Krauses letzter Tag in See: Abschiedsformation für den scheidenden Marineinspekteur
Mit einer internationalen Schiffsformation in der Ostsee hat sich die Deutsche Marine von ihrem scheidenden Inspekteur verabschiedet: Für Vizeadmiral Andreas Krause präsentierte die Flotte eine Pfeil*-Formation von sieben deutschen Kriegsschiffen und acht weiteren Schiffen befreundeter NATO-Nationen.
Der Inspekteur, der am 24. März sein Amt an Kay-Achim Schönbach übergibt, hatte am (heutigen) Dienstagmorgen zum letzten Mal in seiner Soldatenlaufbahn den Bordgefechtsanzug (BGA) angelegt, wie er auf Twitter mitteilte:
Auf dem Weg vom Marinekommando in Rostock zur Marineunteroffiziersschule in Plön, über See mit einem Hubschrauber der Marine, präsentierte sich ihm der Flottenverband nordwestlich der mecklenburgischen Küste zum Abschied.
… und der Inspekteur freute sich sichtlich:
Zum Abschluss des Treffens in See ein #Flypast. Danke an alle beteiligten Einheiten. Das war wirklich sehr schön. #WIRSINDMARINE pic.twitter.com/n7Gwz83p5U
— chiefdeunavy (@chiefdeunavy) March 16, 2021
Dass die Marine eine solche Formation aufbieten konnte, war auch ein bisschen Glück: Sowohl ein internationales Minensuchgeschwader unter deutscher Führung als auch ein Stehender Minenabwehrverband der NATO (SNMCMG1, Standing NATO Mine Countermeasures Group 1) unter belgischer Führung waren zum richtigen Zeitpunkt in der Ostsee und beteiligten sich an dem Abschied für den Vizeadmiral.
Bei den beteiligten Einheiten lief dieses Manöver unter dem Titel Götterdämmerung, oder, weil es ja international war, Twilight of the Gods – ein deutliches Zeichen, wie die Arbeit Krauses geschätzt wurde. Eine Übersicht über die Schiffe und Boote, die sich vom Inspekteur verabschiedeten (hier ein Überblick um 1438A Uhr nach dem AIS-Signal):
(von rechts; dann jeweils von oben)
Angeführt von der Fregatte Brandenburg (F215) folgen Tender Elbe (A511), Fregatte Lübeck (F214) und das belgische Logistik- und Kommandoschiff Godetia (A960), Flaggschiff der SNMCMG1. Danach der dänische Minenräumer Saltholm (MSD6), das Minenjagdboot Fulda (M1058), das lettische Küstenwachschiff Varonis (A90), das Minenjagdboot Datteln (M1068) und der dänische Minenräumer Hirsholm (MSD5). In der vierten Reihe das Minenjagdboot Bad Rappenau (M1067), der lettische Minensucher Tālivaldis (M06) und das estnische Minenjagdboot Ugandi (M315); schließlich das Minenjagdboot Grömitz (M1064), der litauische Minensucher Kuršis (M54) und das britische Minenjagdboot Blyth (M111).
*KORREKTUR: Pfeilformation nach entsprechendem Hinweis…
(Fotos: Fregatte Brandenburg/Deutsche Marine; mit Ausnahme des Fotos im Hubschrauber: Twitter-Account des Marineinspekteurs; Grafik: marinetraffic.com)
Gab es auch deutsche Boote oder ist tatsächlich nichts mehr da?
[Lesen hilft. T.W.]
Wer hat denn den Namen für das Manöver ausgewählt? 😎
Also als „Gott“ wurde dieser Inspekteur weder in der Marine noch außerhalb gesehen. Obwohl er die längste Amtszeit in dieser Funktion hatte, seit ich denken kann, hat er nicht bewirkt, dass die Einsatzbereitschaft der Marine auf hohem Niveau gehalten werden konnte. Nach „oben“ immer „stromlinienförmig“ und zur Truppe immer nur Durchhalteparolen und #WirsindMarine.
Nun ja, jetzt ist er bald Geschichte und wir schauen mal, was der Neue aus der Marine macht.
Der „Rote Adler“ ist schon eine Augenweide. Hoffentlich auch noch etwas länger…
@Thomas Melber: Vermutlich ein Wagnerianer… Wobei mir der Verband nun für gerade diese Bezeichnung etwas unterdimensioniert scheint. Außerdem scheidet der Marineinspekteur ja nur aus dem Dienst, da wird der Schicksalsfaden schon nicht reißen… ;-)
Ich halte solche vermutlich teuren und auf mich unangemessen wirkende Marine-Zeremonien für unangebracht.
Dazu einige Aspekte:
Die deutschen Seestreitkräfte sind im Ernstfall der LV/BV nicht abwehrbereit.
Die Deutsche Marine wirkt in ihrem Zustand kaum abschreckend gegenüber Bedrohungen
Es gibt in der Marine große materielle Lücken, also fehlende(nicht einsatzbereite Schiffe, fehlende Ersatzteile, immer noch zu lange Werftliegezeiten.
Und es gibt personelle Lücken. Zum Teil ist Personal nicht da, man kann Dienstposten einfach nicht besetzen. Zum Teil sind Dienstposten besetzt, aber man kann die Ausbildung nicht machen, weil das Material fehlt, nicht einsatzbereit ist oder aus andern Gründen nicht verfügbar. Wo z.B. kein Schiff ist, kann man nicht zur See fahren und üben.
In Zeiten in den sich die Marine u.a. durch überteuerte und schlecht geplante Rüstungsprojekte von Horch Fock bis Marineaufklärer) in Szene setzt, sollten durch diese Zeremonien keine Extrakosten verursacht werden.
Die Marine wird bereits „Marine der Maßlosigkeit“ genannt.
Man sollte Verdienste m.E. auch im bescheideneren Rahmen würdigen. Auch ein solcher kann angemessen sein.
Bevor mich das Argument erschlägt, die anderen Nationen würden,…Deutschland ist ja auch bei Beteiligungen an Einsätzen auch immer dann selbstständig, vor allem, wenn es um Abschmelzen, Nichtteilnahme u.ä. geht.
Das Argument, es würden keine Extrakosten entstehen, da dieses eine normale Ausbildungs- und Übungsmission ist, wird wohl einer unabhängigen Überprüfung nicht standhalten.
Tja, Marine hat halte teure Traditionen. Bescheidenheit geht nicht!
@Fishman
Ist das aber für die Marine nicht sehr ungewöhnlich? ‚ist ja nicht die Luftwaffe.
Also ich finde das eine schöne Aktion. Bei sowas geht es nicht nur um den Grußempfänger sondern es stützt die Truppenmoral und ist eine (auch lehrreiche) gemeinsame Aktion. Grade die Marine ist derzeit intensiv beansprucht.
Und man kann sagen was man will, so eine Fregatte ist ein beeindruckendes Schiff! Macht was her…
@dieandereMeinung
Na, da übertreiben Sie aber etwas.
Letzten Endes haben sich da 2 Verbände, die sowieso in See standen sowie einige weitere Schiffe, die gerade einsatzbereit in der Nähe waren, zusammengefunden und Formationsfahren geübt. Das ist per se nichts ungewöhnliches und dient nicht zuletzt auch der Ausbildung der Wachoffiziere. Im Gefecht braucht man das nämlich auch.
Was das jetzt mit all den Missständen, die Sie schildern und die natürlich auch existieren, zu tun haben soll, ist mir schleierhaft.
Man kann von VAdm Krause halten, was man mag, ich finde es eine gute Aktion von der Marine, ihren Befehlshaber so zu verabschieden.
Die Kosten, die dadurch entstanden sind, dürften sich in Grenzen gehalten haben. Und wie gesagt, es dient auch der Übung. So eine Gelegenheit bietet sich den Wachoffizieren nicht alle Tage.
@dieandereMeineung
Die ständigen Einsatzverbände sind eben in Bereitschaft. Verbands- und Formationsfahrten gehören wirklich zum Ausbildungsauftrag und wenn sie Abschreckung wollen sind große Verbandsfahrt immer probat.
@Topic
Tja, da geht er endlich. Der „Ewige“. So lange hats noch keiner gemacht. Mein persönliches Resümee: Meh.
Was muss man ihm zu Gute halten:
1. Der UNIFIL Einsatz und die Überführung der Boote der Marine in das internationale Krisenmanagement. Das wir heute wie selbstverständlich mit Booten der Marine ständig an Einsätzen teilnehmen war und ist schon sein Verdienst als Kdr der noch jungen Einsatzflotille 1. Auch das „Einsatz ist Selbstverständlichkeit“ in den Köpfen der Bootfahrer ist hieraus deutlich gestärkt hervorgegangen. Das hat er als stv Insp und InspM auch direkt wieder eingefordert.
2. Die Ubootkooperation mit den NOR. Ein echtes(!) Zukunftsprojekt. Auf Augenhöhe. Echtes Win-Win. Das wird wirklich Zukunft haben. Stimmt mit den Planungsdokumenten überein und ist in Linie deutscher Streitkräfteplanung. (Gegenbeispiel siehe dazu DEU-NDL unten)
3. Die Anfangszeit der „Seenotrettung“, „Mittelmeer“, „EUNAVFORMED SOPHIA“ Ära. Was hagelte es nicht kritik aus der Flotte und der Fachpresse. „Beihilfe zur Menschenschleusung“, „Humanitäres nichttechnisches Hilfswerk“ usw… Aber im Schulterschluss mit der Politik hat er als InspM die Flotte bereitgestellt, sie in Windeseilen ausbilden lassen. Die Marine hat Menschen im hohen fünfstelligen Bereich gerettet und eine der größten humanitären Katastrophen der letzten 50 Jahre zumindest etwas aufgefangen. Egal wie man dazu grundsätzlich steht, aber eine beachtliche Leistung unter seiner Führung.
4. Seine initiale Haltung zur F125. Klar am Ende siegte die Politik. Aber die Truppe war anfangs positiv überrascht von einem InspM der sich nicht „jeden Mist“ ins Hafenbecken stellen lässt.
5. Auch wenns immer noch ab und an „cringe“ Momente erzeugt – aber die Social Media Präsenz und sein leidenschaftliches getwittere ist schon erstaunlich zeitgemäß und informativ.
Was man ihm aber auch anlasten muss:
1. Das Gorch Fock Desaster. Keine weiteren Kommentare.
2. Dieser unsägliche Deal mit dem 2. Los K130 und dem wirren Festhalten an einer Anzahl von Booten die keiner braucht, gefordert hat oder betreiben kann.
3. Die stoische Beratungsresistenz zum Thema Glücksburg/Rostock.
4. Die stoische Ignoranz zur Rolle der Marine als Truppensteller und dem Einsatzführungskommando als einziges operatives Führungskommando. Auch unter ihm sieht das die Marine ja anders… *rolleyes*
5. Der Schildbürgerstreich der DEU-NLD Kooperation mit der Karel Doormann, dem Korps Marinier und dem Seebataillon. Seine Vision vom deutschen „Marine“. Wie gerne er sich mit „seinem“ SeeBtl hat ablichten lassen. Man witzelte in Rostock und Berlin schon von der „Leibgarde“ des InspM. Ein völlig wildes Verbrennen von Geld und Ressourcen vorbei an Planungszielen, Aufträgen und kritischer Streitkräfteplanung, dass der Marine null komma null was gebracht hat und bringen wird. Ein Fauxpas der alten IBUK und richtiges Lustprojekt des scheidenden InspM.
6. Sein wegducken bei schwierigen Problemen. Da war immer die Devise „aussitzen“, bloß nicht den öffentlichen oder internen Diskurs suchen. Auch eine gewisse „Basta Mentalität“ muss er sich nachsagen lassen. Vorfälle wie das verünglückte „Boarding“ des TUR Frachters, Schießunfall auf der Sachsen, „Reibereien“ mit der LYB Küstenwache, Entscheidungen zur Gorch Fock, die Causa P3C, Deutsche Flaggen auf Kreta, die MERZ etc… Es fielen eine Menge öffentlicher „Skandale“ und „Skandälchen“ in seine Amtszeit. Da stand er ungern „vor“ seiner Marine – eher daneben.
Sind aber eben nur meine Eindrücke. Darf jeder für sich selbst ergänzen.
@Jas: Zu ihrem Punkt 3. möchte ich gar nicht auf die von Ihnen erwähnte Kritik am grundsätzlichen Ansinnen eingehen, mit der Marine Menschen auf Booten im Mittelmeer aufzunehmen und in die EU zu transportieren.
Allerdings stelle ich ihre Formulierung „..im Schulterschluss mit der Politik hat er als InspM die Flotte bereitgestellt..“ in Frage. Der InspM ist kein mittelalterlichen Kriegsherr, der seine Kräfte nach Gutdünken bereitstellt oder auch nicht. Er befolgt Befehle der Politik, eines Schulterschlusses mit ihr bedarf es hierfür nicht. Gerade in dieser Operation stelle ich darüber hinaus eine besondere, ihn über andere heraushebende, Führungsleistung seinerseits in Frage – eine Koordination eines solchen Einsatzes kann von jedem Flaggoffizier, wahrscheinlich von jedem Stabsoffizier erwartet werden.
Ergänzung: Schöne Verabschiedung, gefällt mir. Ebenso gefällt mir der Rote Adler auf der Brandenburg (sähe ich gern auch auf anderen Schiffen – andererseits passt es auf der Brandenburg aufgrund des Wappens besonders gut und wenn jeder herausgehoben wird, ist es am Ende keiner..)
@DIN A4
Mhh klar könnten wir jetzt über die Leistung des InspM „streiten“. Mit ihrer Begründung, kann man im Pyramidensystem natürlich jede Leistung etwas in Frage stellen – am Ende sind wir alle Befehlsempfänger.
Ist eben nur meine Bewertung.
Ich fande es durchaus beeindruckend wie schnell die Marine eine große Anzahl an Schiffen und Kräften für den Einsatz bereitgestellt hatte, sie im Einsatz immer weiter professionalisiert hatte und auch bald den Ruf der „Profis“ unter den militärischen Rettern im Einsatzkontingent hatte. Auch wie schnell die Ausbildung „zu Hause“ aufgebaut wurde. Der Kernauftrag des InspM ist es einsatzbereite Kräfte bereitzustellen. Richtig das wird ihm befohlen. In welcher Qualität und teilweise Quanität er das schafft – nehme ich als Leistung wahr. Und die rechne ich persönlich dem InspM hier hoch an.
Leute, Leute … da findet sich ein ohnehin bestehender Verband für eine kleine Formationsfahrt zusammen, die sowieso geübt würde, um dem scheidenden Admiral ein kleines Abschiedsfoto zu bescheren. Was ist schon dabei. Gönnt ihm seinen Ruhestand.
@muck sagt: 17.03.2021 um 21:34 Uhr
„Leute, Leute … da findet sich ein ohnehin bestehender Verband für eine kleine Formationsfahrt zusammen, die sowieso geübt würde, um dem scheidenden Admiral ein kleines Abschiedsfoto zu bescheren. Was ist schon dabei. Gönnt ihm seinen Ruhestand.“
Zustimmung.
Aber ich würde sogar noch weiter gehen. Es ist nicht nur „unschädlich“ (weil ja eh nützlich), solche Formen und Ehren sind auch Teil des militärischen Gefüges und tragen ihren Wert (bis zu einem gewissen Grad) sogar in sich selbst.
Das ist schön, mit der Noseart. Wie bei dem britischen 45er-Zerstörer mit dem roten Drachen, aber in ironisch.
Was dampft die Brandeburg da eigentlich an der Wasserlinie heraus?
@Volki das sind die abgasschächte der e-diesel