Marine-Geleitschutz im Golf: Briten gehen mit den USA, Bundesregierung laviert (Neu&Korrektur)

Die Wasserstandsmeldungen zum Thema einer internationalen Marine-Schutzmission für Handelsschiffe im Golf schlagen wieder aus: Die Briten wollen diese Mission nun bestimmt mit den USA zusammen machen, und die Bundesregierung hält sich eine Hintertür offen.

Der britische Außenminister Dominic Raab (KORREKTUR: nicht Verteidigungsminister) kündigte am (heutigen) Montag an, dass Großbritannien nun mit den USA zusammen den Geleitschutz organisieren und die Führung einer Maritime Task Group übernehmen wolle. Aus der Mitteilung des Außenministeriums:

The United Kingdom has reaffirmed its commitment to freedom of navigation and safe passage through the Gulf by playing a leading role in a new international maritime security mission, announced today. The mission will see the Royal Navy working alongside the US navy to assure the security of merchant vessels in the Strait of Hormuz.

Events in the Gulf over the last four months, including attacks on four tankers off the coast of the United Arab Emirates and the illegal seizure of the British-flagged oil tanker Stena Impero, have seen the threat to commercial shipping rise. The Strait of Hormuz is the busiest narrow shipping passage in the world and a vital transit zone with 20% of the world’s oil passing through it every year.

Following constructive discussions at an international conference in Bahrain last week (31st July), the UK has agreed to join an international mission which will largely draw on assets already in the region to increase inter-state maritime cooperation. The UK has also offered to lead one of the mission’s Maritime Task Groups.

While exact operational details are being determined, the mission is intended to improve coordination between different countries’ militaries and commercial shipping. Both the UK and US are committed to working with allies and partners to encourage others to join and broaden the response to this truly international problem.

The UK has dedicated to doing all it can do defend freedom of navigation, which is crucial for the global trading system and world economy. This new coordinated effort will bolster the work the UK has already being undertaking to this end, including through HMS Duncan and HMS Montrose accompanying UK-flagged ships. At the same time, the Government remains committed to working with Iran to reduce the current tensions and to the Iranian nuclear deal as the best means of preventing a nuclear-armed Iran.

Von der Bundesregierung gibt’s derweil eine Äußerung, die aufhorchen lässt: Recht deutlich hatte sie – allein schon durch die Aussagen von Außenminister Heiko Maas – einer deutschen Beteiligung an einer US-geführten Mission eine Absage erteilt. Was die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer dazu in der Bundespressekonferenz sagte, klingt dann wieder sehr nach Hintertür:

Frage: Die Bundesregierung schließt ja eine US-geführte Mission aus. Schließt das auch bei einer zum Beispiel europäischen Mission eine US-Beteiligung komplett aus?

Demmer: Ich muss Sie da korrigieren, denn so habe ich das nicht gesagt. Die Bundeskanzlerin beziehungsweise die Bundesregierung sehen eine Beteiligung an einer US-geführten Mission in der derzeitigen Situation und zum jetzigen Zeitpunkt nicht und darüber sind sich alle einig. Ihre Frage ist weit in die Zukunft gerichtet, und Spekulationen kann ich hier nicht bestätigen. Wir spekulieren ja hier jetzt nicht darüber, was sonst noch alles möglich sein könnte.

Genau, die Zukunft ist ungewiss… Deshalb ggf. weiter nach Entwicklung.

Zur Ergänzung der Wasserstandsmeldungen zwei Punkte:

• Der deutsche Außenminister Heiko Maas spricht, wie zuvor schon andere, von einer möglichen europäischen Beobachtermission, wie dpa meldet (hier zitiert nach Spiegel Online):

Die Bundesregierung hat den USA keine Beteiligung in Aussischt gestellt. Sie setzt sich vielmehr für eine EU-Beobachtermission zum Schutz von Handelsschiffen im Persischen Golf ein. „Wir wollen eine europäische Mission“, sagte Außenminister Heiko Maas bei einem Besuch im polnischen Slubice.
Es sei allerdings auch absehbar, dass es sicherlich noch Zeit in Anspruch nehmen wird, die EU davon zu überzeugen. Maas betonte, dass es der Bundesregierung um eine Beobachtermission gehe.

• Zunehmend rückt auch eine mögliche Minengefahr im Persischen Golf und in der Straße von Hormuz ins Blickfeld. Und darauf scheint die U.S. Navy suboptimal vorbereitet:

As tensions heat up in the Persian Gulf, the Navy’s minesweeping fleet may once again be called into action, but its sailors say the ships are too old and broken to do the job. “We are essentially the ships that the Navy forgot.”

Fürs Archiv noch der gesamte Komplex aus der Bundespressekonferenz am Montag, neben Demmer die AA-Sprecherin Maria Adebahr und neu fürs Verteidigungsministerium Christian Thiels:

Frage: Sowohl an das Außen- wie auch an das Verteidigungsministerium zu der Diskussion um einen möglichen Einsatz in der Straße von Hormus:

Der Koordinator für die transatlantischen Beziehungen hat heute Morgen gesagt, er wisse, dass im Moment auf Regierungsebene darüber gesprochen wird, kenne aber keinen Sachstand, wer da genau mit wem und über was spricht. Frau Adebahr, können Sie das beantworten?

An Herrn Thiels hätte ich die Frage: Ist die Deutsche Marine zurzeit bis zur Kapazitätsgrenze investiert, sodass ein möglicher Einsatz insofern Verschiebungen erfordern würde, oder existieren Spielräume?

Demmer: Vielleicht kann ich da den Einstieg machen. Es gibt keinen neuen Sachstand gegenüber Mittwoch, aber die Interpretationen sind offenbar auseinandergegangen. Ich würde hier deshalb gerne noch einmal festhalten: Die Bundeskanzlerin sieht eine Beteiligung an einer US-geführten Mission in der derzeitigen Situation und zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Da sind sich auch alle –

(ein Mobiltelefon klingelt)

– in der Bundesregierung einig.

Vorsitzender Detjen: Können Sie das vielleicht wiederholen? Ich kann mir vorstellen, dass das mit dem Handyklingeln für die Hörfunkkollegen nicht so gut war.

Demmer: Ich hatte hier am Mittwoch schon gesagt – und das gilt für die gesamte Bundesregierung und die Bundeskanzlerin -: Wir stehen dem US-Vorschlag zurückhaltend gegenüber, deswegen haben wir keinen deutschen Beitrag zu einer US-geführten Mission angeboten. Es geht darum, den Weg der Diplomatie weiter zu beschreiben und das Gespräch mit dem Iran natürlich in der gebotenen Klarheit zu suchen, um eine Entspannung der Lage zu erreichen; denn selbstverständlich ist freie Navigation in der Straße von Hormus und ihrer Umgebung für die Stabilität der ganzen Region von Bedeutung. Schon die Festsetzung der „Stena Impero“ durch den Iran stellt einen überaus gefährlichen und rechtswidrigen Eingriff in die Freiheit der Seeschifffahrt dar.

Zusatzfrage: Dann präzisiere ich in meiner Nachfrage kurz meine Fragen von vorhin, weil Sie eigentlich auf eine europäische Mission zielten –

Demmer: Genau.

Zusatzfrage: – und nicht so sehr auf eine Mission unter Führung der Amerikaner.

Demmer: Auch das hatten wir hier am vergangenen Mittwoch ja schon gesagt: Grundsätzlich betrachtet die Bundesregierung den Vorschlag einer maritimen Schutzmission europäischer Staaten weiterhin als erwägenswert, und wir stehen dazu auch mit den europäischen Partnern im Austausch.

Adebahr: Beantwortet das Ihre erste Frage?

Zusatzfrage: Das hätte ich gerne schon etwas konkreter. Wenn Gespräche laufen, würde ich gerne wissen, wer da mit wem über was redet.

Adebahr: Vonseiten des Auswärtigen Amtes sind die politischen Direktoren miteinander in Kontakt, und es wird auch in dieser Woche weitere Gespräche zwischen den politischen Direktoren Deutschlands und Frankreichs geben. Wir werden auch – das hat der Außenminister am Freitag in einem Radiointerview gesagt – in Brüssel weiter über das Thema sprechen. Das sind Planungen, die wir jetzt angehen, und der momentane Stand ist, dass wir auch in Brüssel weiter darüber sprechen wollen. Unsere Partner und wir, die E3 – und das läuft bei uns im Auswärtigen Amt namentlich auf Ebene der politischen Direktoren – stehen in einem steten Austausch.

Thiels: Es fehlt noch die Antwort auf die Frage nach den Kapazitäten der Marine. Eigentlich ist das jetzt extrem spekulativ, denn wir haben noch keine Mission, wir wissen nicht, was für Fähigkeiten überhaupt gefragt wären. Dementsprechend kann man keine Aussage darüber treffen, ob die Deutsche Marine das jetzt leisten könnte. Gehen Sie einmal davon aus, dass die Deutsche Marine bisher alle Anforderungen, die an sie herangetragen worden sind, leisten konnte. Ich sehe keinen Grund, warum das nicht in Zukunft nicht auch so sein soll.

Frage: Frau Adebahr, wenn Sie sagen, dass Gespräche unter den E-3 stattfinden: Hat sich Großbritannien durch den dortigen Regierungswechsel beziehungsweise Premierministerwechsel aus dem Dreierverbund der europäischen Staaten entfernt, und zwar sowohl, was das Atomabkommen angeht, als auch, was eine mögliche EU-Mission oder Beobachtungsmission in der Straße von Hormus angeht?

Adebahr: Die britische Position, die der Außenminister letzte Woche Montag, glaube ich, dargelegt hat, haben Sie ja vernommen. Was das JCPOA angeht, gab es ja die Tagung der Joint Commission in Wien vor einer Woche am Sonntag, und dort hat Großbritannien ganz normal auf bisheriger Linie teilgenommen und auch weiter klargemacht, dass es zu dem Nuklearabkommen steht. Die beiden Außenminister haben in der letzten Woche auch miteinander telefoniert. Auch dort bestand noch einmal Einigkeit, dass man an dem Nuklearabkommen weiter festhält und dass es da keine Positionsänderung gibt.

Was den Kontakt der politischen Direktoren angeht, so besteht der, glaube ich, fort. Ich kann Ihnen hier von diesem Podium aus aber keine Einzelheiten referieren, ob sich da in den letzten Tagen irgendetwas geändert hat; ich habe jedenfalls nichts Entsprechendes gehört.

Zusatzfrage: Können Sie vielleicht noch sagen, ob bei dieser Mission die Briten quasi die Seiten gewechselt haben und überlegen, innerhalb einer europäischen Mission mitzumachen – sie hatten ja sogar einmal eine eigene Mission angedacht -, oder ob sie jetzt ganz auf diesen Kurs eingeschwenkt sind und sich an einer amerikanisch geführten Mission beteiligen wollen?

Adebahr: Diese Diskussion wurde hier, glaube ich, letzte Woche geführt.

Demmer: Ja, wir haben darüber gesprochen. Wir haben das natürlich zur Kenntnis genommen, sind aber weiter mit den E3-Partnern im Gespräch. Darüber hinaus gibt es zu diesem Thema derzeit eben noch keinen neuen Stand.

Frage: Die Bundesregierung schließt ja eine US-geführte Mission aus. Schließt das auch bei einer zum Beispiel europäischen Mission eine US-Beteiligung komplett aus?

Demmer: Ich muss Sie da korrigieren, denn so habe ich das nicht gesagt. Die Bundeskanzlerin beziehungsweise die Bundesregierung sehen eine Beteiligung an einer US-geführten Mission in der derzeitigen Situation und zum jetzigen Zeitpunkt nicht und darüber sind sich alle einig. Ihre Frage ist weit in die Zukunft gerichtet, und Spekulationen kann ich hier nicht bestätigen. Wir spekulieren ja hier jetzt nicht darüber, was sonst noch alles möglich sein könnte.

(Foto: A UH-1Y Venom helicopter with Marine Medium Tiltrotor Squadron (VMM) 163 (Reinforced), 11th Marine Expeditionary Unit (MEU), takes off from the flight deck of the amphibious assault ship USS Boxer (LHD 4) during a strait transit July 18, 2019 –  U.S. Marine Corps photo by Lance Cpl. Dalton Swanbeck)