Nach dem Afghanistan-Debakel: In Debatte über EU-Eingreiftruppe erneuert AKK Vorschlag für „Koalition der Willigen“
Nachdem sich bei der Evakuierungsmission in Kabul in den vergangenen Wochen erneut die militärische Abhängigkeit der Europäer von den USA gezeigt hat, ist in der EU die Debatte über Wege entbrannt, europäische Streitkräfte mehr zu eigenem Handeln zu befähigen. In diese Debatte geht die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer mit der Neuauflage ihres früheren Vorschlags: Eine „Koalition der Willigen“ – aber im Rahmen der EU.
Die internatonale militärische Evakuierungsoperation in der afghanischen Hauptstadt war zum 31. August von den USA beendet worden – und einige europäische Staaten hatten zuvor erfolglos versucht, US-Präsident Joe Biden zu einer Verlängerung zu bewegen (unabhängig vom Beharren der Taliban auf einem Ende zu dieser Frist). Offenkundig war aber auch, dass Betrieb und Sicherung des Flughafens in der afghanischen Hauptstadt in dieser Phase nur mit Sicherung durch rund 6.000 US-Soldaten und vor allem die technischen Fähigkeiten der USA möglich waren.
Vor diesem Hintergrund und der Frage, ob die Europäer nicht mit eigenen Kräften zur Fortsetzung der Mission, ja grundsätzlich überhaupt zu solchen Operationen in der Lage wären, ist nun eine Debatte entstanden, die in der EU geführt wird. Befeuert hatte das der EU-Außenbeauftragte Joseph Borrell mit einem Gastbeitrag in der New York Times: Darin verwies er darauf, dass einige EU-Staaten eine neue Eingreiftruppe mit 5.000 Soldatinnen und Soldaten für solche Zwecke forderten. EU-Kommissar Thierry Breton sprach sich in der Süddeutschen Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht) ebenfalls für eine solche Eingreiftruppe unter zentraler Führung der Europäischen Union aus.
Gegen diese Vorschläge bemühte sich die deutsche Verteidigungsministerin beim informellen Treffen der EU-Verteidigungsminister am (heutigen) Donnerstag in der slowenischen Hauptstadt Ljubljana einen anderen Ansatz zu setzen: Der Europäische Rat könne einem oder mehreren Mitgliedsstaaten die Durchführung einer solchen Operation übertragen – quasi eine inner-europäische Koalition der Willigen.
Die Aussagen von Kramp-Karrenbauer dazu zum Nachhören:
Deutschland werde dazu, so kündigte die Ministerin an, zusammen mit anderen EU-Staaten einen entsprechenden Vorschlag erarbeiten. Es gehe darum, schnelle Entscheidungen zu ermöglichen und zu bestimmen, wer das Kommando über eine solche Operation habe. Denn wenn keine Stelle in der EU schnell entscheide, komme es gar nicht erst zu einer Operation: Es gehe darum, die nationalen Möglichkeiten zu nutzen, die in den Dienst der europäischen Sache gestellt werden.
Rechtliche Grundlage für den Vorschlag ist Artikel 44 des EU-Vertrags:
Im Rahmen der nach Artikel 43 erlassenen Beschlüsse kann der Rat die Durchführung einer Mission einer Gruppe von Mitgliedstaaten übertragen, die dies wünschen und über die für eine derartige Mission erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Die betreffenden Mitgliedstaaten vereinbaren in Absprache mit dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik untereinander die Ausführung der Mission.
Und dabei geht es durchaus auch um robuste Missionen, wie der Verweis auf Artikel 43 des Vertrags zeigt:
Gemeinsame Abrüstungsmaßnahmen, humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, Aufgaben der militärischen Beratung und Unterstützung, Aufgaben der Konfliktverhütung und der Erhaltung des Friedens sowie Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten. Mit allen diesen Missionen kann zur Bekämpfung des Terrorismus beigetragen werden, unter anderem auch durch die Unterstützung für Drittländer bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem Hoheitsgebiet.
Damit greift die deutsche Ministerin auf einen Vorschlag zurück, den sie bereits für eine andere Mission gemacht hatte. Im Zusammenhang mit der von Frankreich geführten Marinemission in der Straße von Hormuz (die Deutschland politisch, aber nicht militärisch unterstützt) hatte Kramp-Karrenbauer sich schon einmal für das Vorgehen über den Vertragsartikel 44 ausgesprochen – in zahlreichen Gesprächen, aber auch nachzulesen in einer Bundestagsdrucksache:
Die Bundesregierung setzt sich kontinuierlich gegenüber allen relevanten Akteuren für Deeskalation in der Straße von Hormuz ein. Im Rahmen dieser Bemühungen ist auch die politische Unterstützung der Bundesregierung für die französische Initiative „European-led Maritime Awareness in the Strait of Hormuz (EMASoH)“ zu sehen. Die Bundesministerin der Verteidigung hat in diesem Zusammenhang auf Artikel 44 des EU-Vertrages hingewiesen, der eine deutsche Beteiligung ermöglichen würde. Laut dem EU-Vertrag „kann der Rat
die Durchführung einer Mission einer Gruppe von Mitgliedsstaaten übertragen, die dies wünschen und über die für eine derartige Mission erforderlichen Fähigkeiten verfügen.“ Hierzu steht die Bundesministerin mit ihren europäischen Amtskolleginnen und Amtskollegen sowie dem Hohen Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik im Austausch.
In der Straße von Hormuz war dieser Ansatz bislang nicht erfolgreich; eine Mission nach diesem Artikel kam bislang nicht zustande. Interessant wird nun die Frage, ob die jüngsten Erfahrungen aus Kabul die Ansichten in den EU-Staaten so verändert haben, dass ein solches Vorgehen Erfolg hat.
Der Vorstoß Kramp-Karrenbauers ist sicherlich auch von den bisherigen Erfahrungen oder besser Nicht-Erfahrungen mit den so genannten EU Battle Groups zu sehen. In regelmäßigem Wechsel stellen die EU-Mitglieder seit mehr als einem Jahrzehnt diese Eingreifverbände mit jeweils 1.500 Mann auf, eingesetzt wurden sie bislang noch nie. Weil es zwar bisweilen Vorschläge, aber nie eine europäische Einigung dafür gab.
Für diese EU Battlegroups kursiert inzwischen der Spruch use it or loose it (nutze es oder gib es auf), wie das mit dem neuen Ansatz wird, werden wir sehen.
(In diese ganze Debatte gehört eigentlich auch die Frage, was eigentlich mit Berlin plus ist und warum dieses Instrument nicht für eigenständiges europäisches Handeln genutzt wird. Aber das würde es an dieser Stelle unnötig komplizierter machen.)
Ich erachte es für angezeigt, wenn man den Vergleich US Befähigung KIA anstellt, auch deren Kapazitäten ganzheitlich darzustellen. Über das, was man am KIA gesehen hat, verfügten die USA über das gesamte Potential der Dienste in der Region, der bedrohlichen Macht einer CSG und einer ARG.
Wen interessiert, was CSG und ARG sind:
https://news.usni.org/2021/08/30/usni-news-fleet-and-marine-tracker-aug-30-2021
P.S: Ohne diese Befähigung wäre der Evakuierungseinsatz aufgrund mangelndem Droh- und Eskalationspotential so nicht abgelaufen/sicher nicht befohlen worden.
Welche eigenständigen Fähigkeiten sollen denn die EU Kr haben? Die EUBG z.B. ist nicht luftbeweglich, soweit ich weiß.
5000 Soldaten…Au weia…
Bildlich formuliert, wie wenig 5000 Soldaten wären: Die Besatzung eines einzigen US-Trägers soll die Interessen der EU durchsetzen…?
Die EU täte gut daran, ihre gesamten Streitkräfte zu kombinieren.
Ich sehe keinen einzigen Bereich, wo das nicht ginge. Am Ende sind die Interessen doch identisch, auch wenn das nationale Stimmen innerhalb der EU-Staaten nicht wahrhaben wollen.
Entweder ganz oder gar nicht.
Lieber eine entscheidungsfähige EU, als lauter kleine Staaten, die als Marionetten der Großmächte enden.
Man muss sich entscheiden, was man möchte.
Brauchen wir das unbedingt?
Ich denke nicht.
Wenn sich eine entsprechende Gefährdungslage entwickelt, dann werden alle deutschen Staatsbürger aufgefordert auszureisen. Wer esbraucht, bekommt Hilfestellung, wer nicht will- viel Glück. Für alles andere gibt es das KSK.
Was wir garantiert nicht brauchen, istnoch irgendeinen europäischen Verband, der von irgendwelchen Einheiten in Drittaufgabe bestückt wird.
@AoR
Die CSG (Carrier Strike Group) und ARG (Amphibious Ready Group) sind komplett nutzlos, wenn man keine Überflugrechte oder Marinestützpunkte in der Nähe oder eine große Versorgungsflotte hat.
Man kann zwar schön Flottenquartett spielen, aber ohne diese Asse in der Hinterhand sind diese Schiffsverbände nicht einsetzbar.
Wenn man sich aber auf die Marinestützpunkte verlässt (und das tun die USA), dann kann man seine Militärpower eben nur mit Zustimmung einsetzen. Also jetzt auf eine lange Sicht gesprochen.
Natürlich würde kein Staat der Erde bei einem aktuellen Konflikt den Hafenaufenthalt nach einem Einsatz oder die Versorgung über diesen Hafen unterbinden. Aber irgendwann laufen Pachtverträge aus oder andere bilaterale Vereinbarungen über diese Marinestützpunkte. Da wird dann sehr genau auf die Vergangenheit und die Außenpolitik geschaut.
Die nationale Versorgungsflotte der USA ist fast nur noch fahrendes Eisenoxid (Rost) und bedarf dringend einer Erneuerung. Ohne diese Erneuerung geht denen ganz schnell die Puste aus.
Ohne Überflugrechte (falls geographisch notwendig) riskiert man nicht nur den Abschuss von wichtigen Flugzeugen und Piloten, sondern auch die internationale Deutung bei einem bestehenden Konflikt. Man hat sich dann nämlich nicht an geltendes Recht gehalten und kann nur schwer mit Recht bei dem militärischen Konflikt argumentieren.
Wer eine CSG oder eine ARG versenken will (also den Träger) oder zumindest schwer schaden will, schafft das.
Selbstverständlich würde dann die ultimative Kriegserklärung der USA folgen und davor haben alle Angst.
Aber nicht wegen der militärischen Komponente (oder nicht nur), sondern vor allen möglichen Folgen einer Kriegserklärung. Die USA sind, zumindest jetzt noch, so umfänglich in allen Bereichen des Lebens aktiv und teilweise führend oder tonangebend, dass sie eine Vielzahl von Aktionen aufs Tableau bringen können und damit den Gegner in die Knie zwingen können.
Angefangen von weltweiten Zahlungsdienstleistungen, über diplomatische Verbindungen zu Nachbarstaaten (und Druckpotenzial) bis zu Handelssperren für Firmen (also US-Firmen im Gegnerland aber auch Gegnerland-Firma in USA).
Deshalb versucht China auch genau das gleiche: in allen Lebensbereichen die Macht oder eine Machtstellung in der Welt einzunehmen.
Nur mit Military Power schafft es kein Staat der Erde mehr anderen Staaten ihren Willen aufzuzwingen. Egal wie viele CSG man vor die Küste fährt.
Die EU ist zwar nicht in allen Bereichen so führend aber dennoch sehr „schlagkräftig“. Gerade der Bereich Entwicklungshilfe und Entwicklungsgelder ist ein sehr großer und wichtiger Topf für fast alle Staaten auf der Welt und die, die nicht auf ihn angewiesen sind, benötigen die EU als wirtschaftlichen Markt.
In diesen und anderen Bereichen spielt man seine Karten aus, nicht mit einer EU-CSG.
@ Shortstop: Völlige Zustimmung. Die EU hat ihre Form der Softpower und ihre wirtschaftliche Potenz trotz aller Unkenrufe und anderer Horrorszenarien immer noch. Und daher zielt ja die Seidenstraße auf den europäischen Markt und nicht irgendwo anders hin.
Eine EU-CSG wäre doch ein Rückschritt in die alte Welt. Wenn schon EU-Army of the Future, dann neben Frontex als Heimatschutz ein einheitliches Cybercommand. Aber eine CSG? Mit Kosten, Anforderungen an Logistik und Mindset? Im schlimmsten Fall kauft man sich die Briten ein … aber man hat doch die symbolischen Tools auf europäischer Ebene. Warum denn mehr versprechen als man halten kann?
Normalerweise würde ich zu einem solchen Thema nichts schreiben, denn ich bin kein Militärexperte. Der Vorschlag von AKK aber macht mich wütend. Ich erkenne genau jenen Geist, welcher dafür gesorgt hat, dass wir in Sachen Digitalisierung ein dritte Welt Land sind und vorraussichtlich auch bleiben werden:
Dieser Geist nennt sich Entscheidungsschwäche und Verantwortungslosigkeit.
War es nicht das Ping Pong Spiel zwischen den Ämtern, welches zu der katastrophalen Situation am Kabul Airport geführt hat? Haben uns die ignorierten BND Berichte nicht etwa blind für die Entwicklung in Afghanistan gemacht? Haben wir denn nicht 20 Jahre wegsehen, weil niemand wirklich die Verantwortung für Afghanistan übernehmen wollte?
Und jetzt, nach diesem Desaster und dem völligen Scheitern des Westens macht man damit einfach weiter und versucht auch noch den Rest der Verantwortung auf supranationale Ebene zu outsourcen?
Achso, ich erinnere mich…hat ja schon beim Impstoffeinkauf hervorragend funktioniert – man konnte ja schulterzuckend auf Brüssel verweisen. Nein! So einfach kommt ihr (die Entscheidungsträger) hier nicht davon! Ich erwarte von einer Führungskraft (wie ich selbst eine bin) die uneingeschränkte Übernahme der Verantwortung für die unterstellten Menschen und Themen. Wenn ihr das nicht könnt oder wollt, dann tretet sofort zurück. Denn nichts anderes wird täglich von hundertausenden Bürgern in diesem Land erwartet.
@T.W Sofern ich über die Stränge geschlagen haben sollte, den Beitrag bitte nicht freischalten. Mich haben die letzten Wochen emotional einfach sehr mitgenommen.
[Ich hab’s mal freigeschaltet, aber diese Grundsatzdiskussion führt uns sehr schnell in einen OT und weg vom Thema… bitte nicht weiter. T.W.]
@ML-Rebell
Absolut einverstanden.
Jeder, der über eine europäische Armee nachdenkt, sollte sich zu Beginn als Pilotprojekt mal 100% gemeinsame Uniformen, Ausrüstung, Ausbildung, Struktur und Einsatzrichtlinien für alle EU MItglieder vornehmen, ohne dass die nationale Verantwortung aufgelöst werden sollte.
Ich erwarte die ersten heissen, unlösbaren Diskussionen schon beim Layout der Uniformknöpfe.
Erst wenn das alles durchgesetzt ist, können wir mal probieren, wie problemlos einem deutschen General eine polnische oder französische Division unterstellt werden kann.
Unsere Politiker sind Weltmeister im Formulieren von abenteuerlich hochgesteckten Aufgaben in der Hoffnung, damit Schlagzeilen zu generieren aber selber maximal für das Memorandum aber nicht für die Zielerreichung verantwortlich gemacht werden zu können.
20 Jahre Pseudokrieg mit militärischen Mitteln ohne wirklichen Nutzen für Deutschland. Klingt wie 20 Jahre gegen eine Wand laufen. AKKs Lehren daraus: Wir nehmen nochmal richtig Anlauf und wieder ran an den Feind am Hindukusch!
Na ja, Clausewitz wollte nichts von AFG, aber von Sunzi(viel älter als Clausewitz) liest man über die fünf gefährlichsten Fehler im Krieg: „Unbekümmertheit, Feigheit, empfindliches Ehrgefühl, ungezügeltes Temperament und die übergroße Sorge um das Wohl anderer.“ Das Wohl von AFG geht uns einfach nichts an!
TW wird das löschen, bestimmt!
Viel Plausibles in der AKK-Tonspur – nur fängt der Ansatz dabei an, dass wir wegen fehlenden eigenen Möglichkeiten dem Abzug der USA nichts entgegengesetzt haben/nicht in der Lage waren mit eigenen Kräften in AFG zu bleiben, ist also auf der Ebene (A.) der sehr großen langfristigen friedenserzwingenden/-erhaltenen Operation und kommt dann sehr schnell und ansatzlos auf die Ebene (B.) der Spezialkräfte-fokussierten kurzdauernden EvakOp.
Worüber wird dann geredet? Über A? B? Über beides?
Der AKK-Twitter-Thread dazu liest sich weniger plausibel und widerspricht sich offensichtlich u.a. in der Aussage zu eigenen europäischen Fähigkeiten.
Privatmeinung: Für EvakOp würde ich mir als EU-Bürger tatsächlich einen „EU-EvakOp-Fall“ wünschen. Mit kurzer Reaktionszeit, abgestuft abrufbaren vorgaheltenen Fähigkeiten und Leistungspficht aller. Meinetwegen auch mit einem EU-QRF-Verband, durch den nationale Einheiten rotieren. Nochmehr wenn ich aus LUX oder SLO oder ähnlich kommen würde und weiss, meine Länder können so etwas niemals stemmen, selbst bei aller Anstrengung.
Auch glaube ich, dass irgendwie GBR in den EU-Fähigkeiten noch mitgedacht wird. Nur bei EU27 wird es auch bei EvakOP doch hins. Fähigkeiten recht schnell eng.
Was soll es bringen, demselben Truppenkörper nunmehr den 3. oder 4. Hut aufzusetzen?
An geschniegelten Bezeichnungen und hochtrabenden Erklärungen über „europäische Lösungen“ hat es auch in der Vergangenheit in der Politik nicht gemangelt…nur umsetzbare und in der Realität auch eines „Schießkriegs“ brauchbare Beispiele sind mir nicht bekannt. Der Vorrang der NATO in der vom Hausherrn erwähnten Berlin-PLUS- Vereinbarung resultiert ja aus der langjährigen Zusammenarbeit im Bündnis, die unter dem Druck der Bedrohung aus dem Osten und der Erkenntnis, dass man alleine als Land in Europa nicht dagegen bestehen kann. Dieser Druck wird jedoch in den Staaten der EU sehr unterschiedlich wahrgenommen, in Polen und den baltischen Staaten sehr deutlich, im Kanzleramt wahrscheinlich bei der derzeitigen Amtsinhaberin überhaupt nicht. Zumindest deren Engagement im Bereich Sicherheit und der Zustand der Bundeswehr lässt darauf schließen. Solange man also selbst nichts dafür tun will, einsatzbereite Streitkräfte und damit Fähigkeiten auch für die EU zu finanzieren, sollte man einfach mal den Pinguin machen.
@kvogeler, bevor ich mir über die Uniformknöpfe einer EU-Armee Gedanken mache, würde ich zunächst eine ganz andere Grundsatzdiskussion führen. Und zwar wie verteile ich die (personellen) Lasten zwischen den Staaten.
Beschränke ich mich darauf zu sagen jedes Mitglied verpflichtet sich eine Armee der Größe X% der Einwohner zu unterhalten die untereinander eine gewisse Kompatibilität aufweisen und es damit erlaubt im Bedarfsfall Einheiten zu kombinieren.
Oder wird der Bedarf an Fähigkeiten zwischen den Staaten aufgeteilt und z.B. die Bundeswehr steht ohne eigene Luftlandepioniere da weil das vereinbarungsgemäß andere Staaten können oder gehe ich den großen Schritt und baue eine echte EU-Armee auf in der auch ein Österreicher Kommandant eines U-Bootes mit Heimathafen in Dänemark werden kann oder die Besatzung eines Eurofighters der in Litauen stationiert ist aus einem Belgier und einem Italiner bestehen kann?
Schöner Vorschlag, Deutschland claimed dann schnell die Führung, San, Logistik und IT-Kapazitäten. Kampftruppe dürfen die anderen stellen.
Welch ein Unsinn, insbesondere wenn Deutschland keine eigenen sicherheitspolitischen Interessen hat, die anderen, insb. Frankreich, aber schon.
Bevor man ein Kräftedispositiv fordert sollte man sich die Absicht, die man damit verwirklichen will deutlich machen.
Wer Entscheidungsstrukturen (Bundessicherheitsrat) designt, sollte sich Klarheit darüber verschaffen, worüber tatsächlich entscheiden werden soll.
Strategischer Kompass ist nur eine Worthülse! Ohne Ziel stimmt jeder Weg.
Wo ist die geografische Grenze für die erwünschte/wahrscheinliche Machtprojektion. Das muss tatsächlich einmal politisch entschieden werden. National und auf EU Ebene, mit gesellschaftlicher Zustimmung und langfristiger Verlässlichkeit und Perspektive.
Stichworte dazu: Weltweit oder nur Europa und die angrenzenden Meere?, ganz Afrika oder nur den Krisenbogen an der Gegenküste. Nur mit den USA oder auch ohne die USA. (Das gegen die USA schließe ich als abwegig aus)
Und bevor man sich Gedanken über den Indo-Pazifischen Raum und China macht;
was gilt im Verhältnis zu Russland?
Nur EU-Außengrenze oder gehören Ukraine, Weißrussland, Georgien etc. zum Verantwortungsbereich dazu?
Daraus ergibt sich ein Kräftedispositiv (Preisschild) und erst wenn Staaten bereit sind, das Erforderliche zu leisten, kann man weitersehen und anfangen aufzubauen.
AKK versucht es anders herum, Was habe ich, was gibt es in der EU und wie weit kann man damit maximal/ günstigstenfalls kommen, wenn man ein paar Schlüsselstellen ausbaut?
Das ist ein pragmatischer Ansatz, aber er begünstigt strategische Überforderung und setzt die Fehler der Vergangenheit fort.
@Landmatrose3000
MilEvacOp ist bei uns klar als nationale Aufgabe definiert, hier müßte es dann einen Paradigmenwechsel geben.
Zu EU Kr: die Grundfrage ist, in wie weit nationale Regierungen auf die Truppe noch zugreifen dürften bzw. wer über Einsätze entscheidet (Ministerrat, Kommission, EU Parlament) und diesen ggf. zustimmen muß oder Veto-Recht hat.
Eine „truly European force“ (TEF) wäre natürlich nationalen Befehls- und Kommandostrukturen weitestgehend entzogen müßte aber auch eine sehr weitgehende Autonomie in Bezug auf die operativen Fähigkeiten haben, und mögliche Einsätze dürften nicht national blockiert werden können (Durchfahrts-, Überflugrechte, u.a.).
Davon ab: machen ist wie wollen, nur krasser.
Muss es erst wieder zu einer zweiten ACHILLE LAURO , LANDSHUT oder HANSA STAVANGER kommen ? Nach dem 6. April 2009 ging der „Ball“ so lange zwischen BMI und BMVg hin und her, dass eine Geiselbefreiung nicht mehr möglich war. In Folge war Kapitän Krzysztof Kotiuk, und seine Crew in monatelanger Geiselhaft. Diese Belastung der Menschen plus 2,75 Millionen Dollar, die im August von einem Flugzeug neben dem Schiff abgeworfen wurden, nahm man in Berlin in Kauf. Das war 2009. Was mit den „Geiseln“ geschieht, die sich – wiederum durch zögerliches Handeln – jetzt noch in AFG in „Haft“ befinden . . . ?
Ich frage mich was die Diskussion soll. Erstes solte es für Deutschland allein schon kein Problem sein sich eine 5000-Kopf-Einheit zu leisten, die sowas könnte, wenn man denn will (und das auch mit Mitteln hinterlegen will).
Das bringt uns zur Frage: Was hätte AKK denn wollen? Wollte die sagen, dass sie von den US den Airport übernimmt und einfach bleibt über den vereinbarten Abzugstermin hinaus? Mit dem Kampf der sich daraus ergeben hätte? Das sieht unserer Politik gar nicht ähnlich…
Was wir erleben, ist der typische „Politiker-Reflex“ nach einem politischen Debakel: Es muss schnell irgendein Aktionismus an den Tag gelegt werden … irgendwas … ganz egal … Hauptsache, man ist tätig, weist Engagement nach und geriert sich als „Krisenmanager“. Ob das sinnvoll und durchdacht ist … ganz egal … Hauptsache, den Anschein von Handlungsfähigkeit und Zielstrebigkeit erwecken.
Es muss irgendwas „Neues“ her … ein sichtbares „Leuchtturm-Projekt“ … gespickt mit ganz vielen hippen Buzzwords … „modular“, „high readiness“, „multinational“, „weltweit“, „flexibel“, „dimensionenübergreifend“, „durchhaltefähig“, „smart“, „digital“, „vernetzt“ … irgendsowas …^^
Was machten eigentlich die NATO Response Force (NRF), die EU Battlegroups (EUBG) und das European Air Transport Command (EATC) gerade so, als sich die europäischen Nationalstaaten überlegten, wie sie ihre Staatsbürger aus Afghanistan evakuieren sollen …?
Nur mal so eine Frage … nicht, dass mich das wirklich was anginge … aber interessieren tät’s mich halt schon …
@Flo
Warum sollte man sich nicht direkt bei einer „EU Armee“ bewerben können, wenn es sie einmal geben sollte? Z.B. als ausgeschiedener SaZ? Bestimmte höhere / Spitzenposten (also i.d.R. BS) könnten ggf. durch Entsendung besetzt werden, wie dies auch innerhalb der NATO erfolgt und auch bei anderen (militärischen) Posten der EU.
@Shortstop, @Paradox: Sie stellen eindrucksvoll dar, wie anstrengend und kostspielig es ist, den geostrategischen Werkzeugkasten vorzuhalten.
Bleiben wir im Szenario einer sich binnen einer Woche dramatisch entwickelnden Lage, welche zumindest eine Androhung massiver militärischer Eskalation zur Heilung bedarf. KIA ist ein Lehrstück.
Ich sehe in der Befähigung einen mobilen Flughafen, seeseitige Artillerie und Landetruppen vorzuhalten keinen Rückschritt, sondern einen zentralen Bestandteil des Werkzeugkastens.
Zudem ist aus der klassischen politikwissenschaftlichen Einteilung geostrategischer Instrumente in eher Soft und eher Hard als Teil eines Kontinuums etwas unvorsichtig umgegangen worden.
Wie wir sehen, gehört beides zusammen. Das Phänomen einer EU, welche sich als Softpower politisch definiert war und ist ein Meidungsverhalten. Meidung in sofern als dass unbeachtet blieb, dass zu jeder Zeit die USA ausreichend Hard und Softpower bereitstellen würden um die geografische Integrität der EU zu schützen.
Erinnern wir uns daran, wie AKK bedauerte, dass wir nicht die Möglichkeit hatten in Nordsyrien einzugreifen, als die USA ihre Hardpower abzogen. Eine bezeichnende Situation die uns schonungslos vor Augen hielt, dass wenn Akteure den Verhandlungstisch mit Hardpower umwerfen, Softpower immer unterlegen ist.
Mit Waffe am Schädel zahlt man Gesichtswahrend sehr viel mehr Entwicklungshilfe. Z. B. wenn irgendein Potentat droht, Flüchtlinge zur Waffe zu machen, schnappt der Geldkoffer auf und man lässt sich öffentlich demütigen.
Und auch am KIA hätten wir gnadenlos die Hosen unten gehabt. In Afghanistan hatten wir zuvor schon die Hosen unten, als die Taleban entschieden den Verhandlungstisch umzuwerfen und das Ergebnis per Schlachtfeld vorwegzunehmen.
Um in ihrer Metaphernwelt zu bleiben, wir sind in einem sich schnell und dynamisch entwickelnden Szenar. Keine Zeit, wie geschehen, Parlamente einzuberufen und zu debattieren. Asse müssen schnell ausgespielt werden und in einer Hand vorgehalten werden. Wer sammelt die Asse über Jahre mühselig und versteht sie einzubringen? Z.B für Überfluggenehmigungen, oder ganz einfach wie am KIA, dass von den 100 ManPads im Land keiner den Weg dort hin findet?
Es geht hier nicht um die Unterscheidung Hardpower vs. Softpower. Es geht darum, aus einer Hand die Sprache der Macht zu sprechen, HARDBALL zu spielen.
@Wolle: Da gibt es noch das Zitat: „Wer seinen Feind kennt, und sich selbst kennt, […]“
Was mir in der öffentlichen Debatte und Berichterstattung auffällt, und ich bringe das hier auch ein, ist die Tatsache, dass wir unseren Feind, das Phänomen Dschihadismus nicht ausreichend kennen. Was auch dieser Faden wieder aufzeigt mit, z.B mit Bezug auf NRF etc ( vgl. @Thomas Melber) ist, dass wir uns selbst nicht kennen. Mit wir meine ich auch politische Entscheidungsträger.
Sun Zhu:
„Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten. Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen. “
Herr Ischinger und Herr General Zorn könnten ja in einem militärischen Nieschenblog (/SCNR) gemeinsam mit dem SiPo Anchor der Republik schlechthin das Szenario KIA betrachten und eine „Einkaufsliste“ erstellen.
Generell stimme ich AKK da schon zu dass die EU zu solch einer Mission befähigt sein sollte…wenngleich dies unterm Strich deutlich mehr bedarf als 5.000 Mann vor Ort…
Drumherum wird viel Logistik, CAS, Aufklärung benötigt…
des Weiteren müssen die 5000 Mann vor Ort auch regelmäßig abgelöst werden…
dh ich benötige mal mindestens 20.000 Mann/Luftlandekräfte die dazu in der Lage sind einen Flugplatz/eine Stadt zu sichern…
an militärischen Mitteln wird eine große Zahl an:
-UCAV für Aufklärung und Wirkung
-Tank und Transportflugzeuge
-Kampfflugzeuge (Sicherung Luftüberlegenheit)
-leichte Luftlandefahrzeuge mit potenter Bewaffnung (Wiesel Nachfolger?)
-Große Anzahl an Shorad Systemen vor Ort (Abwehr Mörser und Raketen und UAV)
das ist alles in allem schon eine ordentliche Hausnummer!
und nur auf EU Ebene möglich…
national kann Deutschland vllt einen verlassenen Flugplatz in Afrika sichern…
aber nicht in einer Großstadt mit zig tausend feindlichen kämpfern in einem Umkreis von 10-20km
außerdem muss man dazu bereit sein im worst case auch eigene Kräfte zu verlieren
@ Thomas Melber sagt:
03.09.2021 um 9:36 Uhr
„MilEvacOp ist bei uns klar als nationale Aufgabe definiert, hier müßte es dann einen Paradigmenwechsel geben.“
Ja, fände ich ehrlich – solange wir es ab einer gewissen Schwelle eben nicht alleine schaffen. Und wenn wir es auch im grösseren Maßstab schaffen würden oder wollen würden, bräuchten wir doch die darauf fokussierte Diskussion auf EU-Ebene in der AKK-Tonspur grösstenteils nicht.
Und selbst wenn wir es alleine auch im grösseren Massstab könnten – wer kümmert sich um EU-Bürger von kleineren EU-Mitgliedsstaaten, die das nicht können und auch nie können werden? Ich denke, dass man hier vorausschauend solidarisch Regelungen treffen könnte.
Hallo zusammen,
Wie viele von Ihnen bin ich auch sehr zurückhaltend, eine europäische Armee zu schaffen. Ich sehe darin keinen Nutzen.
Eine Armee ist eine staatliche Körperschaft. Europa ist jedoch (noch) kein Staat, auch wenn es sich im Laufe der Zeit viele seiner Vorrechte wie Münzprägung, eine supranational Justiz, Bildung (ERASMUS …), europäische Schulden, eine Verfassung, Institutionen (…) übernommen hat. Wir sprechen heute sogar über die Möglichkeit der Erhebung einer europäischen Steuer auf nationaler Ebene. Wenn wir die Vision ein Europa als Staat teilen, dann macht eine europäische Armee in der Tat Sinn.
Heute verteidigen Europa und seine Institutionen vor allem pazifistische und humanistische Werte, in Friedenszeiten ist dies sehr lobenswert, aber mit der Entwicklung bedrohlichen Staaten wie die Türkei, China, Afghanistan, Weißrussland, Iran sowie die Terrorbewegungen im Nahen Osten und In der Sahelzone gilt es nun dringend, eine Realpolitik in militärischen Angelegenheiten zu entwickeln und gegebenenfalls (tödliche) Offensivoperationen durchzuführen. Europa hat mit der griechisch-türkischen Krise bewiesen, dass es dazu nicht in der Lage ist, sodass eine europäische Streitmacht wahrscheinlich auf Übungen mit der NATO, der UNO oder auf die Hilfeleistung für in Not geratene Mittelmeer-Migranten beschränken wird. Das Argument, dass wir so die Evakuierung der Afghanen am Flughafen von Kabul hätten fortsetzen können, bestätigt nur den humanistischen Charakter, den diese Armee haben wird (eigentlich wäre es die perfekte UNO Aufgabe gewesen).
Mit andere Wörter wird diese europäische Armee mehr die europäische Ideologie als seine Bürger verteidigen. Dafür sehe ich kein Bedarf.
Was auf europäischer Ebene jedoch noch nicht der Fall ist, wird es auf deutsch-französischer Ebene mit der Geburt des deutsch-französischen Transportgeschwaders mit Sitz in Evreux in Frankreich.
http://www.opex360.com/2021/09/02/lacte-de-naissance-de-lescadron-de-transport-franco-allemand-a-ete-signe/
Die EU hat sich immer Schritt für Schritt aufgebaut. Die europäische Armee verfolgt hiermit die selbe Logik: zuerst bilateral dann supra National während man parallel ständig diese Idee auf dem Tisch bringt damit die Bürger es integriert haben wenn es soweit ist.
In Frankreich erheben sich viele Stimme gegen eine Europäische Armee aber Macron ist ein großen Fürwörter diese Vision und diese kann auch durchaus attraktiv sein für Staaten die zu ihre Entscheidung Gewalt nicht stehen wollen.
Allein die Idee einer EU-Armee lässt mich erschauern.
In den transnationalen Korps ist die Kommunikation in den Stäben schon interessant, aber wenn ich mir vorstelle, dass eine EU-Armee mal irgendwo operativ (!) eingesetzt werden sollte….
Das hätte sprachlich was von Teams-Meeting und wäre – allein von den unterschiedlichen Interessen der Kontingentsteller – befehlstechnisch ein Debakel.
Nicht einmal in Mali gibt es ein gemeinsames deutsch/französisches Kontigent, dass ggf. durch die Deutsch-Französische-Brigade unter gemeinsamen Kommando gestellt würde.
Abgesehen davon:
Auch wenn hier von mehr eigener deutscher Verantwortung gefaselt wird (ja, ich benutze den Terminus bewusst), dann ist es doch so, dass hier jeder durchgeatmet hat, dass am Hamid-Karzai-Airport nur die USA den Blutzoll gezahlt haben und nicht wir.
Nebenbei:
Wenn ich mir das Alter der gefallenen US-Kameraden ansehe, habe ich schon den Eindruck, dass hier nicht gerade erfahrene Soldaten im Einsatz waren….
Wie schon gesagt, das ganze war eher eine Frage von Überflugrechten als von Feuerkraft.
Die Idee, dass die EU (und noch dazu ohne UK) derartige Verbände vorrätig hält halte ich für illusorisch. Auch die USA haben die Transportkapazitäten und Tanker nicht weil sie für solcher Operationen gedacht sind, sondern weil sie nunmal da sind und eigentlich andere Rollen haben.
Im Zweifel müßte man bei einer solchen Lage eben improvisieren. So wie die Israelis in Äthiopien (oder Entebbe) oder eben in viel kleinerem Maßstab, Schmidt bei der Landshut-Entführung.
Eine 707 (wahrscheinlich ohne vorher einen Chartervertrag abzuschließen!) mit der GSG9 und Ben Wisch mit Koffern voller Bargeld vollgestopft und los gings.
Oder eben auch wie die Bundeswehr bei Libelle oder der Evakuierung des dt. Somalia-Kontingentes.
Nur das traut sich heute politisch niemand mehr.
@AoR sagt: 03.09.2021 um 11:32 Uhr
Sie gehen bei Ihren Ausführungen davon aus, das man weiterhin an solchen Missionen teilnimmt, die dann jeweils mit einer EvacOp enden. Und das man das politisch wirklich will.
Man sieht doch, das der politische Wille in Europa völlig fehlt, so einen Stabilisierungseinsatz auf allen Ebenen, nicht nur der militärischen, durchzuführen. Afghanistan ist ein Parade-Beispiel, das Gleiche wird in Mali passieren. genauso wenig wird der Sahel stabilisiert oder der Kosovo jemals ein lebensfähiger souveräner Staat. Es ist doch einfacher, das Militär zu schicken, das sieht wenigstens nach zupackender Aktivität aus.
Solange irgendwelche komischen, korrupten Operetten-Regierungen, die meistens von irgendwelchen Clans oder Familien gestellt werden, vom Westen unterstützt werden, solange wird sich nichts bessern. Die Bevölkerung springt doch auf jeden „Heilsbringer“, der verspricht, sie aus ihrem Elend zu holen, sofort an. Und wenn es dschihadistische Gruppierungen sind, völlig egal. Unsere Weimarer Republik hat das doch eindrucksvoll vor Augen geführt, oder meinen Sie, das ein Großteil der Wähler unbedingt sechs Jahre nach Machtübernahme in den Krieg marschieren wollte? Ich denke nicht.
Wir (der Westen) haben in solchen „Stabilisierungsoperationen“ nichts verloren, die Ergebnisse waren bis jetzt verheerend schlecht. Schauen Sie sich die UN-Missionen in Indien, Libanon, Israel oder auf Zypern an. Das zeigt doch, das auch 40, 50 oder gar 70 Jahre Mission nicht zu einem greifbaren Ergebnis führen. Da müssen neue Konzepte her, das jetzige funktioniert nicht.
man darf ggf. nochmal daran erinnern, dass die Befehlshoheit über Streitkräfte laut Bundesverfassungsgericht zum nichtdispositiven Wesensgehalt des Grundgesetzes gehört und eine „EU-Armee“ somit verfassungswidrig wäre.
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Davon abgesehen ist erscheint mit dieses immer wiederkehrende Geschwafel von EU Armee etc von dem erkennbaren Wunsch einerseites der Mitgliedsstaaten getrieben unangenehme Entscheidungen und die entsprechende Verantwortung über Töten und Sterben irgendwo anders hinzudelegieren. Auf der Anderen Seite steht dann die EU die keine Gelegenheit auslässt Macht in neuen Bereichen zu usurpieren, unabhängig von der Sinnhaftigkeit einer Zentralisierung.
Um tatsächliche militärische Fähigkeiten geht es in diesen ganzen Debatten nur sehr nachrangig.
Wer wirklich etwas tun will! kann das auch (siehe JCR’s Beispiele: Mogadishu et. al.).
Was fehlt ist die (Risiko)Bereitschaft auch unter unsicheren Erfolgsaussichten zu Handeln und danach souverän seine Entscheidung zu vertreten.
Stattdessen allenthalben nur noch verantwortungsdiffusives Wegducken/Zaudern/Palavern.
Puh … die Sprache der Macht. Das erinnert mich immer an die theoretische Diskussion über außenpolitische Ambitionsniveaus oder Bw-eigen das „Kämpfen können – Kämpfen müssen“. Oder um ein altes russisches Sprichwort abzuwandeln: „Liberale Demokratien sind nicht bereit mit dem Blut ihrer Söhne und Töchter den Boden eines fernen, fremden Landes zu düngen.“
Nein. Das sind wir nicht. Ehrlich gesagt, finde ich das auch gut so. Ich sehe auch nicht immer die Notwendigkeit immer und überall in einer „Koalition der Willigen“ vorgeblich humanitär zu intervenieren. Man muss gesichtswahrend auch keine EZ-Mittel zahlen. Aber der EU-Türkei Deal z.B. entstand ja u.a., weil man keine andere Lösung fand.
Und das Thema HKIA … ja, selbstverschuldetes Drama. Aber ohne diplomatische Arrangements wäre da auch nichts gegangen. Trotzdem keine strategische Glanzleistung für eine regional ausgerichtete Politik.
Und Hardball … welche liberale Demokratie hält das denn außenpolitisch durch? Die USA auch nur als „exceptional country“/ Gods own country.
@Thomas Melber, wenn es politisch gewollt ist das es eine EU-Armee geben soll wäre das sicher eine Möglichkeit. Wobei ich dann eher noch den Schritt weitergehen würde und eine EU-Armee anstelle der nationalen Streitkräfte sehe und nicht ergänzend.
Wobei Karl Mohr hat dann ja schon aufgezeigt hat welche Fragen dann im Raum stehen werden, nämlich die nach der Ausrichtung einer solchen Armee und wer dann den politischen Hut aufbekommt. Zumal dann ja im Hintergrund auch wieder die üblichen Spielchen (was kaufe ich bei wem, was wird wo stationiert) auf EU-Ebene gespielt werden und dort Entscheidungen nicht zwingend nur nach sachlogischen Gründen entschieden werden. Da dürfte man sich dann nicht wundern wenn plötzlich die Marine ihr Hauptquartier in Luxemburg bezieht weil ja jeder Beteiligt werden soll
@Kommentator
Zumal ja eine EU Eingreiftruppe auch auf der Agenda von PESCO steht – EUFOR CROC (DEU Lead !):
https://en.wikipedia.org/wiki/Crisis_Response_Operation_Core
sowie EI2, auf Initiative Frankreichs:
https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Interventionsinitiative
Aber dies wurde hier im Blog ja bereits mehrfach diskutiert. Nur bei der Umsetzung hakt es wohl.
https://www.defense.gouv.fr/english/dgris/international-action/l-iei/l-initiative-europeenne-d-intervention
@JCR:
Ob eine „Operation Libelle“ heute noch funktionieren könnte, liegt weniger am Wilklen, sondern vor allem an der Tatsache, dass man nicht mehr in der Lage wäre, eine ausreichende Menge CHs und Transalls (also Hercule 130 oder A400m) binnen weniger Stunden zu verlegen.
(SCNR)
Außer @Der Realist sehe ich hier wenig Verfechter einer EU-Armee. Gehöre ich auch nicht dazu. In diesem ganzen institutionellen Geflecht von EU, Nato und Nationalstaaten muss man gucken, was vernünftigerweise geht, was man organisch, aber entschieden weiterentwickeln kann. Man wird wohl Kräfte zusammenlegen müssen, denn selbst UK erkennt, dass es allein nicht geht. Aber nicht auf EU-Ebene, sondern zwischen Staaten, die ähnlich ticken und am besten benachbart sind. So wie es schon so langsam passiert, nur noch entschiedener. Dass Frankreich und Brexitannien sich je eigene Carrier Groups leisten, ist absurd. Deutschland und die Niederlande habe schon so etwas ähnliches wie eine gemeinsame Luftlandedivision, das ließe sich ausbauen. Da müsste man klotzen statt kleckern.
Niemand würde der EU-Kommisson Soldaten zur freien Verwendung in die Hand geben, die auf absehbare Zeit ja noch nationale Soldaten bleiben müssten, so lange die EU kein Staat ist. Die EU kann aber sehr viel leisten: Indem sie diplomatisch dafür sorgt, dass EU-Staaten zumindest nicht gegnerische Seiten in einem Bürgerkrieg unterstützen, dass sie ihre (oft eben doch unterschiedlichen) Interessen koordinieren, dass sie Informationen teilen. Die EU kann bei der Beschaffung helfen, bei der Mobilität etc. @Paradox77: Sehe ich genauso, dass aus Frontex eine Art Heimatschutz-Truppe werden könnte, vielleicht etwas robuster als es eine reine Grenzschutzpolizei wäre. Im Informationsraum ist die EU ja auch schon präsent ein Stück weit.
Wenn wir über militärische Fähigkeiten Europas reden, muss aber die Devise lauten: Die Europäische Komponente der Nato muss massiv gestärkt werden. Über Nationalstaaten hinweg, bi- oder trilateral, aber nicht duch die EU. Und das geht, wie gesagt, nicht ohne Geld.
@Flo
Ich bin da voll bei Ihnen, das hatte ich ähnlich ja bereits geschrieben – eine EU Defense Agency oder European Defense Force, für Frankreich natürlich Force Européene de Défense …
Zum Thema Beschaffung:
https://eda.europa.eu/procurement (aktuell werden wohl eher Studien beauftragt, ansonsten kann man das auch an die NATO „outsourcen“ – https://www.nspa.nato.int/ ), wobei aber z.B. von der EU auch für FRONTEX ausgeschrieben wird.
Was es nicht schon alles gibt 😎
@wacaffe
„man darf ggf. nochmal daran erinnern, dass die Befehlshoheit über Streitkräfte laut Bundesverfassungsgericht zum nichtdispositiven Wesensgehalt des Grundgesetzes gehört und eine „EU-Armee“ somit verfassungswidrig wäre.“
Bezieht sich das auch auf SK, die direkt durch die EU aufgestellt und geführt werden? Wenn Sie einen Verweis auf das Urteil hätten könnte man herausfinden, welche Annahmen dabei gemacht wurden.
Wie sieht das z.B. bei den Kr des MN HQ in ULM aus, wenn es Op der EU führt? Oder z.B. bei MINUSMA – da ist doch die EU „in lead“ und der Mission Commander (von der EU bestellt) setzt die politischen (EU) Vorgaben militärisch um, oder sehe ich das falsch?
Ja, die „Sprache der Macht“ welche die EU lernen müsse, ich hatte es damals für mich mit Hardball übersetzt, als UvdL entsprechende Lagen und Ereignisse im Mittelmeerraum kommentierte.
Wir sehen eine Gap zwischen Anforderungen durch verschiedene Lagen und den politischen Realitäten. Der Flüchtlingsdeal folgte auch der Tatsache, dass weder Obama noch die EU StabOps in Syrien starten wollten und das Feld den Russen und Iranern, dann zunehmend auch der Türkei überlassen hatten. Auch dort wurde mit Hardpower der Verhandlungstisch umgeschmissen und die EU an die Seitenlinien gedrängt, Ergebnisse auf dem Schlachtfeld wurden dann politisch abgeknickt.
Ich denke wir stimmen darüber ein, dass der EU ganz zentrale Werkzeuge fehlen. Daher steht für mich die Frage wie der berühmte Elefant im Raum, was tun wenn andere mit uns Hardball spielen, was erwidern? (Und ich denke darum geht es im Kern)
Daher: Wo bekommt die Diplomatie Muskeln her? (Vgl. AKK) Ok, CSG und ARG evtl als Sahnehäubchen. Da braucht es generell erstmal Willen. Der fehlt.
PS: Hardball, zB auch tödliche Jagt auf Oppositionelle unter deutschem Schutz auf deutschem Boden durch Kreml und Erdogan. Reaktion, Cem Dündar kommentiert bei Welt den „Türken-Armin“ (Laschet) der Angst um Wählerstimmen der Community hat. SiPo-Fail!
@Pio-Fritz: Konzeptvorschlag? Vorsicht, mit liegt schon auf der Zunge: Wenn du nicht mehr weiter weist, dann bilde einen Arbeitskreis. /SCNR
AoR sagt:
03.09.2021 um 11:32 Uhr
Nein, sehe ich komplett anders.
Egal welche Hardpower wir (Deutschland oder auch EU) hätten, wir würden sie niemals so einsetzen wie die USA. Da ist auch kulturell bedingt.
Wenn wir (die EU Staaten, inklusive Deutschland und Frankreich ohne UK) ähnliche Opferzahlen im Krieg in Afghanistan gehabt hätten wie die USA, dann wären wir schon ganz lange weg da. Zumindest hätte es innenpolitisch einen enormen Druck auf die Regierung(en) gegeben.
Deshalb bringt auch die Diskussion um das Halten des Flughafens nichts.
Wenn wir (die EU) die Hardpower gehabt hätten, wären wir auch ohne die USA vor dem 01.09. abezogen!
Zumindest wenn die Taliban die gleiche Meinung zu unseren Truppen gehabt hätten, wie zu den US-Truppen. („Besatzung“)
Man hätte den Flughafen und/oder Kabul nur halten können, wenn man mit ordentlich Manpower reingegangen wäre und das hätte hunderte EU-Soldaten das Leben gekostet. Ganz einfach.
Kein Bürger in Deutschland (oder zumindest nur eine ganz kleine Minderheit) und in der Rest-EU hat in den letzten Jahren und erst Recht nach der Kapitulation der afghanischen Armee in den letzten Wochen einen Sinn in einen „Blutzoll“ für Afghanistan gesehen.
Deshalb bringen einem diese ganzen Militärmittel äußerst selten etwas, wenn dahinter nichts steht, also ein Wille der Bevölkerung.
„dass wenn Akteure den Verhandlungstisch mit Hardpower umwerfen, Softpower immer unterlegen ist.“
Selbst wenn wir die Mittel gehabt hätten, wären die Truppen nicht in ausreichender Zahl (zahlenmäßig mehr als paar hundert Spezialeinheiten und Luftwaffe) eingesetzt worden (auf Nordsyrien bezogen).
Der Wille ist immer entscheidend und der ist nicht vorhanden. Und ich sehe das sogar positiv bei diesen beiden Beispielen.
Softpower (also den beschriebenen Teil wie Export-Importmacht, Konzerne, Diplomatie, Entwicklungsshilfe, ) ist ja nur ein Teil der notwendig ist neben der Hardpower.
Man muss jede außenpolitische Aktion auch immer dem eigenen Volk verkaufen können. Hat bei 9/11 geklappt und auch ein paar Jahre war es den Versuch Wert, mit dem Aufbau einer Demokratie in Afghanistan.
Aber die Meldungen über Korruption und andere Probleme (Kultur, Einmischung Pakistan) sind nun auch schon ein paar Jahre alt und wenn sowas öffentlich wird, kommen mit jedem Jahr Einsatz immer mehr Zweifel in der eigenen Bevölkerung auf. Gerade Afghanistan ist doch ein Paradebeispiel für die immer größer werdende Willenlosigkeit der eigenen Bevölkerung für diesen Einsatz.
„aus einer Hand die Sprache der Macht zu sprechen, HARDBALL zu spielen.“
Sie wollen nicht verstehen, dass man auch immer in einem Spiel verlieren kann!
Dieses Risiko blenden Sie und andere Diskussionteilnehmer immer gerne gekonnt aus. Ein Politiker blendet diese Möglichkeit aber nicht aus.
Als Politiker hat man 100 Anliegen, die man gerne im eigenen Land aber auch in der Welt ändern will. Wenn man aber wegen einem Anliegen (hier Beispiel Kabul Flughafen halten – außenpolitisch Stärke zeigen), die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass man dadurch großen innenpolitischen Gegenwind bekommt, vielleicht sogar abgewählt (oder nicht wiedergewählt) wird.
Dann sind die andere 99 Anliegen für sie gestorben. Weil sie diese nicht mehr umsetzen können, weil sie als Politiker weg von der politischen Bühne sind.
@AoR
Vielleicht wäre der Arbeitskreis die richtige Lösung. Das ein nahezu rein militärisch geprägter Einsatz wie in AFG scheitert, haben wir doch gerade bewiesen bekommen. Reagiert wird, wie immer in solchen Situationen, durch die Politik mit hektischem, planlosem Aktionismus.
@Thomas Melber, bezüglich der nicht abgebbaren Kommandogewalt über die Bundeswehr und deren Einsatz in / über multinationalen Einrichtungen.
Solange kein Dritter am Bundestag vorbei Fähigkeiten der Bundeswehr anfordern kann bzw der Bundestag, bei aus seiner Sicht „falschen“ Nutzung, diese auch wieder aus Einsätzen abziehen kann sehe ich da keine Probleme.
All diesen Diskussionen fehlen zunächst klare außenpolitische Ziele. Ohne zu wissen, für welche Disziplin man antritt macht es keinen Sinn das Pferd mal einfach so zu satteln. Die EU und auch D. haben keine klaren außenpolitischen Ziele. Tritt irgendwo auf der Welt eine Störung oder Entwicklung auf, bewerten wir diese nicht danach, ob sie unsere außenpolitischen Ziele tangiert oder nicht, denn wir haben ja keine, sondern wir bewerten sie danach, was die Öffentlichkeit dazu meinen könnte. Frauenrechte oder Menschenrechte stehen da ganz oben als Motivator.
Aber so kann man keine Außenpolitk machen – und das Militär ist ja kein Selbstzweck, sondern eines der vielen Tools, die die AP nutzt oder nutzen sollte.
Wenn dese Ziele definiert sind, dann muß man bewerten, welche Rolle das Militär dabei spielen soll und wie dessen Orga und Ausstattung aussehen muß, um diese Ziele zu erreichen. Und da darf es dann keine ideologischen Denkverbote geben, sondern nur lösungsorientierte Durchsetzung dieser Vorgaben.
Was die EU betrifft, so bin ich höchst skeptisch, ob das überhaupt machbar ist. Die EU ist kein Staat mit abhängigen Teilstaaten, wie die USA. Sie ist auch nicht vollständig demokratisch legitimiert. Es ist daher – und das sieht man jeden Tag – nicht möglich, zielgerichtet und faktenbasiert zu Entscheidungen zu kommen.
@Pio-Fritz: „Das ein nahezu rein militärisch geprägter Einsatz wie in AFG scheitert, haben wir doch gerade bewiesen bekommen.“
Verkauft wurde es aber anders, zumindest in D: Nation Building, Ertüchtigung, Gender, Democracy, …
Und das ist gescheitert, nicht das rein militärische (außer dem Abzug natürlich).
@ Kommentator: genau auf den Punkt gebracht
Warum denn immer gleich schnelle Eingreifkräfte, deren Einsatz nahezu immer kontrovers sein muss?
Warum stellt man von Seiten der EU nicht eine Truppe des Minimalkonsenses auf, deren Aufgaben etwa vom Objekt/Personenschutz der Europäischen Institutionen, über logistische Unterstützung, über Enhanced forward Presence, über KFOR langsam aufwächst?
Das wäre durchsetzbar, würde die Nationalstaaten entlasten wäre der berüchtigte schwere erste Schritt.
Ich bin gegen eine europäische Interventionsarmee. Und gegen weitere Anläufe in Afghanistan, nachdem wir dort derartig baden gegangen sind und uns lange ein völlig falsches Bild vorgemacht wurde. Dagegen haben mir Leute, die wirklich dort waren, sehr früh und realistisch und, wie man jetzt weiß, leider zutreffend pessimistisch die Lage geschildert.
Wenn wir noch irgendwo eingreifen, sollten ja wohl die USA aus der selben Wertegemeinschaft, den selben Bündnissen und den gleichen Überzeugungen mit ihren Fähigkeiten mit dabei sein können? Gottlob haben wir Afghanistan nicht noch vor dem Abzug von denen „übernommen“, wie es ja Präsident Trump angeregt hatte.
Meiner Meinung nach droht uns eher in Mali das Gleiche auf afrikanisch. Da sollte man mal nachdenken, welche Ziele es eigentlich gibt und mit wem wir dort so zusammenarbeiten?
Wir haben eine deutsche-französische Brigade, aber wann Frankreich diese Brigade nach Mali schicken wollte um Terroristen zu kämpfen, gingen nur die französische Soldaten…
Es ist schade, wie wenige hier die Probleme erkennen, die sich gerade entwickeln und glauben, wir könnten alle so weiter machen, wie bisher in Europa…
Es wird weiterhin in nationalen Schubläden gedacht, aber die bringen uns nicht mehr weiter.
Unsere Herausforderungen der Zukunft liegen nicht darin, Menschen in unterdrückten Staaten zu unterstützen, auch wenn das an sich eine ehrenvolle Aufgabe ist.
Wir haben das Problem, dass wir es mit einer zunehmend egoistischen USA, einem militärisch wieder erstarkenden Russland, sowie zwei großen Staaten zu tun haben, die aufgrund ihrer Bevölkerungszahl die Weltpolitik diktieren, bzw. diktieren werden, (China und Indien)
WIR, also Deutschland und auch die anderen europäischen Staaten mit Ausnahme von Großbritannien und Frankreich aufgrund der Atomwaffen, haben nichts zu sagen. Da nützt uns auch die wirtschaftliche Stärke nichts.
Die Herausforderungen, die auf uns zu kommen, sind der Klimawandel und eine neue Weltordnung, die die Macht Schritt für Schritt nach Asien verschiebt. Beide Themen werden militärische Konflikte mit sich ziehen.
Wir können nur als gemeinsames Europa die vor uns liegenden Probleme lösen, indem wir durch Gemeinschaft überhaupt international wahrgenommen werden und als Partner auf Augenhöhe agieren dürfen.
Das tut weh. Aber es ist die Realität. Unsere 1 Prozent der Weltbevölkerung (und unsere Meinung) interessieren weltweit niemanden. Die Probleme, die wir alle auf diesem Planeten haben, lassen sich alleine nicht lösen.
Wenn wir die Zukunft mitgestalten wollen, müssen wir Europäer uns ändern. Verantwortung abgeben, Dinge gemeinsam planen und beschaffen und am Ende auch mit einer Stimme sprechen, wenn es um internationale Einsätze geht.
Machen wir das nicht, verlieren wir unseren Einfluss weltweit. Das würde uns sehr stören, aber den anderen großen Staaten wäre es nur Recht.
Darum sage ich schon seit Jahren hier: Wir brauchen eine europäische Armee. Schritt für Schritt. Nicht innerhalb von 5 Jahren, aber vielleicht innerhalb von 30 Jahren.
Ansonsten können wir zusehen, wie China jedes Jahr mehr Schiffe in Dienst stellt, als unsere Marine hat und somit die Rolle der USA weltweit übernimmt.
Alleine scheitern wir. Zusammen als Europa sieht die Rechnung völlig anders aus.
Zusammen als Europa zu stehen ist richtig. Aber nicht als Möchtegern-Interventionsmacht aus den Resten alter Kolonialmächte und aus sonstigen historischen Altlasten, wie bei uns selbst. Die zu einer durchaus absichtlich bis heute strategisch kastrierten Armee geführt haben. Wir können es gar nicht und sollen es auch nicht können.
Wir, Europa, muss unbedingt sehr eng mit den USA zusammenbleiben. Politisch, wirtschaftlich und militärisch. Europäische Alleingangsambitionen verstärken nur den Keil, den China und Russland sowieso schon reinzutreiben versuchen. Die USA und EU gemeinsam kommen gegen China noch gut an. Alleine wird es schon viel schwieriger.
Meinetwegen suchen wir uns noch ergänzende, enge EU-Partner, wie z.B. Israel, Japan, Süd-Korea und Indien. Das wäre mal ein politischer Ansatz. Mini-Militär-Weltmacht geht nicht und kann auch keiner bezahlen. Wir verzetteln und nur, wie man gerade gesehen hat.
@Couch Potato: Wir brauchen eine europäische Armee. Ansonsten können wir zusehen, wie China jedes Jahr mehr Schiffe in Dienst stellt, als unsere Marine hat und somit die Rolle der USA weltweit übernimmt.
Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Eine europäische Armee wird doch kein Schiff mehr produzieren. Ich bin sowieso dagegen. Der EU-Zentralismus mit der „immer weiteren Integration“ ist so ein Negativbeispiel, wie es nicht laufen soll. Nur immer mehr neue Strukturen und Wasserköpfe. Über Josep Borrell wird doch nur gelacht in Peking und Kabul.
Couch Potato sagt:
Vielleicht mal daran gedacht, dass die EU mit Russland und USA gegen China die besten Karten hat?
Denn auf eine Seite wird sich Russland irgendwann schlagen, das ist nur eine Frage der Zeit.
Noch sind sie „gegen“ China, auch indirekt über die Indien-Schiene (Unterstützung Indien und damit Unterstützung direkter Konkurrent China).
Wenn China aber zu mächtig wird, und das wird es, dann bleibt Russland nichts übrig Farbe zu bekennen. Wenn die EU und USA (plus von mir aus Japan, Israel etc.) aber die Keile nicht auflösen, wird sich Russland im Zweifel auf die China Seite wechseln.
Genau das wäre aber ein richtiges Problem, ein China mit Russland als Partner und Grenze zu Europa, komplett durchgehender Landverbindung über 2 Kontinente und Beherrschung von Seewegen (zukünftig Nordmeerroute über Arktis + russischer Nordküste und der schon bestehenden aktuellen Route über südchinesisches Meer).
Wenn man China schon als Risiko ansieht, müssen alle Globalmächte (EU, USA, Russland) gemeinsam gegen China agieren. Sonst hat man keine Chance.
Richtig ist, dass wir europäischer Denken müssen und da muss jedes Mitgliedsland auch in den sauren Apfel beißen. Alles andere (militärische Ausrüstung + Wehrindustire in nationale Sichtweise) ist nur ein Sterben auf Raten.
Es wird da viel Gegenwind geben, aber wir müssen einfach mehr europäische Projekte auf die Beine stellen und das wird auch zur Folge haben, dass einige nationale Industrien nicht mehr notwendig sind. Da muss man durch.
Ich komme ums Kopfschütteln nicht herum. Diskutieren wir hier ernsthaft irgendwelche Phantastereien von wegen „Europäischer Armee“, „Europäischer Intervention“ und „Koalition der Willigen“ … oder welch Wortkreation auch immer? Wo die politisch Verantwortlichen nicht mal den Schneid haben das Thema national mit dem Souverän in irgendeiner Form zu diskutieren?
„Europa“, das ist nur ein geographischer Begriff. Die „EU“ ist nur ein Basar auf dem um wirtschaftliche und politische Interessen gefeilscht wird. All das wohlfeile Gerede von „Einigkeit“ ist genau das – Gerede, und leeres dazu. Nationale Interessen, egal ob definiert oder nicht, verschiedene nationale Kulturen und Systeme lassen es nicht zu die EU-Mitgliedsstaaten einfach so aufzuaddieren und Potentiale anzupreisen. Denn sehr oft sind 1 + 1 eben nicht 2, weil die eine 1 ein + davor und die andere ein – … Das Resultat am Ende ist eine dicke fette Null.
Und Frau IBUK möge ihre „Koalitionsfreudigkeit“ (der Willigen) etwas zügeln, denn sonst könnte sie sich im Fall der Fälle vor dem BVerfG wiederfinden und müßte peinliche politische Fragen beantworten. Berlin mag sich zwar gern hinter Artikel 24 GG verstecken was Auslandseinsätze angeht, aber das Parlamentsbeteiligungsgesetz sieht eben ein Mandat einer „Gemeinschaft kollektiver Sicherheit“ vor … Und ob solche „Koalitionen“ da diesen Zustand erfüllen darf stark bezweifelt werden.
Und obendrein: In ein paar Wochen ist Bundestagswahl. Es darf aktuell ein wenig gemutmaßt werden, ob sie danach auch noch auf ihrem Posten sitzt.