Merkposten Mali: Verbot französischer Sender – und der Zitate

Die Lage in Mali ist aufgrund des Krieges in der Ukraine hierzulande in den Hintergrund gerückt, bleibt aber bedeutsam: Bis Ende Mai muss der Bundestag entscheiden, ob die Bundeswehr dort in zwei Missionen präsent bleibt. Da fällt eine aktuelle Entwicklung auf: Nach unliebsamen Berichten verbietet die malische Regierung nicht nur zwei französische Medien – sondern untersagt den Sendern und Zeitungen im Land, deren Meldungen auch nur zu zitieren.

Die Anordnung der Übergangsregierung in Bamako, die am (heutigen) Donnerstag veröffentlicht wurde, richtet sich gegen Berichte über Menschenrechtsverletzungen der malischen Armee. konkret werden dabei die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, und die Organisation Human Rights Watch genannt; ebenso die französischen Sender Radio France Internationale (RFI) und France24.

Das Dekret der Regierung wurde wie üblich als Bild des entsprechenden Dokuments auf sozialen Medien veröffentlich:

Die Übersetzung der wesentlichen Passagen:

Die Regierung der Republik Mali hat mit tiefer Bestürzung von falschen Behauptungen erfahren, die von Übergriffen der Malischen Streitkräfte (FAMa) gegen Zivilisten und von Verletzungen der Menschenrechte und des internationalen Menschenrechts berichten.
Diese unbegründeten Falschbehauptungen wurden veröffentlicht durch
1. Eine Erklärung von Frau Michelle Bachelet. Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, 08. März 2022
2. Ein Bericht von Human Rights Watch, 15. März 2022
3. Ein Bericht von Radio France internationale (RFI) vom 14. und 15. März 20122
Aus der zeitlichen Abfolge dieses Medienrummels leitet die Regierung eine sorgfältig geplante Strategie ab, um die Transition zu destabilisieren, das malische Volk zu demoralisieren und die tapferen FAMa zu diskreditieren. Diese Behauptungen, insbesondere die von RFI vorgebrachten, dienen einzig und allein dazu, Hass zu schüren, indem sie die Unsicherheit in Mali ethnisieren, und enthüllen die kriminelle Absicht von Journalisten, von denen sich einige vor über einem Jahr nicht in der Mall aufgehalten haben Die Regierung der Republik der Mall
1. weist diese falschen Behauptungen gegen die tapfere FAMa entschieden zurück
2. leitet gemäß den in Mali geltenden Gesetzen und Verordnungen ein Verfahren ein, um bis auf Weiteres die Ausstrahlung der Sendungen des Senders RFI auf Kurzwelle und UKW und des Fernsehsenders France 24 sowie aller ihrer digitalen Plattformen im gesamten Staatsgebiet auszusetzen.
Gleichzeitig verbietet die Regierung der Republik Mali allen nationalen Radio- und Fernsehsendern sowie allen malischen Informationsseiten und Zeitungen, die Sendungen und Presseartikel von RFI und France 24 ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Aussetzungsmaßnahme zu wiederholen oder zu veröffentlichen. Die Regierung erinnert daran, dass die Handlungen von RFI und France 24 in der Vergangenheit den Praktiken und der berüchtigten Rolle des Radiosenders Mille Collines bei einem tragischen Ereignis in Afrika ähnelten.
(Übersetzt mit www.DeepL.com)

In dem Zusammenhang ist die anschließend veröffentlichte Stellungnahme des Informationszentrums der malischen Regierung interessant:

Wesentliche Aussage:

Als Akteure der Regierungskommunikation ist es unsere Aufgabe, die Handlungen und Stellungnahmen der Regierung sichtbar und lesbar zu machen. Zu diesem Zweck sollten wir diese teilen, um sie besser in unserer Öffentlichkeit und der internationalen Öffentlichkeit zu verbreiten.
Im Dienste des Staates sind wir keine Journalisten, die zur Kollegialität verpflichtet sind, sondern Kommunikatoren im Dienste eines krisengeschüttelten Landes, das alles daran setzen muss, die Dämonen des ethnischen, religiösen und regionalen Hasses zu bannen.
(Übersetzt mit DeepL.com)

Das Vorgehen der – vom Militär gestellten – malischen Übergangsregierung bekommt damit eine neue Qualität. Denn zum einen wird eine Organisation der Vereinten Nationen, nämlich die Hochkomissarin für Menschenrechte, wegen ihrer öffentlichen Aussagen angegriffen. Zum anderen werden nicht nur die Ausstrahlungen der beiden französischen Sender verboten – sondern ebenso malischen Journalisten, daraus auch nur zu zitieren. Die Berichterstattung der Franzosen wird zudem mit dem Radio Milles Collines verglichen, der Station, die 1994 in Ruanda den Hass der Volksgruppen anheizte und mittelbar für Tausende von Toten verantwortlich war.

Es mag Zufall sein, aber dieses Vorgehen gegen UN-Instititutionen und ausländische Medien erinnert stark an das aktuelle Vorgehen Russlands gegen Medien und internationale Einrichtungen wie die UN, die OSZE oder das Internationale Kommittee vom Roten Kreuz seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine. Nun verbinden Mali und Russland schon länger freundschaftliche Beziehungen und bilaterale Verträge, die unter anderem zum Einsatz russischer Soldaten – und vermutlich auch Söldnern – in dem westafrikanischen Land führten. Der malische Verteidigungsminister hatte erst vor kurzem Gespräche mit dem stellvertretenden russischen Außenminister geführt.

Für die deutsche Debatte über das weitere Engagement in Mali könnte das Folgen haben. Ganz abgesehen von der Frage, ob die malische Positionierung gegen die Vereinten Nationen sich auf den weiteren Einsatz der UN-Blauhelmtruppe MINUSMA auswirkt, an der auch mehr als 1.000 deutsche Soldat*innen beteiligt sind.

(Archivbild Juli 2020: Deutsche Soldatin bei der Personenkontrolle im MINUSMA-Einsatz)