Dokumentation: Stopp von Rüstungsexporten an Saudi-Arabien erneut verlängert
Wenig überraschend hat die Bundesregierung den geltenden Stopp von Rüstungsexporten an Saudi-Arabien erneut um ein halbes Jahr verlängert – Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte das zuvor schon angekündigt. Auffällig aber: Die weniger restriktive Beschränkung von Lieferungen für Gemeinschaftsprogramme mit anderen Ländern wird bis Ende 2020 fortgeschrieben.
Die Mitteilung des Bundespresseamtes vom (heutigen) Mittwoch im Wortlaut:
Die Ruhensanordnungen für die Auslieferung genehmigter Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien werden über den 30. September hinaus um weitere sechs Monate bis zum 31. März 2020 verlängert.
Für den Zeitraum bis zum 31. März 2020 werden grundsätzlich auch keine Neuanträge nach Saudi-Arabien genehmigt.
Die am 28. März 2019 durch die Bundesregierung getroffene Regelung zu Gemeinschaftsprogrammen mit Bezug zu Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten wird bis zum 31. Dezember 2020 verlängert.
Die im letzten Absatz der Mitteilung angesprochene Regelung für Gemeinschaftsprogramme hatte die Bundesregierung bei der vorangegangenen Verlängerung des Exportstopps im März so präzisiert:
Ausgelaufene Gemeinschaftsprogramme und die dazugehörigen Sammelausfuhrgenehmigungen mit Bezug zu Saudi-Arabien und den VAE werden um weitere neun Monate bis zum 31. Dezember 2019 unter der Maßgabe verlängert, dass in diesem Zeitraum mit den Partnern die vorgeschriebenen Konsultationen stattfinden. Die Bundesregierung wird sich in den Konsultationen gegenüber den Partnern dafür einsetzen, dass die die gemeinsam produzierten Rüstungsgüter im Jemen-Krieg nicht zum Einsatz kommen und dass während der neunmonatigen Verlängerung keine endmontierten Rüstungsgüter aus diesen Gemeinschaftsprogrammen an Saudi-Arabien und die VAE ausgeliefert werden. Den beteiligten Unternehmen wird zur Auflage gemacht, dass sie gegenüber den Vertragspartnern darauf bestehen, dass in diesem Zeitraum keine endmontierten Rüstungsgüter an Saudi-Arabien und die VAE ausgeliefert werden.
Während der Exportstopp deutscher Rüstungsgüter an Saudi-Arabien recht eindeutig ist, bleibt es etwas vage, was die Regelung für Gemeinschaftsprojekte nun konkret bedeutet. Zum Beispiel für die Lieferung von britischen Typhoon (Eurofightern) sowie Ersatzteilen für Eurofighter und Tornado-Kampfjets an die Saudis – bei denen auch in Deutschland gefertigte Teile verbaut sind.
Merkel hatte zu der Verlängerung am (gestrigen) Dienstag bei einer Pressekonferenz mit dem jordanischen König in Berlin Stellung genommen:
Frage: Frau Bundeskanzlerin, angesichts der derzeitigen Lage in Saudi-Arabien: Sind Sie für eine Verlängerung des Waffenembargos oder für eine teilweise Aufhebung, die ja einige Unionspolitiker fordern? Sehen auch Sie den Iran hinter den Angriffen, die es jetzt in Saudi-Arabien auf die Ölanlagen gegeben hat?
Merkel: Ich sehe im Augenblick keine Voraussetzungen für eine veränderte Haltung der Bundesregierung. Unsere Haltung hinsichtlich der Politik der Rüstungsexporte in Richtung Saudi-Arabien war ja durch den Jemenkonflikt geprägt. Ich finde, durch die Ereignisse zeigt sich noch einmal dringlicher, dass wir alles daransetzen müssen, eine diplomatische Lösung für den Jemenkonflikt zu finden, auch wenn das im Augenblick sehr schwierig aussieht; aber man muss es immer und immer wieder versuchen.
Was den genauen Hergang der Angriffe auf Saudi-Arabien, die natürlich verurteilenswert sind, anbelangt, so warten wir die Erkenntnisse der Beteiligten ab. Da kann ich kein abschließendes Bild sehen, aber es ist natürlich alles in den großen Zusammenhang der sehr angespannten Lage in der Region einzuordnen.
(Archivbild Mai 2012: Typhoon aircraft from RAF Coningsby practice for the Royal Jubilee celebrations by performing a diamond-nine formation over Lincolnshire – SAC Graham Taylor/MOD/Crown Copyright/Open Government License)
Saudi-Arabien klärt gegenwärtig mit den USA zusammen „die Verantwortlichkeit“ für den Luftschlag, der seine Ölaufbereitungsanlagen am 14. September getroffen hat, um auf dieser Basis das Ziel für einen Vergeltungsschlag zu bestimmen.
Sofern die Verantwortlichkeit mit der Herkunft der verwendeten Waffen, nicht dem Territorium des Abschusses oder den abschießenden Subjekten begründet wird, wäre das eine radikale Neuerung. Es wäre eine Wendung des gewohnheitsrechtlich gestützten Völkerrechts, welche Waffenexporte für den exportierenden Staat deutlich riskanter macht. Insofern ist das eine kluge Entscheidung der Bundesregierung in der gegenwärtigen Situation.
Hm, inwiefern setzt die Bundesregierung nochmal „alles“ daran, im Fall Jemen friedensstiftend zu vermitteln? Das Faustpfand der gestoppten Rüstungsexporte, die ja auch eher was mit der Ermordung eines Journalisten zu tun haben, ruft doch bei den Saudis allenfalls Stirnrunzeln hervor.
Ein interessantes Gedankenspiel wäre es natürlich zu eruieren, inwiefern ein deutscher Rüstungsbeitrag einen erneuten Anschlag auf die Ölproduktionsanlagen beeinflussen könnte. Da hat wohl das ganze westliche High-Tech bisher wenig gebracht: Mit einem überschaubaren Mitteleinsatz wurde ein enormer Schaden angerichtet, reel wie auch symbolisch.
Wie bereitet sich eigentlich die Bundeswehr auf künftige Einsätze gegen Rebellen vor, die über Drohnen(schwärme) verfügen könnten?
@Pham Nuwen
Genau, die Frage nach der eigenen Verletzlichkeit ist dran. Mindestens.
Das bräuchte hier aber einen anderen Einstieg.
Ich empfehle die Analyse, die in diese Richtung geht, von Anthony H. Cordesman unter dem Titel „Iran, Yemen, and the Strikes on Saudi Arabia: The Changing Nature of Warfare“ – Betonung auf dem letzten Teil, „Changing Nature of Warfare“
Findet sich auf der website von CSIS
#wenn das denn erlaubt ist: https://www.csis.org/analysis/iran-yemen-and-strikes-saudi-arabia-changing-nature-warfare #
Ein andere kluger Autor, ebenfalls aus dem US Establishment, hat das Aufwachen, welches dieser erfolgreiche Luftschlag gebracht hat, auf die fragende Formel gebracht
„„It may be that U.S. military assets in the Persian Gulf region have gone from being an intimidating tool of American coercion to a strategic vulnerability.“
@ Pham Nuwen
Mit dem Nah- und Nächstbereichsschutzsystem beschafft man zurzeit einen Fliegerabwehreffektor zum Schutz von mobilen Verbänden. Dieser kann auch Drohnen abwehren. Übergangsweise setzt man dazu erstmal einen 40mm Granatwerfer mit entsprechender Sensorik ein, zukünftig wird es jedoch wahrscheinlich auf ein System wie den Boxer Skyranger, mit 35mm Kanone, hinauslaufen. Quasi die mehr als überfällige Gepardersatzbeschaffung;)
Und für stationäre Objekte haben wir ja theoretisch das Mantis-System. Wenn auch mit gerademal 2 Systemen, bisher nur in homöopathischer Menge.
[Ich warte ja noch auf die 25Mio-Vorlage Nah- und Nächstbereichsschutz… oder habe ich die übersehen? T.W.]
@TZ
Abgesehen von einer 25Mio-Vorlage Nah- und Nächstbereichsschutz, Sie können Details (1) zum „Fliegerabwehreffektor zum Schutz von mobilen Verbänden“ mitteilen, der mit Sicherheit aber ein Flugabwehreffektor sein wird?
(1) TrägerFz (Rad/Kette), Waffensystem(e), Radar, Grundgliederung der Einh/Vbd, TSK-Zuordnung?
@T.W.
Meine neuesten Informationen kommen von diesem Artikel der esut zur Drohnenabwehr:
https://esut.de/2019/08/meldungen/ruestung2/14509/drohnenabwehr-c-suas-systeme-der-bundeswehr-im-einsatz-und-beschaffung/
(Darf man esut verlinken?)
Demnach ist der Beschaffungsprozess von 10 Systemen für VJTF 2023 angelaufen (Vergleich/Erprobung der Kandidaten).
Inwieweit da jetzt haushaltstechnisch schon etwas vorliegt, weiß ich aber tatsächlich nicht.
[Hm, der Link ist grenzwertig… wichtiger aber: da geht es konkret um Drohnenabwehr, nicht um ein tatsächlich schon in der Beschaffung befindliches Gesamtsystem Nah- und Nächstbereichsschutz… T.W.]
@T.W.
Das ist natürlich richtig. Da habe mich mich wohl in meinem ursprünglichen Kommentar missverständlich und ungenau ausgedrückt.
Also nochmal von vorn: Im Rahmen der qualifizierten Fliegerabwehr (einem Heeresprojekt), welche später in das NNBS eingebunden werden soll, soll ein Effektor beschafft werden, der gegen Drohen, aber auch gegen herkömmlichen Angriffe, z.B. Hubschrauber oder Tiefflieger eingesetzt werden soll. Da aber Lösungen wie der Boxer Skyranger noch nicht ausgereift sind, beschafft man übergangsweise erstmal ein System, basierend auf einer Waffenstation (wahrscheinlich 40mm Granatwerfer oder ähnliches) zur reinen Drohnenabwehr für die VJTF 2023. Der Effektor, der das volle Fähigkeitsspektrum leisten kann, kommt dann irgendwann später. Das ist aber nicht das Gesamtsystem NNBS (da sind mir im ursprünglichen Kommentar die Begriffe durcheinandergekommen). Dieses soll meines Wissens dann zusätzlich noch aus Effektoren zur Flugabwehr bestehen und fällt in den Zuständigkeitsbereich der Luftwaffe.
@Klaus Peter Kaikowsky
Meines Wissens soll der Boxer das Trägerfahrzeug für die Qualifizierte Fliegerabwehr werden.
Der Rest ist wie gesagt noch in der Entwicklung/Erprobung. Das Übergangssystem dürfte in etwa so aussehen, wie es z.B. Rheinmetall hier präsentiert:
https://www.youtube.com/watch?time_continue=58&v=Drm3kdDYBI4
Weiterhin soll sich wohl auch Kongsberg mit einer Waffenstation beworben haben, dazu haben ich im Netz aber nix gefunden.
Der Skyranger von Rheinmetall dürfte dann beim finalen System sicher gute Chancen haben. Der hätte dann ein Trackingradar, optische Sensoren und ggf. ein integriertes AESA-Suchradar. Über die Lösungen anderer Bewerber habe ich ebenfalls noch nichts gefunden.
Bei der Gliederung war vor Jahren mal irgendwo von einem (nicht näher spezifizierten) Zug pro Kampftruppenbataillon zu lesen, aber auch da dürfte noch vieles im Fluss sein.
So, ich hoffe jetzt sind alle Missverständnisse/Fragen geklärt!
Etwas nachgefragt/nachgelesen.
Begriff für die „Abwehr tief und sehr tief fliegender Flugobjekte“ ist „Qualifizierte Fliegerabwehr“,
Dazu sehr lesenswert bei https://www.hartpunkt.de/ehrgeiziger-zeitplan-erfordert-2018-umfassende-tests/ u.a.:
„Die Überlegungen im Heer gehen offenbar dahin, pro Kampftruppenbataillon einen Zug mit Fahrzeugen zur qualifizierten Fliegerabwehr vorzuhalten. Dabei würde dann womöglich ein Panzer-, Panzergrenadier- oder Jägerzug seine Fahrzeuge in die Umlaufreserve geben und gegen die neuen „Flak-Boxer“ tauschen“.
Und ESUT/Twitter auf Nachfrage:
@kaikowsky und @Team_Luftwaffe
„Nein uns liegen keine aktuelleren Informationen über die Beschaffung der 10 Systeme für die Qualifizierte Fliegerabwehr vor. Die Luftwaffe ist in diesem Zusammenhang auch nicht der richtige Adressat der Frage, da diese Systeme im Heer eingesetzt werden“.
Letzteres ist nunmehr eindeutig, Fliegerabwehr (aller Truppen), natürlich auch im Heer. Das „qualifiziert“ dürfte sich in der Spezialisierung je einer Teileinheit auf Verbandsebene begründen. Leider wird damit die truppengattungstypische Kampfkraft der betroffenen 10 Btl um einen Zug reduziert, nicht gut.
Ob der zentrale Großverband des Heeres, die Brigade, damit hinreichend Schutz erfährt, vor allem auf dem Marsch, bleibt fraglich.
@KPK
Natürlich nicht, denn außer der Kampftruppe gibt es ja die Unterstützer, die dann immer noch „schutzlos“ wären. Alles in allem ein sehr homöopathischer Kräfteansatz.
@ Klaus-Peter Kaikowsky sagt: 20.09.2019 um 14:29 Uhr
Sie vermischen da Sachen die nicht zusammengehören.
Es ist nicht die Aufgabe der Fliegerabwehr oder der qualifizierten Fliegerabwehr die Truppe auf dem Marsch zu schützen. Das ist Aufgabe der Flugabwehr (somit nach der letzten Struktur der Luftwaffe). Mit derzeitigen Mitteln ist kein System für einen Begleitschutz vorhanden und wird es auch bei der VJTF2023 nicht geben. Qua Interview Inspekteur Luftwaffe in der ES&T (September 2019) wird die die Aufgabe Luftabwehr durch Patriot (bereits bei VJTF2019) und Ozelot übernommen.
@TZ
Danke für den Link zum Esut-Artikel! Ich lese da
„… auch Streitkräfte sehen sich dieser stetigen Bedrohung ausgesetzt. So werden … die deutschen Bundeswehrcamps in Afghanistan und Mali fast täglich von small Unmanned Aerial Systems (sUAS) überflogen. Als Zweck dieser Flüge wird die Aufklärung vermutet, es ist aber nicht auszuschließen, dass die Unmanned Aerial Vehicles (UAV) auch einmal eine Nutzlast tragen, mit der ein Anschlag verübt werden kann.“
Kann man, wenn das der Fall ist, wirklich noch ruhig im Lager schlafen? Warum sollten die Kräfte, die in Afghanistan und in Mali bekämpft werden, sich nicht in kurzer Frist die Fähigkeiten aneignen können, die in Abkaik und Khurais zum Einsatz gebracht worden sind? Ist das keine so reale Gefahr, dass man das bis zum Beweis des Gegenteils aussitzen kann?
Sofortmaßnahmen
@CBSEveningNews
NEW: The U.S. has positioned the USS Nitze, a an Arleigh Burke class destroyer armed with surface-to-air missiles, off the northeastern coast of Saudi Arabia in an effort to plug the gap in Saudi air defenses, which Iran exploited in last weekend’s attack.
Das sollte dann der nördliche Golf ostwärts Kuwait bedeuten.
@Wa-Ge
Mir schon klar, was Sie sagen wollen.
Aufgabe der Fliegerabwehr oder der qualifizierten Fliegerabwehr ist selbstverständlich AUCH die Truppe auf dem Marsch zu schützen, jedenfalls der BtlEbene, wer sollte das denn sonst machen? Aber 10 TEinh bei 22 Btl der KpfTr plus 2 FSchJgRgt, – sehr wenig, lächerlich wenig.
Die armselige Flugabwehr der Luftwaffe mit zu wenig Ozelot/Wiesel kann vielleicht sich selbst schützen. Pardon, aber die Armseligen, die eine Heeresflugabwehr der Lw zugeschanzt haben, gehören tagtäglich geohrfeigt.
Was ist denn jetzt eigentlich mit den Patrouillenbooten für Saudi Arabien? Wollte nicht die Bundespolizei , Zoll und die Marine welche abnehmen?
Das soll die Antwort sein?
Also mehr Patriot, F22, F35 als Lösung gegen CM niedrig/im Konturenflug sich nähernd, gegen niedrigst anfliegende UAS, wirklich?
Ist es nicht zuerst eine Frage der Aufklärung sowie ff von Schutz im Nah- und Nächstbereichsschutz mit Rohrbewaffnung für kritische Anlagen? Sicher gehört beides untrennbar zusammen, dem KSA fehlt es aber an unmittelbarem Schutz seiner kritischen Anlagen!
Was das Pentagon da offenbar andenkt, ist aber klassische Flugabwehr, davon haben sich die Saudis hinreichend zusammengekauft.
https://foxnews.com/politics/pentagon-weighing-move-to-send-more-troops-to-middle-east…
h/t@mercoglianos
The @DOTMARAD, in conjunction with @MSCSealift and @US_TRANSCOM, has ordered a no-notice turbo activation of between 23 to 25 ships from the 46 ship Ready Reserve Force. This is the largest activation since 40 ships were used in Op Iraqi Freedom in 2003.
Begrenzte Verfügbarkeit, 50% der Ready Reserve Force aktiviert, ohne große Bekanntmachung. Anderer Zweck als Truppentransporte MENA?
https://mobile.twitter.com/mercoglianos/status/1173958075327426561/photo/4
Gerüchteweise hat der russische Elektronik- und Radarhersteller RTI die Exportfreigabe für das System „Container“ bekommen. Ein bodengestütztes Über-den-Horizont Radar mit einer Reichweite von 1000-2000 Kilometern. Abdeckung 180°. Der Hersteller verspricht, daß man mit dem Radar eine F-16 auffassen kann, sobald sie auf der Startbahn beschleunigt. Cruise missles ortet es vielleicht nicht ganz so weit. Sucht gerade irgendwo ein dünnbesiedeltes Flächenland eine Langstrecken-Luftraumüberwachung…?
Iran gibt „Stena Impero“ frei.
https://t.co/5pB8HQSfRp?amp=1
Sieht auch seitens Teheran nach Entspannung aus, oder man zeigt sich großzügig nach maximalem Cruise Missile Erfolg an den KSA Ölterminals und der beginnenden jährlichen United Nations General Assembly (UNGA).