Deutschland plant „Ringtausch“: Slowenische Kampfpanzer für die Ukraine (Nachtrag: Baerbock)
Die Planungen der Bundesregierung, die Lieferung von schweren Waffen aus osteuropäischen NATO-Ländern in die Ukraine durch deutsche Waffen auszugleichen, nehmen offensichtlich Form an: Unter anderem ist die Lieferung von Kampfpanzern aus Slowenien und der Ersatz durch anderes Gerät aus Deutschland im Gespräch.
In den vergangenen Tagen hatten Bundesregierung und Bundeswehr wiederholt erklärt, dass eine direkte Abgabe von Kampf- oder Schützenpanzern aus Deutschland an die Ukraine nicht möglich sei. Als Grund wurde unter anderem angeführt, dass die Bundeswehr all dieses Gerät selber benötige und nicht darauf verzichten könne.
Möglich scheint dagegen die Abgabe an Verbündete in der Allianz. Wie am (heutigen) Donnerstag zuerst die Deutsche Presse-Agentur berichtete, soll das kleine NATO-Land Kampfpanzer des Typs M84 in die Ukraine liefern, eine im früheren Jugoslawien produzierte Weiterentwicklung des sowjetischen T-72-Panzers:
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll dabei der Nato-Partner Slowenien eine größere Stückzahl seiner T-72-Kampfpanzer an die Ukraine abgeben und aus Deutschland dafür den Schützenpanzer Marder sowie den Radpanzer Fuchs erhalten.
An dieser Planung ist einiges unklar – unter anderem, wie die größere Stückzahl aussehen könnte (laut der aktuellen Auflistung in der Military Balance des International Institute for Strategic Studies hat das Land von diesem Typ 14 Exemplare für Trainingszwecke im Einsatz und 32 im Depot). Auch ein möglicher Ersatz von Kampf- durch Schützen- und Transportpanzer ist erklärungsbedürftig; ebenso die Frage, warum die Bundeswehr jetzt doch auf Marder und Fuchs verzichten kann.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht äußerte sich in einem Statement nur vor TV-Journalisten generell zu den Planungen für diesen Ringtausch, jedoch nicht zu solchen Einzelheiten. Auf die ausdrückliche Frage nach Slowenien ging sie ebenfalls nicht ein:
Nachtrag: Bei ihrem Besuch in Estland äußerte sich Außenministerin Annalena Baerbock zu möglichen deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Allerdings passt das, was Reuters von ihrer Pressekonferenz in Tallinn berichtet, nicht so eindeutig zu den Aussagen aus dem Verteidigungsministerium:
Germany is looking into what additional maintenance and ammunition will be needed for its stock of ageing Marder armoured infantry-fighting vehicles in order for Ukraine to use them, Foreign Minister Annalena Baerbock said. (…)
„There are no taboos for us with regard to armoured vehicles and other weaponry that Ukraine needs,“ she told a news conference with her Estonian counterpart on Thursday. (…)
Pressed by journalists on whether Germany’s Leopard tank would be sent to Ukraine, she said troops would need training to use such advanced kit, and that Berlin would pay for that training.
(Hinweis: Die USA haben am Donnerstag weitere Waffenlieferungen angekündigt, unter anderem 72 zusätzliche Haubitzen; s. dazu den Sammelthread)
(Archivbild Juni 2015: Slovenian M-84 tanks fire on targets called in by paratroopers from the U.S. Army’s 173rd Airborne Brigade and the Romanian soldiers during a call for fire for Adriatic Strike exercise at Pocek Range in Postonja, Slovenia – U.S. Army Photo by Visual Information Specialist Davide Dalla Massara)
Frankreich liefert „Caesar“-Rad-Haubitzen und beginnt mit der Ausbildung….morgen.
http://lignesdedefense.blogs.ouest-france.fr/archive/2022/04/22/40-artilleurs-ukrainiens-en-france-a-parti-de-ce-week-end-po-23000.html
@ Pio-Fritz sagt:
22.04.2022 um 9:33 Uhr
“ dann wenn es ernst wird, und ich rechne damit, im kurzem Hemd da stehen.“
Sie rechnen jetzt mit einem bevorstehenden Angriff von RUS auf NATO-Territorium? Da stünden ja dann erstmal die östlichen NATO-Staaten im Weg – dann wäre es doch absurd, dass gerade diese derzeit merklich Material an UKR abgeben und ihr Hemd kürzen? Denn DEU habe ja demnach per sofort nichts zum Ringtausch verfügbar, und wenn (wann?) doch, dann die Ausbildung, und die Logistik…
Logisch ist das doch nicht. Es wäre nur für mich logisch, wenn BW jetzt brigadeweise und voll aufgerödelt an die Nato-Ostgrenze rückt, um die Lücken der östl. Partner sofort zu füllen etc. Das passiert aber irgendwie gerade nicht. Dass deutliche Zahlen zur Widerverwendung vorgesehener Dickblechautos bei Rheinmetall (100 (ggf. 200) Marder, 50 Leo1), FFG (knapp 100 Leo1, plus 60 M113 PzMrs, plus BPz-2) KMW (50 Gepard) in gutem Zustand in der Industrie verfügbar sind ist ja nun wirklich mittlerweile x-fach offen nachlesbar, bei FFG sogar in Farbe auf Film im Heute-Journal am 14.04.).
„Es wird aber von der Rüstungsindustrie nicht offen kommuniziert…“
RHM-CEO Papperger („6-8 Wochen“) und FFG („wenige Wochen“) KMW („wenige Wochen“) haben Lieferfristen der Autos ab Freigabe Bureg recht klar benannt (siehe u.a. zu RM-Leo1 z.B. Handelsblatt vom 13.04., zu Marder Interview mit Papperger in Zeit vom 12.04., betr. FFG s. Interview ZDF 13.04. mit Marcus Farber VtgPol Sprecher FDP…, Zeit-Interview mit KMW-CEO Ketzel vom 07.04…). Lt. RHM 4000 Schuss 105 mm Mun sofort lieferbar, dann ein paar Wochen für Anlauf Nachproduktion, siehe aktuelle Presse. Etc. pp.
Was brauchen Sie an offener Kommunikation der Industrie noch? Ihren Vorwurf finde ich ziemlich fehl am Platze.
„Und diese Behauptung, die deutsche Regierung wolle nicht liefern ist doch totaler Quatsch“
Doch, bisher war das genau so – denn RHM, KMW, FFG haben gem. glaubhafter Aussage von deren CEOs nach spezifischen Anfragen von UKR seit längerem der BuReg Lieferbereitschaft signalisiert, es kam nur zu keiner Reaktion der BuReg, und dass das Thema auf einer Poststelle in Berlin unter ein Regal gerutscht oder im Spam-Ordner gelandet ist o.ä. glaubt doch wohl keiner. Man kann zum „Nicht Wollen“ ggf. Gründe haben, z.B. dass ein Hinauszögern einer Entscheidung am Boden in eigenen Interesse liegt oder dass man RUS einen gewissen Erfolg gönnen will – warum auch immer – oder eben tatsächlich Angst vor der Wirkung nach aussen oder auf RUS von deutschen Dickbleche in der Region, die von Ihnen o.g. Gründe sind aber für mich nicht plausibel, und die Kommunikation der BuReg in die Öffentlichkeit ist bislang in jedem Fall unterirdisch.
@Klaus Trophobie:
„In Abstimmung mit unseren Partnern“ heißt soviel wie: man hat sich getroffen und gegenseitig erzählt, was man so denkt und vorhat. Man war miteinander im Gespräch, was aber kein einheitliches Ergebnis voraussetzt.
Man hat die Möglichkeit, den Ukrainern vergleichsweise spät (westliches) Gerät – ohne fundierte taktische und technische Ausbildung – zu liefern, oder ad hoc Gerät, das die Ukrainer bereits kennen.
Ringtausch hin oder her, in meinen Augen fällt die Wahl da sehr leicht, wir sprechen hier nicht von einer Übung, sondern vom Krieg – von „Könnung“ und da fängt man nicht an, sich mit neuem Material zu befassen. Es sei denn, man hat dazu Zeit, aber das würde dann nicht zur vorgebrachten Dringlichkeit der Waffenlieferung passen.
Und was die französischen CAESAR-Haubitzen angeht: dort stand ohnehin in Rede, einen Teil des Bestandes durch modernisierte Neubauten zu ersetzen.
@all
Zu Waffenlieferungen, den französischen Haubitzen und auch zum Ringtausch gibt es einen neuen Thread.
@Landmatrose3000 sagt: 22.04.2022 um 16:18 Uhr
„Sie rechnen jetzt mit einem bevorstehenden Angriff von RUS auf NATO-Territorium?“
Ja, in der Tat halte ich das nicht für ausgeschlossen. Das Handeln Putins und seiner Lakaien ist nicht rational. Das wird sich auch nicht ändern.
Und entweder drücke ich mich so unverständlich aus oder meine Posts werden nicht vernünftig gelesen.
Meinetwegen kann die UKR bei KMW oder Rheinmetall bestellen und bekommen, was sie wollen. Dann sollen die das als Zielscheibe in die ukrainische Pampa stellen. Kein Problem für mich. Kann DEU auch gerne bezahlen, auch ok.
Aber aus Bw-Beständen gibt es nichts. Und zwar solange, bis die Ausstattung auf 100% ist und das dynamische Verfügbarkeitsmanagement Geschichte. Und Marder werden erst dann abgegeben, wenn alle bereits gelieferten Puma nachgerüstet und einsatzbereit sind. Ich will einsatzfähige deutsche Großverbände sehen. Und zwar mehrere gleichzeitig. Nicht eine Brigade mit hängen und würgen. Auch nicht in 5 oder 10 Jahren sondern asap. Da ist mir das Hemd eben näher als der Rock.
>Ich wäre froh, wenn mir jemand erklärt, warum die SPD da >gerade so ihre Beliebtheit riskiert.
Die Umfragen geben keine überwältigende Mehrheit für/gegen schwere Waffen her:
[Und noch immer werden hier i.d.R. deutsche Verlagswebseiten nicht verlinkt. T.W.]
Wollten Sie Politik nach Umfrage machen, dann würden Sie um jeden Preis vermeiden, eine der beiden Seiten allzusehr aufzuschrecken. Erinnert Sie das vielleicht an Scholz nebulöses Taktieren, in das jeder alles reinprojezieren kann?
„Erinnert Sie das vielleicht an Scholz nebulöses Taktieren, in das jeder alles reinprojezieren kann?“
Hat er von Angela eben gut gelernt. Nur so schafft man mehrere Legislaturperioden. Leider, aber so ist nun mal die Realität.
@Pio-Fritz
Immerhin eine klare Aussage.
Man muss ja nicht einer Meinung sein, aber zumindest sind klare Aussagen dann gut einzuordnen.
Ich persönlich bin da aber nicht ganz bei ihnen.
Mit persönlich gehen die Ukrainer und die gesamte Ukraine nicht am A. vorbei, nicht falsch verstehen.
Aber so wie es ausschaut haben wir (NATO/EU) die Wahl zwischen:
a) Frieden mit Russland (allerdings mit Sanktionen gegen Russland), dafür aber eine aufgegebene Ukraine (entweder durch Verhandlungslösung oder eben durch russ. Okkupation der östlichen Ukraine)
oder
b) ein hochschaukeln einer Kriegsgefahr zwischen Russland und NATO/EU (und ich meine ausdrücklich schon nur die Gefahr) oder auch das sehr hohe Risiko von hybriden Angriffen auf unser Land (Cyberangriff, Strom, Internet) mit all seinen wirtschaftlichen Folgen.
Dann wähle ich a)
und wenn ich mich die letzten Wochen so in meinem Bekanntenkreis umhöre (und da sind einige aktive Bundeswehrsoldaten), dann gehöre ich zu der Mehrheit.
Mein Bekanntenkreis ist selbst überrascht, dass wir alle so denken und dass wir absolut null Verständnis für ein hochschaukeln dieser Kriegsgefahr haben. Und wir sind wirklich ein gut durchgemischter Pool an Personen.
Wenn wir b) dadurch erreichen, dass wir schwere Waffen liefern oder ukr. Soldaten ausbilden, dann sollten wir das meiner Meinung nach lassen.
Es gibt noch andere Methoden Putin und dem Staatssystem Russland zu schaden und den Krieg für Putin richtig unangenehm zu machen.
Ja, diese Methoden (zum Beispiel die Auswirkungen der Sanktionen) brauchen Zeit, aber das ist dann halt so.
Das großes Damoklesschwert, welches über diese Kriegsgefahr hängt und deshalb sind auch meine Freunde gegen einen Krieg:
Würde Putin nicht sofort den Angriff stoppen, wenn die NATO und die EU zusichern würden, dass die Ukraine niemals in diese beiden Systeme kommt?
Ich glaube ja und das sehen sehr viele Deutsche so und deshalb ist die Bereitschaft für einen täglich hochgeschaukelten Krieg so gering.
@T.W.
sorry für OT
Natürlich kann man die Ukraine kampflos Rußland überlassen.
Den nächsten Krieg führen wir dann in fünf Jahren auf EU-Territorium und zwar nicht gegen russische Truppen sondern gegen eine Allianz aus russischen, belorussischen, ukrainischen und sonstigen Verbündeten Rußlands. Natürlich gibt es vorher eine angemessene Desinformationskampagne wegen angeblicher Verbrechen gegen russische Bürger in der EU. Und dann werden wir ja sehen ob uns ein wiedergewählter Donald Trump und ein dauerkriesendler Brexit Johnson militärisch zur Seite stehen.
Zumal ich schätze dass die Ukrainer mit dem Kriegsmaterial mehr bewirken können als westliche Caveat-Armeen.
Ceterum censeo, man hätte vieles schon vor zwei Monaten anleiern können. Grosse Lieferungen, Ausbildung, Nachbestellung, Reaktivieren von Reserven, Umstrukturierung, Kampfbereitschaft.
Passiert ist aber grundsätzlich „too little too late“. Als wäre das der ganze Plan. Man hat zwar der Ukraine wenig geholfen aber trotzdem Rußland verärgert. Was soll das bringen? Entweder Oder, man kann nicht beides haben.
Meinen Sie wirklich?
Weil es doch bisher so gut lief?
Ich denke, auch in der Putin-Regierung herrscht dann erst einmal Katerstimmung.
Sie wird auch niemanden mehr überraschen können.
„Ceterum censeo, man hätte vieles schon vor zwei Monaten anleiern können. Grosse Lieferungen, Ausbildung, Nachbestellung, Reaktivieren von Reserven, Umstrukturierung, Kampfbereitschaft.“
Die grosse Kunst des Herumlamentieren um den heissen Brei, Aussitzen, Abwarten was passiert und nicht, bloß nicht provozieren (wegen der kürzlich erneuten Atomwaffendrohung), darum geht es hier gerade auf der Bühne unserer neuen Bundesregierung. Was auch auffällt ist die Tatsache, dass unseren militärischen obersten Rängen mal wieder in keinster Weise zugehört wird, wie damals bei der Einführung der neuen Heeresstrukturen ab 1993 über 4 bis 6 hauptsächlich. Alles danach sowieso nur noch ein Irrwitz des Finanzministeriums. Putin war ja soo ein lieber und netter Mensch; für Putinversteher selbstverständlich!
Da stehen die Marder bei der Industrie in Lagern herum und was haben wir hier bei der RSU? Nix!
Ich wünsche mir das Territorialheer zurück nach dem Stand von 1990.
@TW:
Nur kleiner Hinweis zu den Falschbehauptungen von LLFm, auch wenn OT und Sie das Thema für beendet erklärten.
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/41033/umfrage/deutschland-erdgasverbrauch-in-milliarden-kubikmeter/#:~:text=Der%20Konsum%20von%20Erdgas%20in,Energietr%C3%A4gers%20Erd%C3%B6l%20durch%20Erdgas%20wider.
Wie der auf seine Zahlen zum Erdgasverbrauch kommt ist mir schleierhaft. Eventuell löschen?
Aber es stimmt natürlich, dass DE auch Transitland für Gas zurück nach Polen und Tschechien (die Leitung von der NS1 Ostsee runter nach Tschechien ist ja erst vor ein paar Jahren ein paar hundert Meter von meinem Wohnort entfernt gebaut worden) aber auch insbesondere nach Österreich.
Aber die von LLFm genannten Zahlen sind wohl vollkommen frei erfunden. Wenn wir nur 6 Mrd Kubikmeter Gas im Jahr bräuchten hätten wir (und das Klima wohl kein Problem.
Wait&C sagt: 23.04.2022 um 16:38 Uhr
Natürlich kann man die Ukraine kampflos Rußland überlassen.
Soso?! Das haben nicht wir (man) zu entscheiden — das entscheidet die Ukraine schon selbst, und macht sich überraschend gut dabei. Zu unserem Glück…
Danke, VG, NG.
Rheinmetall hat wohl letzte Woche auch die Lieferung von 88 Leopard 1 an die Ukraine beantragt
Außerdem 100 Marder
Die Slowenen wollen im Rahmen des Ringtauschgeschäfts wohl lieber doch
Leopard 2, Puma und Boxer (mal gespannt ob Deutschland hier auch so Lieferbereit ist?)