Evakuierung aus Afghanistan: Deutscher Botschafter soll mit Taliban über Ortskräfte reden (Nachtrag: Taliban-Pressekonferenz)

Der deutsche Diplomat Markus Potzel soll mit den Taliban über eine Ausreise früherer Ortskräfte aus Afghanistan sprechen. Das kündigte Außenminister Heiko Maas an. Die Luftbrücke für die Evakuierung von Deutschen und anderen Ausländern aus Kabul lief an; am Dienstagabend warteten auf dem Flughafen der afghanischen Hauptstadt rund 180 Menschen auf die nächste deutsche Maschine.

Maas sagte bei einem gemeinsamen Statement mit Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in Berlin, für die Evakuierung mit Militärflugzeugen aus Kabul ließen die Taliban zwar Ausländer zum Flughafen durch, nicht aber Afghanen. Potzel, früherer Botschafter in Afghanistan und jetzt Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die Region, solle deshalb zu den Gesprächen zwischen Vertretern der – bisherigen – afghanischen Regierung und der Taliban in Doha in Katar reisen und dieses Thema zur Sprache bringen.

Die Bundesregierung strebt an, die früheren Mitarbeiter der Bundeswehr, aber auch anderer deutscher Institutionen aus Afghanistan herauszuholen. Die Kontrolle der Taliban über Kabul und vor allem rund um den Flughafen macht das allerdings bisher unmöglich. Nach Angaben von Maas bat Deutschland bereits die USA, bei den Gesprächen in Doha entsprechende Initiative zu ergreifen. Zusätzlich soll Potzel versuchen, die Ausreise zu erreichen.

Am (heutigen) Dienstag waren bei einem ersten Flug mit einer Bundeswehrmaschine 125 Deutsche, Bürger anderer Nationen und Afghanen von Kabul nach Taschkent ausgeflogen worden (Foto oben), nach Angaben von Kramp-Karrenbauer waren es Angehörige von 15 Nationen. Die weiteren rund 180, die am Flughafen warten, hatten nach den Worten von Maas den militärischen Teil des Airports erreicht, bevor angesichts einer nicht näher benannten Gefahrensituation die Zugänge vorübergehend gesperrt wurden.

Die Aussagen von Maas und Kramp-Karrenbauer zum Nachhören:

Maas_AKK_Afghanistan_17aug2021     

 

Zuvor hatte die Verteidigungsministerin angekündigt, die Bundeswehr werde so lange wie möglich die Luftbrücke nach Taschkent aufrechterhalten und so viele Menschen wie möglich ausfliegen. Allerdings hängt es von den USA und der Präsenz von mehreren tausend US-Soldaten ab, wie lange die Evakuierung über den Kabuler Flughafen möglich bleibt. Geplant ist ein regelmäßiger Pendelverkehr von Taschkent nach Kabul mit drei Flügen täglich; von Taschkent aus fliegen die Evakuierten mit zivilen Maschinen weiter.

In der usbekischen Hauptstadt sind bislang zwei geschützte A400M für den Pendelverkehr nach Kabul, ein A400M mit medizinischer Ausstattung und ein Truppentransporter vom Typ A310 stationiert. Die Luftwaffe brachte am Dienstagnachmittag einen dritten A400M auf den Weg, der Ersatzteile für die anderen Maschinen an Bord hat und voraussichtlich als drittes Flugzeug für die Route nach Kabul zur Verfügung stehen soll:

(Danke für den Leserhinweis auf GAF307)

Nachtrag: Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid hat heute in Kabul seine erste Pressekonferenz gegeben. Das Video ist natürlich für die, die die Sprache nicht verstehen, weitgehend belanglos – aber es gibt auch Fragen und dann (übersetzte) Antworten auf Englisch. Zum Beispiel die Frage nach den Dolmetschern der US-Streitkräfte und ihrer Verbündeten, und das ist recht deutlich, ab Minute 19:00:

Update: Am späten Dienstagabend startete der dritte Evakuierungsflug in Kabul, mit 139 Menschen an Bord.

(Foto: Registrierung nach der Ankunft des ersten A400M aus Kabul in Taschkent – Marc Tessensohn/Bundeswehr)