Luftwaffe will Kaserne umbenennen: Landshut-Kapitän Schumann statt Marseille
In den Nachrichten der vergangenen Tage ist es etwas untergegangen, deshalb nachgetragen: Eine weitere Bundeswehrkaserne soll künftig nicht mehr nach einem Jagdflieger der Wehrmacht, sondern nach einem früheren Bundeswehr-Piloten benannt werden – nach dem Kapitän der Lufthansa-Maschine Landshut, der 1977 von den Entführern des Flugzeugs erschossen wurde. Außerdem sollen künftig auch die Transportflieger der Luftwaffe einen Geschwader-Traditionsnamen bekommen.
Die Änderungen hatte Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz am vergangenen Freitag in einem Tagesbefehl* angekündigt. Bereits im vergangenen Jahr war die bisherige Lent-Kaserne in Rotenburg an der Wümme umbenannt worden: An Stelle des bisherigen Namensgebers der heutigen Heereskaserne, eines Jagdfliegers des Zweiten Weltkrieges, trat ein deutscher Offizier der Befreiungskriege gegen Napoleon, die Kaserne heißt nun Von-Düring-Kaserne.
Nun soll die Unteroffiziersschule der Luftwaffe (USLw) in Appen in Schleswig-Holstein, bislang benannt nach dem Wehrmachts-Jagdflieger Hans-Joachim Marseille, einen neuen Namensgeber bekommen. Nach einem Vorschlag aus der Luftwaffe entschieden sich die Angehörigen des Standorts für Jürgen Schumann, der vor seiner Pilotentätigkeit für die Lufthansa Luftwaffenoffizier und Starfighter-Pilot war, wie Gerhartz in seinem Tagesbefehl mitteilte:
Die USLw in Appen hat zusammen mit den Angehörigen des Standortes Namensvorschläge für eine Kasernenumbenennung gesammelt und nach einer Befragung aller Standortangehörigen Jürgen Schumann als neuen Namensgeber ausgewählt. Er war Starfighterpilot, Hauptmann der Luftwaffe und begann beim Fluganwärterregiment in Appen seine fliegerische Grundausbildung. Nach seiner Dienstzeit in der Luftwaffe flog er als Pilot bei der Lufthansa. Als Kapitän der „Landshut“ wurde er am 16. Oktober 1977 von deren Entferührern erschossen. Er hat sein Leben vor das Leben seiner Passagiere gestellt, als er versuchte, mit den Geiselnehmern zu verhandeln und den Behörden Informationen über die Anzahl der Geiselnehmer zu geben. Sein Mut und sein Verantwortungsbewusstsein sind beispielgebend. Ich billige diesen Vorschlag ausdrücklich und werde das weitere Verfahren zur Genehmigung durch die Bundesministerin der Verteidigung in die Wege leiten.
Schon vor dem jetzt gültigen Traditionserlass hatte die frühere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Wehrmachtspiloten Marseille als Namensgeber für eine Bundeswehrkaserne als nicht mehr sinnstiftend bezeichnet. Dass Schumann auch der Wunsch des Kommandos Luftwaffe war, war bereits im vergangenen Jahr absehbar. Die Geschichte des ehemaligen Luftwaffenpiloten und die Ereignisse nach Enführung der Landshut hatte die Luftwaffe schon 2011 als ein Vorbild für heutige Soldaten nachgezeichnet.
Neben weiteren Namensgebern für Einrichtungen der Luftwaffe kündigte der Inspekteur auch eine Neuerung für die Transportflieger der Teilstreitkraft an:
Sie leisten seit vielen Jahrzehnten in weltweiten Missionen ihren wertvollen Beitrag zu humanitärer Hilfe und multinationaler Krisenbewältigung. Die Frauen und Männer der Einheiten und Verbände unserer Lufttransporter sind Garanten für den Erfolg der Luftwaffe im Einsatz. Ich habe das Lufttransportgeschwader 62 angewiesen, den Prozess einer Namensfindung für einen Traditionsnamen zu initiieren. … Neben den Fliegenden Kampfverbänden der Luftwaffe sollen auch unsere Transportflieger einen Traditionsnamen führen und mit Stolz am Ärmelband tragen.
Das wird dann allerdings denen, die in den vergangenen Jahrzehnten einen Großteil der Lufttransporte der Bundeswehr geflogen haben, nicht mehr zugute kommen: Die Transall-Transportmaschinen und die Verbände, zu denen sie gehören, werden zum Ende dieses Jahres Geschichte sein.
*Fürs Archiv die Sicherungskopie des Tagesbefehls:
20210326 Tagesbefehl InspLw Tradition
(Archivbild: Schumann 1965 im Cockpit eines Starfighters bei der Flugausbildung auf der Luke Air Force Base in Arizona – Foto Archiv Gemeinschaft der Flieger deutscher Streitkräfte)
Schöne Entscheidung und Namenswahl. Kann gerne Vorbildcharakter haben :)
Und so verglüht der Stern von Afrika ein zweites Mal.
Aber es kannte ihn eh‘ fast keiner mehr.
Worte der Kritik in diesem Zusammenhang zu äußern wird zunehmend schwierig. Dennoch ein Versuch: traditionsstiftend ist also ein verstorbener Soldat auf Zeit und Verkehrspilot, der Zivilcourage zeigte. Und davon verdammt viel. Ehrenwerte Person, ohne Zweifel, und auch Vorbild.
Das miltiärische Element suche ich allerdings bisher vergebens. In manchen Kreisen würde man von kultureller Aneignung sprechen.
Eine gute Entscheidung für eine Namenswahl, die insbesondere für jüngere Menschen verständlicher bzw. greifbarer ist. Den früheren Kasernennamen empfinde ich nicht als problematisch, den neuen jedoch als deutlich besser.
Dann warten wir mal ab, wie lange der Name Steinhoff noch kommod ist…
[Ich find’s jetzt ein bisschen arg billig, so anzukommen nach dem Muster „Die Luftwaffe traut ja ihren eigenen Inspekteuren nicht“. Oder was wollten Sie damit sagen? T.W.]
@T.W.
Ihr Einwand ist sehr weit hergeholt und geht fehl. Wer behauptet, dass „die Luftwaffe ihren eigenen Inspekteuren nicht traut“? Vielmehr muss man sich angesichts der Tatsache, dass sowohl Marseille als auch Steinhoff äußerst tapfere (und nazionalsozialistischer Umtriebe unverdächtige) Soldaten waren, fragen, ob die knieweiche Politik jetzt die Ritterkreuzträger (wobei die Überkorrekten gerne von „Naziorden“ sprechen) aufs Korn nimmt. Wehrmachtssoldaten sind ja, wie Frau von der Leyen vor drei Jahren sagte, „nicht mehr sinnstiftend für die heutige Bundeswehr“!
@Peter Eberl
Wenn Sie behaupten, der Traditionsname Steinhoff beziehe sich auf seine Zeit als Pilot der Wehrmacht und nicht auf die als Offizier der Bundeswehr, ist das Ihre Sache.
Das so zu verengen, lässt mich allerdings fragen, warum Sie ihn als Wehrmachtspiloten für traditionswürdiger halten denn als Inspekteur Luftwaffe der Bundeswehr.
Davon mal abgesehen: Wer schon beim Traditionserlass in die Tischkante gebissen hat, sollte darauf verzichten, jetzt mit der Formulierung „knieweiche Politik“ die Nachhutgefechte zu führen. Dieses Thema haben wir damals wirklich erschöpfend hier abgehandelt.
Naja. Problem ist ja dass alle Namensträger vor 45 mal irgendwie soldat waren und in einem Krieg gekämpft haben. Da wird sich bis ins Mittelalter niemand finden lassen der oder die wirklich ohne Vorbelastungen sind. Irgendwas ist immer.
Die Lufthansa Verkehrsfliegerschule in Bremen hat zu Recht ihr Schulungsgebäude nach ihrem Kapitän Jürgen Schumann benannt. Er und sein Co-Pilot Jürgen Vietor sind leuchtende Beispiele für das Verantwortungsbewusstsein, das man als Verkehrsflugzeugführer haben sollte.
Da 2022 die Schule (LAT DE) mit sinnstiftendem Gebäude in Bremen schliesst, wird es sich die Geschäftsführung sicherlich nicht nehmen lassen, am neuen Standort Rostock-Laage (LAT PA) das dortige Schulungsgebäude ihm zu widmen, um seinen Namen in Ehren zu halten.
Insofern folge ich ausdrücklich @Auslandsdiener.
Gibt es für Appen denn keinen traditionsstiftenden Unteroffizier der Bundeswehr?
Der Heimat der Unteroffizierschule als Namensträger würdig?
@TW: Die Person Steinhoff lässt sich nicht zweiteilen. Er war Soldat der Wehrmacht und der Bundeswehr, Die von Ihnen unterstellte Einengung auf den Wehrmachtsangehörigen habe ich, wenn Sie meinen Text so lesen, wie er geschrieben ist, nicht vorgenommen. Den Einwurf von JMWSt sollte man, das ist der Sinn meines Beitrags, nicht abtun, wenn man z.B. neuerdings in Medien wie dem Spiegel vorgehalten bekommt, man sei als weißer Deutscher ohnehin und quasi automatisch ein „Mensch mit Nazihintergrund“. Insofern ist es nicht unrealistisch, anzunehmen, dass auch prominente und verdiente Soldaten der Bundeswehr, die in der Wehrmacht gedient haben, ins Visier der Moralwächter geraten. Im Übrigen ist der Traditionserlass in Ordnung, den habe ich auch nicht in Frage gestellt, also locker bleiben, jedenfalls solange übereifrige Minister oder Ministerinnen es unterlassen, besonders gut zu sein.
Netter Versuch. Die Versuche, das Thema ins Lächerliche zu ziehen, indem jetzt scheinbar der Traditionsnname Steinhoff als gefährdet angesehen wird, beenden wir jetzt bitte.
@Dante
Der rote Konrad ist eine Option für eine Kaserne?
St Ulrich von Augsburg wäre vielleicht besser?
Sorry, aber ihr Argument ändert nichts daran wem und was Marseille diente.
Gab es eigentlich keine deutschen Soldaten auf Seiten der Alliierten die man auswählen könnte?
Das soll nicht despektierlich klingen, aber welche militärischen Leistungen hat Herr Schumann vorzuweisen, die die Namensgebung einer militärischen Institution rechtfertigen?
Schumann hat diverse zivile und staatliche Honorierungen erhalten, verdient und gerechtfertigt. Aber eine militärische Laufbahn, die keine 10 Jahre andauerte, ohne nennenswerte militärische Errungenschaften, rechtfertigt in meinen Augen keine Namensstiftung einer wichtigen militärischen Institution.
Diese von der Leyen kriegt wirklich nichts auf die Reihe, egal ob Schutzmasken oder Traditionserlass. Trotzdem ist sie leider nicht alleine an der Misere schuld. Es gibt einen zu großen anti-militärischen Tross, gepaart mit rückgratlosen Bundeswehrangehörigen, denen ein starkes Militär, mit großen militärischen Leitfiguren ein Dorn im Auge ist.
Wer militärisch tickt, ist in der Bundeswehr definitiv falsch. Es entwickelt sich mehr und mehr ein Bild von Abenteurern in Uniform. Das ist leider der falsche Weg und kollidiert mit militärischen Grundmanifesten á la „ Si vis pacem para bellum“.
Ich verstehe ehrlich gesagt die gesamte Debatte nicht mehr.
Es geht doch im Endeffekt darum, Namensgeber für Kasernen zu finden, zu den Soldaten einen Bezug herstellen können. Die einen möchten jemanden, der politisch ´unverdächtig ist, die anderen wollen jemanden, der den Soldatenberuf (auch im Kampf) vorbildlich ausgeführt hat.
Da fallen mir als erstes alle Soldaten der ersten Generation ein, die beim Aufbau der Bundeswehr dabei waren (Steinhoff, Hartmann, etc.). Die waren damals unproblematisch, dann sind sie es auch heute. Zum anderen gab es aber auch z.B. Piloten wie Franz Stiegler, der selbst heutzutage noch für sein ehrenhaften Verhalten hoch in Ehren gehalten wird …. vom ehemaligen Kriegsgegner. In Deutschland ist der Mann nahezu unbekannt.
@ThoDan
„[…]Gab es eigentlich keine deutschen Soldaten auf Seiten der Alliierten die man auswählen könnte?“
Gegeben hat es solche Soldaten, aber es ist heutzutage aus bundesrepublikanischer Sicht sicherlich nicht schicklich und gewünscht, Mitgliedern des „Bundes Deutscher Offiziere“ oder des „Nationalkomitees Freies Deutschland“ wie zum Beispiel General Walther von Seydlitz-Kurzbach eine solche Ehrung zukommen zu lassen.
Ich möchte auch auf Feldwebel Karl Laabs hinweisen, der im Kriegsjahr 1943 über hundert Juden das Leben rettete. Das Lehrsaalgebäude in Appen wird nun nach Laabs benannt.
Ich möchte auch diese traditionswürdigen Feldwebel in Erinnerung rufen:
Ende März 2012 wurde das Auditorium maximum der SanAk München nach Sanitätsfeldwebel Hans Scholl benannt.
Am 22. Juni 2016, dem 75. Jahrestag des Angriffs der Wehrmacht auf die Sowjetunion, wurde die Harz-Kaserne in Blankenburg (Harz) neu benannt in „Feldwebel-Anton-Schmid-Kaserne“.
Am 6. November 2019, am 100. Geburtstag des neuen Kasernenpatrons, wurde die Liegenschaft „Hochbrück“ (nördlich von München) umbenannt in „Christoph-Probst-Kaserne“.
@GMP und ähnliche
Es wird zunehmend abstruser. Nach Ihrer Argumentation ist auch Helmut Schmidt kein würdiger Namensgeber, aber, mit Ihren Worten „aber welche militärischen Leistungen hat … vorzuweisen, die die Namensgebung einer militärischen Institution rechtfertigen?“
Die nächste Frage ist dann natürlich, ob Sie und Ihresgleichen die Benennung von Kasernen nach Personen wie Stauffenberg akzetptieren – da werden Sie sicherlich auch die Frage stellen „aber welche militärischen Leistungen hat … vorzuweisen, die die Namensgebung einer militärischen Institution rechtfertigen?“
Kann es sein, dass einige die Bundeswehr mit Krieger-Festspielen verwechseln und zu wenig martialisch für zu wenig militärisch halten?
@TW
Helmut Schmidt war immerhin VM und quasi Stifter der Universität (Initiator der allgemeinen universitären Ausbildung für Offiziere), wobei üblicherweise eine Benennung erst nach dem Ableben des Namensgebers erfolgt.
@GMP
Er ging zurück, nachdem er entkommen war um Informationen weiterzugeben.
D.h. eine ähnliche Leistung wie jene Kuriere, die sich durch feindliche Linien geschlichen haben um Nachrichten hin und herzutragen.
@Hanc
Wir können uns auch auf jene in den Streitkräften der anderen Alliierten beschränken
Eine sehr gute und längst überfällige Entscheidung. Da ich selbst als Hörsaalleiter an der USLw tätig war, konnte ich schon damals nicht verstehen weshalb der sogenannte Stern von Afrika Namensgeber war. Und für die angehenden Feldwebel war es auch nicht vermittelbar.
Natürlich wäre der Name eines Unteroffiziers oder eine Unteroffizierin noch näher dran, aber das wäre ja etwas um zum Beispiel dem Fliegergrbäude einen Namen zu geben.
Es verwundert, wie mancher hier nach originär militärischen Verdiensten und „Leistungen“ von Jürgen Schumann fragt, wenn man doch vor dem Hintergrund der Traditionsrichtlinien (bereits denen von 1982) erkennen kann, was als Hürde für Benennungen vorgegeben ist: die so zu würdigende Person muss sich „um Recht und Freiheit verdient gemacht“ haben. – Das kann nun bei Jürgen Schumann in der Grenzsituation der Flugzeugentführung 1977 niemand wirklich in Frage stellen. – Und nun gehen die Angehörigen der Unteroffizierschule der Luftwaffe hin und wählen diesen vormaligen Starfighter-Piloten des Jagdbombergeschwaders 33, der dann ja wohl auch den Frieden gesichert hat, als ihren neuen Namensgeber aus. Über ihn weiß man nun auch nicht furchtbar viel, aber eben doch deutlich mehr, als über Hans-Joachim Marseille. (Maurice Philipp Remy hat das eindrucksvoll verfilmt.)
Die Verantwortung des Kapitäns der „Landshut“ für Passagiere und Crew (mithin rund 90 Personen) konnte er nicht wegdelegieren. Er ist m.E. seiner Verantwortung, alle retten zu wollen, gerecht geworden und hat dafür mit seinem Leben bezahlt. @TW: Er wurde nicht getötet, sondern im Kabinenmittelgang vor den Augen der passagiere (m/w/Kinder!) wegen seiner Haltung exekutiert – ermordet. Und ihn umgeben keine Legenden, sondern glaubhafte Schilderungen von Zeitzeugen. (Ganz im Gegensatz zu Marseille.)
Das hebt Jürgen Schumann künftig aus der Masse der Namensgeber deutscher Kasernen heraus, die geradezu wie mit der Gieskanne ab 1964 über die Bundeswehr geschüttet wurden und wobei mancher Nur-Soldat und einige zweifelhafte Generale (was war eigentlich deren Verdienst?) zu Ehren kamen. Tapferkeit und Feldherrnkunst werden im jetzigen Falle ersetzt durch Zivilcourage. Es ist ein gutes Zeichen, dass die Luftwaffe einen aus ihren Reihen ausgewählt hat und dass offensichtlich die Haltung, die Jürgen Schumann bewiesen hat, der Maßstab war.
Dass auch noch Karl Laabs gewürdigt wird, komplettiert einen durchaus bemerkenswerten Prozess, den mancher frühere Inspekteur nicht anstoßen wollte. Es bleibt doch nach wie vor die Frage, was uns Kriegshelden des „Großdeutschen Freiheitskampfes“ (O-Ton aus der Zeit) sagen sollen?? Mir sagen sie nichts. Im Gegensatz zu Schumann.
Zu Johannes Steinhoff: Wer den in Frage stellt, stellt auch die Luftwaffe im Bündnis in Frage.
@T.Wiegold
Bis zu einem gewissen Maß kann ich die Kritik nachvollziehen. Der Traditionserlass gilt nicht seit gestern; warum ist Marseilles Name nun erst problematisch? Handelten jene, die die Kaserne jahrzehntelang ihren Namen behalten ließen, pflichtwidrig oder in Verkennung der Vorschrift?
Was war geschehen, das eine Umschreibung des Erlasses nötig machte; und hätte eine frühere Novellierung der negativen Entwicklung Einhalt geboten? All diese Konflikte beruhen meiner bescheidenen Ansicht nach auf den inneren Widersprüchen des Traditionserlasses.
Einerseits bildeten hochkarätige Rädchen der Nazi-Kriegsmaschinerie lange Zeit das Offizierskorps der Bundeswehr; schieden die letzten vormaligen Wehrmachtssoldaten erst Ende der 1980er Jahre aus dem Dienst aus; und zitiert die Bundeswehr unverhohlen die Symbolik früherer deutscher Streitkräfte, etwa bei den Uniformen.
Andererseits sollen die Soldaten eine Distanz zur Wehrmacht unterhalten, die beinahe auf Realitätsverweigerung hinausläuft und übrigens gerade bei unseren Verbündeten, selbst den ehemaligen Feinden, die zu Misstrauen allen Grund hätten, für Unglauben und Amüsement sorgt.
Wenn deutsche Soldaten etwa bei den D-Day-Veranstaltungen sowohl von den überlebenden Veteranen als auch den einheimischen Soldaten und der Bevölkerung als Nachfolger der Feinde von einst gesehen werden, und zwar ohne Groll, Unbehagen oder Vorwurf, zeigt das nicht die Künstlichkeit des Traditionserlasses?
Das Ganze ähnelt mittlerweile einer zerrütteten Familie, bei deren Feiern krampfhaft versucht wird, Onkel Huberts Zeit im Gefängnis nicht zur Sprache kommen zu lassen. Es ist intellektuell unaufrichtig und dient vielleicht eher der Selbstversicherung als der Ausbildung politischer Zuverlässigkeit.
Mittlerweile glaube ich, es wäre besser gewesen, die Bundeswehr ausdrücklich in der Tradition früherer deutscher Armeen zu sehen, im Guten wie (gerade) auch im Schlechten; vielleicht hätte dann auch mancher Appell an die historische Verantwortung und die Pflicht, es besser zu machen, mehr gefruchtet.
Wenigstens hat man sich ernstlich Gedanken gemacht und in Jürgen Schumann einen Flieger gefunden, dessen Mut, Findigkeit und Altruismus der Luftwaffe wahrlich als Vorbild dienen kann. Dennoch sehe ich voraus, dass das nicht immer gelingen wird.
Der Meinungsaustausch zur Namensgebung einer Luftwaffenkaserne verläuft ähnlich kontrovers wie vor 2 (+) Jahren in der Diskussion zum Traditionserlass.
UvdL hat im März 2018 „Die Tradition der Bundeswehr. Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege“, zwar erlassen, eine einvernehmliches, allseits zufriedenstellendes Ende der Auffassungen konnte und kann aber nicht erreicht werden.
Tradition, die unmittelbar in persönliche Auffassungen eingreift und auf individuelle Erfahrungen des Einzelnen, oft über Generationen hinweg, fußt, lässt sich nicht wirklich befehlen oder als Weisung mit dem Anspruch auf Gehorsam herausgeben.
Das „Basta, ich habe befohlen“, funktioniert mit Tradition nicht. Tradition lebt.
Durch Wehrmacht (WH), SD, SS, SA wurden von ’39 – ’45 unzählige Kriegsverbrechen begangen. Unbestreitbar. Unverzichtbar bleibt somit die Richtigkeit der Maßgabe, die Wehrmacht ist nicht traditionswürdig.
Bezogen auf das Kriegshandwerk, oder gar die Kunst des Krieges ist das gleichermaßen grundfalsch. Belegen kann das die unverändert intensive Auswertung durch US, UK, NLD u.a. Alliierte der Blitzkrieg-Operationsführung und des „Schlagen aus der Nachhand“.
Das Dilemma bleibt.
Unbestreitbar waren Wehrmachtssoldaten nicht generell Kriegsverbrecher. Gleichfalls unbestreitbar führten aber Kriegsverbrecher in WH-Uniform taktisch und operativ vorbildliche Gefechte und Operationen aus, die kriegshandwerklich beispielgebend sind.
Die Hoffnung BMVg, nach dem 28.03.2018 (Erlassdatum) herrsche an der Traditionsfront Ruhe kann sich nicht erfüllen.
@ KPK: Ich finde schon, dass es einigermaßen ruhig an der Traditionsfront ist – auch weil das BMVg Bewegung zulässt, nachdem es selbst und einige Inspekteure Jahre zuvor immer wieder (manchmal auch starrsinig) an allem möglichen festgehalten haben, selbst wenn es nicht zur Bundeswehr passte (vgl. die Generale Dietl, Kübler, Fritsch). Vor allem aber kommt nun die Luftwaffe „durch die Truppe aus der Sonne“.
Der jetzige Prozess ist zwar von oben angeleitet, aber von unten betrieben worden. Das ist schon ein Gewinn, dass es nicht gleich von oben für unerwünscht erklärt oder in der Ministerialbürokratie ausgessen wurde.
Und nochmal zum Mitschreiben: Tradition ist nicht, irgendwelche Feldzüge als Lehrbeispiele heranzuziehen. Tradition ist auch etwas an den Menschen gerichtetes. Dazu braucht es nicht kriegeschichtliche Beispiele aus dem letzten Untergangsszenario. Was soll z.B. die Marine aus Skagerrak lernen?? Und welcher Heeressoldat kennt seinen Kasernen-Namenspartron?
@Muck: Es kommt halt dann auf die Beispiele an, die man nun auswählt.
@all: Wenn man sich mit der Wehrmacht im Krieg befasst, dann kommt man nicht umhin festzustellen, dass alle darin ab Herbst 1942 begreifen mussten, dass dieser Krieg nicht mehr „zufriedenstellend“ zu beenden, und deswegen abzubrechen war. Alles danach war Niederlagenverlängerung und dann zunehmend Verbrechen nicht nur andernorts, sondern auch gegen die eigene Bevölkerung!
Um das mal auf die persönliche Schiene zu bringen: Der Vater meines Schwiegervaters kam 1941 im August bei einem Partisanenüberfall in der Ukraine ums Leben. In langen Gesprächen darüber sagte ich ihm dann mal – mit langem, pietätvollem Anlauf: „Dein Vater hatte damals da nichts zu suchen!“ Für mich seien die Partisanen als Befreier ihrer Heimat moralisch im Recht – Völkerrecht hin und her.
Und wir können doch nicht so tun, dass die ganzen „Heldenleistungen“ der Wehrmacht im Rahmen bilateraler Besuchsprogramme nach Einladung durch Gastläner erfolgt sind! Mir sind Debatten über tapfere Wehrmachtsoldaten, die Heldenhaftes geleistet haben, mittlerweile über.
Warum schafft man nicht eine Vorschlagsliste. Da kommt jeder drauf der z.b. das Ehrenkreutz für Tapferkeit erhalten hat oder im Dienst sein Leben gelassen halt (Unfall oder Gefecht) oder als Militärischer Führer bedeutende Operationen geführt hat oder sich um die Bundeswehr als ganzes besonders verdient gemacht hat.
Dann könnte man noch festlegen das eine Namensstiftung erst 10 Jahre nach Ableben erfolgen kann und Flux hat man eine Liste mit der man arbeiten kann.
Nur meine kleine Meinung.
Es ist doch vollkommen egal wie die Kasernen heißen. Schon gar nicht müssen die Kasernen nach Soldaten benannt werden oder sogar bezug zur Truppengattung haben.
Wer jetzt mit Aussagen wie „Tradition kann nicht befohlen werden, Tradition lebt“ kommt, sollte mal wirklich in sich gehen und überlegen was Soldat sein bedeutet.
Da ist man immer Befehlsempfänger und hat, solange verfassungsgemäß, alles auszuführen und auch hinzunehmen. Auch die Traditionsstiftung. Die lebt nämlich mit der Zeit und nicht mit den Taten oder dem Bezug zur Armee.
Wem das nicht passt, der kann in die Politik gehen und das Land (Deutschland) nach seinen Ansichten verändern (oder versuchen zu ändern) oder in die Wissenschaft gehen und Bücher über Tradition und das Leben schreiben.
Wer als Soldat Tradition braucht (in Form von Kasernennamen), der ist vielleicht in einer Armee nicht richtig aufgehoben und sollte sich einem Verein anschließen („Freundeskreis der ….“).
@ Denethor
Ihre Meinung ist zu respektieren. Ob sie wirklich zur Bundeswehr des 21. Jahrhunderts passt bezweifle ich.
Wenn Soldatinnen und Soldaten nur noch Besoldungsempfänger sind, dann sind Kasernennamen unerheblich.
Zum Glück sind wir nicht so weit.
Keine Armee kann ohne die Einbettung in die Geschichte, ohne Berücksichtigung der aus ihr gewonnenen Erfahrungen und Lehren bestehen.
Es bedarf in unserer freiheitlichen Demokratie allerdings keiner Vorbilder um jeden Preis, schon gar keiner verordneten. Wessen es bedarf, sind für Freiheit und Demokratie engagierte Menschen. Tag für Tag.
Dies gilt um so mehr für die Bundeswehr, für Streitkräfte in und die Demokratie.
Wer ein echtes, soldatisches Rundum-Vorbild für alle Wechselfälle des Lebens sucht, wird in der wirklichen Welt kaum fündig. Das liegt daran, dass Vorbilder vor allem Teil-Bilder sind. Sie entstehen durch selektive Wahrnehmung, durch gezielte Ausblendung all dessen, was nicht zu einem Vorbild passt, was nachteilhaft für seine Funktion wäre. Vorbilder sind ohnehin meist keine Bilder von der Wirklichkeit, sondern welche vom Ideal.
Soldatinnen und Soldaten suchen Halt und Orientierung für schwierige Aufgaben. Besonders dienlich sind ihnen dabei Kameradinnen und Kameraden, die tagtäglich sich vorbildlich verhalten, im Sinne des Wortes also „Vorbilder“ sind, die durch ihr außergewöhnliches Verhalten bleibenden Eindruck hinterlassen. Authentizität. Glaubwürdigkeit. Das Gerüst muss nachvollziehbar und stabil aufgebaut sein.
Aktuelle (m.e. zahlreichen) negative Entwicklungen in der Bundeswehr aber auch der Politik werfen allerdings ein grelles Licht auf die privilegierte Kaste verantwortlicher Zeitgenossen, die eigentlich qua Amt und Würden eine Vorbildfunktionen in und für die Bundeswehr übernehmen sollten, dazu aber offensichtlich nicht in der Lage sind.
Was wir vor allem brauchen ist die Forderung an den Einzelnen, bei genau dem anzufangen, was er selber ändern kann, also tatsächlich vernünftig zu handeln, statt vom Paradies idealisierter Vorbilder zu träumen, heißt also in jeder einzelnen Handlung, immer wieder, Tag für Tag.
Da helfen auch keine Vereinnahmungen durch interessengeleitete Debatten über Kasernennamen und die damit verbundene Lust am Moralisieren einiger Übereifrigen.
Dass Vorbilder heute nicht mehr verordnet werden, sondern durch Soldaten selbst gewählt, wäre ein wichtiger Fortschritt. Zugleich aber ist der Kanon von Werten, die allen gemeinsam sind, auf ein Minimum zu reduzieren. Es war und ist die Innere Führung, da muß nicht immer was neues erfunden werden
Wir brauchen keine zunehmenden, von oben verordnete Veränderung sondern kluge Anreize und attraktive Rahmenbedingungen, zu denen auch der kluge Umgang mit Militärgeschichte gehört.
Wirklichkeitsfremde, von oben verordnete Geschichtsbilder laufen Gefahr nur offiziell angenommen zu werden. Diejenigen, die wissen, was man für die Kariere braucht, werden dies voll Lob begrüßen und immer auf den Lippen tragen. Doch was inoffiziell gedacht wird, kann man nicht anordnen oder befehlen.
Dann doch lieber Benennung der Kasernen nach geografischen Bezügen, als eine inszenierte, von oben verordnete Maßnahme. Das verhindert erneute Verunsicherung in den Streitkräften, läßt auch nicht auf übereifrigen Gehorsam schliessen.
Traditionspflege spiegelt sich nur formal in verordneten Kasernennamen wieder, sondern ist in erster Linie Aufgabe der Einheitsführer und Kommandeure. Sie sorgen dafür, dass Soldatinnen und Soldaten sich im Rahmen der politischen und historischen Bildung mit der Geschichte beschäftigen und ihr Bewusstsein dafür schärfen, welche Einstellungen und Taten als beispielgebend betrachtet werden können.
Kaserennamen bringen nicht wirklich voran, was wir brauchen sind lebende Vorbilder in Haltung und Pflicherfüllung. Als Vorbild fungieren solche Soldaten, die ihre eigenen Werte hochhalten. Klingt so einfach, doch schauen wir uns um……
@Denethor
Nichts für ungut, aber ich habe das Gefühl, Sie fügten die Parenthese erst ein, nachdem Ihnen klar geworden war, dass Ihr Kommentar andernfalls so verstanden würde, als könne der Soldat Ihrer Meinung nach auf jegliche Tradition verzichten.
Was die Frage aufwirft, warum die Tradition, Kasernen nach Militärpersonen zu benennen, entbehrlicher sein soll als eine beliebige andere. Wohlgemerkt, ich sage nicht, dass sie unentbehrlich sei. Gleichwohl ist sie älter als so manche andere.
Puhh, same as Always…
Man kann es auch so sehen: Primat der Politik und gut ist. Traditionserlass gibt es und gut ist (man hält sich dran). Des Weiteren denke ich nach über 60 Jahren BW muss es möglich sein Tradition, Kasernennamen usw. aus der eigenen Geschichte ziehen. Besonders wichtig ist m.E., dass junge Soldaten etwas damit verbinden können. Somit ist es richtig, dass „aufgefrischt“ wird.
Des Weitern freut es mich besonders, dass Transportflieger vom LTG 62 eine Traditionsnahmen bekommen. Es Eine verdiente Anerkennung der „Rückwärtigen Dienste“.
@TW 09:27 Uhr
der Rüffel war überfällig.
@auslandsdiener et al
„Der Stern von Afrika verglüht… “
Der Stern von Afrika ist ein wirkmächtiges Label, das seine Propagandawirkung eigentümlicherweise besonders in der Nachkriegszeit entfaltet hat. Ob Marseille ein überzeugter Nazi oder „nur“ ein besonders begabter Jagdflieger war, sei dahingestellt. Sicher diente seine seine Leistung den falschen Zielen, verbrecherischen Vorgesetzten, insbesondere RM Göring.
Schumann dagegen war Jet-Pilot bei der Luftwaffe und Offizier. In seiner Ausbildung und seiner Charakterbildung muß sehr viel richtig gewesen sein. Er hat in schwierigster Lage, unter Todesbedrohung, sich für seine Passagiere eingesetzt und so dazu beigetragen, dass die spätere Befreiungsaktion gelingen konnte. Kaltblütig und ohne Rücksicht auf die eigenen Person, das richtige tun. Das ist echte Tapferkeit, wahres Soldatentum.
Wollen Sie „ernsthaft“ die Namensgebung deshalb anzweifeln, weil in der Stunde der Bewährung seine aktive Dienstzeit schon beendet war? Reservist war er auf jeden Fall.
Argumentiert die „sui generis“ Fraktion nicht gerade mit dem Schlagwort „einmal Soldat, immer Soldat“, weil das eher eine „Haltung“ als ein „Beruf“ wie jeder andere sei?
Die Umbenennung war überfällig. Und man sollte die Reste der „Landshut“ dort aufstellen.
@Ottmar S. Bocholt
*„Dein Vater hatte damals da nichts zu suchen!“ Für mich seien die Partisanen als Befreier ihrer Heimat moralisch im Recht – Völkerrecht hin und her.*
Das habe ich so ähnlich (ach, ähnlich, genau so!) auch schon über gefallene Bundeswehrsoldaten in Afghanistan gehört.
Möge mich das Schicksal vor so einem Schwiegersohn bewahren.
@Denethor:
Warum ist denn jedes grössere Unternehmen so darauf erpicht mit Museen und Design ihrer Produkte ein Image / eine Traditionslinie zu schaffen? Neumarketingdeutsch: Unternehmens-DNA! Was verbindet man mit Volkswagen? Was mit Porsche? Was mit Rolls Royce?
Konkret: Darf in Zeiten von FfF im Mercedes-Museum noch ein SL-300 bewundert werden? Als mahnendes Beispiel oder als Designikone und Spitze der damaligen Ingeneurskunst als Teil der DNA der Marke Mercedes?
Ansonsten dürften sie bei allen Armeen weltweit mit ihrer These
„Wer als Soldat Tradition braucht (in Form von Kasernennamen), der ist vielleicht in einer Armee nicht richtig aufgehoben und sollte sich einem Verein anschließen („Freundeskreis der ….“).“
ziemlich einsam sein.
Genauer: Sie haben da sicherlich ein argumentatives Alleinstellungsmerkmal.
Wer ist denn nun die Konkurrenz der Bundeswehr in Deutschland?
Und welches Alleinstellungsmerkmal hat die Bundeswehr?
Konkurrenz wäre mMn der Staatsdienst insbesondere die Polizei.
Alleinstellungsmerkmal Bw? Sterben fürs Vaterland – möglichst tapfer.
Wollen Sie Kasernen
a) durchnummerieren?
b) Ortsbezüge geben?
c) generell nach verdienten Deutschen benennen?
oder vielleicht lieber die Chance nutzen
d) mit Namensgebung ihre DNA darin zum Ausdruck bringen?
Also:
a) Kaserne #14?
b) Kaserne am Meer?
c) Christian-Drosten Kaserne?
d) Johannes-Steinhoff Kaserne?
Ich glaube wir sind uns hier im Forum einig, dass a)-c) nicht die bestmögliche Nutzung der Chance einer Profilschärfung des Arbeitgebers Bundeswehr ist.
Sehen sie notfalls den Namenszug am Kasernentor als Denkmal.
@Denethor
Ihr „Kasernen müssen“ ist nicht Thema, ein dürfen aber schon.
Was haben Sie mit aktuellem Traditionserlass nicht begriffen? Auswerten darf empfohlen werden.
Gerade der Bezug zur Truppengattung bildet Tradition ab, gerade jüngst wieder für das Heer erlassen. Ab 01.04.21 haben wir wieder die Infanterieschule, Pionierschule, Panzertruppenschule etc. Gelebte Bundeswehr- und Heerestradition.
Details mit Bezug mit Erlass-Bezug via @Deutsches_Heer.
Da ist man immer Befehlsempfänger …“ kann nicht Ihr Ernst sein. Das war bis 08.Mai 1945 usus.
Seit 12. November 1955 ist das vorbei. Innere Führung, übrigens auch Bw-eigene Tradition, formte aus dem „Befehlsempfänger“ den Staatsbürger in Uniform.
Abweichungen von der gewohnten Tradition bestehen selbstverständlich: z.B. die „Oertzetal-Kaserne“ im Mekka der Panzertruppe.
Bitte, könnten wir das Wort KASERNE nicht gleich mit entsorgen….. welche junge Frau/Mann/Div. wird schon gerne ‚kaserniert‘ ? ? ? M.S.
Ich sehe es ganz simpel. Die Wehrmacht hatte nichts mit der Bundeswehr zu tun und kann selbiger deshalb auch keine Tradition stiften.
Das Zerlegen des 3. Reichs in militärische Leistungen und der Ideologie auf der andern Seite funktioniert maximal für ein Museum.
@Goaty
Stand das Gegenteil jemals ernsthaft zur Debatte? Die Wehrmacht als Armee, als Organisation und Teil des NS-Staates, kann freilich keine Tradition stiften. Wie allerdings verhält es sich mit einzelnen Wehrmachtsangehörigen? Und was ist von der Formulierung zu halten, ein Namensgeber sei nicht mehr „sinnstiftend“?
@T.W. Auch wenn es vielleicht ein wenig kleinlich ist: Die vier anderen Namen (Laabs, Kuebart, Hofacker und Hölker) sollten in der Berichterstattung nicht unterschlagen werden, auch wenn diese Teilweise nur Gebäude zieren werden.
Man kann noch hinzufügen, daß man keine Traditionen aufbauen kann, wenn man mit jeder Reform (Groß-)Verbände auflöst, umbaut oder ständig reorganisiert.
In anderen Worten: Die Bundeswehr muß auch mal die Gelegenheit erhalten, eigene Traditionen zu bilden und das auch innerhalb der Verbände.
@ Goaty
Ihre Sicht auf die Dinge ist ein wenig zu simpel und stößt sofort an ihre Grenzen, wenn man sich auch nur fünf Minuten mit der Entstehung der Bundeswehr befasst, insbesondere:
– Struktur und Truppengattungen
– Ausbildungsinhalte
– Uniformen, Formaldienst
– Personen der Aufbaugenerationen
– Taktik
Die Bundeswehr ist ein Kind der Wehrmacht bzw, der alten deutschen Armeen. Das einfach wegzubefehlen oder auszublenden, wird immer in albernen und ermüdenden Komplikationen enden. Man kann die Geschichte nicht einfach in gut und böse einteilen und sich dann seinen Teil für die eigene Tradition heraussuchen.
Ich finde es ebenfalls eine gute Wahl – als 2007 (meine ich) ein Spielfilm über die Entführung der Landshut auf ARD oder ZDF lief, dachte ich mir schon „das wäre doch mal ein Namensgeber für die Lw“.
Gleichwohl gebe ich denen recht, die die Frage stellen, wieso dieser Sinneswandel erst vor recht kurzer Zeit kam. Wenn man dem Namensgeber z.B. schwere Kriegsverbrechen u.ä. nachweisen kann, dann verbietet es sich, den Namen beizubehalten, das ist ganz klar.
Wenn die Verfehlung jedoch im Wesentlichen darin bestand, ob des Geburtsdatums dem „falschen“ Deutschland gedient zu haben, dann erscheint das, angesichts der „Gnade der (eigenen) späten Geburt“, doch ein Stückweit selbstgerecht.
Und ob der „deutsche Herbst“ mit dem linksextremen Terror der RAF den jungen Leuten, die wie selbstverständlich mit dem Begriff „Bundeskanzlerin“ aufgewachsen sind, wesentlich näher ist als der Zweite Weltkrieg, das weiss ich auch nicht so recht.
@ KPK
WH = Kfz-Kennzeichen Wehrmacht Heer (WL und WM sinngemäß), also steht „WH“ nicht für Wehrmacht.
Rosa Luxenburg, Karl Liebknecht – hätte noch ein paar. Es ist gur das ich dieses Land verlasse.
[Ich lasse das mal als Beispiel für Freikorps-Mentalität stehen, obwohl es eigentlich nur als Pöbelei gemeint ist. T.W.]
Goaty sagt:
30.03.2021 um 15:58 Uhr
„Ich sehe es ganz simpel. Die Wehrmacht hatte nichts mit der Bundeswehr zu tun und kann selbiger deshalb auch keine Tradition stiften. Das Zerlegen des 3. Reichs in militärische Leistungen und der Ideologie auf der andern Seite funktioniert maximal für ein Museum.“
Wenn die Wehrmacht nichts mit der Bundeswehr zu tun haben soll, verstehe ich nicht, warum die Aufbaugeneration der Bundeswehr aus der Wehrmacht kam. Dieselben Leute können nicht von heute auf morgen ihre Geschichte ablegen.
Solange wir unsere Historie nicht „umarmen“ und zugeben, dass es kein „richtig“ und kein „falsch“ gibt, sondern beides dazu gehört, wird es keine Ruhe in der Traditionsfrage geben. Und ja, Diskussionen darüber sind schwierig. Aber denen muss man sich stellen und sie aushalten, was die Sache nicht unbedingt leichter macht, gerade wenn Politik mit im Spiel ist. Man wird es nie schaffen, es allen Recht zu machen.
Man muss die Kaserne nicht nach HJ Marseille benennen, kann es aber.
Aufgrund seiner aussergewöhnlichen Leistung als Jagdpilot, war er natürlich ein Aushängeschild eines verbrecherischen Regimes.
Wie soviele junge Menschen, verblendet durch Propaganda und Ideologie.
Stellen wir uns vor, er hätte den Krieg überlebt und wäre dann in die Bw eingetreten.
Wie Jochen Hartmann.
Die Diskussion wäre eine andere.
Schlage deshalb vor, wir nennen die Kaserne zukünftig „Bubi Hartmann“ Kaserne.
@Goaty
„Die Wehrmacht hatte nichts mit der Bundeswehr zu tun und kann selbiger deshalb auch keine Tradition stiften.“
Das ist, historisch betrachtet, so nicht wahr. Die Bundeswehr rekrutierte sich bei ihrer Aufstellung fast ausschließlich aus ehemaligen Soldaten der Wehrmacht, deren praktisches und organisatorisches Wissen zum Teil (nichts anderes ist eine Tradition) auch heute noch in der Bundeswehr angewendet wird. Man muss diese Tatsache nicht mögen, aber faktisch gibt es bis heute eine Wehrmachtstradition in der Bundeswehr. Wer diese abschaffen möchte, müsste bei der Auftragstaktik beginnen und wäre beim Tarnmuster des Feldanzugs und den Bezeichnungen einiger Truppengattungen sowie mancher Dienstgrade noch lange nicht fertig.
Wenn die deutsche Luftwaffe in dieser extremen weltpolitischen Lage keine anderen Probleme hat als Kasernen um zu benennen dann muss sie in einem verdammt guten Zustand sein. Herzlichen Glückwunsch liebe Luftwaffenführung! Die Welt wird gerade geopolitisch völlig neu sortiert und die Bundeswehrführung kümmert sich im Schwerpunkt um Kasernennamen. Das ist ein Klassiker, der in den nächsten Jahrhunderten unter dem Begriff „Operetttenarmee“ in den Geschichtsbüchern aufgearbeitet werden wird. Willkommen in Absurdistan!
Hallo Zusammen!
Kleines Beispiel zur Traditionspflege in der damaligen DDR:
Als bei der Umwandlung der „Kasernierten Volkspolizei“ zur „NVA“ ab 1956 die Uniform-Frage anstand, wurde der Vorschlag der KVP-Führung, die sowjetischen Uniformen auch bei der NVA einzuführen, von der Generalität der Roten Armee rundweg abgelehnt: sie bestand auf Einführung von Uniformen nach Vorbild der deutschen Wehrmacht.
Hat jetzt nichts direkt mit Umbenennung von Kasernen zu tun, indirekt schon!
@Matthias Störmer: Da böte sich ja z.B. die Bezeichnung „Objekt“ wie in der NVA an. z.B. hieß die Kyffhäuser-Kaserne in Bad Frankenhausen zu NVA Zeiten „Objekt Robert Uhrig“ .
Wenn eine Person sowohl vor als auch nach 1945 Soldat gewesen ist, bewerte ich ihre diesbezügliche historische Belastung nach dem Verhältnis der jeweiligen Rolle vor und nach Kriegsende, wobei ich einem aktiven Eintreten für die Freiheit und Demokratie in der Nachkriegszeit erheblich mehr Bedeutung beimessen würde, als einem Beklatschen der Persönlichkeit durch den Nazi-Propagandaapparat, der sich Menschen und ihres Rufs bekanntlich auch ohne ihr Zutun trefflich bedient hat.
Im Übrigen wäre bei entsprechendem Furor vermutlich auch die „Edelweiß-Kaserne“ in Mittenwald ggf. „verdächtig“. Meines Wissens gibt es nämlich ein Lied darüber, genau wessen „Lieblingsblume“ das „schlichte Edelweiß“ nun vor 1945 angeblich gewesen sei. /sarc Freilich gab es das Blümchen schon erheblich vorher…
Wenn es freilich unbelastete Vorbilder aus der Nachkriegsgeschichte gibt, und Schumacher ist dafür ein hervorragendes Beispiel, warum denn nicht umbenennen?
Moin, bei diesem Thema ist es fast daran, zu verzweifeln. Einige Kommentatoren sind es nicht müde, zu erklären, dass ehem. Wehrmachtssoldaten, gar Offiziere, doch „nur“ ihren Dienst geleistet haben. War es nicht sogar üblich, in der Bundeswehr zum Kreise Hitlers-Ritterkreuzträger bis Anfang der 90er Jahre eine „rege“ Verbindung zu halten. Mich mit Anfang 20 aus der „DDR“ hat diese „Nähe“ zur verbrecherischen Wehrmacht und führenden Angehörigen dieser „Armee“ breits 1990 verwundert. Und diese Verwunderung ist nie gewichen, 30 Jahre nicht. Und ihr wundert Euch, welche „rechten Umtriebe“ in der Bundeswehr immer wieder auftauchen?
Warum wurden Kasernen der Bundeswehr eigentlich nie nach Soldaten mit deutschem Pass benannt, die in anderen Armeen gegen Hitlers Armee gekämpft haben?
Ich warte fast auf den Tag, an dem ein ehemaliger NVA Offizier und nach 1990 in der Bundeswehr Gedienter, als Namenspate für eine Einheit oder für eine Kaserne auserkoren wird. Da bin ich auf das „Geheule“ der Ewig-Gestrigen gespannt.