Bundeswehr verzichtet auf Spezialkräfte-Hubschrauber in Afghanistan
Die Bundeswehr wird nicht wie ursprünglich geplant ihre Spezialkräfte-Hubschrauber zum Einsatz ab komendem Jahr nach Afghanistan verlegen. Das bestätigte das Verteidigungsministerium auf Anfrage. Details der Planungen für den Einsatz der Heeresflieger am Hindukusch und gegebenenfalls auch in der Sahel-Zone seien aber noch nicht festgelegt.
Bereits seit Ende 2018 war geplant, die mittleren Transporthubschrauber des Typs CH53 aus Afghanistan abzuziehen – die betagten Maschinen sind dort fast seit Beginn des deutschen Einsatzes am Hindukusch vor bald zwei Jahrzehnten im Einsatz. An ihre Stelle sollte eine Mischung aus NH90-Transporthubschraubern der Heeresflieger und dem Hubschrauber der Spezialkräfte (SOF LUH) vom Typ Airbus H145M treten.
Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte nunmehr am (heutigen) Montag, dass es nicht beabsichtigt ist, den Hubschrauber von Typ H145M LUH SOF in Afghanistan zum Einsatz zu bringen. Über eine entsprechende Änderung der Planung hatte zuerst das Fachportal Soldat und Technik unter Berufung auf den Kommodore des Hubschraubergeschwaders 64, Oberst Christian Mayer, berichtet.
Die Planung für einen eventuellen Ersatz der derzeit in Afghanistan eingesetzten Hubschrauber vom Typ CH-53 durch NH-90 ist noch nicht abgeschlossen, sagte der Ministeriumssprecher. Das lässt offen, wie der Zeitplan für die eigentlich im November und Dezember vorgesehene Verlegung von NH90-Helikoptern nach Mazar-e Sharif und die Ablösung der CH53 aussieht.
Unklar bleibt auch, ob die Spezialkräfte-Hubschrauber statt dessen in der Sahel-Zone eingesetzt werden, wie der Kommodore angekündigt hatte. Im Niger sind Kampfschwimmer der Deutschen Marine in der Mission Gazelle zur Ausbildung nigrischer Sicherheitskräfte aktiv, der H145 war dort schon einmal im Rahmen einer Übung genutzt worden. Gazelle soll künftig in das Mandat der EU-Ausbildungsmission Mali integriert werden.
Sowohl der Einsatz in der Resolute Support Mission in Afghanistan als auch die deutsche Beteiligung an EUTM Mali sind allerdings derzeit nur unter erschwerten Bedingungen planbar: Wie die Mission am Hindukusch im kommenden Jahr weiter laufen wird, hängt nicht zuletzt von dem Engagement der USA und ihrem angekündigten Truppenabzug ab. Und in Mali ist die weitere Entwicklung nach dem Militärputsch in der vergangenen Woche noch offen.
(Archivbild August 2017: H145M LUH SOF vom Hubschraubergeschwader 64 aus Laupheim landet im Rahmen der Hitzeerprobung in der Wüste bei Al Jafr/Jordanien – Johannes Heyn/Bundeswehr)
Verstehe ich dies richtig; von dem Vorhaben wurde aufgrund der äußeren Umstände abgesehen und nicht wegen Problemen oder Fragen, die den Hubschrauber betreffen?
[Nein, das ist so nicht gesagt. Und unklar, was nun ausschlaggebend war. T.W.]
Die Frage ist ja auch wie sich die geplante Auflösung einer KSK Kompanie auswirkt. Also ob schlicht kein Personal da ist. Nächste Frage ist natürlich die nach der Eisatzfähigkeit der Nh90. Stichwort Ersatzteile ect.
[Die SOF LUH gehören zum Hubschraubergeschwader 64, nicht zum KSK – da einen Zusammenhang zu konstruieren ist schon recht gewagt. T.W.]
@ Hausherr: es gibt schon einen Zusammenhang zwischen HSG 64 (und deren SOF LUH) und dem KSK: die Kameraden aus Calw sind die „Kunden“ des Geschwaders. Wenn da jetzt eine Kompanie wegfällt, sind es vielleicht weniger Aufträge die Wollmützen irgendwo hinzufliegen….
@ Eisensoldat
Zur Kundschaft gehören seit „Swooper“ Zeiten mit BO105 auch die SpezlKrH EGB.
Auch diese sind – auf anderer Ebene – zu SpezOp befähigt.
@pirat77
Das ist EGB eben nicht. EGB = spezialisierte (spezl) Op, KSK = Spezialoperationen (SpezOp). Wenn ich die derzeitige Diskussion über die Aufteilung des KSK erlebe, scheint diese Unterscheidung aber auch in der Fü Ebene des Heeres unbekannt zu sein. Oder es wird bewusst unterschlagen, damit man die HHM endlich wieder der FschJgTr unterschnallen kann.
Ich könnte mir durchaus vorstellen, das endlich einmal jemand nachgerechnet hat, was so ein LUH in Afghanistan denn noch realistisch leisten kann-wenn man Schutzsysteme (aktiv und passiv) sowie Besatzung inkl. ball. Schutz und Kraftstoff inkl. Reserve mal abzieht…..da bleibt nicht mehr viel „Nutzlast“ übrig.
Kabul liegt schon auf 6000 ft…..Kandahar auf 3600 ft, und Mazar immer noch auf 1100 ft….Bei Temperaturen zwischen 30 und 50 Grad im Sommer (und bis zu minus 40 Grad im Winter)….
Oder aber man hat nicht genug „Piloten“……oder oder oder…..
@Eisensoldat: so isses.
Positiv: keine weitere Ressourcenverschwendung in AFG.
@Auslandsdiener
Sie schrieben: „Positiv: keine weitere Ressourcenverschwendung in AFG.“
Solange da jemand ist, der vielleicht gerettet werden muss, würde ich das Ganze nicht notwendigerweise als Ressourcenverschwendung betrachten. Auch vor dem Hintergrund der Erfahrungswerte wäre der Einsatz vielleicht interessant gewesen.
@ huey sagt: 24.08.2020 um 21:45 Uhr
Ich vermute der Grund liegt nicht in der Leistungsfähigkeit der H145M sondern in dem Leistungsunterschied zwischen NH90 und H145M.
Die LUHs sollten die Chase für die NH90 „spielen“ was wohl unweigerlich dazu geführt hätte, dass das limitierende System die Einsatzparameter für die komplette Kombo vorgegeben hätte. Man hätte sicher ordentlich NH90 Flugstunden sparen können, wenn die Einsätze ausschließlich in Lagernähe stattgefunden hätten, aber wenn man dann doch weiter raus hätte müssen, dann hätte der Tactical Operator mit seinem MG6 wohl nicht mehr als ein paar gezielte Einzelschüsse abfeuern können.
Ja ich weiß, zur Not hätten halt einfach zwei NH90 rausfliegen können, aber wer weiß schon ob diese in der Not dann auch verfügbar gewesen wären, wenn die Flotte nur halb so klein wäre (im Vergleich zum ersten Einsatz in AFG oder dem Einsatz in Mali).
@all: Da hier viel über die Gründe spekuliert werden darf und auch wird, reihe ich mich mal ein. Zur Abwechselung hier mal mit was Positivem: Wider Erwarten entwickelt sich die Einsatzfähigkeit der NH90 samt Crews und technischem Personal so gut, dass diese den Einsatz nun alleine stemmen können. Mit nur einem System kann der logistische Footprint ja auch etwas kleiner gestaltet werden. Vielleicht ist man ja zu der Überzeugung gelangt, dass sechs NH90 das Gleiche leisten können werden, wie die fünf CH-53 jetzt in Afg oder die 4 NH90 + 4 Tiger in Mali. Und mehr als 4 NH90 +4 H145M……
War nicht ein Grund des Abzugs aus Mali, dass die Regeneration der NH90-System und der Ausbildungsstand der Crews erfolgen sollte? Sind denn nicht die NH90 seit längerer Zeit in keinem Einsatz mehr gebunden? Und sind in der Zwischenzeit nicht stetig neue NH90 ausgeliefert und übernommen worden?
Wobei sich die Frage an die Experten stellt. Ist es möglich den ec145m ohne weitere Insassen aber mit 2 Gunnern mg6 sowie Hforce als Unterstützungshubi zu fliegen? Oder ist er selbst dann zu schwer?
„mit 2 Gunnern mg6 sowie Hforce “
Und die Gunner schießen dann auf die Außenbewaffnung? Je nachdem was an den Hardpoints hängt ist das Schussfeld extrem eingeschränkt. Besonders der Pod mit der 20mm Maschinenkanone hängt dann schon teilweise vor der Schiebetüre. Bei den 70mm Raketen bin ich nicht so sicher wie weit da Lasergelenkte Raketen, die nunmal länger sind, im Weg wären. Es wäre aber wohl etwas unangenehm wenn man die Raketen abfeuert während daneben jemand an der Doorgun steht. Selbiges gilt auch für lasergelenkte Antipanzerraketen wie Hellfire, Lahat, Mokopa, Ingwe usw. In gewisser Weise gilt das naütlich auch für das Mündungsfeuer der 12,7 oder 20mm Pods. Das Gewicht des HForce Rüstsatzes hängt von der Bewaffnung ab.
Hat möglicherweise was mit dem zwischen den USA und den Taliban ausgehandelten Abzugsdatum April 2021 zu tun.
Zwei völlig unterschiedliche Luftfahrzeugmuster in den Einsatz bringen, wenige Monate bevor alle Zeichen auf Abzug stehen, würde wenig Sinn ergeben.
Kann mir durchaus vorstellen, dass in Afghanistan eher „Koffer packen“ angesagt ist.
Die ersten Nationen sind ja schon dabei, komplett rauszugehen.
@ MBO
Sie denken zu kurz. Das ist typisch deutsches Denken in festen Grenzen. Das Führungspersonal der EGB Kräfte lernt in der Ausbildungspipeline eben auch viel über die Planung und Durchführung von Spezialoperationen. Diese kleinkarierte Kistenkrämerei gibt es bei NATO SOF nämlich nicht (ich möchte Sie nicht persönlich angreifen). Spezialoperationen gibt es dort auf allen drei Ebenen: taktisch, operativ und strategisch. Je höher die Ebene, desto höherwertiger die Truppe. Und daher nutzt natürlich auch das amerikanische Ranger Regiment die Swooper bei US SOCOM. Ich weiß nicht für was die H145 geplant waren, aber in dieser Welt ist eben alles „tailored to the mission“.
@pirat77
Sie wollen ein USSOCOM jetzt aber nicht mit irgendwas in Deutschland vergleichen?
EGB – wie der Name schon sagt – kann ebenfalls überall ein wenig mehr als das normale Heer. Besser schießen, laufen, mit Helis fliegen, Fallschirrmspringen, flexibel sein etc. Daher sind sie auch sehr gut geeignet spezielle Operationen durchzuführen. Genau so wie ihr US Vorbild das Ranger Regiment. Dafür darf man dann im Rahmen freier Kapazitäten auch mal den LUH nutzen.
Spezialoperationen kann weder Heer, Lw oder die Marine. Da unsere Generale aber nicht loslassen können behalten sie ihre SOF Bauklötze und weigern sich beharrlich ein DEU SOCOM zuzulassen, welches dann auch Spezialoperationen von vorne bis hinten plant, führt und dafür ausbildet. Das versteht aber auch das gesamte Heer nicht und so machen wir halt unter dem Deckmantel der Extremismusbekämpfung eine Riesen Rolle rückwärts. Das wird DEU SOF auf Jahre zurück werfen. Aber Hauptsache EGB kann mit LUH Flugstunden verballern, damit es schöne Bilder für den InspH gibt. Das strategische Assett ist egal, wurde ja eh nie so richtig genutzt.
[Ich denke, damit haben wir den OT „warum die Bundeswehr mit ihren Spezialkräften alles falsch macht“ abgehandelt. T.W.]
@T.Wiegold
„…Einsatz der Heeresflieger…“
HSG64 ist Luftwaffe, oder?
Warum die LUH SOF allerdings da angedockt wurden und eben nicht bei den Heeresfliegern, würde ich mir gern auch nochmal erklären lassen.
Es ist an dieser Stelle m.M.n. wichtig zu sagen, dass die Entscheidung GenInsp vom 14.04. (!) den LUH SOF nicht bei RS einzusetzen nichts mit den tatsächlichen Fähigkeiten des Systems zu tun hat. Diese Spekulationen spielten da genau so wenig eine Rolle wie irgendwelche Ereignisse bei den weiteren SpezKr der Bundeswehr.
Die Entscheidung war vielmehr durch 2 wesentliche Punkten begründet.
Erstens der Fähigkeitsaufwachs SOF bzw. prognostizierte Aufwuchs der fertig ausgebildeten combat-ready-Besatzungungen (Luftfahrzeugführer und tactical operator) bis 2024, der durch einen Einsatz bei RS in ganz erheblichem Maße gehemmt worden wäre (und durch Kündigungen ohnehin schon hinterher hängt).
Soweit möglich konkretisiert hätte es weniger als die Hälfte der CR-Besatzungen im Jahr 2024 bedeutet i.Vergl.z. Planung ohne RS.
Und zweitens die Bevorzugung der Bereithaltung der Spezialkräfte der Luftwaffe für Verpflichtung im originären Aufgabenfeld (SOF!). Als solches hätte man ja das, was bei RS gemacht hätte werden sollen sicher nicht bezeichnen können. Deswegen ist auch egal, was beim KSK oder sonstwo passiert. Die wären dort eh nicht Bedarfsträger gewesen.
[Danke, das von Ihnen genannte Datum der Entscheidung widerspricht allerdings direkt den mir gegenüber getroffenen Aussagen aus dem BMVg, die Entscheidung sei erst im August gefallen. Hm. Kann ja nur eines von beiden stimmen. T.W.]
@HeloDrop
Kündigungen in diesem Bereich der Luftwaffe? Das hört sich nicht gut an. Die H145M weist doch einen exzellenten Klarstand auf, und zwar nicht nur für deutsche Verhältnisse. Und wenn es um die Unterstützung der Spezialkräfte geht, müssen die Piloten doch hoffentlich nicht um jede Flugstunde ringen? Ich erwähne dies, weil Klarstand und Flugstundenmangel bei den Flächenflugzeugen immer wieder als Hauptkündigungsgrund genannt werden.