Folgendes höflich anraten:
-Lesen Sie die letzten Jahre dieses Blogs, die Themensetzungen und die Kommentare mal stichprobenartig quer.
Sollte das nicht ausreichen dann:
-Googeln Sie mal bitte die (spontan ausgewählten) Begriffe „von der Leyen, Trendwende, Schwangerschaftsbekleidung, Dynamisches Verfügbarkeitsmanagement, Lamprecht, Eckpunktepapier, HIL, Bundeswehr Fuhrparkservice, Stellung des Herrn Generalinspekteur innerhalb des Verteidigungsministeriums, die Worte „blank“ & „Mais“, Funkgeräte, Beschaffung, Personalgewinnung, SaZV, Wasserkopf, Verhältnis General zu Truppe, Teilzeit, HomeOffice, Nachfolger G36, warme Unterhosen, Ausstattung Heimatschutzbattailone, Besenstiel, Schutzweste (lässt sich, gefühlt, ad infinitum verlängern) und jeweils das Wort „Bundeswehr“.
Evtl noch „Einsatzbereitschaft“ hinterher und erkennen Sie dann bitte den ganz praktischen Grund meiner, sagen wir mal, Zurückhaltung wenn es um potentielle Kriegsbeitritte Deutschlands geht.
Es wäre einfacher die Haustür zu wechseln als sie unter diesen Umständen zu verteidigen.
@Koffer:
Neben der Tatsache, dass das mit der Kriegspartei wohl nicht so einfach ist, aber man für Waffenlieferungen UND auch Ausbildung durchaus berechtigt erst einmal davon ausgehen kann, dass dies nicht zu einer Kriegsbeteiligung führt.
Kurzer Hinweis zu dem hypothetischen Soldaten:
Beteiligt an einem völkerrechtswidrigen Angriffkrieg ist der Soldat sowieso. Muss der sich jetzt vorher vergewissern, dass es vor Kriegshandlungen eine ordentliche Kriegserklärung gegeben hat? So damit man als Soldat kein gewöhnlicher Mörder wird? Das wirkt sehr sehr konstruiert.
Erklären Sie mir mal bitte inwiefern da Straftaten begangen werden, es sei denn Russland behauptet das wären nur Urlauber. (Dass Russland wahrscheinlich Staatsbürger als Attentäter nach Deutschland schickt ist nun nichts neues)
„Es ging mir um diesen Satz. Diese Tatsache ist nämlich vollkommen egal. “
Sorry, aber von Außenpolitik haben sie recht wenig Ahnung.
Sie müssen verstehen, dass es auch Zeiten nach dem Ukrainekrieg gibt. Egal wie der ausgeht.
Wenn wir jetzt bestimmte Regeln einreißen, müssen wir uns nicht wundern, wenn sich niemand (!) mehr in Zukunft an diese Regeln hält. Dann versinkt die Welt aber im Chaos.
Wenn also in Zukunft die Türkei mal wieder nach Nordsyrien mit Panzern einmarschiert und Assad ganz freundlich CHINA um Hilfe bittet um diese Truppen zurückzudrängen und China mit militärischen Gütern, Ausbildung oder sogar eigenen Truppen hilft, ist das dann auch „egal“ ???
Nur weil eine Partei auf die Regeln „scheißt“ dürfen wir das nicht auch.
Chaos ist vorprogrammiert.
Ich bin kein AFD Wähler und werde das auch nicht werden, aber leider hat Herr Gauland in seiner Rede es ziemlich gut getroffen:
– Es darf bei diesem Krieg keine Sieger geben und es darf keine Verlierer geben.
Alles andere würde dann nur in einen Weltkrieg enden oder in naher Zukunft in eine erneute Eskalation (2. Ukrainisch-Russischer-Krieg irgendwann in 10 Jahren) und damit wahrscheinlich in einen Weltkrieg oder zumindest in eine richtig große Kriegskonfrontation. NATO versus Russland.
@Pio-Fritz und Dominik.
Ich habe die Auflösung der der Sowjetunion mit Absicht aussen vor gelassen, weil die jeweiligen Sezessionen in gegenseitigem Einverständnis erfolgten.
Die von mir genannten Beispiele, waren ausdrücklich solche, bei denen die Staatsregierungen den jeweiligen Sezessionen nicht zugestimmt hatten, bzw. deutlich gemacht hatten, dass sie den jeweiligen Sezession nicht zustimmen würden.
Zitat:“Von daher lässt das schon tief blicken, das Sie den Kosovo mit der Ukraine vergleichen wollen.“
Das habe nicht getan und es war auch nicht meine Absicht diesen Eindruck zu erwecken. Lesen Sie nochmal was ich geschrieben habe.
Die Ausgangsbedingungen in Jugoslawien mögen für Kroatien, Slowenien und Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Montenegro aufgrund des Status als Teilrepubliken etwas andere gewesen sein, da gebe ich Ihnen Recht, beim Kossovo handelte es sich aber nur um eine autonome Provinz, die in ihrem Grad an Autonomie der Krim durchaus vergleichbar war.
Die Sezession des Kossovo erfolgte einseitig, durch einen Beschluss des Regionalparlaments, gegen den Willen der Regierung Serbiens, und wurde doch in einem Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs als rechtens anerkannt. Die Sezession der Krim erfolgte ebenfalls einseitig, auf der Basis einer, durch die Regionalregierung durchgeführten, Volksabstimmung, und gegen den Willen der ukrainischen Regierung. Ich weis das da von diversen Experten Haare gespalten werden, aber ich halte die Rahmenbedingungen für durchaus vergleichbar.
Übrigens, die Sezession des Kossovo wurde auch von Spanien ausdrücklich nicht anerkannt. Der spanischen Regierung war klar, das damit ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen wurde. Es ist kein Zufall, dass die katalanischen und baskischen Separatisten die Abspaltungen ihrer Regionen von Spanien auf die gleiche Weise begründen, wie die Kossovaren und Krimbewohner dies getan haben.
Sie sehen, ich wollte mit meinem Kommentar lediglich darauf verweisen, dass das Argumentieren mit dem Völkerrecht nicht so einfach ist.
Wenn Dominik in seinem Kommentar völlig zurecht auf die ethnische Zusammensetzung der Ukraine verweist, dann legt er den Finger in eine weitere, nicht Wunde aber, Schwachstelle des Völkerrechts: die Definition des Begriffs „Volk“.
Der Begriff lässt sich in unserem Sinne mit dem Staatsvolk definieren, in dem alle Büger eines Landes oder einer autonomen Region, unabhängig von ihrer Abstammung, als Volk definiert werden. Oder als Zugehörigkeit zu einer Ethnie. Beides ist zulässig. Wenn also die Kurden, die seit Jahrhunderten in ihren „Stammesgebieten“ in der Türkei, Syrien und dem Irak leben, und sich sprachlich und kulturell von den anderen Bewohnern der Region unerscheiden, sich als „Volk“ definieren, dann ist das zulässig. Allerdings, und da hat Dominik recht, gibt es gerade in Viel-„Völker“-Staaten keine klare Abgrenzung zwischen den Stammes- bzw. Siedlungsgebieten und deshalb wird die Grenzziehung für so einen Staat schwierig.
Im Kossovo, wie auf der Krim, wurden alle Bewohner der Region, unabhängig von ihrer Abstammung, zum Volk gezählt.
Das ist auch der Grund, warum eine Sezession der Rebellengebiete im Donbas keine Legitmation gehabt hätte. Sah man von der Krim ab, dann ist die Ukraine ein Einheitsstaat. Die Oblaste (Verwaltungsregionen) haben keine Regionalparlamente und deshalb nicht den Hauch von Autonomie. In Luhansk und Donezk hatten die Rebellen auch niemals die Kontrolle über die gesamten Oblaste. Somit gab und gibt es aber auch keine demokratisch legitimierte Autoritäten, die Volksabstimmung hätten organisieren können, und da nicht alle Bewohner hätten teilnehmen können, hätten sie auch nicht gültig sein können. Die russische Regierung hatte bis zum Frühjahr dieses Jahres alle entsprechenden Bitten der Rebellen um Anerkennung abgelehnt.
Das ist jetzt anders. Die russische Regierung hat aktuell praktisch den gesamten Oblast Kherson besetzt. Es ist ihr aber nicht gelungen, die Oblaste Charkiw, Luhansk, Donezk und Saporischja komplett zu besetzen. Solange das nicht geelingt, kann sie innerhalb der Grenzen der Oblaste keine Autoritäten installieren, die alle Bewohner (Volk) der jeweiligen Oblaste „vertreten“ können. Somit ist es unmöglich einer „Sezession“ dieser besetzten Gebiete auch nur das Äquivalent eines Feigenblatts an völkerechtlicher Legitimität zu verpassen.
Das bedeutet nicht, dass die russische Regierung das nicht trotzdem versuchen wird. Und leider wäre das auch nicht ohne Beispiel. Im Sommer 1974 überfiel die türkische Armee Zypern und besetzte den nördlichen Teil der Insel. In dem besetzten Territorium wurde die türkische Republik Nordzypern gegründet. Auf die Besetzung folgte eine ethnische Säuberung des besetzten Gebietes. Griechische Zyprioten wurden vertrieben und Festlandstürken wurden in dem besetzten Teil angesiedelt. Natürlich ist das alles illegal gewesen und die türkische Republik Zypern wird bis heute nur von der türkischen Regierung anerkannt, aber für die Invasoren und alle ihre Nachfolger blieben die Verstöße gegen das Völkerrecht juristisch ohne jede Folgen.
Deshalb mein Fazit: wenn es nicht gelingt, die russische Armee vom Territorium der Ukraine vertreiben, dann wird dieser Konflikt für die Ukraine genauso enden wie für Zypern.
Ich hoffe, das war nun deutlich genug und das damit die Troll-Unterstellungen aufhören.
@Dominik sagt: 03.05.2022 um 21:18 Uhr
„Neben der Tatsache, dass das mit der Kriegspartei wohl nicht so einfach ist, aber man für Waffenlieferungen UND auch Ausbildung durchaus berechtigt erst einmal davon ausgehen kann, dass dies nicht zu einer Kriegsbeteiligung führt.“
Möglicherweise ja, möglicherweise nein. Das liegt am Umfang und der Art der Ausbildung. Ich tendiere dazu eher keine Kriegsbeteiligung zu sehen und ich denke, dass düfte auch die herrschende Meinung sein, aber man muss sich halt genau anschauen, was wird. Zwei Extremfälle: Wenn wir nur ein paar Dutzend Mann einmalig an der Haubitze ausbilden dürften wir damit vermutlich nicht zur Kriegspartei werden. Wenn wir aber beispielsweise umfassend die Wehrausbildungsorganisation für die UKR (nur fiktiv, will ja niemand) stellen würden, möglicherweise schon.
Ich tendiere insgesamt zu einem: nein, wir werden mit dem derzeit geplanten (noch) nicht zu einer Kriegspartei.
Aber das war doch überhaupt nicht mein PUnkt. Ich widersprach lediglich denjenigen, die beahuptet haben es wäre egal, weil sich Putin ja eh nicht ums Völkerrecht kümmert. Und meine Aussage war, es ist für Putin vielleicht (!) egal, aber eben nicht für uns.
„Beteiligt an einem völkerrechtswidrigen Angriffkrieg ist der Soldat sowieso. Muss der sich jetzt vorher vergewissern, dass es vor Kriegshandlungen eine ordentliche Kriegserklärung gegeben hat?“
Hä?
„So damit man als Soldat kein gewöhnlicher Mörder wird? Das wirkt sehr sehr konstruiert.“
Wenn wir eine Kriegspartei sind, dann ist ein RUS Soldat natürlich berechtigt gegen uns auch in DEU Kriegshandlungen vorzunehmen (nach den Regeln dies Kriegsvölkerrechts natürlich). Wenn wir keine Kriegspartei sind, dann ist er das nicht.
Wird er gefangen genommen, geht er im einen Fall in Kriegsgefangenschaft und muss nach Friedensschluss freigelassen werden und in anderen Fall geht er ins Gefängnis und kommt erst nach Ende seiner Strafe frei.
Ist doch wirklich ganz einfach.
Das ist doch wirklich das kleine 1×1 des Strafrechts und des Kriegsvölkerrechts.
@Hetfield:
Dazu ein lesenswerter Link: https://lithuaniatribune.com/are-the-baltic-states-at-risk-of-russian-aggression/
Und der Hinweis auf Artikel 5 Absatz 1 Nordatlantikvertrag:
Für Zwecke der kollektiven Selbstverteidigung der NATO ist die norwegische, polnische, rumänische, ungarische litauische, estnische, lettische, slowakische und vielleicht demnächst auch die finnische Haustür gleichbedeutend mit der deutschen. Knock on any door, knock on all doors!
Und dass Scharfmacher im russischen Fernsehen oder in der Duma schon aktuell alles dransetzen, einen Konflikt gegen die NATO herbeizureden und die Bevölkerung auf Kurs zu trimmen, ist Ihnen auch entgangen?
Vladimir Shamanov (Vizesprecher des russ. Parlamentes, der sich im Tschetschenienkrieg auch den Beinamen „Schlächter von Tschetschenien“ erworben hat): „The time has come that the Russian leadership introduces the other countries to their boundaries. Poland should not think of coming even 10 metres inside the Russian or Ukraine border. Otherwise, the last phase of the Ukraine war will be fought on the Ukraine-Poland border. Intense attacks will be launched on Poland with hypersonic missiles.“
Ähnliches Säbelgerassel kann man den russischen Staatsmedien auch gegenüber Finnland und dem Baltikum entnehmen.
Radek Sikorski, von 2007 bis September 2014 Außenminister von Polen hatte bereits 2014 behauptet, Putin habe Tusk bei einem Besuch in Moskau angeblich angeboten, die Ukraine zwischen den beiden Staaten quasi „aufzuteilen“. Die Ukraine sei ein künstlicher Staat und Lwow doch eigentlich eine polnische Stadt. Und das war deutlich vor den Protesten November 2013 in Kiew. Dieses Angebot der Aufteilung der Ukraine sei dann bei einem Besuch von Zhirinowski (damals Duma-Sprecher) in Warschau quasi „inoffiziell“ erneuert worden.
Die Russen haben daher vermutlich diese imperialistische Sichtweise und die Missachtung der staatlichen Souveränität ihrer Nachbarn nicht erst seit gestern… Inzwischen wird von russischer Seite den Polen unterstellt, man wolle die Ukraine spalten und sich Gebiete „zurückholen“. Da ruft also nun der Räuber lauthals „haltet den Dieb!“
Die Hoffnung, dass es einen dauerhaften Verhandlungsfrieden mit Russland unter Wladimir Putin geben könnte, schwindet mit jedem Tag. Dazu ist Putins track-record zu mies, was das Unterlaufen von Vereinbarungen, die ständige hybride Kriegsführung gegen den Westen und die ständige Lügenpropagatsya angeht. Und selbst wenn Putin irgendwann weg vom Fenster ist… diese Mentalität scheint in der russischen Führung weiter verbreitet zu sein, als gedacht.