Offener Brief: Initiative zur Unterstützung der Aufnahme afghanischer Ortskräfte
Der Abzug der internationalen Truppen und damit auch der Bundeswehr aus Afghanistan ist in vollem Gange – und das hat auch Auswirkungen auf die so genannten Ortskräfte, auf Afghanen, die zum Beispiel als Dolmetscher die deutschen Soldaten unterstützt haben. Ihnen drohen angesichts zunehmender Kontrolle der Taliban über immer mehr Regionen und möglicherweise des ganzen Landes Racheakte gegen sie selbst und ihre Familien. Ein Verfahren, diese Ortskräfte in Deutschland in Sicherheit zu bringen, gibt es – aber es droht in bürokratischer Komplikation den Schutz zu spät zu bieten, wenn überhaupt.
Eine Initiative zur Unterstützung der Aufnahme afghanischer Ortskräfte, begründet unter anderem von dem früheren Bundestagsabgeordneten Winfried Nachtwei und dem Afghanistan-Kenner Thomas Ruttig und auch von mehreren früheren Bundeswehr-Generalen unterzeichnet, ruft die Bundesregierung in einem offenen Brief dazu auf, diese afghanischen Unterstützer der Bundeswehr tatsächlich zu schützen und dafür auch am Verfahren einiges zu ändern.
Zur Dokumentation der Aufruf im Wortlaut:
Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan: Afghanische Ortskräfte in Sicherheit bringen!
Der Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan hat begonnen und soll voraussichtlich Anfang Juli 2021 beendet sein. Das Bundesverteidigungsministerium hat erklärt, dass es in der Abzugsphase zu einer größeren Gefährdung der Soldatinnen und Soldaten kommen könne. Medien zitierten unter Berufung auf einen vertraulichen Bericht des Auswärtigen Amtes und des Bundesverteidigungsministeriums, dass die Bundesregierung eine weitere erhebliche Verschlechterung der Sicherheitslage nach dem Abzug erwarte. Während die Truppe unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen längst bei den Vorbereitungen zur Rückkehr ist, wachsen die Befürchtungen der afghanischen Ortskräfte, die oft viele Jahre für die Bundeswehr, die deutsche Polizeiausbildungsmission, diplomatische Missionen und die staatlichen Zwecke der Entwicklungszusammenarbeit u.a. tätig waren – als Dolmetscherinnen und Dolmetscher, qualifiziertes Fachpersonal, Wachleute und Hilfskräfte. Sie fürchten um ihre Sicherheit und ihr Leben – wie auch um das ihrer Familienangehörigen.
Wir fordern eine unbürokratische und schnelle Aufnahme der Betroffenen in Deutschland parallel zum Abzug!
Die Taliban haben immer wieder deutlich gemacht, dass sie diese Ortskräfte als Kollaborateure des Westens begreifen, die sie als Unterstützer eines militärischen Besatzungsregimes zur Verantwortung ziehen wollen. Über Anschläge auf und Morde an Ortskräften wird seit Jahren berichtet, u.a. aus britischen, deutschen und US-amerikanischen Quellen. Letztere berichten von etwa 300 getöteten US-Ortskräften. Viele Ortskräfte haben versucht, sich Bedrohungen durch Umzug in andere Regionen Afghanistans zu entziehen, was aber nur selten eine dauerhafte Lösung und das Ende der Gefährdung ist.
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat Mitte April von einer tiefen Verpflichtung der Bundesrepublik gesprochen, die afghanischen Ortskräfte jetzt nicht schutzlos zurückzulassen. Zu befürchten ist aber: Genau das geschieht. Wer die effektive Aufnahme wirklich will, der kann in den verbleibenden Wochen nur eine unbürokratische Prozedur für all die Ortskräfte und ihre Angehörigen umsetzen, die für deutsche Stellen gearbeitet haben: Öffentliche Bekanntgabe des Aufnahmeprogramms, Registrierung, Vorbereitung der Ausreise, die möglichst geschehen muss, solange die Bundeswehr noch im Lande ist, ggf. Durchführung von Charterflügen.
Der Verweis auf das bisherige Aufnahmeprogramm für afghanische Ortskräfte mit Abgabe einer individuellen Gefährdungsanzeige bei Vorgesetzten, in der nachgewiesen werden muss, dass für Bedrohungen durch die Taliban die Tätigkeit für deutsche Stellen entscheidend ist, ist angesichts der neuen Sicherheitslage nicht mehr zielführend. Das bisherige Verfahren ist viel zu zeitintensiv, insbesondere seit die Kapazitäten des deutschen Kontingentes im Lande mit dem beginnenden Abzug Woche für Woche schwinden.
Seit 2013 wurden nach Zahlen des Verteidigungsministeriums knapp 800 Ortskräfte (plus Familienangehörige) in Deutschland aufgenommen, fast alle jedoch innerhalb eines kurzen Zeitraums, nachdem das Programm diese Chance eröffnet hatte. Zwischen 2014 und 2021 sind dann gerade einmal 15 zusätzliche Aufnahmen hinzugekommen – trotz einer in diesem Zeitraum immer weiter sich verschlechternden Sicherheitslage.
Zügige Aufnahme statt untauglicher Vorschläge
Das Bundesinnenministerium verweist wenige Wochen vor dem Truppenabzug die Ortskräfte auf das alte Prüfungsverfahren mit seinem bürokratischen Aufwand, was in der Kürze der Zeit nicht praktikabel ist. So steht zu befürchten, dass es kein effektives Aufnahmeprogramm, sondern lediglich ein Pseudo-Prüfungsprogramm geben wird. Der ehemalige Wehrbeauftragte des Bundestages Reinhold Robbe hat schon vor Jahren den Umgang mit den Ortskräften als „beschämend“ und „unwürdig“ bezeichnet (vgl. bundeswehr-journal v. 17.10.2014). Diese Diagnose gilt bis heute. Wer seinen Dienst als Ortskraft vor mehr als zwei Jahren beendet hat, der soll von der Aufnahme in Deutschland ausgeschlossen bleiben. Im Ernstfall werden sich die Verfolger bei den Taliban wohl kaum an dieser Frist orientieren. Und noch nicht einmal die zuletzt beschäftigten ca. 500 Ortskräfte, die nicht pro forma bereits wegen dieser Ausschlussregelung aus dem Programm herausfallen, sollten sich darauf verlassen, dass aus der Ankündigung der Bundesverteidigungsministerin und guter Absicht praktische Hilfe wird.
Ein Büro für afghanische Ortskräfte in Kabul und evtl. an einem anderen Ort, so das BMI, soll eingerichtet werden, wo das umständliche Prüfungsverfahren zur Aufnahme stattfinden soll – als ob man sich nicht in einem Land befände, in dem längst ein Großteil der Regionen nicht mehr von der Regierung kontrolliert wird, Reisen riskant sind und selbst die deutsche Botschaft nur noch eingeschränkt operieren kann. Zu befürchten ist, dass ein solches Büro für die Taliban ein vorrangiges Anschlagsziel werden könnte, insbesondere wenn sich die Sicherheitslage weiter verschärft.
Waren die Ortskräfte in den Jahren 2014/15, als der größte Teil derer nach Deutschland kamen, die eine Aufnahmezusage erhalten hatten, eine Gruppe, die unter den Geflüchteten hierzulande oft übersehen wurden, so haben sich in den Jahren danach Solidaritäts- und Unterstützungsstrukturen herausgebildet, nicht zuletzt auch ein Patenschaftsnetzwerk der Bundeswehr. Denn auch dort vertraten viele die Auffassung, dass denen, die die Einsatzrisiken mit deutschen Soldatinnen und Soldaten geteilt hatten und ohne die insbesondere die Verständigung in Afghanistan kaum möglich gewesen wäre, in bedrängter Situation geholfen werden müsse. Und für deren Integration wollte man sich einsetzen.
Anlässlich der Vorstellung eines Buches der Bundeszentrale für Politische Bildung im Dezember 2019, in dem die Rolle der afghanischen Ortskräfte dargestellt und gewürdigt wurde, brachte es einer der Mitautoren des Buches und langjähriger Bundestagsabgeordneter auf den Punkt: “(…) die Schlüsselrolle der afghanischen Ortskräfte: Ohne sie wäre der Einsatz unmöglich und von vorneherein aussichtslos gewesen. Mit ihrem Dienst für deutsche Einsatzkräfte meinten viele, ihrem Land am besten dienen zu können. Sie nahmen dafür hohe Belastungen und Risiken in Kauf. Dafür gebührt ihnen von deutscher Politik und Gesellschaft Aufmerksamkeit, Dank, Anerkennung nicht nur verbal (…) sondern auch praktisch. Wo Ortskräfte von sozialen und existenziellen Einsatzfolgen betroffen sind, an Leib und Leben, oft zusammen mit ihren Familien, da steht die Bundesrepublik Deutschland (…) in einer selbstverständlichen Fürsorgepflicht. Das ist ein Gebot der Verlässlichkeit, der Glaubwürdigkeit und auch der politischen Klugheit.“
Ähnlich sehen es auch US-Militärs: Ex-US-General David Petraeus hat sich zusammen mit der Nichtregierungsorganisation No One Left Behind Ende April in einem Brief an US-Außenminister Antony Blinken dafür eingesetzt, alle notwendigen Ressourcen aufzubieten, um die afghanischen Ortskräfte aus Afghanistan herauszuholen, bevor die letzten US-Truppen das Land verlassen.
Zwar haben einige andere Truppenstellerstaaten, die z.T. schon vor langer Zeit aus Afghanistan abgezogen sind, ihre Fürsorgepflicht für die Ortskräfte ebenso verstanden und einigen „ihrer“ Ortskräfte Aufnahme gewährt. Demgegenüber waren andere Staaten zögerlich und stehen nun ebenfalls, wie die Bundesrepublik, vor der Situation, von Absichtserklärungen, die nicht eingelöst wurden, zu wirksamen Verfahren zu kommen. Jetzt, wo der vorzeitige und bedingungslose Abzug der US-Armee wie des deutschen Kontingentes die Risiken dramatisch erhöht hat, wäre ein anständiges und großzügiges Verhalten der Bundesregierung mehr denn je nötig. Wie sollten sonst diejenigen, die Unterstützer*innen in gefährlicher Situation zurücklassen, künftig erwarten können, als verlässliche Partner in allen Bereichen der internationalen zivilen und militärischen Zusammenarbeit angesehen zu werden?
Angesichts der akuten Bedrohung bisheriger Ortskräfte an Leib und Leben und bezugnehmend auf die Wertegebundenheit deutscher Krisenengagements (s. Leitlinien „Krisen verhindern“ der Bundesregierung 2017) erheben wir eindringlich die folgenden Forderungen:
Zügige und unbürokratische Aufnahme afghanischer Ortskräfte und ihrer Familienangehörigen parallel zum laufenden Abzug des deutschen Kontingentes.
Öffentliche Verbreitung von Informationen über ein zu diesem Zweck vereinfachtes Verfahren für (ehemalige) Ortskräfte in Afghanistan.
Verzicht auf Prüfungsprozeduren, die in der Praxis weitgehend unmöglich oder für die Antragsteller*innen unzumutbar sind.
Verzicht auf Ausschlusskriterien, die der Realität nicht gerecht werden, wie die Beschränkung auf Personen, die in den letzten zwei Jahren als Ortskräfte tätig waren.
Der Brief mit der Liste der Erstunterzeichner als pdf-Datei:
20210514 Aufruf Ortskräfte Afgh mit Liste Erstunterzeichnender FINAL
(Offenlegung: Ich gehöre auch zu den Erstunterzeichnern)
(Archivbild August 2009: Ein Soldat sucht mit Hilfe eines einheimischen Sprachmittlers das Gespräch mit Kindern aus einem nicht genannten Ort in den Bergen Afghanistans – Dana Kazda/Bundeswehr)
Pio-Fritz sagt:
15.05.2021 um 14:47 Uhr
„Grundsätzlich haben Sie mit Ihrem Kommentar völlig recht. Allerdings machen Sie in meinen Augen einen Fehler, Sie besetzen den Begriff „Wirtschaftsflüchtling“ negativ.“
Oh, da haben Sie mich falsch verstanden. Ich gab damit nur sinngemäß einzelne Aussagen bestimmter Vorkommentatoren wieder, ich hoffte das mit den Anführungszeichen kenntlich gemacht zu haben.
Ich sehe das grundsätzlich genauso wie Sie.
@Zivi a.D.
Angesichts der vielen von Ihnen aufgezählten Optionen für qualifizierte Afghanen, außerhalb ihres Landes von eigener Arbeit zu leben, ist mir nicht schlüssig, warum man diese Menschen zu Hilfsempfängern herabwürdigen sollte. Wenn Ihre Darstellung zutrifft (wovon ich ausgehe), gibt es dafür doch gar keinen Grund.
Dabei gehe ich nach wie vor davon aus, dass die meisten (zumindest die nichtpaschtunischen Afghanen) ein großes Interesse daran haben, ihr Land gegen die Taliban zu verteidigen, anstatt es im Stich zu lassen. Noch sind die Taliban in weiten Teilen des Nordens des Landes weit davon entfernt, die Macht zu erlangen, und man sollte alles unterlassen, was ihnen dabei behilflich ist.
@Georg
„Laut letzten BVerfG-Urteils, soweit es das Handeln des deutschen Staates betrifft, gilt der Artikel 1 Weltweit !“
Ich finde das sehr löblich, dass sie nochmal ausdrücklich auf den Art 16a GG hinweisen.
Sie meinten ja sicherlich nicht, dass wir jeden Menschen, der in einem der 56 islamischen Staaten lebt, welche die Kairoer Erklärung der Menschenrechte (GG-widrig) unterschrieben haben, automatisch nach Deutschland holen müssen/dürfen?
@Koffer:
„Es muss eine rechtliche tragfähige Lösung geben“
Genau meine Meinung.
Ich bin übrigens gegen jede Selektion. Wer Dolmetscher von Towercontrollern oder Gebäudemanagement-Personal oder die Kräfte vom Fahrradshop gegeneinander aufrechnet, begeht mMn Unrecht.
Neben den NLD setzt auch BEL auf Schutz AFG Hilfskräfte durch „Asyl“gewährung.
Einzelheiten des Verfahrens sind nicht kommuniziert, nur so viel, es wird eine Einzelfallregelung werden, die kommende beschlossen werden soll.
Der juristische Ablauf wird außerhalb des bestehenden Asylverfahrens vonstatten gehen, da in BEL Asyl vom Ausland aus nicht beantragt werden kann.
Zuständig für die Umsetzung der Absicht sind das VertMin und der Sts für „Asyl&Migration“, Sammy Mahdi, ethnischer Iraki und sunnitischer Muslim, was die Realisierung beschleunigen könnte.
Die betroffene Personengruppe ist < Hundert.
https://www.knack.be/nieuws/wereld/belgie-werkt-aan-asielregeling-voor-afghaanse-vertalers-en-fixers-van-troepen/article-news-1734717.html?cookie_check=1621268761
@CRM-Moderator sagt: 17.05.2021 um 18:01 Uhr
„Ich bin übrigens gegen jede Selektion.“
Ich bin mir nicht sicher, ob der Begriff „Selektion“ hier passend ist.
„Wer Dolmetscher von Towercontrollern oder Gebäudemanagement-Personal oder die Kräfte vom Fahrradshop gegeneinander aufrechnet,“
Und auch hier habe ich sprachlich gesehen Fragezeichen. Warum sollte Menschen „gegen einander aufrechnen“? Das würde ja nur passieren, wenn man eine Gesamtquote erstellt und dann Teilgruppen gegeneinander konkurrieren. Das habe ich aber ehrlich gesagt noch von niemandem so gehört.
Es muss Vorgaben geben, nach denen Bemessen wird für wen wir eine (moralische) Verantwortung übernommen haben und wenn diese Vorgaben getroffenen wurden, dass darf es keine Quoten mehr geben.
Aber natürlich sind wir weder rechtlich noch moralisch verpflichtet jeden AFG als in unserer Verantwortung stehend zu bewerten.
Ich persönlich würde es ehrlich gesagt sehr einfach machen, wer mit uns einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat und über eine mehr als nur marginale Zeit weniger Tage zusammengearbeitet hat und nicht aufgrund schwerwiegenden Fehlverhaltens entlassen wurde ist berechtigt.
Dann legt man noch eine angemessene Ausschlussfrist fest (keine Ahnung 2, 3, 5 Jahre o.ä.) und damit hat es sich.
„begeht mMn Unrecht.“
Hier muss ich widersprechen. Da wir keine rechtliche Verpflichtung haben, sondern „lediglich“ eine moralische, kann DEU auch kein „Unrecht“ begehen.
@Koffer:
Selektion ist eine Auswahl.
Sie wollen also eine moralische Auswahl nach Kriterien (u.a. mehrjährige Arbeitsdauer, keine Subunternehmer) treffen.
Sie sehen keine rechtliche Verpflichtung, wie sie @Georg aus dem GG ableitet.
Das wäre doch eine Aufgabe für den Deutschen Ethikrat oder eine vergleichbare Ethikkommission. Nach Einsatz bewaffneter Drohnen, Impfreihenfolge nun Auswahlkriterien afghanische Hilfskräfte.
Das Thema ist ja latent und keineswegs überraschend.
@CRM-Moderator sagt: 17.05.2021 um 21:23 Uhr
„Selektion ist eine Auswahl.“
Sie haben recht. Ich fühle mich nur persönlich Unwohl mit dem Begriff Selektion im Zusammenhang mit Menschen in der in diesem Kommentarfaden so emotional aufgeladenen Atmosphäre.
„Sie wollen also eine moralische Auswahl nach Kriterien (u.a. mehrjährige Arbeitsdauer, keine Subunternehmer) treffen.“
Nein. Ich schlage eine Bestimmung der Kriterien vor mit der wir die Reichweite unserer (moralischen) Verpflichtung bestimmen.
Die Auswahl, wenn Sie so wollen, bezieht sich also auf die Kriterien und nicht auf die Menschen. Im Zusammenhang mit einer so delikaten Entscheidung müssen wir abstrakte Kriterien festlegen um dann die konkrete Anwendung sehr einfach gestalten zu können. Und plädiere starke dafür, dass wir die Kriterien weit fassen, damit wir nicht (unbeabsichtigt) unserer moralischen Verpflichtung nicht gerecht werden. Besser ein paar zu viel aufnehmen denen wir nicht verpflichtet sein, als auch nur einen abweisen für den wir Verantwortung tragen.
„Sie sehen keine rechtliche Verpflichtung, wie sie @Georg aus dem GG ableitet.“
Definitiv nicht. Einer wie auch immer geartete rechtliche Verpflichtung übererfüllen wir bereits im aktuellen Verfahren.
Es geht hier um moralische Verpflichtung und Verantwortung.
Und (allerdings erst in zweiter Linie) um DEU Eigeninteressen mit Blick auf andere Einsätze und unsere Vertrauenswürdigkeit als Partner gegenüber Ortskräften in diesen Einsätzen.
„Das wäre doch eine Aufgabe für den Deutschen Ethikrat oder eine vergleichbare Ethikkommission.“
Ich kann nur für mich sprechen, aber ich benötige keine Ethikkommission um zu spüren und zu wissen, wozu wir (moralisch) verpflichtet sind. Für mich liegt das auf der Hand.
Übrigens, natürlich nicht nur ein deutsches Thema:
Afghans who helped the US now fear being left behind
Heute in der FAZ ein Artikel zu dem Thema. Es liegen wohl insgesamt 450 Anträge vor, was 80% der direkt beschäftigten Ortskräfte entspricht. Dazu noch einmal rd. 300 Anträge von Afghanen, die bei Vertragsunternehmen angestellt waren, über die gesondert entschieden werden soll.
Insgesamt gemessen an Flüchtlingen, die z.Zt. in Deutschland sind, eine Marginalie. Und diese Menschen haben einen direkten Bezug zu Deutschland. Das relativiert vielleicht die Befürchtungen eines Massenexodus mit Untergang des Abendlandes, wie ihn einige Kommentatoren hier befürchten.
[Keine FAZ-Geschichte, sondern eine dpa-Meldung:
https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_90052888/bundeswehr-abzug-450-afghanische-mitarbeiter-wollen-nach-deutschland.html
T.W.]
Aus dem von @T.W verlinkten Artikel:
„ “They absolutely are going to kill us,” Mohammad Shoaib Walizada, a former interpreter for the U.S. Army, said in an interview after joining others in a protest in Kabul.
At least 300 interpreters have been killed in Afghanistan since 2016, and the Taliban have made it clear they will continue to be targeted, said Matt Zeller, a co-founder of No One Left Behind, an organization that advocates on their behalf. He also served in the country as an Army officer.
“The Taliban considers them to be literally enemies of Islam,” said Zeller, now a fellow at the Truman National Security Project. “There’s no mercy for them.” „
Das ausführliche Zitat orientiert unsere Debatte. Jede Ortskraft hat reguläres Anrecht auf Asyl, da ihr Leben direkt bedroht ist.
Diese Menschen, die für uns gearbeitet haben nun gesondert nach Deutschland zu bringen wäre lediglich ein Zeichen unserer Ehrbarkeit und um die zutiefst beschämenden Bilder zu vermeiden, wie unsere ehemaligen Ortskräfte in Ungarn samt Familien misshandelt werden oder gar vor Griechenland im Mittelmeer ertrinken. Und das, obwohl ein wasserfester Asylgrund vorliegt.
Sind es nicht eben auch diejenigen, die Zitieren und fordern: „Wir brauchen Krieger!“ Und im gleichen Atemzug die erste Gelegenheit verpassen, Ritterlichkeit an den Tag zu legen?
@AoR sagt: 18.05.2021 um 12:11 Uhr
Sie können aus meinen umfangreichen Kommentaren ersehen, dass ich inhaltlich bei Ihnen liege, aber formal muss ich Ihnen widersprechen.
„Das ausführliche Zitat orientiert unsere Debatte. Jede Ortskraft hat reguläres Anrecht auf Asyl, da ihr Leben direkt bedroht ist.“
1. Nur weil jemand (ein „Interessenvertreter“) etwas behauptet sind das noch lange keine Fakten.
2. Nichts was in dem Artikel steht begründet einen Rechtsanspruch auf Asyl (!). Asylansprüche ergeben sich aus einer persönlichen, politischen Verfolgung. Dieses ergibt sich nicht aus dem Zitat.
Insgesamt gehe ich davon aus, dass vermutlich kein Rechts-(!)-Anspruch und wenn doch, dann doch zumindest kein Asyl-(!)-anspruch vorliegt.
Und so oder so, geht es hier mEn nicht um eine rechtliche, sondern um eine Frage der moralischen Verantwortlichkeit und der sicherheitspolitischen Interessen/Zuverlässigkeit.
„Diese Menschen, die für uns gearbeitet haben nun gesondert nach Deutschland zu bringen wäre lediglich ein Zeichen unserer Ehrbarkeit und um die zutiefst beschämenden Bilder zu vermeiden“
Zustimmung.
„Und das, obwohl ein wasserfester Asylgrund vorliegt.“
Widerspruch.
„Sind es nicht eben auch diejenigen, die Zitieren und fordern: „Wir brauchen Krieger!“ Und im gleichen Atemzug die erste Gelegenheit verpassen, Ritterlichkeit an den Tag zu legen?“
Ich denke nicht, dass Sie mit diesem Konnex richtig liegen. Nicht nur hier im Faden, sondern auch bei den Erstunterzeichner gibt es genügend Vertreter der „wir brauchen Krieger“-Fragen (inkl. meiner selbst), die für eine Aufnahme unserer (ehemaligen) Ortskräfte plädieren.
@AoR:
„…..wie unsere ehemaligen Ortskräfte in Ungarn samt Familien misshandelt werden “
Ich kenne den Sachverhalt nicht. Können Sie den bitte näher ausführen?
Das EU-Land, mit dessen Stimmen die langjährige Verteidigungsministerin von der Leyen zur Kommissionspräsidentin gewählt wurde, lässt es tatenlos zu, dass dort misshandelt wird?
P.S.: Lt. Art 16a GG geniessen politisch verfolgte Asyl. Das ist nicht deckungsgleich mit Art 1 der GFK.
@Koffer: Sie sind gerade hier im Faden ein Vertreter eben der Ritterlichkeit, welche ich einfordere.
Persönlich widerspreche ich ihnen mit Bezug auf die Einschätzung des Asylgrundes. Denn was im Zitat geschildert wird, ist eben „politische Verfolgung“.
Trennung
Die Schwäche des Fadens ist das jeweils durch die Kommentatoren unterstellte Szenario. Ich persönlich gehe davon aus, dass die Taleban die restlichen Städte überrennen werden. Sollten sie dies nicht tun, dann liegen etwaige Gründe hierfür außerhalb des Aspektes „Kampfwert Afghanische Armee“. Die ehemaligen Ortskräfte sind in Lebensgefahr, da Taleban und DAESH an ihnen Exempel statuieren und damit Terrorherrschaft über die Grenzen Afghanistans hinweg zementieren.
Trennung
Sollte das von mir unterstellte Szenario nicht eintreten, wäre der Asylgrund nicht gegeben. Jetzt stellt sich die Frage, gehen wir das Risiko ein und warten ab, bis der Asylgrund besteht und es für die Ortskräfte womöglich zu spät ist?
Und da sind wir aus Gründen der Verantwortung und Moral (Ritterlichkeit) aber auch aus Aspekten der Interessen in weiteren Einsatzgebieten einer Meinung. Wir holen die Menschen der Anzahl im unteren vierstelligen Bereich (Ortskraft +nähere Angehörige) da raus.
Die weiteren Angaben im Zitat sollten in meinen Augen dringend unabhängig geprüft werden. Und das bevor wenige Tausend Menschen unsere BO und Konsulate stürmen und Zelten, bis dem Asylantrag stattgegeben wurde.
@CRM-Moderator: Toller Spin, Trollen sie wieder? Googeln sie einfach zu Ungarn und Misshandlung, oder alternativ lohnt sich ein Besuch auf den Internetpräsenzen einschlägiger Menschenrecht-NGO.
@Koffer, @endeema
Danke: 1+ für ihre Kommentare.
Ansonsten kann man weltabgewandtem Zynismus nur den Spiegel vorhalten:
Natürlich sind die Afghanen „selbst Schuld“ wenn sie ihr Land 20 Jahre nicht in Ordnung bringen. 20 Jahre lange haben richtige Menschen mit viel Ahnung aus aufgeräumten (!) Wohnstuben wieder und wieder in Blogs und an Stammtischen erklärt was Ordnung halten heißt! Selbst Schuld, wenn „die da“ es 2021 immer noch nicht einsehen! Irgendwann ist aber auch mal gut mit Hilfe! Schließlich lese ich Bücher von Politikwissenschaftlern und kenn sogar welche!
Nun bleibt denjenigen, die aus Enthusiasmus oder wirtschaftlichen Zwängen bei uns im Feldlager angeheuert haben nur noch für die ganze selbst verursachte und nie aufgeräumte Sch*** mit der Waffe in der Hand an der Front im eigenen Land dem Tod direkt ins Auge zu sehen. Da können wir dann auch gleich prüfen, wer es die letzten 20 Jahre wirklich ernst bei uns gemeint hat. Können ja nur die sein, die am Ende überleben. Tja hättet ihr mal aufgeräumt! Selbst Schuld! MfG aus Deutschland!
PS: Wir haben hier Gesetze!
@sputo.di.rospo sagt: 18.05.2021 um 13:27 Uhr
Meinen Sie, Sie tun dem Thema einen gefallen mit Ihrem doch sehr emotionalen und unsachlichen Kommentar?
Stammtischniveau gibt es in beide Richtungen, so ein „Gefühlsausbruch“ entwertet doch sachlich vorgetragene Argumente.
@AoR :
Schade, dass Sie die Chance nicht genutzt haben Ihre Empörung in eine sachorientierte Antwort zu giessen.
Ich verlasse mich übrigens nie auf die Internetpräsenzen von sogenannten „Menschenrechts-NGOs“. Weil da meist sehr tendenziös unter Vermischung rechtlich definierter Begriffe (Migrant/Flüchtling/Asylbewerber) sehr einseitig „informiert“ wird.
Wie sehen sie nach der Rettung aller zivilen Hilfskräfte samt Familie unsere Verantwortung ggü. der restlichen Bevölkerung Afghanistans? Stehen wir da weiterhin in irgendeiner „Schuld“?
@sputo.di.ruspo
Auch ihre Empörung bringt kein Erkenntnisgewinn. Ja, wir haben hier Gesetze. Wie überall auf der Welt. Die müssen wir versuchen einzuhalten. Deshalb gibt es ja auch die Initiaive, die Herr Wiegold hier vorstellt. Weil es wohl durch „die Gesetze“ bisher nicht abgedeckt ist.
Sind ihrer Meinung nach die Bewohner Afghanistans verantwortlich für ihr Land? Ich vermeine in ihren Ausführungen zu erkennen, dass jeder Bürger Afghanistans ein Art „Anrecht“ hat, von uns beschützt zu werden.
@CRM-Moderator sagt: 18.05.2021 um 16:13 Uhr
„Wie sehen sie nach der Rettung aller zivilen Hilfskräfte samt Familie unsere Verantwortung ggü. der restlichen Bevölkerung Afghanistans? Stehen wir da weiterhin in irgendeiner „Schuld“?“
Es ist mir schleierhaft, warum Sie weiterhin rumschwurbeln und eine, wie auch immer geartete, „Schuld“ gegenüber der Gesamtbevölkerung Afghanistans ins Spiel bringen wollen. Darum geht es hier gar nicht, weder in dem Thread noch in den Kommentaren. Das kommt schon bedenklich nahe an einen Trollversuch.
Schön wäre es auch, wenn auch Sie den Begriff „Ortskräfte“ verwenden würden und nicht „Hilfskräfte“ oder etwas anderes. dann weiß man wenigstens, das wir alle vom selben Thema sprechen. Wobei sicher bin ich mir da nicht….
@ PioFritz
„Meinen Sie, Sie tun dem Thema einen gefallen mit Ihrem doch sehr emotionalen und unsachlichen Kommentar?“
Ja, das meine. Ich schrieb ja, weltabgewandtem Zynismus kann man nur den Spiegel vorhalten. In einem Spiegel sieht sich das, was hineinschaut selbst.
Und so wie Sie es beschreiben sieht es eben aus, dieses „das“: unsachlich, emotionsgeladen bzw. empört oder trollhaft.
Das ist der Erkenntnisgewinn.
Was mir in der Debatte über die Ortskräfte hier generell ein wenig fehlt ist die Erinnerung an das was man Menschlichkeit nennt. Schließlich sprechen hier Menschen über Menschen. Man kann natürlich auch behaupten, der Begriff Mensch, so wie wir ihn in Europa verstehen, trifft auf afgh. Ortskräfte nicht zu. Sind eben nur „Ortskräfte“. Im Rahmen der Sache des „Menschen“ sollte man hier aber innerhalb dieser Begriffskategorie bleiben. Nur das wäre sachlich.
Korrektur meines letzten Satzes:
Nur das wäre sachlich angemessen.
@Pio-Fritz
Seit wann ist dieser Begriff „rumschwurbeln“ eigentlich hoffähig geworden?
Der ist doch erst die letzten paar Wochen bei Corona-Diskussionen einseitig in den Sprachbegriff übernommen worden. Der Mitdiskutant wird als „Schwurbler“ diskreditiert. Argumentum ad hominem.
Jetzt habe ich doch echt „Hilfskräfte“ statt „Ortskräfte“ genutzt. Ja, „civil local personnel“ ausserhalb ANA/ANSF hat ISAF/RS unterstützt. Geholfen.
Eine Verantwortung ggü. der Gesamtbevölkerung Afghanistans habe nicht ich „ins Spiel“ gebracht, sondern andere Kommentatoren. Ich greife das nur auf.
Was machen wir mit den Lehrern an Mädchenschulen?
Ja? Nein? Schwurbler? Troll?
@ CRM-Moderator sagt:
15.05.2021 um 21:46 Uhr:
„@ Karsten ’70: Ich glaube, es liegt bei Ihnen ein Missverständnis vor:
ISAF…..HilfeKoopAfghanis
Wir sind gekommen, um zu helfen.“
–
Beziehen Sie sich bitte auf eine konkrete, keine pauschale Aussage.
Ansonsten gerne weiter im Prügel/ äh… Diskussionskreis:
So viel Geld ausgegeben und so wenig Gutes zurückgelassen? Warum?
Radio mit Moderato*Innen wird es nach wenigen Monaten in Taliban-Gebieten kaum noch geben.
Mädchen-Schulen, wird es die in 2 Jahren noch geben? etc.
Der Drogen-Traffic musste toleriert werden, ein Umbau der Gesellschaft konnte z.B. deshalb gar nicht stattfinden. Andere können diese Aufzählung sicher fortführen.
Das soll Hilfe sein? Ich baue mit dem THW kein Haus… und schon gar keine Stadt(Staat), und an die BW wird der Name Kooperation/Hilfe geheftet. Konnte sie gar nicht leisten.
Oder handelt es sich hier doch um einen gelungenen Einsatz? m.E. nicht.
–
Das Mißverständnis scheint mir auf Ihrer Seite zu liegen.
so long – Love and Peace…
@CRM-Moderator:
Es steht uns frei, Quellen zu validieren. Die Frage, auf welches Ziel hin diese Validierung im Politischen erfolgt orientiere ich für mich gerne an Habermas. Habermas arbeitete heraus, dass Debatten in einem vereinfachten Klima der Akklamation stattfinden und nicht – wie oft unterstellt – auf Ebene des Rationalen Diskurses.
Akklamation als sozialpsychologischer Vorgang ruht sehr im Bedürfnis der Bestätigung des Individuums. Zum Thema, ich bin die verschiedenen NGO durchgegangen und gerade Ärzte ohne Grenzen, Human Rights Watch und Amnesty International wurden im Rahmen meiner Betrachtung nahöstlicher Themen regelmäßig unabhängig der Interessenslage der Parteien im Theater bestätigt. So stufe ich diese NGO als vertrauenswürdig ein, auch wenn ich es oft nicht glauben will, was ich da lese.
Zu beginn des Fadens begannen @Thomas Melber und ich damit, den Apell, Ortskräfte auszufliegen per Betrachtung zu alternativem Vorgehen zu diskutieren. Bereits in diesem Abschnitt des Fadens wurde die Debatte emotionalisiert und auf bekannte Stereotype reduziert und in einem Klima der Akklamation derailed. Ein sachlicher Umgang wurde immer schwieriger. Ich bedanke mich bei @Pio-Fritz, @Koffer, @Emdeema uva. für ihre Aufrichtigkeit und Standhaftigkeit.
Hier ist nicht der Ort um einen persönlichen Streit auszutragen. Sie wie ich kennen die SiPo und unsere Geschichte gut genug, um zu wissen wie Tief menschengemachte Abgründe werden können. Wir wissen aber auch, welchen hohen Anspruch an Humanität, Rechtschaffenheit und Würde wir an uns selbst gestellt haben. Dieser Anspruch an uns als Volk und als Individuum darin ist in meinen Augen untrennbar mit jedem tragfähigen Begriff eines Patriotismus verbunden, der den Anspruch erhebt, der Bundesrepublik Deutschland gerecht zu werden.
@Rieke würde mit Bezug auf Afghanistan jetzt sagen: „You break it, you buy it“ (vgl. Sicherheitshalber), was vereinfacht auf die Verantwortung gegenüber Afghanistan hinweist. Aber eine Schuld sehe ich da nicht. Ich stelle aber auch die Frage, wie wir es schaffen können, uns würdevoll in Angesicht unserer Werte und Selbstwahrnehmung und unter Wahrung unserer Interessen aus einem Bürgerkrieg zurückzuziehen, zu dessen Teil wir am Hindukusch wurden? (vgl. @Carlo/@Frank in Sicherheitshalber)
Mein alter Herr hat mir immer wieder mitgegeben, dass ich mich in Angesicht von menschengemachten Abgründen immer nach oben hin zu Hoffnung und ethischen Ansprüchen orientieren soll. Wie oben ausgeführt tue ich dies auch jetzt. Sachlichkeit? Nunja, es geht um Wertvorstellungen und Selbstwahrnehmung und somit ist Ausfliegen der Ortskräfte zu einem gewissen Maß sicher auch egoistisch.
Haben wirklich alle Ortskräfte einen Antrag auf Asyl gestellt? Was ist mit denen die bleiben wollen?
Von 120 afghanischen Antragstellern zur Aufnahme in den Niederlanden, zumeist Übersetzer, sind 60 Personen mit ihren Kernfamilien inzwischen eingereist.
Sigrid Agnes Maria Kaag, Partei „D66“, linksliberal, Ministerin für Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit, heute im Parlament/Den Haag.
Die zweite Hälfte befindet sich noch in der Überprüfungsphase.
Es ist erbärmlich was die Bundesrepublik Deutschland hier abzieht. Wir haben 1 Mio. Flüchtlinge aufgenommen und jetzt sind einige hundert, die sich verdient gemacht haben und deren Leben gefährdet ist, auf einmal zuviel?
Mal ganz abgesehen, dass wir uns aus dem Land schleiche, wie Diebe in der Nacht.
Bei zukünftigen Einsätzen werden sich Einheimische zweimal überlegen,ob sie sich mit uns einlassen wollen.
„Man kann versuchen, dies im Rahmen des Pashtun Wali zu regeln, wobei einzelne persöniche Verfehlungen ggf. geahndet werden.“ Eine solche „Verfehlung“ könnte der „Verrat am Islam“ sein. Die Taliban haben die Arbeit der Ortskräfte bereits explizit als „Verrat am Islam“ bezeichnet. Wie fanatische gewaltbereite Islamisten mit Menschen umgehen, welche aus ihrer Sicht „Verräter“ sind ist allgemein bekannt. Die werden ganz einfach ermordet. Wenn sie dann tot sind können sie dann auch nicht mehr den Kampf gegen die Taliban unterstützen der ja mit dem Abzug der westlichen Truppen sowieso zum Erliegen kommt.
Vier Punkte möchte ich noch erwähnen:
1.Die Ortskräfte haben an unserer Seite gestanden und werden deshalb jetzt auch bedroht. Sie haben etwas für unser Land und unsere Sicherheit getan. Das sind nicht irgendwelche Fremden, welche mit uns nichts zu tun haben und sich dazu entschieden haben, ganz einfach mal auszuwandern um in Deutschland ein besseres Leben zu bekommen.
2.Wir sind dafür verantwortlich, dass sich diese Menschen in der jetztigen Situation befinden: Hätten wir diese Menschen nicht eingestellt, um in Afghanistan unsere Ziele zu erreichen wären sie jetzt nicht bedroht. Wir haben Nutzen aus ihnen gezogen und sind deshalb jetzt auch ihnen gegenüber zur Loyalität verpflichtet.
3.Es ist kein massiver Asylbetrug zu befürchten: Unsere Streitkräfte wissen ja, wer für sie gearbeitet hat. Wenn irgenjemand, den keiner aus der Bundeswehr kennt und plötzlich behauptet, er hätte für Jahre lang für die Bundeswehr gearbeitet, ist das leicht zu durchschauen. Deshalb muss man die Prüfung der Anträge auch nicht bürokratisch allzu kompliziert machen.
4.Es handelt sich bei diesen Menschen nicht um die vielfach zitierten fanatischen Islamisten, welche in der Absicht nach Deutschland kommen, Deutschland in ein islamisches Land zu verwandeln. Ein fanatischer afghanischer Islamist wäre nie auf den Gedanken gekommen, den Kampf „gottloser“ westlicher Truppen gegen die islamistischen Taliban zu unterstützen.
Außerdem ist es ein Unterschied, ob ein afghanischer Soldat – der ja sowieso bewaffnet ist und sich häufig in militärischen Einrichtungen aufhält – von den Taliban bedroht wird, oder ob ein unbewaffnete Ortskräfte wie z. B. Übersetzer bedroht wird. Die afghanischen Soldaten werden für den Kampf gegen die Taliban sicher noch wichtig sein, die Afghanen welche für die westlichen Streitkräfte als Übersetzer gearbeitet haben wird hingegen keiner mehr brauchen. Oder glaubt hier jemand, dass die afghanischen Soldaten mit den Angehörigen der einheimischen Bevölkerung auf Deutsch, Französisch oder Englisch kommunizieren?
Es fordert übrigens keiner, dass man alle afghanischen Soldaten aufnehmen solle. Wenn hier aber einige Beiträge liest kann allerdings durchaus den Eindruck bekommen, dass einige das denken.