Evakuierungen aus Kabul laufen weiter, Bemühungen um späteres End-Datum (Überblick)
Während die militärischen Evakuierungsflüge vom Kabuler Flughafen weitergehen, richten sich die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft darauf, den Airport über das mögliche Enddatum 31. August hinaus offenzuhalten. Die Bundeswehr flog bislang mehr als 3.000 Menschen ins benachbarte Usbekistan aus.
Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn nannte am (heutigen) Montagnachmittag (KOREKTUR; nicht Donnerstag) die Zahl von rund 3.000 Menschen, die mit den A400M-Transportflugzeugen der Luftwaffe aus Kabul ausgeflogen wurden. Später kamen mit weiteren Flügen knapp 300 Menschen hinzu.
Unter den Ausgeflogenen seien 340 Deutsche, 350 Personen aus 41 anderen Nationen und an die 2.000 Afghanen gewesen, sagte Zorn. Allerdings blieb zunächst unklar, bei wie vielen der Afghanen es sich um Doppelstaatler handelte; auch die Zahl der früheren Mitarbeiter deutscher Institutionen wie der Bundeswehr und ihrer Familienangehörigen steht noch nicht exakt fest.
Außenminister Heiko Maas kündigte unterdessen an, Deutschland sei wie andere Staaten mit den USA und der Türkei im Gespräch über die Frage, ob der militärische Teil des Kabuler Flughafens über den 31. August hinaus weiter betrieben werden könne. Allerdings ist dafür auch die Zustimmung der Taliban nötig: Nachdem das vom früheren US-Präsidenten Donald Trump mit den Taliban ausgehandelte Abkommen einen Abzug aller internationalen Truppen zum Mai vorgesehen hatte, hatte dessen Nachfolger Joe Biden als neues Enddatum den August genannt.
Die Taliban machten deutlich, dass sie diesen 31. August als festgesetztes Ende einer internationalen Militärpräsenz in ihrem Lande ansehen. Das Datum sei eine rote Linie, warnte ihr Sprecher Suhail Shaheen in einem Interview des britischen Senders Sky News. Die weitere Anwesenheit von Truppen nach diesem Tag werde als Besatzung betrachtet.
Die internationale Evakuierungsoperation, die durch eine massive Präsenz von rund 6.000 US-Soldaten gesichert wird, ist ohne die Zustimmung der Taliban nicht möglich: Die Landungen und Starts vom Flughafen Kabul werden bislang von ihnen geduldet, mit relativ einfachen Mitteln könnten sie den Flugbetrieb zum Erliegen bringen.
Unklar bleibt deshalb vor allem, wann die insgesamt rund 15 Nationen, die mit Flugzeugen und Soldaten diese Mission betreiben, die Evakuierungen einstellen müssen: Sollten sie tatsächlich bis zum Dienstag kommender Woche alle Truppen abgezogen haben müssen, wären mehrere Tage Vorlauf nötig, um Personal und Material aus Kabul herauszuholen. Die Evakuierungsflüge müssten deshalb einige Tage vor dem Datum enden.
Bis dahin, so machte die Bundesregierung wiederholt deutlich, sollten so viele Menschen wie möglich aus Kabul ausgeflogen werden. Die schwierige Situation rund um den Flughafen, an dem verzweifelte Menschen auf eine Möglichkeit zur Ausreise warten, hielt unterdessen an. Am frühen Donnerstagmorgen kam es am Nordtor des Airports zu einem Schusswechsel, an dem nach Bundeswehrangaben auch deutsche Soldaten beteiligt waren. Dabei wurde ein Afghane getötet, der zu den Sicherheitskräften am Flughafen gehörte. Das U.S. Central Command bezeichnete ihn als afghanischen Soldaten:
No U.S. or coalition forces were hurt during a brief exchange of gunfire last night outside the north gate of Hamid Karzai International Airport. The incident appeared to begin when an unknown hostile actor fired upon Afghan security forces involved in monitoring access to the gate. The Afghans returned fire, and in keeping with their right of self-defense, so too did U.S. and coalition troops.
One member of the Afghan forces was killed by the hostile actor; several Afghans were wounded during the exchange. The wounded are being treated at an airfield hospital and are reported to be in stable condition.
Our condolences go out to the teammates and loved ones of the fallen Afghan soldier.
Die Bundeswehr ging inzwischen offensichtlich dazu über, Menschen auch von außerhalb des gesicherten Bereichs in den Flughafen zu holen. Unter anderem, so berichtete der Spiegel, holten Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) eine Münchner Familie kurz vor einem der Tore des Airports ab. Zu Details dieses Vorgehens wollten sich Verteidigungsministerium und Bundeswehr nicht äußern.
Nachtrag: Nach Angaben des Entwicklungshilfe-Ministeriums (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, BMZ) wurde am vergangenen Wochenende die Zahl der so genannten Ortskräfte ausgeweitet, die ein Anrecht auf Aufnahme in Deutschland haben:
Grundsätzlich wurde am Wochenende entschieden, dass ab jetzt auch Ortskräfte der Entwicklungszusammenarbeit aufgrund einer Gefährdung für eine Ausreise infrage kommen, deren Beschäftigungsverhältnis schon mehr als zwei Jahre zurückliegt. Analog zur Regelung des Bundesministeriums der Verteidigung ist nun eine Beschäftigung ab 2013 ausschlaggebend. Das BMZ begrüßt diese Entscheidung.
(Weiter ggf. nach Entwicklung)
(Foto: Bundeswehrsoldaten am Flughafen Kabul am 21.08.2021 – Ben Shread/UK MOD/Crown Copyright/MOD News License)
Wenn meine Hochrechnungen aus den Zahlen des „BW im Einsatz“-Twitterkontos stimmen, sind es bisher exakt 3215.
Wenn man überschlagsmäßig „optimale“ Belegungswerte für den A400m von 180-200 Personen pro Flug annimmt, liegt die BW mit ihren Flügen bei etwa 73 – 81 % des optimal erreichbaren. Angesichts der Lage vor Ort sicherlich kein besonders schlechter Wert.
Maas will zivilen Weiterbetrieb des Flughafens.
Zur bisherigen Leistung des AM äußere ich mich nicht, wie aber soll dieser „zivile“ Ansatz praktisch aussehen?
Dass die Taliban dazu kein geeignetes Personal unter ihren Kämpfern haben, wird wohl,kaum bestritten. Gezwungenes bisheriges ex-Personal der alten Regierung also?
Wer betreibt die Außensicherung, weiterhin TUR, HUN, PAK wie zuletzt? Sein Gesprächsansatz
„Man führe Gespräche mit USA und Türkei“ deutet das an? Ohne eine Taliban-Beteiligung wird es nicht laufen können, ist das dann „zivil“, oder mehr von „Taliban Gnaden“?
https://amp.zdf.de/nachrichten/politik/maas-afghanistan-100.html?__twitter_impression=true
Gen (ret.) David Petraeus zur Lage im Interview mit @AtlanticCouncil
General David Petraeus says that the withdrawal from Afghanistan isn’t necessarily an „intelligence failure“ but more of „a lack of strategic patience.“
Also keine Unterstützung der Biden-Entscheidung.
https://twitter.com/i/broadcasts/1OwxWVNbymWJQ
https://twitter.com/i/status/1429836573089091589
@KPK
Auch die Angestellten des Flughafens und der AFG Flugsicherung müssen von irgendetwas leben. Warum sollten sie also nicht weiter arbeiten sofern verfügbar?
Es wird ja wohl nicht alles von Contractors erledigt worden sein.
Ehrliche Verständnisfrage: was genau sind Funktionen der US-/Bw-/…-Soldaten, die nicht auch von Zivilisten und/oder einheimischen Kräften übernommen werden könnten? Sicherheit und „crowd control“ geschehen ja jetzt schon in Zusammenarbeit mit den Taliban; Ausreisepapiere kontrollieren u.ä. ist keine Kernkompetenz von Militär; Logistik können auch zivile Luftfahrtunternehmen.
Bestimmte einzelne Menschen per Hubschrauber an den Taliban vorbeizuschleusen — OK, das wird mit Zivilisten eng. (Obwohl: ein paar Schleuser gut bezahlen und fertig. Wäre immer noch vergleichsweise billig.) Aber der offizielle Hauptzweck der Truppenanwesenheit ist ja die Ausreise der Vielen. Warum geht das anscheinend nicht mehr, sobald westliche Soldaten den Flughafen verlassen haben?
Hier ist es still um die beiden H145M LUH SOF geworden.
Gerüchten zufolge sollen diese doch nicht eingesetzt werden. Gibt es dazu näheres? Oder erst nach Abschluss des Einsatzes? Dafür mein volles Verständnis, nur vergessen sollten wir es nicht.
@T3 in 1987
Das ist aber eine ketzerische Frage. Zunächst werden natürlich die militärischen Lfz und der Betrieb des Flughafens gesichert. Klar ist, daß es auch wieder einen normalen Betrieb nach Abschluß der EvacOp geben wird.
In wie weit könnte man denn die anderen Flughäfen anfliegen, zumindest im Sichtflug?
@Thomas Melber, wenn die Taliban das erlauben dürfte das vermutlich gehen. Frage wäre halt nur ob die Taliban bereit sein werden einen auch anderswo landen zu lassen. Dürfte aber auch dann sehr riskant werden. Das da ein Flugzeug um X Uhr landen wird das einen nach Europa bringt wird man schlecht geheimhalten könnnen.
@stiller Mitleser, vermutlich wird man mit den Taliban keine Einigung gefunden haben die sicherstellt das die Hubschrauber nicht abgeschossen werden sobald man die Motoren anwirft.
@Thomas Melber 23.08.2021 um 18:51 Uhr.
Darum geht es doch nicht.
Vielmehr dreht es sich um die Frage
– Wer ist zivile diese Führung
– Welche Landerechte werden an wen vergeben
– Wer stellt äußere und innere Sicherheit am/im Flughafen
– Welchen Einfluss hat dies auf Evakuierungswillige und Bedrohte?
Die Maas-Idee ist ein „sich in das Schicksal ergeben“ angesichts des 31.08. infolge absoluter Ideen- und Hilflosigkeit.
Nur so am Rande, wenn am Monatsende um Mitternacht tatsächlich Schluss sein soll, muss in Kürze die Rückverlegung aller Nationen beginnen, allein das ist zeitlich schon kaum noch umsetzbar.
Was passiert eigentlich wenn die Taliban der Nutzung des Flughafens von Kabul über den 31. August nicht zustimmen. Riskiert man eine Eskalation mit den Taliban auf die Gefahr hin das die ein Flugzeug bei Start oder Landung abschießen. Oder halten die Taliban zähneknirschend die Füße still aus Angst vor den dann kommenden Luftschlägen der Verbündeten. Wobei ja nur die USA die Möglichkeiten dafür haben. Also ich denke den Taliban darf man nicht trauen. Aus einem Wolf wird kein Schaf nur weil er sich ein Schafsfell umhängt. Die politische Schuld für das Disaster trägt Trump mit seinen unüberlegten und voreiligen Verhandlungen und Versprechungen mit den Taliban.
stiller Mitflieger sagt: 23.08.2021 um 19:23 Uhr
„Hier ist es still um die beiden H145M LUH SOF geworden.“
Solche Einsätze leben von einem gewissen Überraschungseffekt (wenigstens zu Beginn) und wenig überraschend, der Geheimhaltung. Leider gab es zu den LUH SOF unbedarfte Äusserungen aus dem politischen Umfeld und „unbedarfte“ Pressearbeit mit entsprechend schneller Verbreitung in den sozialen Medien. Wenn dann noch Take Off Zeiten der LUH SOF in Kabul, Flugrouten und Aufnahmepunkte der zu Evakuierenden veröffentlicht werden, koennen sich auch die Taliban etc. ordnungsgemäss vorbereiten (sarc off).
Meines Wissens nach wurde der Kabuler Flughafen seit Mitte des Jahres von einem türkischen Contractor betrieben – der über die nächsten Jahre den zivilen Flugbetrieb sicherstellen und eine AFG Flugsicherung aufbauen sollte. Ob die Verträge mit der alten Regierung noch gelten, der Contractor noch da ist und der Tower überhaupt noch nutzbar ist wage ich stark zu bezweifeln. Ohne externe Hilfe wird also ein ziviler Flugbetrieb, der den internationalen Standards genügt, nicht so ohne weiteres wieder starten können…
„allein das ist zeitlich schon kaum noch umsetzbar.“
Hä?
Natürlich ist das ohne Probleme noch umsetzbar. Bedienen sie doch mal den Taschenrechner und ja, die ganzen Fahrzeuge kann man vor Ort lassen. Sind fast nur „billige“ und einfache gepanzerte Fahrzeuge. Zur Not werden die gesprengt oder in Türkische Hände übergeben.
Die alten State Department Hubschrauber bleiben vor Ort, für den Fall der Wiederaufnahme Botschaft der USA in Afghanistan (vielleicht irgendwann mal möglich) und zur Not fliegen die nicht ohne bestimmte Geräteteile, die man mitnimmt (und die Taliban haben die nicht).
Bei den hochwertigen und neueren Hubschraubern wird man die kleinen mitnehmen und den Rest möglicherweise in einer größeren Operation vor dem 31,08. nach Pakistan ausfliegen oder eben auch vorher in Flugzeuge verladen.
Der 31.08. ist „erst“ in 8 Tagen.
So ein großes Hexenwerk ist das nun nicht.
„zivil“ bedeutet halt zivil.
Egal ob nun die Taliban oder ein demokratischer Staat dahiner steht. Die Taliban werden dann die alten afghanischen Mitarbeiter in die Tower stecken und denen dafür Lohn zahlen. Den die momentan wahrscheinlich nicht bekommen.
Landerechte
Wahrscheinlich eine Frage der diplomatischen Kunst, also des Geldes und der Abmachungen.
Sicherheit
Die Taliban, polizeilich oder militärisch. Ja, das sieht dann mit Sicherheit anders aus als momentan.
Könnte natürlich auch sein, dass die Türkei das machen soll. Kann ich mir persönlich aber nicht vorstellen.
Einfluss
Einen sehr großen, aber auch wieder eine Frage der Diplomatie. So wie momentan auch.
Thomas Melber sagt:
23.08.2021 um 19:36 Uhr
„In wie weit könnte man denn die anderen Flughäfen anfliegen, zumindest im Sichtflug?“
Die Frage ist mehr als berechtigt ?
Ich frage mich das auch schon seit einer Woche, warum wir uns nur auf dem Flughafen Kabul konzentrieren.
Wenn ich den Wortführer der Taliban richtig verstanden habe, sollen wir das ganze Land bis zum 31 August verlassen haben.
Daraus könnte man ableiten das wie auch den Flughafen Masar-i-Scharif oder den Schienenverkehr zu Evakuierung nutzen können ?
Wenn ich verantwortlicher vor Ort wäre, hätte ich unsere Optionen, unlängst bei eine Tasse Tee, mit den Taliban-Führern ausgelotet.
Ich vermute, dass die fehlenden Berichte zum Einsatz der zwei Hubschrauber H145M LUH SOF nichts mit Operational Security zu tun haben. Fahre könnte sich auf unsere Bürokratie zurückzuführen lassen z.B. keine geeigneten Landeplätze, unklare Lage, fehlendes Kartenmaterial, zu großes Risiko, darf nicht ohne Begleitschutz fliegen, etc. (habe hierfür keine Quellen) oder die Teile fliegen nicht weil sie nicht einsatzfähig sind.
In der “Initiative Einsatzbereitschaft 2021 (Neuauflage)” wird die “Erhöhung der durchschnittlich einsatzbereiten Hubschrauber H145M LUH SOF” als Fokusprojekt gelistet und scheint damit ein Problem zu sein. Im Bericht wird von einer Klarstandsrate von 70% bis 85% gesprochen und, dass zum Zeitpunkt des Berichtes drei Maschinen in Afrika seien. Die Luftwaffe hat also nur 15 Helikopter H145M von denen in der Regel offiziell etwa 10-13 Stück fliegen können. Dieser Zahl kann man vermutlich aber nicht trauen.
Als man 2018 nur 15 Stück vom A400M hatte gab es Tage an denen keine einzige Maschine flugbereit war. Dabei berichtete man bei der Bundeswehr offiziell 8/15 funktionierend also Klarstand von 53%. (Quelle 3).
Wilde Vermutung also: ein Hubschrauber ist defekt und deshalb geht garnichts.
Quelle 1:
https://www.bmvg.de/resource/blob/5087620/334537aade84aac453057b3260ed28ff/20210531-download-bericht-materielle-einsatzbereitschaft-data.pdf
Quelle 2:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/einsatzbereitschaft-bundeswehr-hat-grosse-probleme-mit-waffensystemen-a-1297015.html
Quelle 3:
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Parlamentarische-Anfragen/2018/19-2921.pdf?__blob=publicationFile&v=4
Um das Material würde ich mir am wenigsten Sorgen machen…..jeder Fahrzeug- und garantiert auch Flugzeugführer der BW bekommt beigebracht, wie man es notfalls am effektivsten zerstört..wenn es sein muss mit DM 51+Draht an den entsprechenden Stellen. Ich stelle mir die Frage: Wer Fliegt die letzen 500 Soldaten aus ? Wenn die Massen verzweifelt auf das Flugfeld rennen ? Hoffentlich kommt es soweit nicht, und die TB lassen einen halbwegs geordneten Rückzug zu, bei denen die als letztes noch einsteigen.
@Luftikus
zivil“ bedeutet halt zivil.
Egal ob nun die Taliban oder ein demokratischer Staat dahiner steht. Die Taliban werden dann die alten afghanischen Mitarbeiter in die Tower stecken und denen dafür Lohn zahlen. Den die momentan wahrscheinlich nicht bekommen.
Also egal ob international anerkannt Terrororganisation oder demokratischer Staat? Das einzige was der Westen ohne jede Gefahr zum KIA schicken kann sind Tomahawks oder Daisy Cutter.
Der Flughafen wird früher oder später wieder normal betrieben. Die Hadsch ruft. Billiglöhner werden auf Farmen gebraucht.* Auf den Urlaub im Oman wurde lang genug verzichtet. …
Die Frage ist, ob Menschen mit europäischen ode US- Pass einfach in den nächsten Flieger steigen können. Und ob Afghanen mit NGO-/Armeeunterstützervergangenheit ausreisen dürfen.
M.E. alles eine Frage der diplomatischen Anerkennung und des Geldes.
*Bsp:: https://www.spiegel.de/ausland/portugal-warum-erntehelfer-aus-nepals-heidelbeeren-und-himbeeren-ernten-und-ein-nationalpark-leidet-a-1983db24-c114-46c4-bd2d-0e391c8351a4
@Milliway:
Interessanter Gedanke. Vor dem Hintergrund “We need another 54,000 metric tonnes of food to get the Afghan people through to the end of December. We could start running out of food by September“ kann man anbieten MeS Airfield zu betreiben und mit jeder Maschine, welche Leute ausfliegt, Hilfsgüter einzufliegen.
Das macht man unter der Ägide des Roten Kreuzes/Roter Halbmond. Tatsache ist, die NGO wollen eh bleiben. Den Taleban sollte zudem klar sein, dass noch vor dem Winter die Bevölkerung anfangen wird, zu verhungern.
Zitat aus: https://www.theguardian.com/global-development/2021/aug/23/afghanistan-could-start-to-run-out-of-food-by-september-un-warns
Biden sagte ja öffentlich und nachdrücklich, das die USA niemanden zurücklassen würden. Das ist natürlich ein politisches Statement mit richtig Gewicht an dem man in den USA vermutlich noch mehr als anderswo gemessen wird.
Es gibt für ihn eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder er kriegt was nachverhandelt (dürfte teuer werden) oder er bleibt OHNE Zustimmung der Taliban einfach länger. Wenn es letzetres wird haben die Taliban Möglichkeiten den Rücken gerade zu machen und sich zu wehren oder weiter einfach zuzusehen und dann ggf. damit auf der humantären Schiene zu punkten.
Diese Woche dürfte also spannend werden. Ich bin allerdings aus recht sicher, das man ja mit jedem Flug raus vorher auch was rein fliegen kann – auch mehr Soldaten, mehr Material. Und während man den Flugbetrieb recht schnell lahm legen kann in dem man ihn zu gefährlich macht, kann man mit so vielen Leuten einen Flughafen im urbanen Bereich sicher lange halten. NAtürlich würde das nicht reichen, da man das Evakuierungsziel ja erreichen will und zu Flugbetrieb kommen müsste. Wenn die USA wirklich wollten, könnten sie sicher auch aus dem Flughafen raus (vermutlich auch schon mit dem Personal, das da ist) um einen Perimeter zu sichern der Flugbewegungen ermöglicht. Immerhin hätten sie alles was geht aus der Luft als Unterstützung. Das würde aber so oder so eine extrem blutige Angelegenheit.
Im Moment habe ich das Gefühl Biden würde eine blutige Auseinandersetzung sogar noch eher innenpolitisch verkauft kriegen als nun tatsächlich noch welche zurück zu lassen. So oder so dürfte ihm eine Verhandlungslösung aber inzwischen sehr viel Wert sein… Das denken sich sicher auch die Taliban. Da ist es klar, dass man nicht sagt „ach macht ruhig länger, passt schon“, sondern das man die rote Linie nachdrücklich betont um eben noch was an Gewicht drauf zu packen und den späten Lohn zu erhöhen.
Rein aus militärischer Sicht bin ich überzeugt, das die Taliban Kabul nicht halten könnten, wenn der ‚Westen‘ loslegt.
Diese Woche bis zum 31.08. dürfte wohl eine der spannensten des Jahres werden!
@Alpha November:
„Diese Woche bis zum 31.08. dürfte wohl eine der spannensten des Jahres werden!„
Definitiv!
Miteinbeziehen können wir die Tatsache, dass immer noch ehemalige ANSF am Flughafen arbeiten. Mit dem was da ist könnte man sicher in wenigen Tagen Kabul samt umliegende Provinzen sichern und zudem die Talebanführung festsetzen.
Zudem gab SecDef Austin zu bedenken, wenn die Taleban die NATO angreifen, gibt‘s ne Surge, also 140.000 Soldaten +. Das ist ja noch alles in der Hinterhand. Am KIA sitzt dann quasi die Speerspitze.
Und wenn man der UN und Human Rights Watch glaubt, könnte auch hierzulande die öffentliche Meinung drehen.
Fazit: Auch wenn es sich gerade nicht so anfühlen mag wenn man die Presse liest, Eskalationshoheit und militärische Überlegenheit haben wir.
Wäre aber, wie sie schon sagen, eine sehr blutige Angelegenheit.
@Alpha November, ja es mag sicher möglich sein den Flughafen zu sichern. Aber wozu?
Im Gegenzug würde ich als Taliban rund um den Flughafen an jeder Ecke einen Kontrollposten errichten und gar keinen, aber auch wirklich keinen, mehr durchlassen. Okay, vielleicht noch den russischen Botschafter als Vermittler für die Verhandlungen über die Abzugsmodalitäten, aber keine ausreisewilligen Ortskräfte und auch keine Ausländer. Womit sich dann die Begründung warum man den Flughafen gewaltsam offenhält auch erledigt hat.
Und Redy hat ja schon die Frage aufgeworfen an wen man eigenltich die Sicherung des Flughafen übergeben will ohne das die letzten Soldaten unter Feuerschutz der Kameraden einsteigen und das Flugzeug durch die Menschenmenge hindurch starten muss. Die Taliban würden in so einem Fall die Sicherung sicher nicht übernehmen.
@
Flo sagt:
24.08.2021 um 12:29 Uhr
Ja korrekt, man muss einerseits einen großen Perimeter sichern (oder anderweitig Taliban Artiellerie niederhalten) und dann natürlich noch seine Leute zusammensammeln. Daher sagte ich ja, das würde eine blutige Angelegenheit. Nicht das es nicht ginge, man muss halt den Preis zahlen wollen. Wenn man aber auch nur Ansatzweise dem ganzen Pathos der Amis (aus Erzählungen, Filmen usw) glauben darf, stellt es ja eine weitere Todsünde dar jemanden zurück zu lassen.
Aber ob man noch jemanden zurück gelassen hat oder nicht defniert man ja derzeit auch eher von außen. Zu unseren modernen und schnellen Medienzeiten liesse es sich aber kaum verheimlichen, wenn ‚Zurückgelassene‘ dann doch in Videos auftauchen und sich vor der Weltöffentlichkeit beschweren.
@
AoR sagt:
24.08.2021 um 11:53 Uhr
“
Zudem gab SecDef Austin zu bedenken, wenn die Taleban die NATO angreifen, gibt‘s ne Surge, also 140.000 Soldaten +. Das ist ja noch alles in der Hinterhand. Am KIA sitzt dann quasi die Speerspitze.
“
Hatte ich gar nicht mitbekommen. Fairer Weise muss man sagen kann er ja auch nicht allein für die Nato sprechen.
Aber wenn es da eskalieren sollte, dann sind Teile unserer Luftwaffe, Fallis und KSK mittendrin statt nur dabei – genau so wie die Engländer und weitere. Das würde wohl tatsächlich zu einem extrem schnellen Nato-Konsenz führen können. Würde mich nicht wundern, wenn in den Kreisen darüber schon gesprochen wurde oder zur Stunde wird.
Gerade unsere Regierung wird das natürlich nur extrem widerwillig begleiten – zum Einen weil es immer so ist, wenn es sich auch ’nur‘ mit Geld noch lösen liesse und zum Anderen weil Wahlen unmittelbar bevorstehen. Ich bin wie gesagt sicher, dass man es militärisch mit dem Airport als Brückenkopf und der Lufthoheit stemmen könnte, aber dann stehen hier rechtzeitig zur Wahl die Zinksärge…
Und unserer Politik (wie auch der in anderen Ländern) geht es sehr wahrscheinlich nicht um die menschliche Tragödie dahinter, sondern darum ob sich das hier innenpolitisch verkaufen lässt.
Denn außenpolitisch steht ‚der Westen‘ derzeit wegen AFG ja eher als angeschlagen und nicht durchsetzungsfähig da. Da könnte so eine erfolgreiche ‚Machtdemonstration‘ an sich nur noch positivere Folgen haben. Amerikaner sind da ja noch weniger zimperlich (was den Verlust von Soldaten angeht), daher steht ja zu befürchten, dass Biden so eine Nummer als Ausweg sehen könnte zumindest nichts unversucht gelassen zu haben. Auf der Haben-Seite für sowas hat er immerhin die Ansage der kleineren Staaten, dass sie länger als bis 31.08. brauchen und abhängig sind. Alliierte hängen lassen käme ja dann zu Leute zurücklassen noch oben drauf. Das dürfte in Amerika politisch extrem unbeliebt sein.
[Dringender erneuter Aufruf zum Realitätscheck. Ein NATO-Einsatz mit 140.000 Soldaten, soso. Bleiben wir bei der Sachlage, bitte? T.W.]
@T.W: 140.000 war der Höchsttstand an NATO Soldaten in den 20 Jahren. Tatsächlich hatte der Secretary of Defense lediglich Surge angedroht. Dennoch ist davon auszugehen, dass man sich bei derartigen Erwägungen an Gen. Patreus orientiert.
Denn wie @Alpha November präzise herauskristallisierte, am KIA steht (auch) eine Tripwire Force.
@Alpha November, das Problem dürfte sein das es nicht reicht die Taliban außer Schussweite von Flughafen und Einflugschneise zu halten. Das würde zwar den Flugbetrieb sichern, hilft aber denen die außerhalb dieses Bereiches wohnen nicht um zum Flughafen zu kommen.
Und die Taliban dürften über das nötige Know-How verfügen jeden Versuch Gruppen zum Flughafen zu begleiten zu einer blutigen Angelegenheit werden zu lassen.
Die TB haben die Zufahrt zum Flughafen für Afghanen gesperrt, nur noch Ausländer werden durchgelassen. Lokale Fachkräfte sollen im Land bleiben, eine Nutzung über den 31.08. hinaus wird abgelehnt.
Aber vielleicht hat ja der Direktor der CIA etwas aushandeln können, er war / ist immerhin persönlich in Kabul.
Parallel dazu warnt auch die Bw vor Selbsttötungsattentätern.
[Ehe noch mehr Dinge, die hier schon stehen, wiederholt werden: Das mit den Suicidern steht im jüngsten Überblick, vielleicht einfach dort weiter debattieren. T.W.]