Coronavirus: Bundeswehr fährt Bereitschaftszeiten zurück, bleibt aber in Reserve
Angesichts der derzeit absehbaren Entspannung in der Coronavirus-Pandemie reduziert die Bundeswehr ihre Bereitschaftszeiten für eine Unterstützung ziviler Institutionen und Einrichtungen, will ihr dafür aufgestelltes Einsatzkontingent aber vorerst beibehalten. Weil unklar ist, ob und wann möglicherweise eine zweite Infektionswelle kommt, soll die Struktur für schnelle Hilfeleistung der Streitkräfte bis ins kommende Jahr aufrecht erhalten werden.
Der Inspekteur der Streitkräftebasis und so genannte Nationale Territoriale Befehlshaber, Generalleutnant Martin Schelleis, kündigte am (heutigen) Donnerstag eine deutliche Verlängerung der Bereitschaftszeiten an. Vom unverändert rund 15.000 Soldatinnen und Soldaten umfassenden Einsatzkontingent Hilfeleistung Corona würden ab sofort 750 Soldaten in einer Zwei-Tage-Bereitschaft stehen. Weitere 2.250 sollten innerhalb von fünf Tagen, die übrigen 12.000 in zwei Wochen einsatzbereit sein, falls es eine veränderte Lage erfordere.
Derzeit sind nach Angaben von Schelleis knapp 570 Soldatinnen und Soldaten direkt in der Amtshilfe im Zusammenhang mit der Pandemie eingesetzt. Hinzu kommt noch einmal etwas mehr als die gleiche Zahl in Stäben und Verbindungskommandos; außerdem stellt der Sanitätsdienst für Amtshilfe außerhalb der Bundeswehrkrankenhäuser 120 Männer und Frauen des medizinischen Personals.
Derzeit leistet die Bundeswehr in 130 Fällen Amtshilfe. Insgesamt waren nach Schelleis‘ Worten 632 Unterstützungsanträge aus Ländern und Kommunen eingegangen, von denen 344 gebilligt wurden. Der Schwerpunkt liegt weiterhin in der Unterstützung der Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung von Infektionsketten; dort sind in 30 Behörden rund 200 Soldaten im Einsatz. Außerdem helfen derzeit rund 150 Soldaten in Unterkünften für Geflüchtete, weitere 100 unterstützen in 19 Alten- und Pflegeheimen.
Trotz der zurückgehenden Infektionszahlen stehe die Bundeswehr unverändert als Reserve für die Notfallunterstützung bereit, sagte der Generalleutnant. Nach Einschätzung des Sanitätsdienstes würde es im Fall einer zweiten Infektionswelle zwei bis drei Wochen Vorwarnzeit geben, dafür gebe es jedoch derzeit keine Anzeichen. Allerdings sei unklar, wie sich die Pandemie zum Beispiel in Lateinamerika oder Afrika entwickle und ob das mögliche Auswirkungen auf Deutschland habe: So ganz sind wir noch nicht über den Berg, sagte Schelleis.
Wie in der Bevölkerung sind auch in der Bundeswehr selbst die Infektionszahlen deutlich zurückgegangen und liegen inzwischen im niedrigen einstelligen Wert. Die aktuellen Zahlen des Sanitätsdienstes für die Soldatinnen und Soldaten im Inland:
2. Juni
16 begründete Verdachtsfälle
375 bestätigte Infektionen insgesamt; 11 tagesaktuell bestätigte Fälle
3. Juni
18 begründete Verdachtsfälle
375 bestätigte Infektionen insgesamt; 8 tagesaktuell bestätigte Fälle
4. Juni
14 begründete Verdachtsfälle
375 bestätigte Infektionen insgesamt; 4 tagesaktuell bestätigte Fälle
In den Auslandseinsätzen der Bundeswehr gibt es nach dem jüngsten Fall, einer bestätigten Infektion im Afghanistan-Einsatz keine weiteren bekannten Infektionen. Allerdings ist derzeit ein kompletter Force Protection-Zug im Camp Marmal in Masar-i-Scharif mit 37 deutschen und einem bosnischen Soldaten, die mit dem Infizierten Kontakt hatten, in Quarantäne. Nachdem fünf örtliche Reinigungskräfte des deutschen Feldlazaretts im Camp Marmal positiv auf Covid-19 getestet wurden, wurde ein weiterer deutscher Soldat ebenfalls isoliert.
Die Führungsstruktur im Inland für das Einsatzkontingent soll nach den Worten von Schelleis vorerst beibehalten werden. Die dafür neu eingerichteten vier regionalen Führungsstäbe, die zusammen mit dem Kommando Territoriale Aufgaben (nicht: Aufklärung) in Berlin und dem Kommando Streitkräftebasis die Unterstützungseinsätze koordinieren, würden bis zum Herbst weiterarbeiten, obwohl nur ein geringer Teil der 15.000 Soldaten derzeit gebraucht wird.
Im Moment sind wir für ganz andere Dimensionen aufgestellt, räumte der Nationale Territoriale Befehlshber ein. Eine Anpassung dieser Führungsstrukturen, die dann auch die Koordination möglicher Hilfen bis ins kommende Jahr sicherstellen könne, werde es voraussichtlich im Herbst geben – dann auch im Hinblick auf eine dauerhafte Lösung für die Steuerung von Unterstützungsleistungen der Streikräfte im Inland.
(Foto: Eine Sanitätssoldatin die Temperatur einer Patientin in der Covid-Ambulanz im Bundeswehrkrankenhaus Ulm am 07.05.2020 – Jana Neumann/Bundeswehr)
…vorletzter Absatz:
streiche: Kommando Territoriale Aufklärung
setze: Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr
[Aargh, das ist so ein Fehler, der mir mehrfach unterlaufen ist. Sorry. T.W.]
Ich bin der Überzeugung, das es zum jetzigen Zeitpunkt nicht einen Soldaten in irgendwelchen Hilfeleistungen braucht. In den vergangenen drei Monaten ist Zeit genug gewesen, das alle Landkreise etc. entsprechende Lösungen entwickelt und eigenständig umgesetzt haben könnten. Pure Bequemlichkeit, jetzt noch Soldaten anzufordern.
@ Pio-Fritz:
Nicht nur das! Die Bundeswehr täte gut daran, zu prüfen ob der momentan in der Truppe kursierende „Coronawahn“ beginnend bei Kohortenbildung, in Frage stellen der derzeitigen Unterbringung von Soldaten bis hin zu sechstelligen Hotelkosten nach Durchgängen im GÜZ wirklich angemessen ist.
Ich habe den Eindruck am Anfang der Krise ist im kompletten Wasserkopf ein immenser Regelungsdrang entstanden und jeder Fachstrang wollte „seinen Senf dazu geben“
Das Resultat ist ein Hygienekonzept, das von der Realität, sowohl bezogen auf die aktuelle Entwicklung, als auch bezogen auf die reale Situation in manchen Liegenschaften, Meilenweit vom Notwendigen und Leistbaren entfernt ist.
@Neuling sagt: 07.06.2020 um 12:31 Uhr
Das von Ihnen angesprochene Problem hat aber mit der geleisteten Amtshilfe nichts zu tun und auch nicht mit dem Kommando Territoriale Aufgaben. Das ist selbstgemachtes Leid, über das man sich sicherlich beklagen kann, aber mit dem Thema hier nichts zu tun hat.