Die Marine bekommt ihr abgebranntes schwimmendes Krankenhaus zurück. Nach sieben Jahren.
Die Deutsche Marine hat ihr schwimmendes Krankenhaus zurück: Auf dem Einsatzgruppenversorger Frankfurt am Main wurde das so genannte integrierte Marine-Einsatz-Rettungszentrum (iMERZ) aufgesetzt. Darauf musste die Marine allerdings sieben Jahre warten – nachdem das alte Rettungszentrum des Schiffes abgebrannt war. Zwischendurch passte das neue Rettungszentrum auch noch nicht auf das Kriegsschiff.
Die erfolgreiche Montage des schwimmenden Krankenhauses teilten am (heutigen) Montag das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw)* und die Kieler German Naval Yards (GNY) mit. Aus der Mitteilung des BAAINBW:
Heute wurde das neue integrierte Marine-Einsatz-Rettungszentrum (iMERZ) erfolgreich auf dem Einsatzgruppenversorger (EGV) „Frankfurt am Main“ aufgesetzt. Das iMERZ ist als festes Deckhaus auf dem größten Schiff der deutschen Marine installiert und dient zukünftig der Optimierung der medizinischen Versorgungsabläufe an Bord.
Der EGV verfügt damit über ein komplettes „Krankenhaus“, ausgestattet mit zwei Operationsräumen, einem Röntgenraum, einer Zahntechnik-Abteilung, verschiedenen Laboren sowie modernster Medizintechnik, um die vollumfängliche Versorgung der Soldatinnen und Soldaten auf hoher See sicherzustellen. Das iMerz stellt hierbei ein zentrales Element innerhalb der Rettungskette dar: von der Notfallversorgung auf der Einheit über die Erstversorgung im iMERZ bis hin zur weiterführenden Versorgung an Land. (…)
Die nun erfolgte Integration fand im Rahmen planmäßiger Instandsetzungsarbeiten statt.
Und von GNY:
Das neu konzipierte und gebaute „integrierte Marine-
Einsatz-Rettungszentrum“ (iMERZ) wurde heute erfolgreich auf dem EGV „Frankfurt am Main“ aufgesetzt.
Im Unterschied zur vorherigen Containerlösung ist das neue iMERZ als festes Deckhaus auf dem Einsatzgruppenversorger (EGV) aufgesetzt, mit Vorteilen
hinsichtlich einer Optimierung der medizinischen Versorgungsabläufe und verbesserten Integration in das Schiff. (…) Plangemäß wird der 174m lange Einsatzgruppenversorger im Juli seiner Bestimmung übergeben werden können, damit dann zusammen mit den beiden Schwesterschiffen BERLIN und BONN drei Einsatzgruppenversorger der Deutschen Marine wieder zur Verfügung stehen.
Was sowohl BAAINBw* als auch Werft dabei nicht erwähnen, ist die Vorgeschichte. Im Februar 2015 hatte die Marine eines ihrer damals nur zwei Marine-Einsatz-Rettungszentren verloren: Für eine Werftüberholung der Frankfurt am Main war das MERZ abgebaut und an Land gelagert worden – und brannte ab.
Immerhin fünf Jahre später sollte ein neu konzipiertes MERZ auf den Einsatzgruppenversorger gesetzt werden. Im Unterschied zur vorherigen Container-Lösung wurde dafür ein neues, integriertes Rettungszentrum konzipiert. Mit dem Bau wurde im September 2019 begonnen.
Allerdings lief auch das nicht störungsfrei: Als vor knapp zwei Jahren, im Juni 2020, das neue iMERZ auf das Schiff gesetzt werden sollte, passte es nicht. Vor allem die Anschlusstellen für Kabel waren am falschen Ort. Die German Naval Yards bauten das Rettungszentrum auf eigene Kosten neu – und jetzt bei der nächsten planmäßigen Instandsetzung auch ein.
*KORREKTUR: Die Meldung kam nicht von der Marine, wie irrtümlich in der ersten Fassung geschrieben, sondern vom BAAINBw.
(Foto: Aufsetzen des iMERZ auf die Frankfurt am Main – Foto German Naval Yards)
Ein bisschen symptomatisch. In meiner naiven Welt hätte man die Container einfach nachgebaut und gut wäre es gewesen.
Immerhin etwas… hat auch echt lange genug gedauert.
Kleine Frage: Ist nicht die Berlin das größte Schiff der BW?
@TW kommt noch ein Post bzgl. Lambrechts „geleakter“ Einkaufsliste und die Möglichkeit darüber zu debattieren?
[Ich würde mit dieser Liste gerne noch ein bisschen warten. T.W.]
Ist sichergestellt, daß der Container auf die modernisierten Versorger passen wird (Wikipedia: „In den kommenden Jahren werden alle drei Einsatzgruppenversorger umfassend modernisiert“)? Und auf die Klasse 707 („Zudem ist die Fähigkeit vorgesehen, modular Container mit verschiedenen Funktionszwecken aufnehmen zu können“)?
Schöne Untertreibung des Hausherrn einst nach dem Brand, dass der Wiederaufbau des Rettungszentrums Monate oder Jahre dauern könnte, nachdem es jetzt mehr als 7Jahre gedauert hat.
Das GNY das Bordkrankenhaus nochmal auf eigene Kosten gebaut hat, sagt klar, wer an den falschen Anschlüssen beim letzten Einbauversuch schuld war. Bedauerlich, das AG an die Pleite Vorgeschichte erinnern muss und Deutsche Marine und GNY nicht den Mut haben, auf die früheren Probleme hinzuweisen.
@Si vis……Die Bonn ist das größte dt. Kriegsschiff, sie hat eine um 600 Tonnen größere Verdrängung als die Berlin.
@Martin Schröder: Es ist doch jetzt eben kein Container mehr, oder?
@Henner:
Der Hersteller des alten MERZ existiert nicht mehr und somit sind die Baupläne auch nicht mehr vorhanden.
„Die German Naval Yards bauten das Rettungszentrum auf eigene Kosten neu.“
So zumindest das schöne Narrativ nach außen, welches bei genauerem Hinsehen ein paar Risse bekommt:
Im Juni 2020 wurde festgestellt, dass das Rettungszentrum überarbeitet werden muss.
Im Oktober 2020 gab es dann 50 Mio Euro aus dem Wirtschaftsstabilitäts-Fonds (Corona-Hilfe), obwohl GNYK zu diesem Zeitpunkt mit dem Bau der israelischen Korvetten eigentlich gut beschäftigt war.
Quelle für die 50 Mio: https://www.ndr.de/wellenord/sendungen/zur_sache/Zur-Sache-Wie-steht-es-um-die-Werften-in-Schleswig-Holstein,zursache2406.html
@D.Z., nur weil es den Hersteller den Container nicht mehr gibt, die Bundeswehr als Kunde wird doch auch Pläne haben mit denen man theoretisch einen anderen Hersteller hätte beauftragen können.
Nach Einstellung und Bewilligung der entsprechenden Kosten im Haushalt und Ausschreibung. Also aucg nicht wirklich schneller….
@D.Z.
Als Käufer hätte ich mir aber die Pläne übergeben lassen bzw. mir den Zugriff darauf gesichert, aber das war wohl seinerzeit bereits ein Thema.
Ein kleiner Hinweis:
Die (verlinkte) Mitteilung ist vom PIZ AIN – also dem BAAINBw und nicht von der Marine.
[In der Tat, danke für den Hinweis! Korrigiere ich. T.W.]
2015 ausgebrannt( ab hier werden 4 Jahre konzeptionell nachgedacht!)
2019 neu gebaut
2020 passt nicht auf’s Schiff
2022 ausgeliefert
Man muss sich mal diesen Zeitstrahl ansschauen, 7 Jahre!!!!!
Diesen Vorgang zu feiern ist eine Schande,
Als Ingenieur muss ich mich für meine Zunft schämen.
Als Reserveoffizier kann ich mich nur wundern mit welcher Letargie solche Vorgänge seiten der Beschaffung hingenommen werden und das hier offenbar kein “ Drive“ besteht Schäden schnell zu beheben.
Kein Wunder das viele Politiker den Eindruck haben die BW habe ausreichend Material.
Kameraden, das kostet unser Geld!
Viele Grüße und Horrido aus Frankfurt am Main(passt irgendwie)
Die „verbesserte Integration mit dem Schiff“ der wesentliche Knackpunkt. Ein aus Containern bestehendes iMERZ kann man immer noch ohne großen Aufwand (= im MARS oder in einem normalen Hafen mit containerfähigem Kran) von einem EGV auf den anderen versetzen. Ein Modul wie im Foto gezeigt kann nur noch mit einem großen Werftkran oder einem Schwimmkran gehoben werden. Damit hat sich die Marine – aus meiner Sicht – unnötig in Abhängigkeiten einiger weniger Großkranbetreiber begeben.
Aus drei mehr oder minder baugleichen EGVs ist damit eine Sonderlocke entstanden – wenn dieses iMERZ benötigt wird kann eben nur die Frankfurt am Main eingesetzt werden. Flexibilität sieht m.E. anders aus. Zumal ein containerisiertes iMERZ ohne großen Aufwand durchaus auch mal zu einem Einsatz an Land hätte gebracht werden könnte (Ahrtal…) .
Baut GNY eigentlich auch das neue iMERZ für die Berlin?
@Flo
nur warum die mittlerweile 20-25(?) Jahre alte Notlösung mit all ihren Unzulänglichkeiten (umständliche Wartung/Instandsetzung, z.T. alte Technik und z.B. kein Platz für neue Verkabelung, „wackliger“ Aufbau, schlechte Anbindung ans restliche Schiff usw…) nachbauen, wenn man es direkt richtig machen kann?
Hätte die Werft den Bock mit den falschen Maßen und dem Einbau nicht geschossen, wäre das Ding Q1/2020 fertig gewesen. Das wären 5 Jahre vom Abbrennen der alten „Kisten“ bis zum Einbau gewesen. Für alles was da mit Entscheidungsfindung, Ausschreibung, kompletter Neuplanung über mehrere Firmen (GNYK, ZMS) hinweg, sowie den Bau dranhängt, wäre der Zeitrahmen noch in Ordnung gewesen.
Zum Konzept des MERZ:
Die alte Containerlösung hat zwar funktioniert, aber es gab konzeptbedingt natürlich eine Menge Anschlüsse zu warten, im Lauf der Jahre traten wohl auch Undichtigkeiten auf. Vor Allem wurde aber das MERZ permanent mitgeführt und nicht nach Bedarf auf- und abgebaut, wie ursprünglich geplant. Das war nach meiner Erinnerung der Grund, nach dem Brand auf ein festes Deckshaus zu wechseln.
@DZ
Wenn ein Hersteller von wichtigen Ausrüstungsgegenständen pleite geht, dann könnte man natürlich so was wie Konstruktionsunterlagen aus der Erbmasse aufkaufen. Könnte man, wenn man ein bisschen plietsch ist und wir in einer idealen Welt leben würden.
@Thomas Porschewsk
Sehe ich genauso. Eigentlich gehört mal eine neutrale Analyse her (ggf sogar ein Untersuchungsausschuss) wo da Geld und Zeit in den letzten Jahrzehnten versickert ist und was man daraus für die Zukunft lernen könnte. Aber irgendwie habe ich nicht den Eindruck das da auch nur eine Partei ein Interesse daran hat. Frei nach der Aussage des ehemaligen Innenministers: Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern
Wenn man im Ahrtal den Container benötigt hätte, dann wären wir endgültig in der Bananenrepublik angekommen. Ich gehe doch davon aus, daß THW, Katastrophenschutz, Feuerwehr und zusätzlich das Heer die entsprechenden Kapazitäten haben und hatten. Und die Infrastruktur der Krankenhäuser ausreichend war. Es ist doch nicht die Aufgabe der Marine der Binneninfrastruktur zu helfen. Seltsame Logik..
Auch halte ich nichts von der Container und Modul Philosophie. Die Fregatte ist auf See und der Konflikt bricht aus. Rein in den Hafen und umbauen, dann wieder raus auf See? Das sind Konzepte für den Frieden und planbare Einsatzzenarien, nicht für den Kriegsfall. Den hatten wir mit dem 24.02. nicht einmal, und es gab die Aussage ‚Wir haben alles in Marsch gesetzt, was schwimmt!‘. Wenn wir international eine größere Rolle spielen wollen, dann sollten wir auch über größere Einheiten nachdenken, wie z. B. statt einer Fregatte F127 einen Zerstörer Z127, als ‚Eierlegende Wollmilchsau‘. Wird wieder über ein JSS nachgedacht? Es war ja mal sooo notwendig, dann war es aus der Diskussion komplett verschwunden. Ich würde die franz. Mistral vorschlagen. Dann hätten wir ein echte Evakuierungskapazität im Notfall (Hubschrauber in größerer Zahl) und vor allem eine Klinik, all inclusive sozusagen. Vom U-BOOTE U216 gar nicht erst zu reden.
Gibt es jetzt Pläne alle EGV’s so auszurüsten? Ich finde es etwas merkwürdig, daß die Medizintechnik nicht festverbaut ist, sollte dies nicht Standard auf einem EGV sein? Oder wurde hier nur ein Planungsfehler korrigiert? Wie sieht es international aus? Auch so halbherzig, oder doch Nägel mit Köpfen?
Ich hoffe, dass ich mich mit dem zweiten Teil nicht zu weit aus dem ‚Diskussionsfenster‘ gelehnt habe.
Ziehe meine Frage zurück:-) Habe gerade gelesen, daß auch die anderen EGV’s umgerüstet werden sollen…