Coronavirus-Pandemie und Bundeswehr: Höchststand unter Soldaten, Flugbetrieb in Neuburg eingestellt (Neufassung)
Die erneut steigende Verbreitung des Coronavirus in Deutschland hat zunehmend Auswirkung auch auf die Bundeswehr: Unter den Soldatinnen und Soldaten wurde mit 212 bestätigten Infektionen die höchste Zahl seit Beginn der Pandemie registriert. Nach mehreren Coronavirus-Fällen wurde der Flugbetrieb auf dem Fliegerhorst Neuburg an der Donau, wo das Taktische Luftwaffengeschwader 74 eine Alarmrotte bereithält, vorerst eingestellt.
Aus der Mitteilung des Geschwaders:
Das Taktische Luftwaffengeschwader 74 wird aufgrund einzelner Corona-Fälle den Flugbetrieb zunächst bis zum 26. Oktober 2020 aussetzen. Zur Eindämmung und Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Erregers wurden die betroffenen Angehörigen des Geschwaders in die häusliche Absonderung entsandt. Durch die vorübergehende Einstellung des Flugbetriebes kann der Kontakt zwischen den einzelnen Abteilungen verhindert werden. Die Testungen des betroffenen Personenkreises finden in der Kaserne statt.
Die Alarmrotte, der Quick Reaction Alert (QRA), bei dem rund um die Uhr zwei Eurofighter bereitstehen und nach Alarmierung innerhalb von 15 Minuten zur Identifizierung verdächtiger Flugzeuge über Deutschland starten können, ist nach Angaben der Luftwaffe nicht betroffen: Diese Aufgabe wurde an das Taktische Luftwaffengeschwader 31 „Boelcke“ in Nörvenich bei Köln übertragen.
Die Zahl der Infektionen unter Soldatinnen und Soldaten liegt im Vergleich zur Gesamtbevölkerung weiterhin relativ niedrig, auch im Vergleich zu den Streitkräften anderer Länder. Zudem hat die Bundeswehr, ebenfalls im Unterschied zu anderen Streitkräften, bislang keinen Todesfall durch die Lungenkrankheit Covid-19 gemeldet. Allerdings war auch in der Truppe, wie in Deutschland ingesamt, in den vergangenen Tagen die Zahl der Infektionen deutlich angestiegen:
22. Oktober
Geschäftsbereich BMVg kumulierte Gesamtfälle: 956,
Soldatinnen und Soldaten: 212 tagesaktuell bestätigte Fälle,
kumuliert: 886, davon kumuliert genesene Fälle: 674
21. Oktober
Keine Meldung
20. Oktober
Geschäftsbereich BMVg kumulierte Gesamtfälle: 890,
Soldatinnen und Soldaten: 160 tagesaktuell bestätigte Fälle,
kumuliert: 814, davon kumuliert genesene Fälle: 654
19. Oktober
Geschäftsbereich BMVg kumulierte Gesamtfälle: 865,
Soldatinnen und Soldaten: 143 tagesaktuell bestätigte Fälle,
kumuliert: 782, davon kumuliert genesene Fälle: 639
14. Oktober
Geschäftsbereich BMVg kumulierte Gesamtfälle: 836,
Soldatinnen und Soldaten: 111 tagesaktuell bestätigte Fälle,
kumuliert: 747, davon kumuliert genesene Fälle: 636
Der zuvor höchste Stand war am 31. März mit 191 bestätigten Infektionen unter den Soldatinnen und Soldaten verzeichnet worden. Im Auslandseinsatz wurde im Nordirak erneut ein Soldat in Erbil positiv auf das Virus getestet.
Unterdessen ist die Zahl der Soldatinnen und Soldaten, die in der Amtshilfe für Länder und Kommunen in der Pandemie eingesetzt werden, auf knapp 2.000 gestiegen. Weiterhin unterstützen die meisten von ihnen, knapp 1.600, die Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung von Infektionsketten. Unverändert ist Berlin der Schwerpunkt, wo gut 400 Soldaten eingesetzt sind – sowohl in den Gesundheitsämtern als auch, ebenfalls zu deren Unterstützung, in so genannten mobilen Abstrichteams. Knapp 300 Soldatinnen und Soldaten sind in den weiterhin bestehenden Testzentren für Reiserückkehrer aktiv.
(Archivbild 2013: Eurofighter in Neuburg an der Donau – Curimedia via Wikimedia unter CC-BY-Lizenz)
@SR sagt: 27.10.2020 um 10:38 Uhr
„Ich habe ausdrücklich nicht von einsatzrelevanten Ausbildungen und Übungen gesprochen.“
Ich auch nicht. Damit etwas dienstlich prioritär ist, muss es nicht einsatzrelevant sein.
Die Aufstellung (inkl. Ausbildung und Betrieb) einsatzbereiter Streitkräfte hat Verfassungsrang, daher können sie bei uns viel weitergehende Grundrechtseingriffe rechtfertigen als z.B. beim Mitarbeiter im städtischen Bauhof.
Sie können nicht alles, aber das schrieb ich ja schon mal, willkürlich befehlen. Sie müssen immer eine Abwägung zwischen dienstlicher Notwendigkeit einerseits und Grundrechtseingriff andererseits vornehmen.
Aber solange sie diese Abwägung pflichtgemäß und nachvollziebar vornehmen, haben sie durch das SG ausreichend Rechtsgrundlage.
PS
Ich sehe übrigens aktuell bei 90+% aller Dienststellen die Verhältnismäßigkeit für drastische Maßnahmen nicht gerechtfertigt. Lediglich bei bestimmten Lehrgängen und bei bestimmten Teileinheiten.
Aber das war ja nicht die Frage, die Frage war ja nach der Rechtsgrundlage für mögliche, drastische Maßnahmen. Und diese ist auch vollkommen jenseits des Infektionsschutzgesetzes durch das SG vorhanden.