Straße von Hormuz: USA beginnen Marinemission mit drei Verbündeten; noch nix von Europa
In den knapp zwei Wochen meines Urlaubs scheint die Debatte über eine mögliche europäische Marinemission zum Schutz von Handelsschiffen in der Straße von Hormuz nicht wirklich weiter gekommen zu sein. Ein Thema für die EU-Verteidigungsminister, die sich am Mittwoch und Donnerstag informell trafen, war es jedenfalls nicht – vermutlich aber eines für das anschließende Treffen der Außenminister. Die USA teilten unterdessen mit, sie hätten ihre Operation Sentinel zusammen mit Großbritannien, Australien und Bahrain begonnen.
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte am Donnerstag nach dem informellen Verteidigungsministertreffen in Helsinki, die Ressortcheffinen und -chefs hätten zwar über das Konzept der Coordinated Maritime Presences gesprochen – das wird allerdings schon seit einiger Zeit entwickelt, unabhängig von der Lage im Persischen Golf und in der Straße von Hormuz. Als grundsätzliches Konzept habe es ohnehin mit aktuellen Spannungen nichts zu tun.
(Die Coordinated Maritime Presences sind im wesentlichen eine Informationskoordination – die Kriegsschiffe der verschiedenen EU-Staaten sollen, vereinfacht gesagt, ihre Lagebilder mit einer zentralen Stelle in der EU teilen. Außerdem sollen die Küstenländer der entsprechenden Regionen eingebunden werden. Vorbilder dafür finden sich bei den Koordierungsstellen, die im Zuge der Bekämpfung der Piraterie im Golf von Aden und der Küste Somalias genutzt wurden und werden. Ein Pilotprojekt, darauf verständigen sich die EU-Verteidigungsminister, soll in einigen Monaten im Golf von Guinea gestartet werden.)
In der Straße von Hormuz, das teilte US-Verteidigungsminister Mark Esper am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington mit, begannen die USA die als Koalition der Willigen ausgelegte Geleitschutzmission Operation Sentinel. Um eine Beteiligung hatte die US-Regierung bereits seit Mitte Juli geworben; bislang ist sie überschaubar: Neben den USA selbst nehmen Bahrain, als Anlieger des Persischen Golfs natürlich interessiert, Australien und Großbritannien teil – das Vereinigte Königreich hatte zunächst eine europäisch geführte eigene Schutzmission ins Gespräch gebracht, war nach dem Regierungswechsel in London dann aber auf eine Beteiligung an der US-Mission umgeschwenkt.
Aus dem Transkript der Pressekonferenz des US-Verteidigungsministers:
I am pleased to report that Operation Sentinel is up and running, with the U.K., Australia and Bahrain joining us in this effort. The purpose of this operation is twofold: first, to provide freedom of navigation for the commercial shipping that is so vital to global economic trade; and second, to deter provocations and avoid conflict in the region.
We remain in discussions with many nations who have had — who have a stake in the openness of this region and we expect to see the list of participants continue to grow. (…)
Question: You mentioned Iran, you mentioned Operation Sentinel, Mr. Secretary. It hasn’t been that long ago that the U.S. almost went to war with Iran, in the sense that there was an attack planned that was called off at the last minute. In recent weeks, it seems to have been relatively quiet. There’s been no sabotaging of vessels in the — in the Gulf. But wondering if — has the crisis passed?
We are not seeking conflict with Iran. We — we want to engage with them diplomatically. You saw over the weekend some reporting. The president once again said that he’s more than willing to meet with Iran’s leaders to resolve this diplomatic — diplomatically. And that was — has been the purpose of Operation Sentinel, was to avoid a situation that would get us off of that track and onto a different one.
So to the degree it’s been successful, that’s good. I’m — I’m not sure I’m ready to call the crisis over yet, but so far so good. And we hope the trend lines continue that way. And we hope that the parties, that the Iranians would agree to talk — meet and talk and help us resolve these issues.
Die Europäer haben bislang die Entscheidung über eine solche Marinemission in der Region aufgeschoben. Ihr Argument: Der Politik des maximalen Drucks auf Iran, der die USA folgen, wollen sie sich nicht anschließen – und vor allem wollen sie weiterhin das Nuklearabkommen mit dem Iran, den JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action) erhalten, der eine nukleare Aufrüstung des Landes verhindern soll.
Vorerst bleibt unklar, ob und wie die EU-Außenminister bis zum (morgigen) Freitag das Thema angehen. Der finnische Außenminister Pekka Haavisto, als Vertreter der finnischen EU-Präsidentschaft Gastgeber des Treffens ins Helsinki, hatte zwar noch am Mittwoch betont: Von Schritten zu einer solchen europäischen Mission sei ihm bislang nichts bekannt. Aber ein informelles Treffen sei eben auch eine Art Brainstorming – und ich bin sicher, die Straße von Hormuz ist einer der wichtigsten Punkte auf der Tagesordnung.
(Offenlegung: Für meine Reise nach Helsinki wurden Flugkosten, Hotel sowie Ausgleichszahlungen für die CO2-Belastung des Flugs von der finnischen EU-Präsidentschaft bzw. vom Außenministerium übernommen.)
(Foto: STRAIT OF HORMUZ (Aug. 12, 2019) Aviation Ordnanceman 3rd Class Nathan James, from Rancho Cucamonga, Calif., assigned to amphibious assault ship USS Boxer (LHD 4), stands watch during a Strait of Hormuz transit – U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 2nd Class John Luke McGovern)
An dieser Stelle ist erneut der Hinweis notwendig auf – https://dgap.org/de/think-tank/publikationen/dgapkompakt/ein-schiff-wird-kommen – was
ja auch bei „Sicherheitshalber“ besprochen wurde; sowohl eine definite EU Entscheidung als auch solche aus Berlin blieb bislang offen.
„Deutschlands Optionen für einen Marineeinsatz in der Straße von Hormus“ fand offenbar auch international Beachtung, jedenfalls hab ich retweets aus dem Englisch sprachigen Raum gesehen.
In der Betrachtung wird unterschieden zwischen Beobachter- und Schutzmission: „Das Kanzleramt hat eine maritime Schutzmission ins Spiel gebracht; der Außenminister eine Beobachtermission“.
Das derzeitige informelle Treffen könnte letztlich – im Anschluss – zu durchaus formellen Resultaten führen.
Währenddessen geht die Odyssee der Grace 1/Adrian Dayra 1 im Mittelmeer weiter: GRI – TUR – CYP als Zielhafen, nein/doch/vielleicht …? Zudem „soll“ der Iran die Ladung inzwischen verkauft haben.
https://mobile.twitter.com/Michellewb_/status/1167064266538651649/photo/1
Ich verstehe nicht die Diskussionsgrundlage.
ES GIBT KEIN UN-MANDAT, PUNKT.
Aber eine Menge Fakten, über die kein Politiker, kein öffentlich rechtlicher Sender und keine Zeitung (die, die keiner mehr kauft) spricht.
Charta der Vereinten Nationen
Art. 2
…
3. Alle Mitglieder legen ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel so bei, dass der Weltfriede, die internationale Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden.
4. Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.
…
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 25
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes (SIEHE OBEN) sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des Bundesgebietes.
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 26
Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
Anm.: Hierzu gilt auch die rein logistische Unterstützung Dritter, sowie die Bereitstellung logistischer, strategischer und taktischer Basen in Deutschland.
SEERECHTSÜBEREINKOMMEN DER VEREINTEN NATIONEN UND ÜBEREINKOMMEN ZUR DURCHFÜHRUNG DES TEILS XI DES SEERECHTSÜBEREINKOMMENS
TEIL III
MEERENGEN, DIE DER INTERNATIONALEN SCHIFFAHRT DIENEN
ABSCHNITT 1
ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
Artikel 34
Rechtsstatus der Gewässer von Meerengen, die der internationalen Schifffahrt dienen
(1) Die in diesem Teil festgelegte Durchfahrtsordnung für Meerengen, die der internationalen Schifffahrt dienen, berührt im Übrigen nicht den Rechtsstatus der solche Meerengen bildenden Gewässer oder die Ausübung der Souveränität oder der Hoheitsbefugnisse über diese Gewässer und deren Luftraum, Meeresboden und Meeresuntergrund durch die Meerengenanliegerstaaten.
(2) Die Souveränität oder die Hoheitsbefugnisse der Meerengenanliegerstaaten werden nach Maßgabe dieses Teiles und der sonstigen Regeln des Völkerrechts ausgeübt.
Anm.: USA hat das Abkommen unterzeichnet, jedoch nie ratifiziert (wegen der Arktis, Bodenschätzen und so weiter).
Somit gilt für den Umgang mit US Schiffen von Seiten des Irans, Iranisches Recht.
Iran kann also rechtlich jederzeit als souveräner Anliegerstaat, dessen Hoheitsgebiet fast die gesamte Breite der Meerenge erreicht verbieten hindurchzufahren.
Das kümmert die USA jedoch nicht.
Etwa so, wie wenn jemand mit seinem Lkw ohne Erlaubnis und mit einer geladenen Schrotflinte auf dem Beifahrersitz durch ihren Vorgarten fährt, im Wissen, dass ihm nichts passieren kann, da sie nur eine Wasserpistole besitzen.
—
Ich erinnere noch einmal an die Ereignisse vom 2. und 4. August 1964 im Golf von Tonkin und den daraus resultierenden Krieg über 12 Jahre mit „ZWEI MILLIONEN“ toten Menschen.
Das alles juckt scheinbar niemanden.
Krieg hat noch nie etwas Gutes bewirkt.
Wir haben einfach nichts gelernt aus den Weltkriegen, unserer jüngeren Bundeswehrgeschichte und Nürnberg 1945.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung; dennoch wäre ich sehr dankbar, wenn a) das exzessive Zitieren von leicht verlinkbaren Fundstellen nicht überhand nimmt und b) manche Debatten nicht wieder bei Null begonnen würden, als hätte es in den vergangenen Wochen hier keinerlei Diskussion dazu gegeben. So ist das ziemlich sinnlos. T.W.]
@ TW.
Genau das ist ja der Punkt des Kommentators. Alle Debatten über einen deutschen Beitrag oder irgendwelche Missionen sind eigentlich zweckfrei weil es keine rechtliche Grundlage gibt.
Ziel ist nicht die Debatte wieder von Null anzufangen sondern dorthin zurück zu setzen wo sie hingehört. Auf Null.
@Ausbilder
Die Ausbildungsmission im Irak baut auch nicht auf einem VN Mandat auf. Wenn dort ein deutsches Schiff kreuzt ist das auch nicht unbedingt jedesmal ein vom BT zu genehmigender Einsatz, das hängt vom Auftrag und den ROE ab.
Hinfahren und gucken / horchen müßte auch ohne Mandat gehen. Ansonsten konstruiert man sich eben ein ad hoc System kollektiver Sicherheit über ein EU Mandat.
‚meine persönliche Meinung.
Naja, aber damit macht man die UN zu einer Nullnummer.
Man lobt die UN in jeder Minute hoch, aber dann hält man sich doch nicht an sie.
Entweder es gibt ein Mandat oder es gibt keins.
So einfach seh ich das.
Wenn einem das Zustandekommen eines Mandats nicht passt (Vetomöglichkeit ständiger Sicherheitsrat), dann muss man die UN eben verändern.
So lange hält man sich an die Mandate oder eben an die fehlenden Mandate.
Zur Irakmission:
„Bereits in der ersten Lesung des Bundestages im Dezember 2014 machten sowohl Außenminister Frank-Walter Steinmeier als auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen deutlich, dass der Einsatz einen Teil der internationalen Anstrengungen im Kampf gegen die Terrororganisation ISIS darstellt.“
„Sie (die Bundesregierung) verwies auf eine Aufforderung des UNO-Generalsekretärs Ban Ki-Moon, im Kampf gegen den IS zu helfen, sowie auf entsprechende bilaterale Anfragen aus dem Irak. An dieser Sichtweise und der damit rechtlich und politischen Begründung der Bundesregierung gab und gibt es Zweifel.“
Ich habe nicht gehört, dass der Iran nach Unterstützung in Form von Schiffen gegen Piraterie (oder IS Terroristen im Persischen Golf) gefragt hat.
Das soll man mal schön diplomatisch lösen ohne Kriegsschiffe, dafür sind Diplomaten da.
@Ausbilder sagt: 30.08.2019 um 11:49 Uhr
„Ich verstehe nicht die Diskussionsgrundlage.
ES GIBT KEIN UN-MANDAT, PUNKT.“
Man benötigt nicht zwingend ein VN-Mandat. Man benötigt allerdings sehr wohl eine völkerrechtliche Grundlage, aber da ist ein VN-Mandat nur eine mögliche Quelle.
@T.W.
„In den knapp zwei Wochen meines Urlaubs scheint die Debatte über eine mögliche europäische Marinemission zum Schutz von Handelsschiffen in der Straße von Hormuz nicht wirklich weiter gekommen zu sein.“
– Aus meiner Sicht nicht verwunderlich. Es gibt schlicht keine Notwendigkeit für diese völlig überflüssige Operation.
– Sollen die USA und UK da rumkurven so lange sie wollen. Aus deutscher Sicht wäre es eine reine Vergeudung von knappen Ressourcen.
heise.de: Tankerkrise: US-Militär hat iranische Militärnetze dauerhaft lahmgelegt
[Warum dann nicht gleich auf die Originalmeldung verweisen?
https://www.nytimes.com/2019/08/28/us/politics/us-iran-cyber-attack.html
T.W.]
@Ausbilder
Zurückgeblättert bis 10. Juli 2019 (!) habe ich zum Thema Hormus&Co 12 blog-Einträge gezählt, davon 1x „Sicherheitshalber“. Ihre Anmerkungen
hinsichtlich der völkerrechtlichen Dimension wurde mehrfach durchdekliniert. Es lässt sich an Antworten einiges finden.
Zudem, wie @Koffer darstellte, „Man benötigt nicht zwingend ein VN-Mandat“ ist natürlich sympathischer, aber leider auch immer unwahrscheinlicher angesichts der VETO-Positionen im UNSR.
Staaten können andere zu ihrem Schutz einladen (SYR > RUS), außerdem gilt immer mehr R2P/Internationale Schutzverantwortung, ist hier aber gleichfalls facettenreich beleuchtet worden.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Schutzverantwortung
@ Ausbilder
Ich finde es tatsächlich ganz erfrischend, den Auszug der UN-Charta mal so wieder aufgeschrieben zu sehen.
@TW: Ich hoffe, Sie hatten einen schönen Urlaub!
@Ottone:
In dem NY Times Artikel lese ich eigentlich nur „bla bla, wir sind die geilsten“ und den Satz:
„Iran is still trying to recover information destroyed in the June 20 attack and restart some of the computer systems – including military communications networks – taken offline, the officials said.“
Die Iraner sollen also am 28.08. immer noch ihr militärisches Kommunikationsnetzwerk (oder einen Teil) hochfahren/bereinigen nach einem Angriff vom 20.06. und eine ganz wichtige Datenbank ist gelöscht.
So so, 2 Monate ist die Kommunikation down und von Datensicherung hat man im Iran wohl auch noch nie was gehört.
Dass die USA einen Cyberangriff gestartet haben, glaube ich gerne und auch, dass dieser ordentlich eingeschlagen ist.
Aber diese Auswirkungen wird er doch nicht gehabt haben.
1. Würde man sein Pulver nicht verschießen für diese „Bagatelle“ – Kommunikationsnetzwerk für 2 Monate lahmlegen – das ist Goldwert.
2. Steht auch im Artikel, dass seitdem kein Angriff/Kaperung mehr stattfand. Das MUSS natürlich die Folge von diesem Cyberangriff sein!
Wenn morgen die Sonne wieder aufgeht, lag es bestimmt auch am Cybercommand. *sarc*
Die Datenbank bestand aus Schiffsdaten und welche Schiffe wo und in welcher Reihenfolge versenkt werden sollen.
Die wissen schon, dass zivile Schiffe langsam sind und unter AIS fahren und man schon Wochen vorher weiß, welche Schiffe ungefähr wann wohin fahren?
Mein Gott, was hat die Wehrmacht 1940 nur ohne PC und Datenbanken gemacht…
Man nehme 10 Stabsoffiziere der Marine und gibt denen 5 Stunden Zeit, ein Radar, Seekarten und ein Smartphone mit Internet (MarineTraffic etc.).
Fertig hat man einen Plan (wann, wo, welches Schiff).
@ Landmatrose3000 sagt:
„@ Ausbilder Ich finde es tatsächlich ganz erfrischend, den Auszug der UN-Charta mal so wieder aufgeschrieben zu sehen“
– Ich stimme Ihnen zu.
@Ausbilder
Vielen Dank. Auch für mich was es hilfreich in aller Kürze die relevanten Rechtsgrundlagen in dieser Zusammenfassung präsentiert zu bekommen.
@Koffer
„Man benötigt nicht zwingend ein VN-Mandat. Man benötigt allerdings sehr wohl eine völkerrechtliche Grundlage, aber da ist ein VN-Mandat nur eine mögliche Quelle.“
– Im Gegensatz zu @Ausbilder bleiben Sie im „Allgemeinen“. Mit diesen Allgemeinplätzen kann man Alles rechtfertigen. Wenn Recht beliebig auslegbar wird, dann benötigen wir kein Recht mehr.
– Können Sie einmal konkretisieren auf welche rechtlichen Grundlagen als Alternative zu einem VN-Mandat Sie sich im konkreten Fall beziehen. Dieses Mal passt die gern genommene „Responsibility to Protect“ – Begründung eindeutig nicht.
@Pete sagt: 31.08.2019 um 10:02 Uhr
„– Im Gegensatz zu @Ausbilder bleiben Sie im „Allgemeinen“. Mit diesen Allgemeinplätzen kann man Alles rechtfertigen. Wenn Recht beliebig auslegbar wird, dann benötigen wir kein Recht mehr.“
1. Ich wüsste nicht, was weniger konkret ist als eine allgemeine Kopie aus einem Vertragswerk. Dadurch wird nicht deutlich, warum das auf den konkreten Fall einen Bezug hat, welche Auslegungen denkbar sind und was sich daraus ableitet.
„Können Sie einmal konkretisieren auf welche rechtlichen Grundlagen als Alternative zu einem VN-Mandat Sie sich im konkreten Fall beziehen.“
Verfassungsrechtlich sind da EU und NATO Mandate zu nennen. Je nachdem wo man in der aktuellen verfassungsrechtlichen Diskussion steht auch eine Koalition der Willigen. Darüber hinaus 87a im Kern (Verteidigung DEU Schiffe).
Völkerrechtlich kommt u.a. das hier stark einschlägige Völkergewohnheitsrecht der Freiheit der Meere in Frage. Außerdem als völkervertragsrechtliche Grundlage das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen. Und auch wenn wir im Bereich der VN bleiben, muss es kein Mandat sein, eine begründende Resolution des VNSR wäre auch denkbar. Mit Blick auf den Schutz eigener und alliierter Schiffe kommt darüber hinaus auch das Selbstverteidigungsrecht der Nationen in Frage.
etc. etc. etc. Es Bedarf unstrittig einer rechtlichen Grundlage. Verfassungsrechtlich und völkerrechtlich, aber wie gesagt, es gibt mehr Möglichkeiten als ein VN Mandat.
„Dieses Mal passt die gern genommene „Responsibility to Protect“ – Begründung eindeutig nicht.“
Das sehe ich auch so.
@ Ottone
Den Sachverhalt kannte ich noch gar nicht. Mit dem öffentlichen Herausposaunen von Cyber-Warfare-Angriffen auf die militärische Führungsfähigkeit des IRN ist irgendwie eine Schwelle überschritten.
Wie will man denn jetzt noch seitens USA „Innocent“ Passage für die Navy beanspruchen.
Und wie soll das weitergehen – als nächstes legt US Cyber Command IRN Kraftwerke still? Und IRN hackt sich dann bei den Windows2000-Systemen der Arleigh Burkes ein und setzt die auf Grund oder so?
Mit der gleichen Denke kann ja CHN dann auch der US-Zollbehörde deren IT abdrehen…Oder oder….Die Büchse der Pandora wird da zu weit geöffnet.
Dazu jetzt die neuen Sanktionen gegen Ex-Grace 1 und deren Kapitän in Personam.
Wenn das so weitergeht geb ich der NATO in jetziger Form keine 5 Jahre mehr. Und wenn der UN Gen-Sec nicht bald mal den Mund aufmacht, brauch er sich über den rapiden Bedeutungsverlust auch nicht mehr wundern.
@Luftikus
„Mein Gott, was hat die Wehrmacht 1940 nur ohne PC und Datenbanken gemacht“?
Führung zu Fuß/Heer:
Generalstabskarte 1:100.000, Feldtelefon, Funk, DF, Krad-Melder, Meldeblock, 6B, Spitzenpersonal.
Warum war das kein Problem, der Gegner hatte nichts Besseres.
Erfolgreiche Cyber-Attacken gegen den Iran ersparen kinetische Mittel, gut so. Je nach Verständnis stellen allerdings sowohl Cyber als auch Spionage Kriegsmittel dar.
Nur neu ist das alles auch nicht: Der STUXNET Angriff von 2010 wird als wahrscheinliche mögliche Urheberschaft Israel zugerechnet. Der Iran bestätigt am 26.10.2010 Angriffe durch Stuxnet, es sollen 30.000 Computer betroffen gewesen sein, in der Hauptsache Atomanlagen im weitesten Sinn.
@Landmatrose etc
h/t@hdevreij
If Mike Pompeo was right, the Iranian tanker Adrian Darya 1 should turn to starboard by now in order to reach Tartous, Syria. But maybe his information wasn’t that reliable after all and it will, as indicated by its AIS signal, head for Iskenderun, Turkey.
https://mobile.twitter.com/hdevreij/status/1167784030110146560/photo/1
GRI, TUR, CYP, SYR, LIB, jetzt fehlt noch Israel, dann ist die Levante durch. Die mögliche TUR Lösung kann angesichts der U.S. -TUR Zugeneigheit tricky werden.
@ KPK
Ja, aber die neuesten US-Sanktionen sind ja ähnlich absurd wie die Idee Grönland zu kaufen. Wie heisst es? „Anyone providing support to the Adrian Darya 1 risks being sanctioned”
Also: Jeder der das Schiff in den Hafen lässt, kommt auf die schwarze Liste.
Das ist doch paradox: Wenn man alle Orte, wo die Ex-Grace 1 anlegen und Ihre Ladung löschen könnte, pauschal mit irren Sanktionen bedroht – wo soll der Dampfer denn noch hin, ausser nach SYR oder zurück nach IRN?
@Landmatrose3000 sagt: 31.08.2019 um 20:02 Uhr
„Ja, aber die neuesten US-Sanktionen sind ja ähnlich absurd wie die Idee Grönland zu kaufen.“
Keine Ahnung, was daran absurd sein soll einen versuchten Blockadebrecher in ein Bürgerkriegsgebiet davon abhalten zu wollen aus seinem Tun auch noch Gewinn schlagen zu wollen…
So oder so hat das aber auch nichts mit der Straße von Hormuz zu tun.
@Landmatrose3000 sagt: 31.08.2019 um 12:17 Uhr
„Wenn das so weitergeht geb ich der NATO in jetziger Form keine 5 Jahre mehr.“
?! Was soll denn im Zusammenhang mit der Straße von Hormuz und/oder versuchten Blockadebrechern nach SYR die NATO beschädigen?
Ich sehe derzeit genau die gegenteilige Entwicklung. TUR mal außen vor, bringen sich die meisten Alliierten wieder verstärkt und konstruktiv in die NATO ein (übriges auch die USA) und es geht gerade im Bündnis richtig positiv voran.
„Und wenn der UN Gen-Sec nicht bald mal den Mund aufmacht, brauch er sich über den rapiden Bedeutungsverlust auch nicht mehr wundern.“
Aha. Ist das so?
@Koffer
„… Ich wüsste nicht, was weniger konkret ist als eine allgemeine Kopie aus einem Vertragswerk. Dadurch wird nicht deutlich, warum das auf den konkreten Fall einen Bezug hat, welche Auslegungen denkbar sind und was sich daraus ableitet…“
– Manchmal fällt es mir wirklich schwer die Logik Ihrer Gedanken zu erfassen. Wie kann der Text eines Vertragswerkes „weniger konkret sein“ als alles Andere?
– Die BASIS für die rechtliche Bewertung eines Einzelfalls kann doch nur der konkrete Gesetzestext sein.
– Die Auslegung eines Gesetzestextes ist selbstverständlich grundsätzlich immer eine subjektive Angelegenheit. Aber die Basis – auch der subjektiven Auslegung- muss doch der konkrete Text im jeweiligen rechtlichen Bezugsdokument sein. Eine „denkbare Auslegung“ kann doch nicht vollkommen außerhalb des konkreten Textes des Vertragswerks stattfinden.
– @ Ausbilder hat für all diejenigen, die nicht den Text der entsprechenden rechtlichen Grundlagen kannten, eine wesentliche Grundlage geliefert für eine eigenständige Meinungsbildung.
@Pete sagt: 31.08.2019 um 22:44 Uhr
„– Manchmal fällt es mir wirklich schwer die Logik Ihrer Gedanken zu erfassen. Wie kann der Text eines Vertragswerkes „weniger konkret sein“ als alles Andere?
– Die BASIS für die rechtliche Bewertung eines Einzelfalls kann doch nur der konkrete Gesetzestext sein.“
Per Definitionem sind Gesetzestexte (in diesem Fall geht es übrigens nicht um ein Gesetz, sondern um einen völkerrechtlichen Vertrag) abstrakt. Die Auslegung und Anwendung für den Einzelfall wiederum ist konkret. Das lernt man in den allerersten Grundlagenvorlesung in Jura bzw. Grundlagen unterrichten Rechtslehre.
Nachdem wir jetzt das kleine 1×1 der Grundlagen der Rechtsfindung abhakt haben, können wir vielleicht wieder zurück zum Thema dieses Fadens kommen?!
weit aufschlussreicher als das, was der deutsche Außenminister gesagt hat, ist, was Frau Mogherini nach der Sitzung der EU-Verteidigungsminister mitgeteilt hat. Hier der entsprechende Ausschnitt aus der Pressekonferenz:
„We have always worked in this respect: the European Union has deployed over the years two naval military operations in key strategic areas. Member States also deploy on a regular basis their naval assets around the world. Put together, the naval assets of the EU are of a remarkable number. We discussed today an idea, a concept, which I presented a couple of months ago: the concept of a Coordinated Maritime Presences in certain areas of strategic interest to the European Union. That would be an additional tool at the disposal of the European Union that would basically use the presence of national naval assets of Member States that would be put together on a voluntary basis by Member States and would remain under the chain of command of national authorities, but that would agree to share information, awareness, analysis and also would promote together international cooperation at sea and partnership with coastal countries of the areas concerned.
The concept is still at an initial stage of the development, but all Member States showed interest in working further on this. We decided to try to finalise technical work to prepare this concept for a first test, for a first pilot case in which we can use it: we mentioned the Gulf of Guinea as a first test we could have of this mechanism that would be very light. And I want to stress very clearly that it would not substitute, but it would complement and it would be in addition to the traditional military operations that the European Union has and can continue to have in the future.“
https://eeas.europa.eu/headquarters/headquarters-homepage/66784/remarks-high-representativevice-president-federica-mogherini-press-conference-following_en
Das bedeutet eher eine Analogie zur Operation Atalanta, mit Zustimmung der somalischen Regierung, aus dem Jahre 2008 die parallel zur US-geführten Allianz-Operation CTF-151 geführt wurde. Und da ist auch zweifelsfrei, dass da vor Westafrika ein Bedarf besteht.
[Hat allerdings, wie ich oben auch geschrieben habe, als Konzept Coordinated Maritime Presences mit der Straße von Hormuz nichts zu tun – warum also jetzt hier in dieser Form eingebracht, obwohl nicht zum Thema gehörend? T.W.]
@
Koffer sagt:
31.08.2019 um 10:40 Uhr
“
@Pete sagt: 31.08.2019 um 10:02 Uhr
[…]
„Können Sie einmal konkretisieren auf welche rechtlichen Grundlagen als Alternative zu einem VN-Mandat Sie sich im konkreten Fall beziehen.“
Verfassungsrechtlich sind da EU und NATO Mandate zu nennen. Je nachdem wo man in der aktuellen verfassungsrechtlichen Diskussion steht auch eine Koalition der Willigen. Darüber hinaus 87a im Kern (Verteidigung DEU Schiffe).
“
Das mag ja für die Befriedigung unserer Gelüste nach einem ‚von-irgendwas-abgesegneten‘ Einsatz gelten, aber in wie-fern soll denn ein EU- oder NATO-Mandat den Iran interessieren? Die EU ist dem Grunde nach ein Wirtschaftsbündnis und die NATO ein Verteidigungsbündnis (!). Wenn man wirklich ein ‚gleiches-Recht-für-Alle‘ Gefühl befriedigen will, dann kann man bei uns doch nicht mit weniger als einem UN-Mandat zufrieden sein. Alles andere wäre doch eine mehr oder minder einseitige Angelegenheit, die dem Iran egal sein kann. Was soll denn unter so einem denkbaren Mandat passieren? Die EU oder die NATO drohen dem Iran, fahren da unten rum und werden dann irgendwann auch schießen? Dem Iran den Krieg erklären?
Wir sind ja gerade an einem Punkt, wo die größte NATO-Einzelmacht USA zugegeben haben einen Cyberangriff auf den Iran geführt zu haben – umgekehrt verstehen die USA das übrigens als kriegerischen Angriff. Ok, man hat die Garden vorher noch zu Terroristen erklärt, damit man das offiziell noch anders absegnen lassen kann – aber was würde wohl von Theheran noch stehen, wenn die mal ein bisschen Cyber mit der USA getrieben hätten?
Aber von solchen rechtlichen Rechtfertigungsversuchen eines möglichen Eingreifens mal abgesehen: Wie weit ist denn da unten nun überhaupt ein Problem? Freie Schifffahrt derweil eingeschränkt oder behindert worden? Mir ist nichts zu Ohren gekommen…
Im Mandat soll dann was als Auftrag stehen? Verringerung der Angst vor Speedbooten?
@Alpha November sagt: 01.09.2019 um 23:34 Uhr
Wenn Sie meinen Beitrag lesen, werden Sie erkennen, dass ich sehr eindeutig zwischen völkerrechtlicher und verfassungsrechtlicher Grundlage unterscheide.
Wir DEU benötigen beides. NATO und EU kann hierbei aufgrund mangelnder regionaler Zuständigkeit nur als verfassungsrechtliche Grundlage dienen (so schrieb ich es auch).
Als völkerrechtliche Grundlage kommen neben einem VN-Mandat auch andere Quellen des Völkergewohnheitsrechtes (Recht der Freiheit der Meere, im fraglichen Fall stark einschlägig) oder des Völkervertragsrechtes (VN Seerechtsübereinkommen, ebenfalls stark einschlägig). Zudem für eigene und alliierte Schiffe das Selbstverteidiungsrecht der Völker.
Wie gesagt. VN-Mandat ist eine mögliche Quelle im Völkerrecht, aber eben nicht die einzige.
@ Koffer sagt:
02.09.2019 um 7:36 Uhr
Ok, das verstehe ich. Danke.
“
Als völkerrechtliche Grundlage kommen neben einem VN-Mandat auch andere Quellen des Völkergewohnheitsrechtes (Recht der Freiheit der Meere, im fraglichen Fall stark einschlägig) oder des Völkervertragsrechtes (VN Seerechtsübereinkommen, ebenfalls stark einschlägig). Zudem für eigene und alliierte Schiffe das Selbstverteidiungsrecht der Völker.
“
Das wären ja Punkte, die Einzelmächte und/oder Bündnisse zu Begleitschutzaktionen u.ä. bringen könnten, die sich rechtlich halten liessen. Dabei bliebe dann ja nur noch die Frage offen wozu man das machen sollte. Außer GBR und USA ist ja scheinbar keine Macht im Begriff derartiges zu wollen? Das kann ja bedeuten der Rest der Welt sei blind oder es kann bedeuten das die USA ein Problem hochspielen, dass es objektiv nicht gibt oder es kann bedeuten, das es ein Problem gibt, aber man den USA möglichst nicht nahe sein will wenn sie das Streichholz an den Kanister halten, weil niemand denen mehr traut?
@Alpha November sagt: 02.09.2019 um 11:39 Uhr
„Das wären ja Punkte, die Einzelmächte und/oder Bündnisse zu Begleitschutzaktionen u.ä. bringen könnten, die sich rechtlich halten liessen. Dabei bliebe dann ja nur noch die Frage offen wozu man das machen sollte. Außer GBR und USA ist ja scheinbar keine Macht im Begriff derartiges zu wollen?“
Naja, zum einen gibt es ja schon noch ein halbes Dutzend Staaten, welches an einer wie auch immer gearteten Mission/Sicherheitsstruktur Interesse angemeldet haben (FRA, NLD, JAP seien hier nur mal beispielhaft erwähnt).
Unabhängig davon ist Ihre kritische Frage, ob es neben einer möglichen rechtlichen Grundlage auch einen tatsächlichen inhaltlichen Bedarf für eine Mission im persischen Golf und im Golf von Oman gibt durchaus berechtigt. Darüber kann man trefflich streiten. Ich für meinen Teil sehe gute Gründe dafür, aber auch gute Gründe dagegen.
Aber das war nicht der Punkt zu dem ich mich geäußert habe.
Ich habe lediglich der mehr als nur simplifizierenden Aussage von @Ausbilder 30.08.2019 um 11:49 Uhr widersprochen.
Verlängerung IRAK – Mandat mit Zustimmung SPD.
https://www.tagesschau.de/ausland/bundeswehr-mandat-jordanien-101.html
„… über Ausgestaltung und Dauer“ eines neuen Mandats müsse sich Bundesregierung verständigen, sagte Mützenich dem Spiegel.
Wobei sowohl RECCE – Bedarf CJTFOIR – als „Capacity Building“ im Irak im Grundsatz unbestritten sein dürften.