Coronavirus-Pandemie und Bundeswehr – Sammler 26. März

Der Sammel-Thread zum Thema Bundeswehr und Coronavirus-Pandemie am 26. März 2020:

• Den Auftakt am (heutigen) Donnerstag macht Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer: In einem Interview des ZDF-Morgenmagazins* gab sie einen Überblick über die derzeitige Hilfe der Bundeswehr in der aktuellen Pandemie. Die Anfragen an die Streitkräfte richteten sich vor allem auf medizinische Unterstützung und auf Logistik, und dafür sei der Grundgesetz-Artikel zur Amtshilfe eine gute Grundlage. Zugleich mahnte sie, über Veränderungen im gesetzlichen Auftrag für einen Bundeswehreinsatz im Inland sollte nach der Krise gesprochen werden – nicht in der aktuellen Situation.

• Derzeit gibt es nach Angaben des Verteidigungsministeriuns rund 170 Anträge auf Amtshilfe der Bundeswehr. 40 Anträge wurden gebilligt, davon laufen derzeit wohl zwölf (eine regelmäßig aktualisierte Übersicht veröffentlicht die Streitkräftebasis auf ihrer Webseite). 47 Anträge werden noch geprüft oder bearbeitet, der Rest wurde zurückgezogen oder abgelehnt.

• Zur Ergänzung: Wie auch in den Kommentaren hier erwähnt, gibt es im baden-württembergischen Innenministerium Überlegungen, eine weitergehende Amtshilfe der Bundeswehr anzufordern. Unter Berufung auf den Grundgesetz-Artikel 35 Absatz 2 Satz 2 (Zur Hilfe bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall kann ein Land Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte anfordern) überlegt das Ministerium in Stuttgart, gezielt um Unterstützung von Bundeswehrsoldaten für die Arbeit der Polizei zu bitten – es ist wohl schon so konkret überlegt, dass klar ist, dass diese Soldaten – voraussichtlich dann aus der Deutsch-Französischen Brigade – in Unterkünften der Polizei untergebracht werden könnten und Polizeistreifen mit Soldaten verstärkt werden.

Grund für die Überlegungen ist ein hoher Krankenstand in der baden-württembergischen Landespolizei, täglich fehlt eine dreistellige Zahl von Beamten – damit sei die Polizei nicht mehr in der Lage, ihrem Auftrag nachzukommen, und die öffentliche Ordnung gefährdet.

Allerdings: Ein formaler Antrag ist bei der Bundeswehr oder beim Verteidigungsministerium bislang nicht eingegangen, bislang laufen nur Vorgespräche. Und auch wenn der oben genannte Grundgesetzartikel den Bundeswehreinsatz bei einer Naturkatastrophe oder bei einem besonders schweren Unglücksfall ermöglicht, heißt das ja noch nicht, dass die Streitkräfte sofort auch eingesetzt werden müssen. In dem Artikel sind zuvor noch Polizeikräfte anderer Länder, Kräfte und Einrichtungen anderer Verwaltungen sowie des Bundesgrenzschutzes genannt. (Fun Fact: Da steht anscheinend tatsächlich noch Bundesgrenzschutz, auch wenn jetzt die Bundespolizei gemeint sein dürfte.)

• Die Zahlen der Infektions- und Verdachtsfälle in der Bundeswehr (wird ggf. im Laufe des Tages noch mal aktualisiert):
733 Verdachtsfälle bei Soldaten im Inland
146 bestätigte Infektionen

Update: die erwartete Fortschreibung des Sanitätsdienstes vom Donnerstag vormittag:
726 Verdachtsfälle bei Soldaten im Inland
151 bestätigte Infektionen

im Auslandseinsatz: Inzwischen vier bestätigte Infektionen beim eFP-Bataillon in Litauen sowie 66 Verdachtsfälle in Isolation; weiterhin ein Verdachtsfall bei der UN-Mission MINUSMA in Mali

• Eine Amtshilfeanfrage anderer Art, nämlich aus einem Nachbarland, gibt es nach einem Bericht des Spiegels:

Die französische Regierung erbittet wegen der Coronakrise Unterstützung von der Bundeswehr. Nach SPIEGEL-Informationen fragte Paris in den vergangenen Tagen über militärische und diplomatische Kontakte, ob die deutschen Streitkräfte wegen der Notlage im Nachbarland schnell aushelfen könnten.
Dringend benötigt werden demnach Helikopter zur Verlegung von Corona-Patienten aus besonders betroffenen Regionen in andere Landesteile sowie Unterstützung bei der Versorgung von erkrankten Patienten, die derzeit das Gesundheitssystem an seine Kapazitätsgrenzen bringen.

Eine offizielle Anfrage aus Frankreich gab es nach Angaben des Verteidigungsministeriums zunächst nicht.

• Der Befehlshalber des NATO Joint Command Brunssum, der deutsche General Erhard Bühler, hat sich in vorsorgliche Isolierung begeben, nachdem ein Stabsangehöriger aus seinem direkten Umfeld positiv auf das Coronavirus getestet wurde:

It is with a heavy heart I inform you that I have been forced to put myself into quarantine as a member of my immediate staff has tested positive for the Coronavirus. The COVID-19 pandemic is a test for us all and we must all adhere to the robust measures implemented to limit the virus’ spread and minimize risks to our soldiers, civilians, families and the communities we serve.
But, be assured, I will be working from home and will be able to oversee headquarters’ activities remotely. And, at the headquarters, I am more than well represented by the Deputy Commander who will keep all essential tasks and activities on the right track. To further reduce the risk to staff I have reduced manning levels at the headquarters to a minimum and refocused priorities such that all routine and non-critical work has been put ‘on hold’ for the time being.

• Wie so ziemlich alle Messen und Veranstaltungen derzeit ist nun auch die Rüstungsmesse Eurosatory in Paris, geplant für den 8. bis 12. Juni, abgesagt worden.

• Die Bundeswehr bereitet sich über die bisher doch recht örtlich begrenzten Amtshilfeleistungen offensichtlich auf einen flächendeckenden Einsatz vor. Das ist zwar nicht wirklich überraschend; aber jetzt gibt’s auch die öffentliche Bestätigung durch den Generalinspekteur via Twitter:

(Weiter nach Entwicklung)

*Das Video des Interviews mit der Ministerin ist nur bis zum 26.3.2021 verfügbar

(Foto: Vorbereitung auf der Intensivstation im Bundeswehrkrankenhaus Hamburg am 25. März 2020 – Sandra Herholt/Bundeswehr)