Evakuierungen aus Kabul laufen weiter, Bemühungen um späteres End-Datum (Überblick)

Während die militärischen Evakuierungsflüge vom Kabuler Flughafen weitergehen, richten sich die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft darauf, den Airport über das mögliche Enddatum 31. August hinaus offenzuhalten. Die Bundeswehr flog bislang mehr als 3.000 Menschen ins benachbarte Usbekistan aus.

Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn nannte am (heutigen) Montagnachmittag (KOREKTUR; nicht Donnerstag) die Zahl von rund 3.000 Menschen, die mit den A400M-Transportflugzeugen der Luftwaffe aus Kabul ausgeflogen wurden. Später kamen mit weiteren Flügen knapp 300 Menschen hinzu.

Unter den Ausgeflogenen seien 340 Deutsche, 350 Personen aus 41 anderen Nationen und an die 2.000 Afghanen gewesen, sagte Zorn. Allerdings blieb zunächst unklar, bei wie vielen der Afghanen es sich um Doppelstaatler handelte; auch die Zahl der früheren Mitarbeiter deutscher Institutionen wie der Bundeswehr und ihrer Familienangehörigen steht noch nicht exakt fest.

Außenminister Heiko Maas kündigte unterdessen an, Deutschland sei wie andere Staaten mit den USA und der Türkei im Gespräch über die Frage, ob der militärische Teil des Kabuler Flughafens über den 31. August hinaus weiter betrieben werden könne. Allerdings ist dafür auch die Zustimmung der Taliban nötig: Nachdem das vom früheren US-Präsidenten Donald Trump mit den Taliban ausgehandelte Abkommen einen Abzug aller internationalen Truppen zum Mai vorgesehen hatte, hatte dessen Nachfolger Joe Biden als neues Enddatum den August genannt.

Die Taliban machten deutlich, dass sie diesen 31. August als festgesetztes Ende einer internationalen Militärpräsenz in ihrem Lande ansehen. Das Datum sei eine rote Linie, warnte ihr Sprecher Suhail Shaheen in einem Interview des britischen Senders Sky News. Die weitere Anwesenheit von Truppen nach diesem Tag werde als Besatzung betrachtet.

Die internationale Evakuierungsoperation, die durch eine massive Präsenz von rund 6.000 US-Soldaten gesichert wird, ist ohne die Zustimmung der Taliban nicht möglich: Die Landungen und Starts vom Flughafen Kabul werden bislang von ihnen geduldet, mit relativ einfachen Mitteln könnten sie den Flugbetrieb zum Erliegen bringen.

Unklar bleibt deshalb vor allem, wann die insgesamt rund 15 Nationen, die mit Flugzeugen und Soldaten diese Mission betreiben, die Evakuierungen einstellen müssen: Sollten sie tatsächlich bis zum Dienstag kommender Woche alle Truppen abgezogen haben müssen, wären mehrere Tage Vorlauf nötig, um Personal und Material aus Kabul herauszuholen. Die Evakuierungsflüge müssten deshalb einige Tage vor dem Datum enden.

Bis dahin, so machte die Bundesregierung wiederholt deutlich, sollten so viele Menschen wie möglich aus Kabul ausgeflogen werden. Die schwierige Situation rund um den Flughafen, an dem verzweifelte Menschen auf eine Möglichkeit zur Ausreise warten, hielt unterdessen an. Am frühen Donnerstagmorgen kam es am Nordtor des Airports zu einem Schusswechsel, an dem nach Bundeswehrangaben auch deutsche Soldaten beteiligt waren. Dabei wurde ein Afghane getötet, der zu den Sicherheitskräften am Flughafen gehörte. Das U.S. Central Command bezeichnete ihn als afghanischen Soldaten:

No U.S. or coalition forces were hurt during a brief exchange of gunfire last night outside the north gate of Hamid Karzai International Airport. The incident appeared to begin when an unknown hostile actor fired upon Afghan security forces involved in monitoring access to the gate. The Afghans returned fire, and in keeping with their right of self-defense, so too did U.S. and coalition troops.
One member of the Afghan forces was killed by the hostile actor; several Afghans were wounded during the exchange. The wounded are being treated at an airfield hospital and are reported to be in stable condition.
Our condolences go out to the teammates and loved ones of the fallen Afghan soldier.

Die Bundeswehr ging inzwischen offensichtlich dazu über, Menschen auch von außerhalb des gesicherten Bereichs in den Flughafen zu holen. Unter anderem, so berichtete der Spiegel, holten Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) eine Münchner Familie kurz vor einem der Tore des Airports ab. Zu Details dieses Vorgehens wollten sich Verteidigungsministerium und Bundeswehr nicht äußern.

Nachtrag: Nach Angaben des Entwicklungshilfe-Ministeriums (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, BMZ) wurde am vergangenen Wochenende die Zahl der so genannten Ortskräfte ausgeweitet, die ein Anrecht auf Aufnahme in Deutschland haben:

Grundsätzlich wurde am Wochenende entschieden, dass ab jetzt auch Ortskräfte der Entwicklungszusammenarbeit aufgrund einer Gefährdung für eine Ausreise infrage kommen, deren Beschäftigungsverhältnis schon mehr als zwei Jahre zurückliegt. Analog zur Regelung des Bundesministeriums der Verteidigung ist nun eine Beschäftigung ab 2013 ausschlaggebend. Das BMZ begrüßt diese Entscheidung.

(Weiter ggf. nach Entwicklung)

(Foto: Bundeswehrsoldaten am Flughafen Kabul am 21.08.2021 – Ben Shread/UK MOD/Crown Copyright/MOD News License)