Debatte über bewaffnete Drohnen: Das Line-up
Im Verteidigungsministerium in Berlin findet am heutigen Montag die schon lange geplante Veranstaltung zum Thema Drohnen-Bewaffnung für die Bundeswehr statt – der Bundestag hatte ja 2018 bei der Entscheidung für die Beschaffung neuer Heron-TP-Drohnen festgelegt, dass die Entscheidung über die Bewaffnung einer neuen ausführlichen völkerrechtlichen, verfassungsrechtlichen und ethischen Debatte bedarf. In der Coronavirus-Pandemie gibt’s das als Livestream, hier das Line-up:
Die gesamte fünfstündige Veranstaltung streamt das BMVg ab 13.00 Uhr unter der Internet-Adresse
www.bmvg.de/de/debatte-bewaffnete-drohnen
(Ergänzung: Es gibt den Livestream auch auf YouTube:
und auch die Öffentlichkeit kann sich auf Twitter mit Fragen und Debattenbeiträgen beteiligen (die Möglichkeit, Fragen per E-Mail einzureichen, endete heute morgen um 09.00 Uhr) – im Twitter-Stream des Ministeriums:
https://twitter.com/BMVg_Bundeswehr
Den zeitlichen Ablauf und die Mitwirkenden gibt’s hier bei Augen geradeaus!:
1300 – Eröffnung durch den Parlamentarischen Staatssekretär Peter Tauber
1315 – Generalinspekteur Eberhard Zorn mit Militärischen Betrachtungen zur Drohnenfrage
1345 – Eine Podiumsdiskussion über die ethische Dimension von bewaffneten Drohnen mit
dem evangelischen Militärbischof Sigurd Rink
dem Wehrbeauftragten Hans-Peter Bartels
Bernhard Koch vom Institut für Theologie und Frieden der katholischen Militärseelsorge
Oberst Matthias Ehrbrecht, Panzerlehrbrigade 9, mit den Erfahrungen eines Advisor Afghan National Army Corps
Heike Spieker, Leiterin des Teams für Internationales Recht beim Deutschen Roten Kreuz
1500 – Podiumsdiskussion Bewaffnete Drohnen in der politischen Debatte mit den Bundestagsabgeordneten
Henning Otte, CDU
Fritz Felgentreu, SPD
Rüdiger Lucassen, AfD
Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP
Tobias Pflüger, Linke
Katja Keul, Grüne
Christian Schmidt, CSU (Ergänzung, stand zunächst nicht auf dem Plan)
1645 Podiumsdiskussion über die rechtliche Dimension von bewaffneten Drohnen mit
dem Abteilungsleiter Recht im BMVg, Andreas Conradi
Prof. Heintschel von Heinegg, Völkerrechtlicher an der Universität Viadrina in Frankfurt/Oder
Peter Becker, Mitgründer und Co-Vorsitzender der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA)
1745 Zusammenfassung des Abteilungsleiters Politik im BMVg, Detlef Wächter
(Wie ich hier die Berichterstattung aus dem Livestream gestalte, muss ich noch schauen)
Die Diskussionen um „bewaffnete Dronen“ endet leider sehr oft im immergleichen moralisch-ethischem Dilemma.
Ich warte bis heute darauf, das mir einmal jemand verständlich erklären kann, wo der Unterschied liegt zwischen einem Kampfjet, der eine Bombe abwirft-oder einer Drone, die eine Rakete verschiesst.
Dieser Unterschied wird gerne von bestimmten politischen Richtungen herbeidiskutiert; real existent ist er mMn aber nicht…..
Ich bin auf die Diskussionen gespannt……
Was steht eigentlich einer bewaffneten Drohne entgegen ? Ein Pilot sieht bei Abschuss eines Marschflugkörpers (z.B. Taurus) mit 350 km Reichweite von einem Kampfjet auch den Zielbereich mit eigenen Augen nicht. Er stützt sich auf seine Instrumente und Bildschirme (wie der Drohnenpilot). Ist es also entscheidend, dass der Pilot eines Kampfjets im Zielgebiet in Gefahr durch Flugabwehr gerät, und der Pilot der Drohne nicht ? Ist nicht vielmehr der Befehl zum Feuern und die Qualität der Bewertung der Aufklärung entscheidend um ein Objekt zu einem Ziel zu machen ?
Macht es einen Unterschied das Ziel über eine unbewaffnete „moralisch vertretbare“ Drohne mit 24 h Standzeit im Zielgebiet aufzuklären und mit ner Luft Boden Rakete eines Kampfjets in der Nähe (falls rechtzeitig verfügbar) anzugreifen, als direkt mit der Drohne zu feuern ?
Ist den Drohnengegnern eigentlich klar… was BVR im Luftkampf ist und wie das technisch abläuft ?
Ist der Taurus nicht schon nahezu eine bewaffnete Drohne ? Wo zieht man hier die scharfe Trennung ? (Reichweite, Standzeiten, Vorhandensein eines Trägersystems, Entfernung zum Zielgebiet, Grad der Automatisierung)
Ist man wirklich bereit, die weltweite Entwicklung der Drohnen verschlafen zu wollen ?
Die Debatten scheinen der Realität ja schon hinterher zu laufen.
Bewaffnete Drohnen werden seit nun nahezu 20 Jahren schon durch die USA eingesetzt und D fängt jetzt erst an.
Zeitgemäß wäre eine Debatte über autonome Drohnen, den Grad der Automatisierung und die Prozesse vom Einsatz von KI.
FCAS hat diese Art von unbemannten Begleitflugzeugen der bemannten Kampfjets bereits fest im Ansatz verankert und entwickelt zusammen mit MBDA die Remote Carrier. Wäre eine Debatte zu autonomen / bewaffneten Drohnen daher nicht vor FCAS notwendig gewesen, als diese pseudo politisch nachzuschieben.
Würde man heute das G36 wieder gegen ein Schwert tauschen oder dem Sniper nur noch das Fernrohr aber nicht die Waffe dazu für den Kampf bereitstellen ?
Das was die USA mit Ihren Drohnen an gezielten Tötungen veranstalten liegt doch eher an der gewollt umgesetzten Einsatzdoktrin des Militärs. Selbst bei einer „ungerechtfertigten Tötung“ scheint man sich da nicht sonderlich verantworten zu müssen, weil es in der Strategie mit eingepreist ist. Hätte man die bewaffneten Drohnen nicht, würde man das deklarierte Ziel, welches durch eine unbewaffnete Drohne aufgeklärt wurde, eben durch einen Marschflugkörper vom Boden oder Schiff aus vernichten. In Deutschland ist eine solche Doktrin so sicher kaum vorstellbar, ob mit oder ohne Drohnen, Unfälle dagegen sicher.
Der Vorfall in Kundus (Bombardierung der Tanker mit F-15 durch Befehl vom deutschen Oberst) seinerzeit wäre damals auch mit einer bewaffnete Drohne passiert. Vielleicht mit einer bewaffneten Drohne sogar verhindert worden, weil der Oberst unter anderem auch unter Zeitdruck stand, da der Treibstoff der Luftunterstützung für die Standzeit im Zielgebiet zur Neige ging, welche bei Kampfjets nur ca. 30 min betragen, bei Drohnen durchaus ca. 24 h.
https://de.wikipedia.org/wiki/Luftangriff_bei_Kundus
Auf Twitter gibt es einiges zur Auffrischung über die Historie der bisherigen Entwicklung und Diskussion: https://twitter.com/RikeFranke/status/1259742230941753344 (englisch)
Dieser Thread bringt es voll auf den Punkt !
Perspektive und Erfahrung eines Soldaten mit der Heron !
https://twitter.com/matthiaslehna/status/1259718036401029124?s=21
Ich habe den blöden Verdacht, dass aufgrund der (temporären?) Einschränkung von Streamingdiensten im Intranet der Bw alle fleißigen Bienchen, die sich NICHT im Homeoffice befinden, leider keinen Zugriff auf den Stream haben werden.
Naja, die sollen dann ja auch arbeiten, wenn sie schon im Büro sind… ;-)
Ich habe gestern zu der Debatte die Frage gestellt, ob man (der Deutsche Bundestag) grundsätzlich überhaupt Willens wäre ein entsprechendes Mandat für den Einsatz von Luft/Boden Bewaffnung durch die Luftwaffe zu vergeben.
Sprich will man es verantworten, dass ein Pilot oder eine Pilotin der Luftwaffe eine präzisionsgelenkte Abwurfmunition oder einen Luft/Boden Lenkflugkörper gegen ein Ziel am Boden einsetzt und Kollateralschäden an unbeteiligten Dritten damit grundsätzlich in Kauf zu nehmen wären.
Aus meiner Sicht hat man seit dem scharfen Einsatz des Anti-Radar Lenkflugkörpers HARM über Ex-Jugoslawien spätestens mit dem durch Deutschland zu verantwortenden Einsatz amerikanischer Abwurfmunition gegen die Tanklaster bei Kunduz eine „Vermeidungsstrategie“ bevorzugt. Die deutsche Enthaltung beim Einsatz der Koalition der Willigen bei Operation Protector über Libyen und der Beschränkung des Engagements der Luftwaffe im Kampf gegen IS in Syrien/Irak auf unterstützende Aufgaben in Form von Luftbetankung und Aufklärung sprechen hierfür.
Die Antwort hinsichtlich einer solchen Bereitschaft die mit einem Luft/Boden Einsatz verbundenen Risiken („treffe ich das legitime Ziel oder vielleicht unbeteiligte Dritte bzw. muss ich eine Gefährdung dieser gegenüber dem Auftrag abwägen und später rechtfertigen?“) einzugehen und zu verantworten ist der heutigen Debatte eigentlich vorzuschalten.
Denn ob nun ein bemanntes Luftfahrzeug vom Typ Tornado, F/A-18 oder Eurofighter (Reihenfolge bewusst gewählt) oder eben eine Heron TP oder später (noch vor Eurofighter) eine Eurodrohne einen solchen deutschen Einsatz ausführt, bleibt meiner Meinung unerheblich.
Das Video des BMVg zu der Debatte schließt ja auch mit der Frage „Was können wir verantworten?“ …
@huey der Unterschied zwischen Drohne und Kampfjet liegt unter anderem (andere Gründe kann ich nach eingehenderer Recherche liefern) darin das der situative Hintergrund der Piloten ein ganz anderer ist. Der Pilot des Jets ist im Einsatzland stationiert, während der Pilot der Drohne diese vom „Schreibtisch“ aus steuern kann.
cpt_crunch96 und huey:
Durchaus stichhaltig wird ja oft diskutiert, dass es schon einen Unterschied zwischen Kampfjet und Drohne gibt, dieser aber FÜR die Drohne spricht: größere Reichweite/Stehzeit, und insbesondere durch die Stehzeit, aber auch die geringere „persönliche“ Bedrohung und körperliche Belastung die Möglichkeit für den Bediener, besser arbeiten zu können. Er kann sich Zeit nehmen, das Ziel länger zu beobachten, muss keine „G-ziehen“, kann ggf. noch eine weitere Schleife ziehen, muss sich um Flugabwehrfeuer nicht wirklich Sorgen machen (jedenfalls weniger, als wenn er selbst beschossen würde), etc.
Die negative Seite, die aber vor allem auf die Einsätze mit „targeted killing“ zutrifft, ist ja auch schon oft geschildert worden: Dass die Operateure aufgrund der langen Phase der Beobachtung ihrer Zielobjekt erste persönliche Bindungen aufbauten, mit allen dann später verbundenen negativen Folgen…
FunFact:
Auf Grund der Corona- bedingten Einschränkungen der Traffic- starken Internetseiten kann man den YouTube- Stream nicht vom dstl. Rechner schauen…
[Nicht nur, aber auch deshalb gibt’s jeweils hinterher das Audio auf Augen geradeaus! zur Dokumentation… T.W.]
@ Fussgänger Ich glaube nicht dass jemand mit den IS ablegern in Mali oder sonstwo auf ihren Tacticals oder beim vorbereiten einer Raketenstellung eine „persönliche Bindung“ aufbaut. Ich denke dass ist eher alswenn eine Bombe einen Panzer trifft. Da wird die Eisicht dass da Menschen drin saßen weggedrückt
Ob dass funktioniert ist sicher eine andere Frage.
Sorry, Waren die Podiumsteilnehmer gegen bewaffnete Drohnen bislang einfach nur rhetorisch so schlecht oder hatten sie tatsächlich so wenige tendenziell keine handfesten Argumente ?
@huey
„Ich warte bis heute darauf, das mir einmal jemand verständlich erklären kann, wo der Unterschied liegt zwischen einem Kampfjet, der eine Bombe abwirft-oder einer Drone, die eine Rakete verschiesst.“
Im älteren Thema habe ich diese Frage beantwortet.
https://augengeradeaus.net/2020/05/dronewatch-verteidigungsministerium-plant-drohnen-debatte-am-11-mai-als-livestream/#comment-343129
ergänzend dazu:
Feindlicher Abschuss und auch Technischer Fehler/Pilotenfehler (Absturz) sind die Risiken bei bemannten Missionen.
@T. Wiegold
Vielleicht gibt es zum Eurofighterabsturz 2019 demnächst einen Artikel?
Mit was kann den die heron bei wiviel aufhängungen bewaffet werden? Man findet dazu garnichts. Ob dass nun kommt oder nicht. Wie wird sowas im Zweifel entschieden? Wenn die BW sagt wir hätten gerne so und soviel davon zu dem Preis. Solange dass innerhalb des beschlossenden Verteidigungsetats liegt hat die BW doch freien Zugriff. Oder muss das noch seperat (25 mio)grenze obwohl innerhalb des Etat vom Parlament genemigt werden?
[Die 25-Mio-Grenze ist in diesem Fall nicht ausschlaggebend, weil der Haushaltsausschuss bei der Beschaffung der Heron TP 2018 festgelegt hat, dass es für die Bewaffnung einen neuen Beschluss geben muss. T.W.]