Vorsorge für den Funkausfall: Kradmelder für die NATO-Speerspitze (m. Nachtrag)

Die deutschen Truppenteile in der NATO-Speerspitze, der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), können künftig auf ein viele Jahrhunderte altes militärisches Kommunikationsmittel zurückgreifen: Meldereiter, auch wenn die seit Jahrzehnten natürlich nicht mehr zu Pferde, sondern mit Motorrädern unterwegs sind und, es ist ja die Bundeswehr, nach der Abkürzung Krad für Kraftrad als Kradmelder (Krad-Melder?) bezeichnet werden. Die Panzerlehrbrigade 9 in Munster, in diesem Jahr der Leitverband für die stand-by-Force für die VJTF, erhielt in dieser Woche die ersten 29 von insgesamt 84 neuen BMW-Geländemotorrädern.

Die Motorräder sind, so berichtet die Bundeswehr*, als mobiles Meldemittel bei Truppenmärschen vorgesehen: Sie sichern und kontrollieren die Verbindung von Truppenteilen auf einem Marsch. Ist der Funk gestört, oder die digitale Verbindung ausgefallen, schließen die motorisierten Meldekräfte die Verbindungslücke. In Zeiten der Digitalisierung ist allerdings nicht mehr der Meldeblock das einzige Kommunikationsmittel für die Kradmelder – sie sollen bei Bedarf auch Speichersticks für Computer von einem Ort zum anderen bringen.

Mit der gezielten Einführung der Motorräder bei der schnellen Eingreiftruppe reagiert das Heer auf Erfahrungen aus der Großübung Trident Juncture in Norwegen im vergangenen Jahr, wo die deutsche VJTF-Brigade mit praktisch allen ihren Verbänden unterwegs war. Der Bedarf dafür, darauf sind Bundeswehr und Verteidigungsministerium stolz, wurde auch erst Ende 2018 angemeldet – und die ersten Maschinen vom Typ BMW F 850 GS** wurden nach dreieinhalb Monaten  geliefert.

Von einer flächendeckenden Renaissance der Kradmelder will das Heer allerdings nicht sprechen. Weiterhin verfügt jedes Kampftruppenbataillon über vier Motorräder in seinen Aufklärungs- und Verbindungszügen. Daran soll sich auch nichts ändern. Bei der VJTF-Brigade sind dagegen für jede Kompanie zwei Motorräder vorgesehen – selbst die Fahrschulfahrzeuge abgezogen hat damit die deutsche NATO-Speerspitze dann deutlich mehr Kradmelder zur Verfügung als eine normale Brigade.

Nachtrag 6. März: Der Kollege Lars Hoffmann von hartpunkt.de war – im Unterschied zu mir – bei der Übergabe in Munster dabei. Aus seinem Bericht (danke für den Leserhinweis) ergibt sich ein doch etwas anderer Zeitablauf bei der Anforderung des neuen Geräts als in der Meldung auf der Bundeswehr-Webseite:

Nach Aussage von Brigadegeneral Ullrich Spannuth hatte die Brigade im Dezember 2017 während ihres Aufenthalts im Gefechtsübungszentrum festgestellt, dass ein Element für die Ausgestaltung der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) fehlte: Die Verbindung und die Kontrolle von Marschbewegungen mit Hilfe von Motorrädern. „Und ein Jahr später haben wird die. Das hätte ich nicht für möglich gehalten“, sagte Kommandeur der Panzerlehrbrigade in seiner Rede während der Übergabezeremonie.

**Korrektur: Nachdem es ein wenig Verwirrung um die Bezeichnung des Modells gab (auch hier in den Kommentaren), hat die Bundeswehr das geklärt: Die Maschine hat die Typenbezeichnung des Herstellers BMW: F 850 GS (das GS steht für Gelände/Straße). Bundeswehrintern wird sie als Krad GL bezeichnet – das GL steht für Gelände. Daraus wurde dann, von wem auch immer, die nicht ganz zutreffende Bezeichnung F 850 GL. Ich hoffe, der Punkt ist damit ausgeräumt.

*Fürs Archiv die Bundeswehr-Meldung als pdf-Datei:
Immer in Verbindung bleiben: Neue Motorräder für die NATO-Speerspitze

(Fotos: Übergabe von Motorrädern an die Panzerlehrbrigade 9 in Munster am 4. März 2019 – Jana Neumann/Bundeswehr)