Ukraine/Russland/NATO – Überblick 20. Februar 2022

Zunehmende Spannungen rund um die Ukraine auch an diesem Sonntag, 20. Februar 2022 (Korrektur, nicht 22.!). Der Überblick:

• Für dieses Wochenende war ein Abschluss der gemeinsamen Übungen russischer und belarussischer Truppen in Belarus angekündigt. Am Sonntagmittag wurde diese Aussage revidiert; die russischen Truppen bleiben angesichts der Spannungen in der Region auf unbestimmte Zeit, wie der belarussische Verteidigungsminister Viktor Chrenin mitteilte:

• Der französische Präsident Emmanuel Macron und Russlands Präsident Wladimir Putin telefonierten, wie es heißt recht lange. Die Ergebnisse wurden im Kreml und im Elysee-Palast unterschiedlich wahrgenommen.

Die Darstellung aus dem Kreml (in der veröffentlichen offiziellen englischen Fassung):

Telephone conversation with President of France Emmanuel Macron
Vladimir Putin had a telephone conversation with President of the French Republic Emmanuel Macron at the French side’s initiative.

In a follow-up to the talks during President Macron’s recent visit to Moscow and regular telephone conversations, the two leaders had an in-depth discussion of the developments around Ukraine as well as developments regarding long-term legal security guarantees for the Russian Federation.
Serious concerns were expressed due to the quickly deteriorating situation along the contact line in Donbass. The President of Russia noted that provocations from Ukrainian militants were the reason for the escalation. Attention was drawn to the modern weapons and ammunition being sent to Ukraine by NATO member countries, which is encouraging Kiev to pursue a military solution to the Donbass problem. As a result, civilians in the Donetsk and Lugansk people’s republics are suffering and being forced to leave for Russia to save themselves from intensifying attacks.
It was emphasised once again that Kiev is only imitating a negotiating process and continuous to refuse to implement the Minsk agreements, as well as the agreements reached as part of the Normandy format. Considering the current state of affairs, the two presidents found it expedient to step up the search for a diplomatic solution between the foreign ministers and political advisors to the leaders of the Normandy format countries. These meetings are to help restore the ceasefire and ensure progress in settling the conflict around Donbass.
Considering the above factors, Vladimir Putin once again emphasised the need for the US and NATO to take Russia’s demands to ensure its security guarantees as seriously as possible and to respond specifically and to the point.
The two leaders agreed to maintain contact at various levels.

Und die Darstellung aus Paris:

Telefongespräch mit Wladimir PUTIN, Präsident der Russischen Föderation.

Der Präsident der Republik führte am Sonntag, dem 20. Februar, ein Telefongespräch mit dem Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir PUTIN.
Sie einigten sich auf folgende Punkte:
– Wiederaufnahme der Arbeiten im Rahmen des Normandie-Formats auf der Grundlage des Austauschs und der Vorschläge, die die Ukraine in den letzten Tagen gemacht hat.
– Intensive Arbeit, um ein Treffen der trilateralen Kontaktgruppe in den nächsten Stunden zu ermöglichen, mit dem Ziel, von allen Beteiligten eine Zusage für einen Waffenstillstand an der Kontaktlinie zu erhalten.
– Die Notwendigkeit, einer diplomatischen Lösung der derzeitigen Krise den Vorzug zu geben und alles zu tun, um diese zu erreichen. Zu diesem Zweck wird in den nächsten Tagen und Wochen eine intensive diplomatische Arbeit geleistet. Der Minister für Europa und auswärtige Angelegenheiten, Jean-Yves LE DRIAN, wird in den nächsten Tagen mit seinem Amtskollegen LAVROV zusammentreffen, und in Paris werden zu diesem Zweck mehrere Konsultationen geführt.
– Diese diplomatische Arbeit soll auf der Grundlage der letzten Gespräche unter Einbeziehung aller Beteiligten (Europäer, Verbündete, Russen und Ukrainer) Fortschritte ermöglichen, um, wenn die Bedingungen erfüllt sind, zu einem Treffen auf höchster Ebene zu gelangen, um eine neue Friedens- und Sicherheitsordnung in Europa zu definieren.
– um diese Arbeit unter ernsthaften Bedingungen durchzuführen, gingen die beiden Staatschefs feste Verpflichtungen ein, alle zweckdienlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Eskalation zu verhindern, Risiken zu verringern und den Frieden zu bewahren.
(Übersetzt mit www.DeepL.com)

• Wie andere Fluglinien, unter anderem die Lufthansa am Vortag, kündigte auch die Schweizer Airline SWISS eine Einstellung der Flüge in die ukrainische Hauptstadt Kiew und nach Odessa an:

Hinweise für Passagiere auf SWISS Flügen in die bzw. aus der Ukraine
SWISS und alle Lufthansa Group Airlines stellen vorübergehend die Flüge von und nach Kiew und Odessa in der Ukraine ein. Betroffen sind alle Flüge ab Montag, 21. Februar bis vorerst einschließlich 28. Februar 2022.
SWISS beobachtet konstant die Situation und wird zu einem späteren Zeitpunkt über die weiteren Flüge entscheiden.

• Ein Angriff in der Ukraine sei wahrscheinlich, sagt ein russischer Politiker – allerdings als Angriff der ukrainischen Regierungstruppen auf die selbsternannten Separatistenrepubliken im Osten des Landes. Aus der Meldung der russischen Nachrichtenagentur TASS:

The Armed Forces of Ukraine can intensify their offensive on the night of February 21 near Donetsk and Lugansk, First Deputy Chairman of the State Duma Committee on CIS Affairs, Eurasian Integration and Relations with Compatriots Viktor Vodolatsky told TASS.
„Right Sector (the organization is banned in the Russian Federation – TASS), the Armed Forces of Ukraine are moving, more and more, towards Lugansk and Donetsk. This suggests that in the near future, this night, the offensive will be intensified,“ he said.

• US-Geheimdienste sehen ebenfalls die Gefahr einer bevorstehenden Eskalation – aber von russischer Seite, wie mehrere US-Medien berichten. Von CBS:

The U.S. has intelligence that Russian commanders have received orders to proceed with an invasion of Ukraine, with commanders on the ground making specific plans for how they would maneuver in their sectors of the battlefield, CBS News national security correspondent David Martin reported on „Face the Nation“ Sunday.
The intelligence indicates that „they’re doing everything that American commanders would do once they got the order to proceed,“ Martin said.

• Für das Azowsche Meer, östlich der Krim und ein Zugang der Ukraine zum Schwarzen Meer, wurden aktuelle Sperrgebiete ausgewiesen:

Dazu beobachteten Schiff-Spotter die Einfahrt russischer Kriegsschiffe in diese Region:

• Verteidigungsministerin Christine Lambrecht wird am kommenden Dienstag nach Litauen reisen, wie ihr litauischer Kollege Arvydas Anušauskas mitteilte. In Rukla in Litauen führt die Bundeswehr eine NATO-Battlegroup, die dem baltischen Land den Rückhalt der Allianz demonstrieren soll. Dieses Bataillon wurde in den vergangenen Tagen um 367 weitere deutsche Soldatinnen und Soldaten verstärkt, unter anderem auch mit sechs Panzerhaubitzen.

• Ob und wie es mit der aktuellen Situation rund um die Ukraine zusammenhängt, ist unklar – aber es fällt auf: Die US-Botschaft in Moskau veröffentlichte eine Reisewarnung für US-Bürger. Vor Anschlägen in russischen Großstädten wie Moskau und St. Petersburg:

According to media sources, there have been threats of attacks against shopping centers, railway and metro stations, and other public gathering places in major urban areas, including Moscow and St. Petersburg as well as in areas of heightened tension along the Russian border with Ukraine.

• In Washington kam, wie am Vortag angekündigt, der Nationale Sicherheitsrat der USA zusammen. Die vom Weißen Haus veröffentlichte Mitteilung dazu ist mehr als dürftig – der vollständige  Wortlaut:

Today, President Joseph R. Biden, Jr. convened a meeting of the National Security Council to discuss the latest developments regarding Russia’s military buildup on the borders of Ukraine.

Anschließend strich Biden die geplante Reise in seinen Heimatort Wilmington, wo er eigentlich den morgigen Feiertag President’s Day verbringen wollte, wie das Weiße Haus mitteilte.

(ggf. weiter nach Entwicklung. Die Kommentarfunktion ist deaktiviert, aus Gründen.)

(Foto: Russische Soldaten bei der Übung in Belarus – Russisches Verteidigungsministerium)