Nachwuchswerbung: ‚Mit großer Macht kommt große Verantwortung‘
Bei den großen deutschen Automobilkonzernen Volkswagen und Ford droht ein Abbau von Tausenden von Arbeitsplätzen. Am (gestrigen) Donnerstag sahen die Männer und Frauen, die um ihre Jobs zittern, beim Blick in die Lokalzeitung oder vor dem Werkstor Nachwuchswerbung der Bundeswehr. Die, sagen wir zurückhaltend, genau ihre Situation aufgreifen sollte.
Zu dieser Art der Werbung für eine Zielgruppe, die Angst um ihre wirtschaftliche Existenz hat, ist einiges zu sagen. Ich mache das an dieser Stelle mal nicht selbst, sondern gebe dem Bendler-Blogger das Wort: Der war Offizier (Fallschirmjäger und OpInfo), vor allem aber ist er jetzt ziviler PR-Profi und kann diese Aktion nicht nur aus seiner Kenntnis der Bundeswehr, sondern auch aus der Sicht der professionellen Kommunikation einordnen:
Die Bundeswehr sucht Personal. Dringend. Mancher sagt sogar: verzweifelt. Nach dem Aussetzen der Wehrpflicht hat die Truppe deshalb die Investitionen in die Nachwuchswerbung deutlich erhöht. Auf (fast) allen Kanälen versuchen die Werber den Dienst in den Streitkräften attraktiv zu machen. Dabei setzen sie auch auf unkonventionelle Maßnahmen – und treten dabei regelmäßig in den Fettnapf. Ob bei der Internet-Konferenz re:publica, der Spielemesse Gamescom oder jüngst vor den Werkstoren von Ford und Volkswagen, das Kernpublikum und vor allem die Verantwortlichen der jeweiligen Veranstaltungen, zeigten sich, nun ja, nicht wirklich begeistert.
Nun lässt sich über Geschmack bekanntermaßen trefflich streiten. Weil das aber in der Regel nicht über die Verfestigung der eigenen Meinung hinausweist, möchte ich kurz die kommunikative Mechanik hinter diesen Aktionen beleuchten. Dann werden nämlich Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich, die helfen können, die jeweiligen Reaktionen besser zu verstehen.
In allen drei Fällen setzt die Bundeswehr auf Provokation. Das ist einfach, das ist billig, und die Aufregung im medialen Wassserglas ist Teil des Kalküls, wenn nicht sogar das vorrangige Ziel. Daraus ergeben sich gleich drei Probleme.
Erstens: Provokation nutzt sich ab. Wer ständig hier, hier, hier schreit, den nimmt das Publikum irgendwann nicht mehr ernst. Die Folge: man schreit lauter. Damit wächst die Gefahr, über das Ziel hinauszuschießen.
Zweitens: Man instrumentalisiert Menschen. Wenn von vorneherein die mediale Wirkung das eigentliche Ziel ist, sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Veranstaltungen nicht das Publikum der Kommunikation sondern bilden nur den Resonanzraum. Wer behauptet, Menschen erreichen zu wollen, muss aber mit ihnen sprechen, nicht über sie. (Eine Forderung, die übrigens Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zu Recht immer wieder erheben, zuletzt anlässlich des umstrittenen Antrags der Berliner SPD, die Bundeswehr de facto aus dem schulischen Kontext auszuschließen).
Drittens: Der Ton macht die Musik. Eine große, wenn nicht gar die größte Kunst in der Kommunikation ist es, den richtigen Ton zu treffen. Ein Großteil unserer Wahrnehmung läuft unbewusst ab. Wir sind Meister darin, Dinge zwischen den Zeilen wahrzunehmen. Sie wirken, ohne dass wir immer sofort verstehen, warum. Zur Angemessenheit gehört dabei auch immer Respekt.
Wie wirken diese drei Faktoren nun angesichts der aktuellen Aktion in Köln?
Die Provokation hat gewirkt – allerdings hat sie nicht nur mediale Aufregung ausgelöst, sondern kritische Stimmen von Menschen, die der Bundeswehr grundsätzlich wohlgesonnen sind. Das kann bzw. sollte nicht die Wirkunsgabsicht sein.
Die Instrumentalisierung ist deutlich geworden. Nicht die Menschen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten, waren das Publikum, sondern die Beobachter des Dramas. Wäre es der Bundeswehr um die Menschen im Werk gegangen, hätte sie die Bitte des Personalchefs respektiert, auf diese Werbung zu verzichten und wäre stattdessen in konstruktive Gespräch gegangen, von denen die Öffentlichkeit zunächst nichts mitbekommen hätte. Um wieviel wirkungsvoller und positiver wäre eine Geschichte gewesen, bei der die Bundeswehr Menschen eine Perspektive gibt? Und: wenn die Bundeswehr bereit ist, für ein bisschen Fame die Ford-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu instrumentalisieren, wie weit geht sie dann mit ihren eigenen?
Es fehlt den Nachwuchswerbern der Bundeswehr an Respekt. Wer, wie in Köln, mit dem Logo eines Unternehmens spielt, das weltweit mehr als 200.000 Menschen beschäftigt (oder im Fall von VW mehr als 600.000), beschädigt auch sich selbst. Was als Guerillataktik für AdBuster angemessen ist, ist es für den Goliath Bundeswehr nicht, zumal man sich selbst gerade um sein Corporate Design bemüht. Auch die unsesnsible Nutzung des Claims „Mach, was wirklich zählt.“ ist in diesem Kontext völlig unangemessen, denn es relativiert die Lebensleistung der Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter der Ford-Werke.
Warum handelt die Bundeswsehr also trotzdem so? Meine Spekulation: Die Erfolge in der Nachwuchswerbung, für die die Bundeswehr zu Recht einige Kommunikationspreise gewonnen hat, haben dazu geführt, dass den Verantwortlichen ein Korrektiv fehlt. Sie sind von ihren Erfolgen besoffen. Es fehlt ihnen an Führung. Und weil sich bislang im Bendler-Block niemand dafür v erantwortlich fühlt, diese den jungen Kommunikations-Padawanen angedeihen zu lassen, habe ich hier mal ein Weiterbildungsvideo herausgesucht. Vielleicht schafft es es ja in die Morgenlage.
Die entsprechende Instagram-Einträge auf dem Account BundeswehrKarriere wurden bereits gestern entfernt; die beteiligten Nachwuchswerber feiern auf ihren persönlichen Accounts die Reaktionen in den sozialen Netzwerken dennoch als Erfolg.
Nachtrag: Auf der Facebook-Seite Bundeswehr Karriere wird die Aktion weiterhin beworben:
(Danke an den Bendler-Blogger für die Erlaubnis, das auch hier einzustellen; der dauerhafte Link zu seinem Eintrag hier.)
(Foto oben: Ford Köln; Grafiken vom Instagram-Account BundeswehrKarriere; Foto Ausriss Kölner Express: Anne Schüssler)
Wenn man wirklich hätte Leute werben wollen, dann wäre eine Informationsveranstaltung im Werk in Absprache mit Ford und VW sicherlich der bessere und erfolgversprechendere Weg gewesen. Hier fehlt es schlicht an Empathie.
Aber so ist leider die heutige Zeit, es wird alles ohne Rücksicht auf Verluste dem kurzfristigen Ruhm in den sozialen Netzwerken oder auf YouTube geopfert. Gepaart mit dem in der Gesellschaft um sich greifenden Egoismus eine gefährliche Mischung. Der Bendler-Blogger hat uneingeschränkt recht.
Umfassende Zustimmung, reicht ja fast zum Fremdschämen (ach ne, bin ja noch Mitglied!).
Frage: Wer gibt so etwas frei?
Moin,
meiner Meinung nach (und das ist ja die einzige, die ich hier sachlich korrekt repräsentieren kann), hat der Bendler-Blogger nicht in allen Punkten Recht.
Ich stimme vollkommen zu, dass sich Provokation abnutzt, Menschen nicht instrumentalisiert werden dürfen und vielleicht ein weiterer Blick auf die ein oder andere Werbemaßnahme sinnvoll wäre.
Allerdings sehe ich nicht, wie die Bundeswehr mit den aufgezählten Werbemaßnahmen „regelmäßig“ in den Fettnapf tritt. Egal ob es nun „Mehr Open World geht nicht“ oder „Wir kämpfen auch dafür, dass Du gegen uns sein kannst“ (bei der re:publica kann man darüber streiten. Da bin ich vielleicht sogar eher beim bendler-Blogger) oder nun „Job Fort“ ist, ich kenne eine Menge Menschen, die diese Maßnahmen sehr gelungen finden. Aber das ist nur meine begrenzte Sichtweise, die ich natürlich nicht auf die Allgemeinheit übertragen möchte. Ich habe ja schließlich keine repräsentative Umfrage gemacht. Jemand anderes vielleicht?
Zum anderen bin ich der festen Überzeugung, dass er den Bundeswehrwerbern zumindest auch, wenn nicht überwiegend (aber das ist Spekulation) um die von Entlassungen bedrohten Arbeiter bei den Autobauern geht. Denn diesen wird mit dieser Maßnahme eine konkrete Alternative aufgezeigt. Begleitet von entsprechenden nicht öffentlichen „Werbeseminaren“ wäre das ganze noch besser. Ob solche stattgefunden haben weiß ich nicht. Vielleicht jemand anderes?
Und dann noch einen Claim („Mach, was wirklich zählt“) anzugreifen und ihn als Abwertung der Lebensleistung darzustellen, missachtet meiner Meinung nach nun jede Realität. Dann müsste ich ja jedes Plakat, dass neben einem unpassenden Ort oder nur neben einem unpassendem zweiten Plakat aufgestellt wird sofort verdammen und als Angriff auf die Menschenwürde (*sarc) werten. Da sollte man meiner Meinung nach die Kirche im Dorf lassen.
Was Führung betrifft: Ich habe keinen Einblick in den Presse/Infostab und die anderen beteiligten Gremien. Aber eine weitere militärische oder ethische Bewertung wäre bei der ein oder anderen Werbemaßnahme wünschenswert. Auch wenn ich nicht glaube, dass dann dabei unbedingt Maßnahmen herauskommen, die dem Bendler-Blogger mehr gefallen.
Und schon wieder viel zu viel geschrieben. Naja, was raus muss, muss raus. Und trotzdem habe ich höchsten Respekt vor den Menschen, die sich öffentlich, kritisch und konstruktiv mit den Facetten der Bundeswehr auseinandersetzen!
Volle Zustimmung!
Dazu fallen mir drei Leitsätze ein:
1. Generalstabsoffiziere zeichnen sich durch ihren „Takt des Urteils“ aus.
2. Gute Vertreter reden nur über Ihr Produkt, schlechte über die Konkurrenz.
3. Wer Menschen führen will muß Menschen mögen.
Will heißen: die Werbung ist stillos, handwerklich schlecht gemacht und zeugt von einem erschreckenden Mangel an Einfühlungsvermögen.
@T.W.: da ich einige Verantwortliche kenne, teile ich umso mehr ihre Spekulation. Und ‚besoffen‘ beschreibt es ganz gut. Ich hoffe ebenfalls, dass es das Thema in die Morgenlage geschafft hat. Allerdings sicherlich verschleiernd, da ja der Sprecher der BMin die Verantwortung für die ‚Werbung‘ trägt und nur begrenzt ein Interesse hat, sich selbst zu belehren bzw. belehren zu lassen.
Gibt es eigentlich noch irgendwas im Geschäftsbereich des BMVg, für das man sich nicht (fremd)schämen muss/müsste?
Interessant und bedauerlich ist bloß, dass sich das Schamgefühl offenbar reziprok zur erreichten Stufe in der Hierarchie verhält…!
Ich finde diese Aktion auch sehr fragwürdig.
Man Stelle sich Mal vor VW würde mit mit einem Fahrzeug „Lieber Wolfsburg als Afghanistan?“ Vor dem Flughafen Köln Wahn stehn.
Und das ist noch die harmlose Variante, wie wäre es mit „Lieber im OP, als im BAT?“ Vor nem BwK? Oder gar bei ner Beerdigung?
Man möge sich den Aufschrei der Bw vorstellen.
OMG. Hier haben die (sündhaft teuren) Berater ja mal wieder „ganze Arbeit“ geleistet. Ob sich hiervon z.B. ein junger Familienvater, der gerade im Begriff ist seinen Arbeitsplatz zu verlieren, „ködern“ lässt, wage ich zu bezweifeln.
Im ersten Moment fand ich es gut, kreativ und passend.
Im zweiten Moment dachte ich daran wie ich den Spruch wohl als Fordmitarbeiter finden würde.
Da wurde mir wirklich ein bisschen mulmig und ich war angewidert von dieser Werbung.
Mit ein bisschen Abstand hätte das den Verantwortlichen auch auffallen müssen und man hätte einen normalen Infostand aufbauen müssen mit der Aufschrift „Wir suchen neue motivierte Mitarbeiter, vielleicht bist DU ja einer!“.
Hätte vollkommen ausgereicht und auch die Leute erreicht.
Kann dem Bendler-Blogger nur zustimmen.
Da haben wohl einige beim Überkonfessionellen LKU geschwänzt ;-)
Wenn nur noch Interessen mit kaum Anstand vertreten werden sind wir auf dem Weg nach Trump-Land. Die Berufung auf unsere Werte sind Inhaltslos, wenn sie nur noch als Monstranz vorneweg getragen werden und durch das BMVg in fast keinem Bereich mehr vorgelebt werden.
Wird Zeit, dass sich die Bw vom BMVg trennt und wir ein politisches Ministerium bekommen welches sich nur noch auf reine politische Vorgaben beschränkt und die Führer im Grundbetrieb und Einsatz unterstützt. Dieses Makromanagement bringt uns alle in die Anstalt.
@Ex-Kaleu
Diese Geistesblitze entstammen der AGM/ der Agentur Castenow Communications. Die Freigabe erfolgt u.a. durch den brillanten Kopf der AGM.
Das Motto lautet: „Egal wie, egal womit – Hauptsache in der Presse sein. Um jeden Preis! Die AGM hat die Presse gezielt auf diese Aktion hingewiesen, die Aufregung war erwünscht. Es geht nicht um intelligente Werbung, sondern um „Jaaaa, wir waren auf Seite 1 und alle reden über uns.“ Warnungen, Ratschläge und Tipps werden ignoriert, private Kanäle der Verantwortlichen zur Selbstdarstellung genutzt (Social Media Division) und blutige Anfängerfehler zum Fremdschämen im Akkord begangen. Also alles in bester Ordnung.
Sorry liebe Mitforisten, aber ich finde diesen Ansatz mal echt kreativ.
Zumindest hat er durch die Aufregung des Betriebsrates eine vmtl. unbeabsichtigte mediale Aufmerksamkeit bewirkt. Die Kritik der fordschen Personalvertreter ist m.E. unqualifiziert. Schließlich richtet sich diese Personalgewinnungsmassnahme an erwachsene, mündige Bürger (und nicht an miderjährige Schüler!). Wenn sich diese statt für Hartz 4 oder fragwürdige Qualifizierungsmassnahmen für eine Tätigkeit bei der Bw entscheiden, dann hat das der Betriebsrat (oft besser abgesichert bzw. abgefunden als der gemeine „Malocher“) überhaupt nicht zu kritisieren.
Dass dadurch das massive Personalproblem der Streitkräfte signifikant verbessert wird, glaube auch ich nicht wirklich!
Ich kann meinen Vorschreibern auch „nur“ in der Breite beipflichten! Die Szene aus Spiderman habe ich auch oft im Kopf. Diese sollte vor jeder Sitzung im Reichstag abgespielt werden, alle MdB (im „Stillgestanden!“) sprechen sie nach.
Die Kampagne wurde doch 1:1 aus der Insolvenz der AIrBerlin übernommen. Damals hingen doch Plakate mit „gebrochenen Herzen“ in Tarnfleck an den Flughäfen, um Personal für die Flugbereitschaft BMVg zu gewinnen. Was wurde eigentlich daraus?
Um auch wieder in der Realität anzukommen, aktuelles Beispiel aus der vorletzten Woche: Junger Mann (17) will zur Bw, ist hoch motoiviert, hat sich vorbereitet. Ziel: SaZ Mannschaften, Infanterie. Hauptschulabschluss o.k. Fitness-Test o.k. mit ***, Gespräch mit Psychologen o.k. Logik-Test am PC nicht o.k. Ergebnis: Auf vielleicht Wiedersehen im nächsten. Ich glaube nicht, dass er nächstes Jahr noch motiviert ist.
Da gehen Wunsch und Wirklichkeit wieder weit auseinander. Ich (und auch andere) frage(n) mich oft, warum ich mir das Theater noch antue. Ich komme dann zum Glück immer wieder darauf, dass ich einen Eid auf die BRD geleistet habe, und nicht auf die Primaten(sorry for sarc).
@Pio-Fritz
Es ist etwas einfach, das der heutigen Zeit zuzuschreiben.
Der Satz der Ruhm der mit der Ehre bezahlt wird ist wertlos ist älter.
@Luftwebel
Das der Entscheider, Leiter, Chef schlecht beraten wurde, erklärt vielleicht seinen Fehler, es entschuldigt ihn nicht.
Will ich jemand der durch solche Werbung wirklich angesprochen wird in der BW haben?
Will ich jemand der solche Werbung für wirklich gut befindet in einer kritischen Situation als Vorgesetzten?
Wie wirkt solche Werbung auf jene, die ich in der BW haben will?
@Deppendivision
Wie in „Fluch der Karibik Teil 1“
„You’re the worst pirate I’ve ever heard of !“ – „But you’ve heard of me.“ ^^
Ich habe es anderswo schon verschiedentlich geschrieben: Welche Botschaft trägt denn die teuer beratene Bundeswehr mit solchen Aktionen nach außen? „Hurra eine wirtschaftliche Rezession! Jetzt schaffen wir unsere Trendwende Personal!“ Aus meiner Sicht sollte man aufwuchs- und durchhaltfähige Streitkräfte anders organisieren, als auf einen Konjunkturabschwung zu hoffen.
Allgemein sind die Kommentare bei der Werbung auf Youtube/Instagram geprägt von Minderjährigen, die noch keine Erfahrung mit Bürokratie und Behördenkommunikation haben sowie z.B. nicht verstehen, dass Werbung für Piloten (in einer Woche vier YT-Videos) keine Garantie ist, am Ende (BO41) die nötigen Stunden für eine zivile Tätigkeit als Captain zu haben, geschweige denn Pilot zu bleiben.
btw: Ford selbst wurde in der Vergangenheit mit „Fuel“ in der Ford-Schrift bzgl. explodierenden Benzintanks bei Auffahrunfällen angeprangert.
Ich schäme mich mittlerweile „Mitarbeiter“ dieser „Firma“ zu sein.
Hier wurde nicht nicht nur der gute Geschmack verletzt, sondern eine Grenze überschritten.
Man macht einfach keine Witze über Menschen die sich in Not befinden.
Man kann nur hoffen, dass die Krankenhäuser nicht demnächst Werbung vor der Kasernen machen nach dem Motto: „lieber vor dem Tisch als auf dem Tisch“.
Gute Einschätzung vom Bendler-Blog.
Aber das hier: „… versuchen die Werber den Dienst in den Streitkräften attraktiv zu machen“ stimmt nicht. Korrekt wäre „… versuchen die Werber den Dienst in den Streitkräften attraktiv ERSCHEINEN zu LASSEN“. Das mit dem Machen machen andere – anscheinend jedoch mit der gegenteiligen Zielstellung.
@2Cent +1
„Die Erfolge in der Nachwuchswerbung, für die die Bundeswehr zu Recht einige Kommunikationspreise gewonnen hat, haben dazu geführt, dass den Verantwortlichen ein Korrektiv fehlt.“ – aus dem Artikel
Das Korrektiv sollte eigentlich in einem Selbst stecken.
Sind das eigentlich Soldaten oder Zivilisten, die diese Werbung machen?
@SeLaLu: Danke für Deinen Kommentar. Zwei Anmerkungen dazu:
1. Der Jobabbau bei den Automobilherstellern entläuft entlang der demographischen Entwicklung. Sprich: ältere Arbeitnehmer gehen raus. Das muss wissen, wer für sich in Anspruch nimmt, professionell zu kommunizieren. Daran wird also entweder deutlich, dass die Kommunikation unprofessionell ist oder eben die Situation instrumentalisiert. Das war – auch in meiner Bewertung – bei der Gamescom anders. Auch dazu habe ich geschrieben.
2. „Dann müsste ich ja jedes Plakat, dass neben einem unpassenden Ort oder nur neben einem unpassendem zweiten Plakat aufgestellt wird sofort verdammen“ – Ja, genau. Es nennt sich Empathie bzw. Kontextsensibilität.
Die Nachwuchswerbung der Bw muss sich insgesamt die Frage stellen lassen, ob das gwünschte Publikum erreicht wird, bzw. ob sich die gewünschten Personen als SaZ verpflichten.
Es mag ja da nun Unterschiede im Empfinden der verschiedenen Generationen in der Bevölkerung in dieser Frage geben.
Zu meiner Jugendzeit hat man halt geschaut ob man durch die Verpflichtung auf 4, 8 oder 12 Jahre auch in seinem zivilen Berufsleben weiterkommt. Also Erstberufsausbildung, Weiterbildung zum Meister oder Techniker oder event. auch Studium mit 30 Jahren nach 10 Jahren aktiver Dienstzeit oder eben auch Studium während der 12 Jahre bei Einstellung als Zeitoffizier.
Diese Haltung sah ich in den letzten Jahren im Bereich der hochspezialisierten Techniklehrgänge für Instandsetzungssoldaten immer weniger. Es ging primär um einen sicheren Job mit gutem Einkommen und pünktlichen Dienstschluss mit wenig Abwesenheit von zu hause.
Also wenn die Werbeagentur mit ihren Werbemaßnahmen tatsächlich Erfolg hatte und viele junge Leute sich daraufhin als Soldat verpflichtet haben, dann frage ich mit welcher Motivationslage ?
Soldat als Aufstiegslaufbahn ?
Soldat als Beruf ?
Soldat als Berufung ?
oder
Soldat als Job ?
Hinzukommt dass die Bw ihre eigene Personalstrategie seit ca. 10 Jahren geändert hat. Die Bw ist nicht mehr an Kandidaten interessiert die eine Aufstiegslaufbahn anstreben, sondern die nach möglichst kurzer Ausbildungszeit genau einen fest umrissenen Job ausüben können und wollen. Danach soll der Soldat entweder ausscheiden oder bei Bedarf auf dem gleichen Posten verlängert werden. Das Konzept nannte man den „atmenden Personalkörper“, also weniger Berufslaufbahnen für Soldaten und mehr „hire and fire“ nach Bedarf.
Solange die Bw nach der jetzigen Methode Werbung betreibt wird sie auch nur Personal mit dieser entsprechenden Einstellung („hire and fire“) bekommen.
Ich nenne diese Werbestrategie: „Lieber SaZ 4 als Hartz IV“
Mal sehen wie lange diese Einstellung noch trägt !
Die Zielrichtung ist nicht nur der Arbeitnehmer bei Ford (von denen etliche das sicherlich geschmacklos finden, aber ganz sicher nicht alle) sondern auch der Rest der Öffentlichkeit, um die Bundeswehr als (nicht nur, aber auch!) frech und tagesaktuell darzustellen.
Ich finde die Aktion gut, trotz vieler routinierter Bedenkenträger.
Angesichts der vermeintlich angesprochenen Zielgruppe (Alter, aktuelle Situation, etc.) kann man diese Art der Werbung mit zwei Adjektiven ziemlich gut umschreiben: Erbärmlich und unwürdig.
Aber wenn man lieber externe Experten beauftragt und den eigenen Mitarbeitern nicht traut, bekommt man eben solche Produkte. „Gestern noch am Abgrund, heute schon einen bedeutenden Schritt weiter…“ – mal sehen, wie tief es noch geht.
Ohne große Worte der Ablehnung bzw. zur Diskussion der Erklärungs- oder gar Rechtfertigungsargumente:
Ich bin erschüttert und schäme mich als Angehöriger der Bundeswehr.
„Was darf die Satire? Alles.“ [K. Tucholsky] Was darf die Werbung? Die Kommerzielle…? Und die der öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber…?
Dr. Bernhard Raffel, OFArzt
Ich finde diese so genannte Zielgruppen-Nachwuchswerbung a. arrogant un b. herablassend – von daher in meinen Augen kontraproduzent in Sachen Rekrutierung.
Leider finde ich diese Werbung der Werbung wegen oder aus Gründen der Profilierung für die Werbeagentur als eine Art des Tätigkeitsnachweis etwas bedenklich. Allerdings muss man in der aktuellen Zeit manchmal auch gewisse Grenzen überschreiten um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Als Angehöriger einer zivilen Laufbahn möchte ich sagen, dass mit solchen Aktionen überhaupt ersteinmal mit einem gewissen Knalleffekt auf die Bw als Arbeitgeber aufmerksam machen muss. Der Blick geht dann natürlich als erstes auf die militärische Laufbahn. Aber wer sagt denn, dass sich der Meister, Techniker und Ingenieur bei Ford zwischen 40 und 50 nicht auch fragt, welche Möglichkeiten er sonst noch hat, nachdem er mit einer großzügigen Abfindung aus dem Unternehmen scheidet? Wer interessiert sich denn außerhalb größer Standorte dafür, das es gilt 60.000 zivile DP besetzt zu halten und das 50% des Bestandes in den nächsten 10 Jahren in Rente/Pension geht? Diese riesigen Herausforderungen der Regeneration sowie der zusätzlich beabsichtigte Aufwuchs ( mil und ziv) sollte man bei einer kritischen Betrachtung dieser Werbeaktion wenigstens auch betrachten. Unter diesem Blickwinkel ist es daher auch sicherlich aus der Verzweiflung heraus getrieben, solche Aktionen zu starten.
Die verantwortlichen Werbefutzis müssen sich richtig schlau und witzig vorgekommen sein als sie die Plakate gemaht haben. Bissige Internet-Memes sind aber eigentlich keine gute Art Werbung zu machen, wie andere weiter oben schon zusammengefasst haben.
Mit der „Job Fort“-Anzeige begibt sich die #Bundeswehr auf das Niveau der Taliban, die Kämpfer und Selbstmordattentäter dort abholen, wo sie in existenziellen Notlagen sind. Die Adressierung unterläuft das Prinzip vom „Staatsbürger in Uniform“, denn der Subtext vermittelt „Ist deine Not nur groß genug, dann kannst du immernoch bei uns anfangen“.
Das passiert leider, wenn Werber nicht fürchten müssen, dass die Unternehmenssubstanz verlore gehr bzw. geschädigt wird. Eine Aktiengesellschaft würde dermaßen zynische Kampagnen als geschäftsschädigend ablehnen.
Ich schwanke noch in meiner Bewertung. Einerseits eine gute Aktion, witzige Sprüche um die Bundeswehr ins Bewusstsein zu bringen. Ich merke auch in meinem Umfeld, dass das erschreckend selten der Fall ist wenn nicht gerade Hochwasser ist.
Andererseits natürlich die Frage, muss das sein? Also so?
@Daniel Lücking
Trotzdem kann man immer noch das Niveau unterbieten. Herzlichen Glückwunsch, ich sehe da deutliche Unterschiede zur Rekrutierung von Selbstmordattentätern der Taliban.
Ein Glück das unter der „Werbung“ BUNDESWEHR stand .
TGIF
Ein MARINE flieger.
Einmal mehr zeigt sich, dass Nachwuchswerbung mit all seinen Facetten in die Hand der Verwaltung gehört.
Nachwuchswerbung – und da ist das Wort Werbung mit drin – ist ureigenste Beamtentätigkeit weil Personalgrundsatzarbeit
Wer auch immer diese diskrimnierende Werbung beauftragt oder freigegeben hat – sollte hierfür eine diziplinare Würdigung erhalten.
Werbung MUSS polarisieren!
Aber allgemein finde ich die Diskussion hier sehr interessant:
Die (putative) Generation 50+ möchte mit Informationsveranstaltungen und Schnittchen am liebsten einen Powerpoint-Vortrag im örtlichen Pfarrsaal.
Mehr Blutleere geht nicht.
Was will die Bundeswehr:
Sie will maximale Aufmerksamkeit in der Generation U30 – das geht nur über Emotionen und das macht sie sehr gut. Sie rüttelt mal wach!
Sorry, aber der Wurm muß dem Fisch schmecken, nicht dem Angler und in einer Welt, in der jedes Laubenfest als EVENT aufgeblasen wird, muss man sich auch mal was trauen, wenn man Wirkung haben will.
Ist nicht einer der wichtigsten Maximen in der Taktikausbildung: „Wirkung geht vor Deckung!“?
Aber diese „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“-Aussagen bringen nix.
Ich will begeisterte Soldaten, keine sachbearbeiter in Uniform, denn davon haben wir eh genug!
Wer meldet sich denn bei diesen Broschürenverteil-Veranstaltungen?!
Gibt es belastbare Zahlen, ob das ein Erfolg war oder nicht?
Ich finde es gut, dass die Bundeswehr auch mal wieder jenseits vdL und Berateraffären wahrgenommen wird.
Und ganz nebenbei:
1.) Hätten VW und Ford nicht jahrzehnte geschlafen und – VW – ihre Kundschaft nicht betrogen, müsste keiner der beiden Autobauer so drastisch die Personaldecke straff ziehen.
2.) Die Entscheidung für oder gegen die Bundeswehr trifft jeder selbst und gerade im Bereich der Saz Mannschaften ist m.E. die Aussicht auf übersichtliche Arbeit bei maximaler Standorttreue durchaus ein Einstellungsmerkmal.
3.) Die Hurra-Patrioten, die immer nur zur BW wollten, um Deutschland zu dienen fallen – hoffentlich – beim PersABw durch.
Also ich finde die Werbung provokativ, aber vertretbar!
Zuerst: Ich danke Sascha Stoltenow für den Input und die häufig anderen Blickwinkel. Das finde ich sehr hilfreich, meine eigenen Standpunkte zu hinterfragen.
Ich sehe einige Dinge anders als Sascha, allen voran Punkt 1:
Provokationen finden seit Jahrzehnten, teils vehement, gegen die Bundeswehr an sich oder einzelne Akteure dieser im Speziellen statt. Diese haben sich meiner Beobachtung nach mitnichten abgenutzt, wie von ihm suggeriert.
„Über das Ziel hinaus“ schießt auch die meiste Kritik an der Bundeswehr – und zwar egal ob von privater oder offizieller Seite. Sie ist häufig polemisch und mich stört, dass eine, seiner Meinung nach, gleichwertige Aktion/Provokation dann aber nur einseitig auf die Bundeswehr als Akteur angelastet, die Aktionen der übrigen Akteure (siehe zB re:publica) aber eher unter den Teppich fallen.
Denn auch Parteien oder Parteimitglieder, Lehrergewerkschaften oder andere Institutionen, die sich oft polemisch, häufig aber vor allem inhaltlich falsch, ablehnend über die Bundeswehr äußern, haben ebenfalls Verantwortung, auch in Ihren „PR-Aktionen“ (gegen die Bundeswehr). Aus meiner Sicht tritt er also ein wenig zu einseitig gegen eine Seite, auch, wenn ich ihm in Teilen zustimme (zB, dass die PR Arbeit keine Eigendynamik entwickeln darf und es in manchen Fällen bereits tut). Auch seine Wortwahl „besoffen“ in seinem Text widerspricht eigentlich seinen eigenen im text angesprochenen Ansprüchen.
Auch sehe ich grundsätzlich nicht, dass das Auffahren des Trucks ein Tiefschlag gegen Beschäftigte wäre. Psychologisch gesehen entsteht das Problem, dass durch eine Provokation oder auch nur Information von außen ausgelöst wird, im eigenen Kopf. Jeder wird nur von Dingen angetriggert, mit denen er selbst ein altes Thema hat, unabhängig von späteren äußeren Einflüssen. Das entschuldigt nicht jeden Verbalausrutscher, aber grundsätzlich ist so der Mechanismus. Ich kann idR nur durch Dinge beleidigt werden, mit denen ich vorher schon ein Thema hatte.
Und rein technisch gesehen hat die Aktion der Bundeswehr auch keinerlei Auswirkung auf die Tätigkeit oder Entlassung der Mitarbeiter. Es wird ein wenig suggeriert, dass es eine Verknüpfung für die Konsequenz der Gesamtsituation gäbe. Diese besteht aber nicht.
Für das Unternehmen entsteht halt eine wunderbare Ablenkung von deren Plänen und deren Verschulden an der Situation der Mitarbeiter. Und auch der sich laut äußernde Betriebsrat ist nach den vorliegenden Informationen kein Unschuldslamm in der Arbeitsplatzplanung der Fordwerke.
Übrigens stimmt es entgegen Saschas Information im Text nicht, dass es nicht im Vorfeld Gespräche zwischen Bundeswehr und Ford zur Zukunft der Mitarbeiter gab, so habe ich es zumindest in den offiziellen Nachrichten zum Thema gelesen. Deren Inhalt und Ziel (oder Scheitern) wurde allerdings nicht kommentiert.
Meine Kernkritik an Ford und der Reaktion auf die Bundeswehraktion bleibt für mich bestehen: Aus meiner Sicht haben Managementfehler zur Situation bei Ford geführt, die nun von der Belegschaft ausgebadet werden müssen.
Und die Geschichte des Arbeits(-platz)kampfes, sofern das Unternehmen nicht unmittelbar existenziell bedroht ist, lässt sich sowohl historisch, als auch tagesaktuell, idR grob als Folge von Gewinnoptimierungsversuchen einordnen. In diesem Fall besteht zB zwischen Ford und VW ein bedeutender Unterschied im Umgang mit den Entlassungen… Jedenfalls denke ich, dass zumindest Ford selbst, im Zusammenhang eher leiser schreien sollte…
Und schließlich: Die Bundeswehr, bzw die Öffentlichkeitsarbeit schafft es ins Gespräch. Von den Mitteln (wie gesagt, ich kritisiere einige davon, einige nicht) mal abgesehen: Dies gelang ihr seit vielen Jahren nicht. Wenn dadurch ENDLICH eine BREITE sicherheitspolitische Debatte angestoßen wird, wäre das großartig!
Und trotzdem ist es gut, dass Sascha die Situation von einer anderen Warte beleuchtet.
@ Grashüpfer
Wäre denn die Wehrverwaltung bzw. das BAAINBw bereit, einen z.B. 50 jährigen Industriemeister, der bei einem großen Arbeitgeber mit Abfindung ausscheidet als entsprechenden Sachbearbeiter, als Angestellter im mittleren Dienst in der Entgeltgruppe 8 oder 9 einzustellen ?
Die nächste Frage wäre dann, ob der Industriemeister aus der Autoindustrie als Angestellter im öffentlichen Dienst mit einem Bruttogehalt von 3400 Euro (E8) bis 3700 Euro (E9a) als Sachbearbeiter für ein Waffensystem zufrieden wäre.
( Mir ist klar Sie kennen die Tarife, aber für die anderen Leser zum Nachschlagen: )
https://oeffentlicher-dienst-news.de/entgelttabelle-tvoed-bund/
@Georg
Der Ü50 wird sehr wahrscheinlich keinen vergleichbaren Arbeitsplatz mehr finden, zumindest nicht zu den gewohnten Konditionen.
@Hans
Wenn man sich das unbedingt wünscht, dann kann man das natürlich so sehen. Ich glaube es war im Oktober 2006 oder 2007, als in Afghanistan ein Dingo angesprengt wurde. Ein Invalide, der seine Familie nicht mehr versorgen konnte hatte von den Taliban 25.000 US Dollar erhalten und eine Sprengstoffweste angezogen. Das Glück des Soldaten: der einbeinige Afghane fiel in einen der Gräben an der Straße, was die Wucht der Detonation hauptsächlich nach oben richtete, so dass der deutsche Soldat auf dem Beifahrersitz mit verhältnismäßig leichten Verletzungen davon kam.
Im Winter 2005/2006 erfroren massenhaft Afghanen und Ende Januar kam dann die Provokation durch die Mohammed-Karrikaturen. Da war auch viel Existenzbedrohung und die Menschen dachten nicht viel nach und nahmen das Geld der Taliban.
Mich triggert diese quartalsweise immer wieder neu aufgelegte Provokation der Bundeswehr-Werber, der man weder online, noch in der realen Welt entgehen kann, weil mit Penetranz an Bushaltestellen und Verkehrsknotenpunkten, wie dem U-Bahnhof Friedrichstraße geworben wird. Mit immer dümmlicheren, provokanteren Sprüchen. Mein Maß ist allmählich erreicht.
Im letzten Jahr sind es drei Kampagnen, die bei mir für Symptomverschlimmerungen und Triggermomente gesorgt haben. Die Dauerwerbung für Web-TV-Serien an Bushaltestellen inklusive.
Weil die Masse der „Veteranen“ weiterhin Flecktarn-Fans sind ist das noch lange kein Grund auszublenden, dass es auch Leute wie mich gibt, die in ein Zivilleben zurückkehren wollen und müssen, was schlichtweg durch die idiotische Dauerbeschallung des zivilen Raumes mit Rekrutierungsbotschaften unmöglich gemacht wird.
Dazu Politiker, die in ziviler Anmutung für Soldaten werben, aber in der Kommunikation ihre Resevisten-Dienstgrade oder langjährigen Bundeswehr-Dienstzeiten verschweigen. Die Militarisierung der Gesellschaft nimmt dann ihren Lauf, wenn Ex-Soldaten wie Marc Lindemann bei Frontal 21 Beiträge mit Bundeswehr-Bezug machen ohne deutlich zu machen, dass sie selber Soldat waren und dann noch Marco Seliger als zivilen Militärexperten präsentieren und verschweigen, dass er Chefredakteur einer Lobbypublikation names „Loyal“ ist, die vom Reservistenverband herausgegeben wird.
Ständig dann Berichterstattung zu rechtsradikalen Netzwerken, die sich aus aktiven und ehemaligen Soldaten der Bundeswehr speisen, die dann Todeslisten verfassen auf denen „unliebsame Journalisten“ und „Linke“ stehen, die es wagen, Kritik zu äußern.
Die Militarisierung der Gesellschaft ist in vollem Gang und die Bundeswehr hat nichts besseres zu tun, als Marcel Bohnert und Johannes Clair überall jammern zu lassen, den Soldaten mangele es an Wahrnehmung und Anerkennung.
Derweil schweigt der überwiegende Teil der Truppe aus falsch verstandener Loyalität, Angst vor Repressalien, Frust oder Bequemlichkeit.
Ganz ehrlich: es reicht!
@Sascha Stoltenow keine Ursache :-) Ehre, wem Ehre gebührt. Und damit ist der Hausherr natürlich mit eingeschlossen.
Zu Erstens: Ford plant Abfindungen für unter 49 Jährige und Frühverrentung ab 50. VW plant betriebsbedingte Kündigungen und Frühverrentung. Da geht noch was. Wenn nicht im militärischen Teil, dann mindestens im zivilen, wie auch @Grashüpfer schon schrieb. Die HIL würde sich sicherlich über Mechaniker, Ingenieure etc. riesig freuen. Zumindest herrscht an einem meiner ehemaligen Standorte der Eindruck vor, dass da Bedarf sein muss. Und beim BAAINBw wäre vielleicht auch noch Platz ;-) Aber ich sehe den Punkt, dass man das dann auch noch deutlicher hätte herausstellen können. Geht halt nur auf einer Plakatwand schlecht. Deswegen wären begleitende Veranstaltungen super.
Zu Zweitens: Stimme ich zu. Wäre klasse, wenn da alle (nicht nur Werber) immer drauf achten würden. Aber bevor wir jetzt zum Argument „Die anderen machen sowas ja auch“ kommen, fassen wir uns an die eigene Nase. Es geht also um die Bundeswehr und diese Plakate. Und da geht unser „Gefühl“ (mir fällt kein besseres Wort ein) einfach auseinander. Ich verstehe „Mach, was wirklich zählt“ als Ausdruck von Stolz und Aufwertung für die Tätigkeit bei der Bundeswehr. Für mich geht damit aber keine Entwertung anderer Tätigkeiten einher. Sonst wäre ja auch für einen anderen Autohersteller tatsächlich nichts unmöglich. Und nicht nur in der Werbung ;-) Soviel Mitdenken traue ich einem erwachsenen, lebenserfahrenem Menschen mit Berufsausbildung schon zu.
Das klang jetzt wieder so, als ob ich alle anderen für bescheuert halte … Das meine ich nicht! Ich hoffe man versteht mich^^ Ich kann es gerade nicht anders ausdrücken.
@ Daniel Lücking
„Mit der „Job Fort“-Anzeige begibt sich die #Bundeswehr auf das Niveau der Taliban, die Kämpfer und Selbstmordattentäter dort abholen, wo sie in existenziellen Notlagen sind. Die Adressierung unterläuft das Prinzip vom „Staatsbürger in Uniform“, denn der Subtext vermittelt „Ist deine Not nur groß genug, dann kannst du immernoch bei uns anfangen“.
Das passiert leider, wenn Werber nicht fürchten müssen, dass die Unternehmenssubstanz verlore gehr bzw. geschädigt wird. Eine Aktiengesellschaft würde dermaßen zynische Kampagnen als geschäftsschädigend ablehnen.“
Eine Argumentation, die mir persönlich zeigt, dass die Bundeswehr- als Parlamentsarmee- scheinbar nicht für alle so richtig zur eigenen Gesellschaft zugehörig scheint.
Würde unter dem Werbespruch beispielsweise „BMW“ oder Mercedes stehen, würde wahrscheinlich diese Werbung als Übernahme sozialer Verantwortung lobend gepriesen werden. Der offensichtlich nicht normale Arbeitgeber Bundeswehr wird hingegen auf das Niveau von Anwerbern für Selbstmordattentäter, somit auf das Niveau von Terroristen abgestuft.
@Super08
Das perfide und empathiefreie Wortspiel gegen die Bitte der Personalabteilung von Werbung Abstand zu nehmen, wäre sicherlich nicht von BMW oder Mercedes gekommen.
Das sage ich noch nicht mal aus der Ex-Soldatenperspektive, sondern eher aus dem verlässlichen Gefühl heraus, was in der Businesskommunikation geht und was nicht. Die Kampagne und das übergriffige Verhalten der Bundeswehr nehmen Dimensionen an, die schon lange nicht mehr gehen. Das kann man aber schnell beheben. Einfach den beauftragten Werber entlassen.
@Johannes Clair:
1. Two wrongs don‘t make a right, und „die haben angefangen“ hat mich als Argument noch nie überzeugt. Die Bundeswehr macht sich mit der Aktion klein. Das ist nicht souverän.
2. Die Bundeswehr steht seit Jahren – also auch deutlich vor Beginn der hippen Werbung –in den relevanten Studien zur Arbeitgeberattraktivität immer ganz weit vorne.
3. Was sollen diese Aktionen im Sinne des Auftrages der Bundeswehr leisten und wie wird das evaluiert?
Auch ich kann dem Bendler Blogger nur zustimmen.
Das Bittere daran ist:
Hätte die Bw das Logistik-IT System von Ford (kenne beide),
würde es der Bw besser gehen.
Ach, ein paar Zulieferer und DP würden wegfallen.
Bitte nicht die Bw mit einem internationalen Unternehmen vergleichen.
Sind zwei völlig verschiedene „Wirtschaft-“ und Wertesysteme.
@Thomas Melber
Sehr, sehr treffend! :)
@DIN A4
Zwischen intelligent-frech und unpassend-dummdreist liegen Welten. Für die Hälfte des bisher durch die AGM verbrannten Budgets hätte man witzige, kluge und vor allem zielführende Kampagnen fahren können. Belastbare Zahlen zur realen Auswirkung auf den Personalkörper bleibt die AGM nicht ohne Grund schuldig. Trotz der angeblichen 20% mehr Bewerber hat sich ja offensichtlich keine relevante Menge für den Beruf des Soldaten entschieden. Total verrückte Idee: Werden durch die Werbung eventuell völlig falsche Vorstellungen geweckt? Raten aktive Soldaten jungen Soldaten vielleicht eher von Weiterverpflichtungen ab? Sind die geprellten Bestandskunden u.U. Multiplikatoren nach außen und zeichnen im Gespräch mit möglichen Interessenten ein anderes Bild der Bw, als die Werbefilmchen suggerieren?
Ganz ehrlich: es reicht!
So richtig reicht es mir,wenn ich so etwas lese:
„Derweil schweigt der überwiegende Teil der Truppe aus falsch verstandener Loyalität, Angst vor Repressalien, Frust oder Bequemlichkeit. “
(+Genau! Jeder macht was er will und erwartet die versprochenen Fürstlichen Belohnungen. Wer nicht jubelt und sich sogar noch erdreistet Misstände offen auszusprechen – kommt unter die „Guillotine“)
„1.) Hätten VW und Ford nicht jahrzehnte geschlafen und – VW – ihre Kundschaft nicht betrogen, müsste keiner der beiden Autobauer so drastisch die Personaldecke straff ziehen.
(+Gott sei Dank haben alle anderen Autobauer nicht gemogelt!
Nur für ihr Verständnis….der einfache Arbeiter (der mal schnell gekündigt wird oder als Zeitarbeiter ausgequetscht wird) hat i.d.R. auch keine Schuld-
auch hier stinkts am Kopf zuerst!))
2.) Die Entscheidung für oder gegen die Bundeswehr trifft jeder selbst und gerade im Bereich der Saz Mannschaften ist m.E. die Aussicht auf übersichtliche Arbeit bei maximaler Standorttreue durchaus ein Einstellungsmerkmal.
(+Fehlende Flexibilität wird auch bei allen Firmen gerne gesehen!)
3.) Die Hurra-Patrioten, die immer nur zur BW wollten, um Deutschland zu dienen fallen – hoffentlich – beim PersABw durch.“
(+Genau! Was übrig bleibt schafft es nicht einmal sich die Schuhe zu binden, 2km am Stück durchzulaufen und verzweifelt, wenn es keine 4-Sterne Einzelunterkunft mit LED-WLAN-Wellnessbereich gibt!)
Fazit:
Also finde ich meine Bemerkungen (+) provokativ, aber vertretbar,
den m.E. vollkommen peinlichen Auftritt einer proffessionellen Arbeitgebermarke „Bw“ jedoch unvertretbar und auf unterstem „Burger“-ketten Niveau!
PS: Wer diesen YouTube Selbstdarstellern auf den Leim geht ist selber Schuld ;-)
@ Daniel Lücking
Mit dem gleichen Ansatz könnte man Ihnen vorwerfen, dass Sie ihre eigenen Probleme unentwegt und ungefragt zum Besten geben – ggf. sollten Sie daher etwas zurückhaltender auskeilen.
Btt: Wenn Sie wirklich den Eindruck haben, dass die „Militarisierung der Gesellschaft in vollem Gange“ ist, frage ich mich, woran Sie das festmachen? An der Werbung? Denn aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen: Die Zielgruppe nimmt es gelangweilt zur Kenntnis und möchte sicher nicht zu den Fahnen eilen. Ebenso ist mir eine stramme Zustimmung der Bevölkerung zu Auslandsabenteuern oder einem steigenden Wehretat nicht erinnerlich?
@Daniel Lücking | 05. April 2019 – 18:30
Schonmal was von Freiheit, Gleichheit und Toleranz gehört?
Man kann über die Wirkung und Zweckmäßigkeit der Bw Werbung diskutieren, aber folgende Grundsätze sind nicht diskutabel:
1. Gleichheit: Wenn es von einem konservativem Geistlichen (egal welcher Relegion) abverlangt werden kann Dessous Werbung an Bushaltestellen zu ertragen, dann gilt das gleiche für einen Bw Kritiker/Pazifisten im Zuge auf Bw Personalwerbung.
2. Freiheit: Auch für die Bundeswehr als Organistation gilt, dass sie die Freiheit hat sich im Zuge des ihr zugestandenen Rechts frei zu bewegen, dazu zählt auch Personalwerbung.
3. Toleranz: Es gehört auch zur Toleranz dazu, dass man Bindeswehr und deren Vertreter und Auftritte auch im öffentlichen Raum toleriert, selbst wenn man diese als kritisch ansieht.
Ich persönlich finde diese Art der Werbung als den falschen Weg. Ein Soldat sollte durch Bescheidenheit und Leistung glänzen und Personal, dass sich von solcher Werbung locken lässt wird sicherlich nicht „Deutschland Dienen“ wollen.
Aber was Sie da schreiben geht gar nicht. Ersetzen Sie einfach mal das Wort Bundeswehr und Co. sinngemäß mit bspw. Homosexuellen, Moslems, Frauen, Schwarze, Juden,… und lesen ihren Beitrag noch einmal.
@all
Das droht jetzt zu einem Schlagabtausch mit – und zwar ausschließlich – Daniel Lücking zu werden. Ich denke, die Meinungen zu seiner Meinung sind hier kundgetan, und ich würde dringend darum bitten, das jetzt nicht zum bestimmenden Thema dieser Debatte zu machen.
Zur Werbethematik habe ich heute bei Deutschlandfunk Nova ein Interview gegeben. Hier der Link zum Ausschnitt: http://web.daniel-luecking.berlin/Update.mp3
@Voodoo
Leben Sie damit, dass meine Erfahrungen Teil des Themenkomplexes Bundeswehr sind. Dazu gehört dann eben auch, wenn die Provokationen durch die fragwürdige Werbung sich negativ auswirkt. Falls Sie Soldat sind, dann überdenken Sie ihren Umgang mit einsatzgeschädigten Menschen, wie mir.
[Danke, und ich denke, damit ist dieser Teil des Themas durch. T.W.]
@ Georg
Bei Ford Köln oder VW arbeiten ja auch nicht nur Techniker, Meister und Ingenieure. BWL’er, Juristen, Personaler und sonstige wissenschaftlich ausgebildete Akademiker gibt es da auch. Wir wissen das die Bw im zivilen Bereich eine große Breite an verschiedensten Berufen hat. Das und der riesige Kraftakt des Ausgleichs der altersbedingten Abgänge in den nächsten 10 bis 15 Jahren im zivilen Bereich geht bei dieser ganzen öffentlichen Diskussion um Nachwuchswerbung bei der Bw völlig unter. Ich kann mir die ganze Aktion bei Ford und VW nur so erklären, dass man auch auf diese Potentiale bei denen schielt.
Die Bezahlung ist doch das eine, sicher, die Bw kann mit Ford oder VW nicht immer mithalten. Wenn aber doch Beschäftigte mit einer Abfindung bei Ford oder VW ausscheiden, ist diesen Menschen meist auch bewusst das es schwer wird eine Anstellung mit gleicher Bezahlung zu finden. Das Angebot einer Anstellung als Arbeitnehmer bei der Bw im Raum Köln/Bonn ist doch attraktiv! Vorausgesetzt natürlich die Eignung und die Aufgabe passen. Und selbst wenn es nur 50 wären ist es ein Gewinn für beide Seiten.
Ich werfe nur mal zwei Stichwort in die Diskussion ein.
1.) Aufbau und Erweiterung der Depotorganisation
Allein mit der Reaktivierung und Modernisierung der Infrastruktur ist es nicht getan. Die Bw braucht wieder mehr Personal welches dort seinen Dienst versieht! Und das sind in der Masse keine Soldaten. Und das zu der Zeit wo jährlich bis zu 3000 zivile Mitarbeiter einzustellen sind um nur die alterbedingten Abgänge auszugleichen.
2.) Materielle Einsatzbereitschaft
Was ist denn das Problem bei der Einsatzbereitschaft im Kern? Es ist ein Personalproblem in Quantität und Qualität weil man sich durch SASPF (in irriger Annahme) Einspareffekte versprochen hat die nicht eingetreten sind und auch nicht eintreten werden. Das Personal ist aber mit den Reformen ab 2003 bis 2011 schon lange eingespart und weg.
Erst wenn man sich solche einzelnen Sachverhalte mal von A bis Z durchdenkt, kann man sich vorstellen unter welchem Druck derzeit im PersAmt versucht wird die Einstellungsqouten zu erfüllen.
Und beim tippen dieser Zeilen beginne ich meine grundsätzliche Kritik an dieser Aktion aus meinem vorangegangenen Post nocheimal zu relativieren. Man muss diese Marken wohl genau so setzen.
Ich muss auch @ Johannes Clair recht geben bei seiner grundsätzlichen Bewertung, dass die Bw derzeit auf gesellschaftlichen Rückhalt nur wenig bauen kann.
Mit Begeisterung lese ich hier jedes pro und kontra.
ICH persönlich finde diese Aktion absolut legitim.
Warum ?
Als Inhaber einer Handwerks Firma setze ich nicht mehr auf altmodische Werbung. Heutzutage werden Sie untergehen wenn sie nicht mit der Zeit gehen .
Die heutige Jugend lebt nicht mit der Tageszeitung geschweige der Tagesschau.
Social Media ist die Zukunft. Millionen von Zuschauern pro Video oder Beitrag . Davon träumen Print Medien.
Die Bundeswehr sollte Täglich im netzt präsent sein. Egal ob positiv oder negativ.
Der Großteil der hier negativen Kommentare zu diesem Thema ist Ü30 !
Das ist nicht die Zielgruppe der Streitkräfte. Das wir „alten Hasen“ damit nicht zurecht kommen zeigt allein das wir nicht verstehen was ein influenzer ist.
Bei allem Respekt – das Social Media Team der Bw macht seine Arbeit sehr gut !