Coronavirus-Pandemie und Bundeswehr – Sammler 24. April
Der aktualisierte Sammelthread zum Thema Bundeswehr und Coronavirus-Pandemie am 24. April 2020 – angesichts der Debatte auch mit einem Blick auf das Hygienekonzept des Sanitätsdienstes für Grundbetrieb, Ausbildung und Übung:
• Die Zahlen zu den Infektionsfällen unter den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Inland am (heutigen) Freitag:
282 begründete Verdachtsfälle (Vortag 280)
330 bestätigte Infektionen insgesamt, davon aktuell 80 bestätigte Fälle (Vortag: 328/83)
In den Auslandseinsätzen der Bundeswehr gibt es weiterhin keine bestätigten Infektionen.
• In der Unterstützung für zivile Behörden und Organisationen sind derzeit – außerhalb des Sanitätsdienstes – 560 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt. Bislang gingen 457 Anträge auf Amtshilfe ein, davon wurden 190 gebilligt, 15 werden noch bearbeitet. Derzeit werden 114 Unterstützungsleistungen bereits durchgeführt, 44 sind abgeschlossen.
In 32 Fällen werden die Hilfen derzeit vorbereitet, dabei geht es unter anderem um den Einsatz in Gesundheitsämtern zur Nachverfolgung von Infektionsketten, die Unterstützung in Alten- oder Pflegeheimen und die logistische Hilfe in Erstaufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete.
• Mittelbar eine Folge der Pandemie: Auch Desinformations-Attacken nehmen zu. In den vergangenen Tagen gab es einen entsprechenden Fall in Litauen – angeblich hatte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg angekündigt, wegen der Covid-19-Infektionen würde der Einsatz der NATO-Battlegroup, der so genannten enhanced Forward Presence, in dem baltischen Land im Mai beendet. Das litauische Verteidigungsministerium hatte bereits am vergangenen Mittwoch darauf hingewiesen, dass das entsprechende Schreiben eine Fälschung war – trotzdem kommt es auch hierzulande bisweilen wieder hoch.
• Der Sanitätsdienst der Bundeswehr hat – intern – ein Hygienekonzept zur Aufrechterhaltung des Grundbetriebs, Aus- und Weiterbildungen sowie Übungen vorgelegt, dass die Truppe derzeit ein wenig verunsichert (auch hier wurde das in den Kommentaren schon angesprochen). Unter anderem sehen sich Kommandeure mit Hinweisen zur Unterbringung von Soldaten überfordert, weil die in dem Konzept geforderten Unterkünfte so schlicht nicht vorhanden sind:
Dienstliche Unterkünfte sollten so aufgelockert wie möglich belegt werden. Wo immer realisierbar sind Stuben einzeln zu belegen. Weiterhin sollte eine Zuteilung von Unterkünften über alle Gebäude und Gebäudeteile gleichmäßig erfolgen, um eine gemeinsame Nutzung von Sanitär- und Waschgelegenheiten möglichst gering zu halten. (…)
Nach Dienst sollten die Unterkünfte nur in dringenden Ausnahmefällen verlassen werden. Es gelten hier bezüglich des Umganges mit anderen Personen, welche nicht zum persönlichen Haushalt gehören, ausnahmslos die Vorgaben der Bundes- und Landesregierungen. Dementsprechend halten sich Soldatinnen und Soldaten nach Dienst grundsätzlich in der jeweils eigenen Stube auf.
Da wird eine interessante Frage, wie das machbar wird – ebenso auch die Forderung an Lagezentren, einen Sitzabstand von mindestens 2 Metern anzustreben. Auch die Vorgabe für die Nutzung von Zelten werden viele Einheiten nur schwer umsetzen können: Zwei-Mann-Zelte sollten daher nur mit einer Person belegt werden und 10-Mann-Zelte nur mit maximal vier Personen.
Aus dem Sanitätsdienst heißt es dazu, das seien Empfehlungen, die jetzt von den truppendienstlichen Vorgesetzten umgesetzt werden müssten – keine Weisung des Leitenden Amtsarztes der Bundeswehr. Damit liegt der Ball jetzt offensichtlich bei den Teilstreitkräften, den Divisionen und Brigaden, die das in konkrete Befehle übersetzen müssen.
Das gilt auch für die Empfehlung in dem Konzept, beim Aufenthalt mehrerer Personen an einem Ort, zum Beispiel bei Antreten oder in Lagezentren, zumindest waschbare Mund/Nasenabdeckungen zu benutzen. Einen praktischen Hinweis dazu hat der Sanitätsdienst aber auch:
Alternativ sind das Staubschutztuch (ASD-Nr. 37116A010), der Shemag Spezial-/Einsatzkräfte (ASD-Nr. 46550A000) oder vergleichbar dichtanliegende Mund-/Nasenabdeckungen zu verwenden. Das Halstuch (ASD-Nr. 10280A000) ist nicht geeignet.
(Weiter ggf. nach Entwicklung)
(Foto: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am 23. April 2020 bei einem Besuch im Gesundheitsamt von Königs Wusterhausen in Brandenburg mit einer von der Truppe hergestellten Stoffmaske in Flecktarn – Torsten Kraatz/Bundeswehr)
Also für mich sind das keine Empfehlungen, sondern schon ein Konzept mit verbindlicher Umsetzung, das jedem eine Beschwerde wegen Nichteinhaltung ermöglicht. Interessant ist, dass die Standortältsten und Kasernenkommandanten zur Umsetzung verpflichtet werden und noch keine Umsetzung durch die TSK’s erfolgte. Auch fragwürdig ob die Orgbereiche das Konzept mitgezeichnet haben , da dieses einfach am 20.04. im Intranet veröffentlicht und damit „scharf“ geschaltet wurde.
@ASpooner sagt: 24.04.2020 um 15:52 Uhr
Beschwerden sind nur gegen belastende Maßnahmen möglich. Wenn ein truppendienstlicher Vorgesetzter im Rahmen seiner Umsetzungskompetenz nach pflichtgemäßen Ermessen und im Rahmen nachvollziehbarer Abwägungen von solchen Empfehlungen abweicht, dann ist das nicht beschwerdefähig.
Wie stark sich ein Vorgesetzter an solchen Empfehlungen zu orientieren hat, also ob sie nur als Handreichung gelten oder aber den eigenen Ermessensspielraum einschränken und wenn ja wie sehr, liegt an den konkreten Details der Formulierung des Konzeptes und der Form des Erlasses.
Und das zu Grunde legend was der Hausherr o.a. schreibt handelt es sich nicht um eine Vorschrift im Sinne einer Ermessensreduktion auf null.
Von daher sehe ich Ihre Aussagen weder von der WBO noch von den Fakten gedeckt.
@ Koffer
Hätte mich auch gewundert, wenn Sie das nicht anders sähen.
Der leitende Amtsarzt Bw ist, denke ich schon ziemlich verbindlich und ich möchte, die zahlreichen Vorgesetzten sehen, die sich über Hygienevorgaben, die sich an den zivilen Vorgaben orientieren, hinweg setzen werden. Für mich vergleichbar mit der KzH Empfehlung des TrArzt, auch nur eine Empfehlung, jedoch fast unmöglich dieser nicht zu folgen. Ich bin gespannt auf die zahlreichen Beschwerden, Eingaben an den WB soll es ja schon viele geben.
@ASpooner sagt: 24.04.2020 um 18:11 Uhr
„Der leitende Amtsarzt Bw ist, denke ich schon ziemlich verbindlich“
Ja, wenn er im Rahmen seiner amtsärztlichen Befugnisse handelt und rechtskonforme Anordnungen erlässt.
Dann wäre das Regelungen, die den Ermessensspielraum der Vorsetzen auf null reduzieren und sofern Vorgesetzte diese Regelungen dann nicht korrekt umsetzen und damit Untergebene gefährden wäre eine Beschwer konstituiert.
Aber gem. den durch @T.W. o.a. Selbstaussage des SanDst handelt es sich nicht um eine solche verbindlichen Regelung im Rahmen amtsärztlicher Befugnisse.
Jetzt zu behaupten es wäre doch so, erscheint mir seltsam, denn dann hätte ja entweder der Hausherr den SanDst falsch zitiert oder der SanDst hätte den Charakter des eigenen (!) Papiers falsch angegeben.
Beides ist doch reichlich unwahrscheinlich, oder?!
Eine wichtige (da die sich bereits abzeichnende Diskussion klärende) Passage fehlt hier noch: Der explizite Hinweis im Abschnitt „Verantwortung und Zuständigkeiten“ dass dieses Hygienekonzept des LtdAmtsarztBw lediglich einen allgemeinen Rahmen vorgibt.
Für spezifische Auflagen und Vorgaben ist bei jedem Ausbildungs-/Übungsvorhaben die regional zuständige ÖRA (Öffentlich Rechtliche Aufgaben des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr) „frühzeitig mit einzubinden“. Diese beurteilt dann die spezifische Situation vor Ort (Gegebenheiten des Auftrags/Vorhabens, Art und Anzahl Kräfte, Infrastruktur …).
Im Fall der ÖRA Nord ist es leider aktuell so, dass 4 Soldaten zuständig sind für Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und ich glaube auch Niedersachsen. In meinem konkreten Fall als betroffener Einheitsführer wurde jetzt festgelegt, dass der örtliche Betriebsarzt in Verbindung mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit das Gebäude und die Ausbildungseinrichtungen samt der bereits ergriffenen Maßnahmen begeht und „abnimmt“. Erst wenn es zu weitergehendem Klärungsbedarf kommt, wird Personal der ÖRA selbst hinzugezogen.
@Nordlicht HH
Hm, ich weiß nicht, ob wir uns auf unterschiedliche Versionen beziehen… die Fassung vom 20. April enthält dazu die Aussage:
Verantwortlichkeiten und Aufgaben
KasKdt, StOÄ, DStLtr, Vorgesetzte und militärische Führer:
• setzen eigenständig vorliegendes Konzept zur Reduzierung des Infektionsrisikos
aller Angehörigen der Bundeswehr um,
• binden zuständige ÜbwStÖffRechtlAufgSanDstBw frühzeitig in die Planung von
Aus- Weiterbildungsmaßnahmen und Übungen ein.
Den von Ihnen genannten Passus finde ich dagegen nicht.
ASpooner sagt: 23.04.2020 um 21:15 Uhr
„[…] M.E. dürfte das erhebliche Auswirkungen auf den Grundbetrieb und sämtliche Laufbahnausbildung haben, die kaum noch sinnvoll durchgeführt werden können. Bsp: Lehgangsteilnehmer sollen nach Dienst nicht mehr die Unterkunft verlassen dürfen, 1,5 m Abstände, Mund-Nasenschutz etc.“
Die Ansatz auf der Bataillons- und Einheitsebene sieht in vielen Bereichen (TSK/OrgBer-übergreifend) aktuell so aus, dass so gut wie alle praktischen Ausbildungsabschnitte, die Körperkontakt und/oder enge Zusammenarbeit in Trp und Grp erfordern, aus den Lehrplänen gestrichen oder stark modifiziert werden (wobei die Gefahr, falsche Bilder zu stellen, groß ist).
Unterbringung und Ausbildung, die im Lehrsaal stattfinden, werden aufgelockert. Zumindest an klassischen Truppenschulen ist dies noch verhältnismäßig gut möglich, da der Schulstandard sowieso max. 2 Sdt/Stube vorsieht und sich i.d.R 2 Stuben eine Nasszelle teilen. Lockert man hier auf zu Einzelstuben und 2 Sdt/Nasszelle, dann behält man immerhin noch 50% seiner Unterbringungskapazität. Da die meisten Unterrichtsräume auf 25 Sdt ausgelegt sind, aufgelockert aber meist nur 12-15 hineinpassen, kann man also unter Nutzung der regulären Ressourcen mit halber Teilnehmerzahl weiter ausbilden. Verkürzt man die Trainings (keine/weniger praktische Ausbildung bedeutet weniger Stunden gem. LSP), dann gewinnt man außerdem Planungsmasse über den Faktor Zeit. Solange die GA noch nicht wieder läuft (also bis 02.06.2020) fallen hier weitere Infra und AusbAnl frei. Es gibt also durchaus Möglichkeiten des Handelns.
Eins ist allerdings zum grundsätzlichen Verständnis wichtig:
Alle Prüfvorgänge, von denen ich Kenntnis habe, beziehen sich auf die Frage, WIE Laufbahnausbildung unter der gegenwärtigen Lage durchgeführt werden KANN. OB man sie auch durchführen SOLLTE, bzw. ob dies aufgrund der zwangsläufig entstehenden Einschränkungen bei der Erreichung der Ausbildungsziele sinnvoll und im Sinne der Sache zielführend ist, diese Frage wird so gut wie nicht gestellt. Der Fokus scheint allein auf dem Jahresausbildungsplan Streitkräfte zu liegen und darauf, ihn IRGENDWIE aufrecht zu halten. Dass in dieser Hinsicht die Meinungen zwischen Kommandobehörden sowie BAPersBw auf der einen und der Bataillons- sowie Einheitsebene der Ausbildungseinrichtungen auf der anderen Seite weit auseinandergehen, kann sich wohl jeder denken.
@ T. Wiegold:
Das ist der erste Passus, den ich meinte. Wenn Sie nun ein oder zwei Absätze weiter unten bei den Aufgaben der ÖRA selbst nachsehen, müsste dort der zweite Anstrich sein, dass die ÖRA für das spezifische Ausbildungsvorhaben für die Beratung sowie Auflagen/Vorgaben zuständig ist.
[Da steht dann:
Zuständige ÜbwStÖffRechtlAufgSanDstBw:
• beraten DStLtr und Kdr bei der Umsetzung dieses Konzeptes,
• geben verbindliche Vorgaben bei konkreten Einzelvorhaben.
Das ist aber auch nicht der Passus, den Sie zitiert haben… und mehr gibt es dazu nicht.
T.W.]
@ Nordlicht
Dann würde ich gerne wissen, wie wir noch sinnvoll z.B. eine Einsatzersthelfer A Ausbildung mit ATN Vergabe in der allgemeinen Grundausbildung praktisch ausbilden sollen oder eine praktische Schieß(erst)Ausbildung (inkl. AGSHP) durchführen sollen, bei der die Sicherheitsgehilfen des Öfteren an den Mann/die Frau ran müssen bei 1,5/2 m Abstand. Oder wie soll UZwGBw für die Ausbildung zum Wach- und Sicherungssoldaten oder noch besser zum OvWa ausgebildet werden, ohne Körperkontakt m.E. unmöglich. Die Reduzierung der Hörsaalstärken auf 8-12 hätte eine Verdoppelung der Hörsäle zur Folge, ohne dass auch nur mehr Ausbildungspersonal vorhanden wäre usw. Und wie man die Lehrgangsteilnehmer nach Dienst auf ihren Stuben halten möchte, ist mir auch schleierhaft.
Mit diesem Konzept ist eine Grenze überschritten, die vieles insbesondere die Praxis nicht mehr sinnvoll zulässt.
Die Bundeswehrführung (und bitte nicht jede TSK mit Einzellösung) muss sich nun mal äußern was man möchte, entweder wir setzen dieses Konzept um, oder wir bilden noch minimal sinnvoll aus. Beides geht nicht.
@ T.Wiegold:
Ich glaube, meine Wortwahl war sehr unglücklich („expliziter Hinweis“) und jetzt suchen Sie nach einem Zitat, bzw. einem in sich geschlossenen Satz, den es so nicht gibt. Das, was ich in meinem ersten Kommentar angemerkt habe ergibt sich aus dem Zusammenhang des Konzepts:
– Seite 1: Abschnitt Grundsätzliches . Sachlage und Hintergund
– Seite 4: Abschnitt zu Außen- und Geländedienst,
Abschnitt Aus- und Weiterbildung sowie Übungen
– Seite 5: Abschnitt Truppenunterkünfte
und vor allem Seite 7! (Hier beziehe ich mich exakt auf die beiden von Ihnen zitierten Textstellen)
Ich hatte schon angefangen selbst kurze Zitate auszuwählen, aber das gibt das Dokument leider nicht her und es scheint Ihnen ja sowieso vorzuliegen. Wenn Sie den Text lesen, wird Ihnen auffallen, dass es durchweg im Konjunktiv geschrieben ist („sollte beachtet werden“, „sollte verzichtet werden“, „sofern realisierbar“ usw.) Auf Seite 1 ist die Rede von einem „fachlichen Rahmen“.
Auf Seite 7 finden sich dann wiederum die von Ihnen bereits zitierten Passagen, die sehr eindeutig festlegen, dass die ÖRA auf jeden Fall zu beteiligen ist und dass diese „verbindliche Vorgaben bei konkreten Einzelvorhaben“ macht.
Wenn man dies nun mit der Weisung BMVg SE Nr. 4 kombiniert (nicht-einsatzrelevante Ausbildung ist grundsätzlich auszusetzen; Laufbahnausbildung findet wo erforderlich weiter unter Auflagen statt), dann stellt eben jedes Training, dass per Einzelfallentscheidung durchgeführt wird, ein solches Einzelvorhaben dar, für dass die ÖRA berät und Vorgaben macht.
In der TSK Marine ist es außerdem so, dass jede Ausbildungseinrichtung derzeit ein eigenes, Dienststellen-spezifisches Hygienekonzept erstellt, dass dieses Rahmendokument ergänzen soll und deutlich kleinschrittiger die Detailmaßnahmen (wer desinifiziert welche Oberflächen, wie oft und mit welchem Desinkfektionsmittel…) festlegt.
Falls ich in meinem ersten Kommentar Kontext vorausgesetzt habe, den man allein durch dieses Konzept nicht haben kann – mea culpa. Ich habe die letzten 2 Tage fast nichts anderes gemacht ;-)
[Danke. Sie stecken in der Materie – aber mir scheint auch offensichtlich, dass es für andere, die eben nicht so tief drin stecken, eben nicht alles so nachvollziehbar ist wie für Sie. Und da scheint das Problem zu liegen. T.W.]
@ASpooner:
Ich habe einen kurzen Abriss gegeben über die Art und Weise, wie derzeit tatsächlich gearbeitet wird. Ohne jetzt in umfangreiche Normative Diskussionen (Sinnfrage) einzusteigen, gibt es dem wenig hinzuzufügen.
Und Achtung – in dem Beitrag, auf den ich geantwortet habe, sprachen Sie von LAUFBAHNausbildung. Nicht Grundausbildung.
Ich würde behaupten, die AGA gehört zur Laufbahnausbildung, denn ohne AGA mit Einsatzersthelfer oder Wach und Sicherungssoldat keine Folgelehrgänge. Aber mir geht es hier nicht um Erbsenzählerei, sondern um Grundsätzliches und das ist zu klären.
Mal eine Frage an alle die in einer „nicht besonders betroffenen“ Einheit dienen, z.B Stabs- und Versorgungsbatterie:
Also keine Aga, kein Auslandseinsatz, einfach nur normaler Dienstbetrieb.
Wie läuft das bei Euch? Vom morgendlichen Antreten bis zum Dienstbetrieb?
Werferfehler
Ich wünsche dem KpChef Der Grundausbildung in Weiden Viel Spaß. Eine Kompanie mit 3 Zügen sind derzeit in Ausbildung. Die Grundausbildung läuft. 2-4 Mann Stuben. Gang Duschen!
Da wurde nicht mitgedacht für eine ganz normale GA, nicht UA/OA.
Ein nettes Beispiel für Verantwortungsdiffusion. Sechs militärische Organisationsbereiche, dazu noch der truppendienstliche und der territorialen Strang, Pilotaufgaben u.ä., gute Voraussetzungen dafür, dass die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut. Außer ein wenig Kosmetikkorrektur wird sich daran offenbar auch nichts ändern, denn das wäre ein Strukturänderung von der Pieke auf.
Und nichts für ungut, aber bei dem Passus, dass das angesprochene Konzept jetzt von den TSK, also z.B. KdoH, den Divisionen und den Brigaden in eigene Befehle ebenengerecht „heruntergebrochen“ bzw. umgesetzt werden muss, musste ich ein wenig schmunzeln. Das wird meiner bescheidenen Erfahrung nach entweder über den bewährten Weg „weiterleiten“ per LoNo geschehen und dann auf den untersten Ebenen „stranden“, oder der Befehl wird dann ergehen, wenn die Corona-Krise schon vorüber ist oder sich bestimmte Dinge schon von selbst erledigt haben.
Ansonsten scheint der Verfasser dieser Handreichung etwas weltfremd zu sein. Ich glaube nicht, dass das Modell „Soldat mit Unterkunft“ noch das vorherrschende Modell in der Bundeswehr ist. Es mag Zeiten gegeben haben, als strukturell und bewusst gewollt jeder Soldat noch seine Stube und sein Bett in einer Kaserne hatte, aber die sind seit ein paar Tagen passé. Der Ökonomisierungswahn hat da recht ordentliche Arbeit geleistet und durch die Umsetzung des „Hotel-Standards“ wird sich die Anzahl der Stuben bis auf Weiteres nicht erhöhen, sondern verringern, denn wo „früher“ noch 6 oder 8 Soldaten untergebracht waren, sind es jetzt/künftig womöglich noch 2, höchstens 4. Und ja, es werden neue Blöcke gebaut, aber auch die stehen mehr auf dem Papier, als dass es sie wirklich gibt – Geld ist zwar genug da, doch jetzt fehlen die Bauingenieure in den staatlichen Hochbauämtern und/oder Kapazitäten im Baugewerbe.
@ Hans Dampf
Ich bin mir auch sicher, dass keine spezielle Umsetzung durch die TSK/OrgBer erfolgen wird, da war eher Hoffnung auf eine einheitliche Lösung Vater des Gedanken. Ich werde dann auch nicht enttäuscht sein, wenn es nicht passiert. Erinnert mich irgendwie schon an die Föderalismusdebatte, bei der es in der Umsetzung der zahlreichen Vorgaben, Empfehlungen und Richtlinien auch viele unterschiedliche Ansätze und Lösungen gibt. Aber ich finde das passt irgenwie nicht zu unserer „Firma“…
@ASpooner sagt: 25.04.2020 um 10:59 Uhr
“ Erinnert mich irgendwie schon an die Föderalismusdebatte, bei der es in der Umsetzung der zahlreichen Vorgaben, Empfehlungen und Richtlinien auch viele unterschiedliche Ansätze und Lösungen gibt. Aber ich finde das passt irgenwie nicht zu unserer „Firma“…“
Entschiedener Widerspruch von meiner Seite!
Durch die Unterschiedlichkeit der TSK und innerhalb der TSK der verschiedenen Verbände und auf der Basis des Prinzips „Führen mit Auftrag“, passt es sehr gut zur Bundeswehr. Meines Erachtens nach wäre eine zentrale Lösung nicht nur unzweckmäßig und systemwidrig, sondern sogar äußerst schädlich.
Werte Kameraden,
ich bin sehr froh, dass es „nur“ Richtlinien und Empfehlungen gibt. So kann ich viel besser meinem individuellen Auftrag unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des eigenen Handelns, verantwortungsvoll nachkommen bzw. gerecht werden. Und ja, das Ergebnis ist nicht die 100% Musterlösung. Es ist jedoch die durch mich verantwortete Maximallösung.
Der Wunsch eine allgemein gültige Vorgabe für jeden noch so kleinen Bereich vorgelegt zu bekommen, ist und war schon immer illusorisch.
Verantwortung bleibt tatsächlich unteilbar, die jeweilige Ebene ist nur stets eine andere.
@Koffer:
Sie erinnern mich sehr an einen nicht näher genannten Inspektionschef der Luftlandetruppe.
Zum Thema:
Verantwortung auf Einheitsebene zu delegieren, hat doch schon fast tradition in der Bundeswehr. Ich erinnere nur an die Weisungen zur Flüchtlinghilfe.
Letztlich hätte man die Grundausbildung aussetzen sollen. hat man aber nicht.
@Koffer
„Durch die Unterschiedlichkeit der TSK und innerhalb der TSK der verschiedenen Verbände und auf der Basis des Prinzips „Führen mit Auftrag“, passt es sehr gut zur Bundeswehr. Meines Erachtens nach wäre eine zentrale Lösung nicht nur unzweckmäßig und systemwidrig, sondern sogar äußerst schädlich.“
Grundsätzlich sind solche Aussagen auf dem Papier ja immer richtig. Das hilft aber immer wenig wenn Soldaten sehen dass Bataillon A ohne Einsatzbezug oder ähnliches normal im Grundbetrieb auf die eine weise arbeitet und das in seinem wesen ähnliche Bataillon B ebenfalls ohne Einsatzbezug oder ähnlich im Grundbetrieb gänzlich anders handelt.
Mehr als zu sagen dass die Absicht von Kdr A halt anders ist als von Kdr B bleibt da nicht. Wozu das führt weiß jeder der irgendwo in der Nähe der Arbeitsebene ist…
Es gibt halt nun mal die feine Grenze zwischen Spielraum lassen und Beliebigkeit.
@Don Quijote sagt: 25.04.2020 um 15:21 Uhr
„Der Wunsch eine allgemein gültige Vorgabe für jeden noch so kleinen Bereich vorgelegt zu bekommen, ist und war schon immer illusorisch.
Verantwortung bleibt tatsächlich unteilbar, die jeweilige Ebene ist nur stets eine andere.“
+1
@Schwabe sagt: 25.04.2020 um 15:35 Uhr
„Sie erinnern mich sehr an einen nicht näher genannten Inspektionschef der Luftlandetruppe.“
Ich war in der Tat mal in einer solchen Funktion tätig :)
„Letztlich hätte man die Grundausbildung aussetzen sollen. hat man aber nicht.“
Das Problem hier ist doch, dass wir damit eine Welle von Rekruten vor uns hergeschoben hätten, die wir aufgrund der im III. Quartal ja besonders starken Rekrutenjahrgänge ewig vor uns hergeschoben hätten.
Ich habe auch meine Zweifel ob die jetzt geplante Grundausbildung „light“ (denn es fallen ja zentrale Ausbildungsabschnitte weg) ausreichend ist, aber mir würde ehrlich gesagt keine bessere Lösung einfallen…
@chris sagt: 25.04.2020 um 15:46 Uhr
„Das hilft aber immer wenig wenn Soldaten sehen dass Bataillon A ohne Einsatzbezug oder ähnliches normal im Grundbetrieb auf die eine weise arbeitet und das in seinem wesen ähnliche Bataillon B ebenfalls ohne Einsatzbezug oder ähnlich im Grundbetrieb gänzlich anders handelt.
Mehr als zu sagen dass die Absicht von Kdr A halt anders ist als von Kdr B bleibt da nicht. Wozu das führt weiß jeder der irgendwo in der Nähe der Arbeitsebene ist…“
Genau, mehr ist dazu nicht zu sagen.
Wenn es dann daran Kritik von Soldaten gibt, dann muss man sie halt an die Grundsätze unserer Armee und unserer Führungsphilosophie erinnern.
Das sollten wir sowieso viel häufiger tun. Wir haben glaube ich vergessen was „Auftragstaktik“ wirklich bedeutet…
@Koffer
Komisch dass das Führen mit Auftrag immer dann vergessen wird wenn es an das taktische Führen oder die Ausbildung geht. Das ganze Konzept dann aber bei solchen etwas unangenehmen Themen bürokratischer, gesellschaftlicher oder rechtlicher Natur wieder schnell rausgeholt wird…
Wie ist die Umsetzung bei der Marine gedacht? Auf den Schiffen und Booten ist sehr wenig Platz. Wie soll dort der Abstand eingehalten werden? Was ist mit Übungen? Finden die noch statt und wenn ja wie in Corona Zeiten?
@chris sagt: 25.04.2020 um 17:29 Uhr
„Komisch dass das Führen mit Auftrag immer dann vergessen wird wenn es an das taktische Führen oder die Ausbildung geht. Das ganze Konzept dann aber bei solchen etwas unangenehmen Themen bürokratischer, gesellschaftlicher oder rechtlicher Natur wieder schnell rausgeholt wird…“
In der Tat, wir sind da glaube ich in den letzten Jahren und Jahrzehnten immer schlechter geworden und haben uns von unseren eigenen Idealen WEIT entfernt. Wider bessere Wissen sogar, denn wir wissen ja objektiv, dass das Prinzip Führen mit Auftrag nicht nur unser Menschenverständnis im Rahmen der Inneren Führung besser spiegelt als die Befehlstaktik, nein es bringt auch im Regelfall bessere, schnellere und zielführendere Ergebnisse.
Aber ich glaube hier kommt auch die Beschwerdewut mancher Soldaten und vor allem die Furcht vieler Vorgesetzten im Streitfall keine Rückendeckung von ihren Vorgesetzten zu erhalten mit ins Spiel.
Und das macht es dann in Situation wie der aktuellen für manche Untergebenen schwer zu akzeptieren, dass unterschiedliche Chefs und Kommandeure legaler und (!) legitimer Weise unterschiedliche Wege einschlagen.
Viele Soldaten erleben es einfach viel zu selten und haben das Prinzip Führen mit Auftrag entweder nicht verinnerlicht oder es vergessen.
Aber das sollte uns ja nicht davon abhalten trotzdem auch und gerade in (gefühlten) Krisenzeiten daran festzuhalten oder uns darauf zurück zu besinnen!
Ja, Auftragstaktik ist total sinnvoll, vor allem bei unmöglichen Aufträgen. AGA und Laufbahnausbildung bitte weiterhin sinnvoll, einsatz-und praxisnah ausbilden und bitte auch das Hygienekonzept 100 % umsetzen. Und wehe die Rekruten oder Lehrgangsteilnehmer verlassen nach Dienst die Unterkunft. Klingt nach der Eierlegenden Wollmilchsau, die es nun mal nicht gibt. Und mehr Abstriche als die „light“ Varianten gehen nun mal nicht mehr ohne dass wir uns lächerlich machen. Und über Einsatzausbildung haben wir noch gar nicht gesprochen.
Hans Dampf ; 25.04.2020 um 7:08 Uhr
+1
@ Don Quijote ;25.04.2020 um 15:21 Uhr
„Verantwortung bleibt tatsächlich unteilbar, die jeweilige Ebene ist nur stets eine andere.“
Grundsätzlich richtig aber:
Nur wenn die Ebene oben drüber Murks in Form von schwammigen Weisungen und Richtlinien ausgibt tragen Sie, wenn was schief läuft die ungeteilte Verantwortung. Wie sich dann die Ebene darüber verhält ist manchmal beschämend!
Good Luck!
0815 sagt:
25.04.2020 um 19:08 Uhr
Grundsätzlich richtig aber……………….
Bin ich mit d´accord. Ich gehe sogar noch weiter. Wer in dieser Krise auf Weisungen/Rili/Empfehlungen gewartet hat, war für seinen eigenen Verantwortungsbereich bereits sehr (zu) spät dran. Jeder Vorgesetzte hat n.m.A. die Pflicht zu jeder Zeit, seine Spieler auf seinem Spielfeld lagebedingt so einzusetzen, dass er unter Berücksichtigung eben dieser Lage, den größtmöglichen Erfolg erzielt.
Und zwar stets, da sich die Lage ständig ändert. Für mein Verständnis werden dafür auch Vorgesetzte ausgebildet nicht auf Weisungen zu warten sondern eigenverantwortlich zu handeln.
Das was mir bzgl. Führungsverantwortung besonders Spaß macht ist, dass mir Vorgesetzte meine ungeteilte Verantwortung auch nicht abnehmen. Sie werden sich hüten, denn dann stünden sie in der Bütt ;-).
Es gab natürlich auch Fälle, wo meine Kompetenzen endeten. Kein Problem, einfach revisionssicher z.B. LoNo, eMail, VzI, VzE melden und darauf hinweisen, dass damit die Verantwortung auf die nächste Ebene übergegangen ist.
Trefflich können wir an anderer Stelle über spezifische Realitäten, Wahrnehmungen und vor allem Gründe für den vielschichtigen Unmut reden. Ich denke jedoch meine Zeilen bis hier sind bereits OT ;-)
@Rahel Bolz
Zur Frage von Ausb/Üb hat der InspM bereits im März Grundlegendes befohlen.
„Auch unter den besonderen Bedingungen der COVID-19-Lage müssen und werden wir unsere Kernaufgaben erfüllen, ob in den Auslandseinsätzen, einsatzgleichen Verpflichtungen, Dauereinsatzaufgaben oder zu Hause im Grundbetrieb. Dazu gehört auch, die dafür erforderliche Ausbildung weiterhin zu gewährleisten. …“
20200317-Tagesbefehl_GI_Corona: https://augengeradeaus.net/wp-content/uploads/2020/03/20200317-Tagesbefehl_GI_Corona.pdf
Neueste Lage hier:
Infos rund um das Thema #COVID19 in der #Marine gibt es hier. Das Marinekommando äußert zu Ausb/Eins/Üb.
https://bundeswehr.de/de/organisation/marine/aktuelles/informationen-marine-und-coronavirus
Aktuell bleiben Sie stets bei Twitter: @deutschemarine
Werferfehler sagt:
25.04.2020 um 6:44 Uhr
Instandsetzungszentrum (TSK Lw):
Wir haben 50% des Personals im VorOrt-Dienst. Die andere Hälfte mach Rufbereitschaft @home. Wöchentlicher Personalwechsel. Ab der 21. KW sollen dann 5:50 Stunden Mehrabeit aufgebaut werden, welche am Freitag der Folgewoche @home abgebaut werden.
Personen ab 60 Lebensjahren und Risikogruppen bleiben bis Ende September komplett zu Hause.
Insgesamt nur wieder ein Hinweis darauf, dass in dieser Armee niemand mehr einen klaren Befehl gibt. Weisung hier, Empfehlung da, Bitte allenthalben. Umsetzung durch TSK und die sog. OrgBereiche fehlt noch. Einfach nur Lächerlich.
@Auslandsdiener:
Sprache ist auch immer ein Spiegel der Gesellschaft bzw. ihrer Zeit.
Mein persönliches Highlight war die Tage das Aussprechen einer „verbindlichen Empfehlung“. Es ging um das Tragen von Masken.
Man wollte wohl das Wort behördliche Weisung/Anordnung vermeiden, bzw. keine aussprechen und hat dann dieses Oxymoron erfunden.
Ich finde leider den Link nicht mehr. Viel spannender empfand ich, dass da nicht medial nachgehakt wurde, was damit gemeint sei. Ottonormal bemerkt solche Petitessen sowieso nicht – sie fallen gar nicht mehr auf.
P.S.: „Dringende Empfehlung“ kann ich ja noch akzeptieren. Aber auch dort stellt sich die Frage, wenn mir die Exekutive etwas „dringend“ empfiehlt, warum macht sie dann keine Anordnung draus.