Stopp von Rüstungsexporten für Saudi-Arabien: Bisschen Verwirrung (m. Transkript)
Die offizielle Mitteilung des Regierungssprechers zur Verlängerung des Exportstopps für Waffen und Rüstungsgerät an Saudi-Arabien ist, nun, nicht so ganz selbsterklärend. Deshalb gab es am (heutigen) Freitag in der Bundespressekonferenz auch zahlreiche Nachfragen dazu – und nicht gar so viele erhellende Antworten.
Das Transkript dazu, mit den Aussagen der stellvertretenden Regierungssprecherin Ulrike Demmer, Maria Adebahr vom Auswärtigen Amt, Jens Flosdorff vom Verteidigungsministerium und Tatjana Alemany vom Bundeswirtschaftsministerium:
Frage: Frau Demmer, können Sie uns die Bedeutung des zweiten Absatzes in der Einigung über die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien erklären? Es gibt ja verschiedene Interpretationen, wie das gemeint ist. Können bis Ende des Jahres Rüstungsgüter wie zum Beispiel der Eurofighter an Saudi-Arabien ausgeliefert werden oder nicht? Hier werden ja Kleine Unterscheidungen gemacht. Was ist zum Beispiel mit der Frage von Munition? Denn die gehört ja nicht zu den endmontierten Rüstungsgütern.
SRS’in Demmer: Ich würde gerne erst einmal voranstellen: Wie Sie alle wissen, tagt der Bundessicherheitsrat geheim und informiert gemäß seiner Geschäftsordnung den Bundestag über seine Entscheidungen. Alles, was wir gestern veröffentlicht haben, ist nicht im Bundessicherheitsrat entschieden worden, sondern von den zuständigen Ministern gemeinsam mit der Bundeskanzlerin. Grundsätzlich bleibt das aber ein Gegenstand im Bundessicherheitsrat, der der Geheimhaltung unterliegt.
Sie sprechen jetzt die ausgelaufenen Gemeinschaftsprogramme an. Hierzu haben wir schon bekanntgegeben: Für die Gemeinschaftsprogramme und für die dazugehörigen Sammelausfuhrgenehmigungen gilt, dass sie jetzt um neun Monate verlängert werden – allerdings eben unter der Maßgabe, dass in diesem Zeitraum die gemeinsam produzierten Rüstungsgüter nicht nach Saudi-Arabien und auch nicht an die Vereinigten Arabischen Emirate ausgeliefert werden. Den beteiligten Unternehmen haben wir zur Auflage gemacht, dass sie gegenüber den Vertragspartnern darauf bestehen, dass in diesem Zeitraum keine Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate ausgeliefert werden. Die Bundesregierung wird sich in den Konsultationen gegenüber den Partnern auch dafür einsetzen, dass diese gemeinsam produzierten Rüstungsgüter dann nicht im Jemen zum Einsatz kommen.
Zusatzfrage: Speziell der Eurofighter ist ja eins der ganz großen Projekte. Wenn deutsche Firmen einen Teil des Eurofighters, der dann in Großbritannien zu Ende gebaut wird, zuliefern, darf also auch Großbritannien in dieser Zeit bis Ende des Jahres das Flugzeug nicht ausliefern, ist das richtig?
SRS’in Demmer: Genau. Wir haben sozusagen die Sammelausfuhrgenehmigungen verlängert, eben mit der Auflage, dass die Partner in diesem Zeitraum nicht ausliefern.
Frage: Können Sie erklären, was mit „ausgelaufene Gemeinschaftsprogramme“ gemeint ist? Was heißt da „ausgelaufen“ und welche Programme sind da gemeint? Sind die schon beendet, sind da die ganzen Eurofighter schon gebaut? – Nein, sind sie natürlich nicht. – Wieso mussten die überhaupt verlängert werden? Es ist überhaupt nicht verständlich, was damit gemeint ist; das müssten wir irgendwie erläutert bekommen.
Was heißt das in Konsequenz für die deutschen Firmen, was heißt das für Schadenersatzforderungen der deutschen Firmen? Ich würde es jetzt einmal so verstehen – bitte sagen Sie, ob das stimmt -, dass die Firmen, die an den Gemeinschaftsprojekten beteiligt sind – etwa Würth mit Schrauben, oder was auch immer -, jetzt liefern dürfen, also keinen Schadenersatzanspruch haben, unter der Maßgabe, dass es eine politische Einigung gibt – darauf komme ich gleich noch. Was ist aber mit den Firmen, die an bilateralen Rüstungsprojekten beteiligt sind, wie zum Beispiel Lürssen Werft? Da gibt es ja noch andere wie zum Beispiel Rheinmetall, die Lkw liefern sollen. Haben die weiter die Möglichkeit, Schadenersatz geltend zu machen? Denn die dürfen ja nicht ausliefern, wenn ich das richtig verstehe; das fällt ja unter Punkt eins. Was ist also mit den Firmen, die jetzt nach Großbritannien oder nach Frankreich liefern dürfen, beispielsweise für den Eurofighter? Die haben keinen Schadenersatzanspruch mehr, richtig oder falsch?
Dritter Punkt: die Peene-Werft und ihre Boote. Ist das eine Zukunftsklausel, gilt das also für künftig gebaute Boote? Was passiert mit den sieben oder sechs, glaube ich, die dort schon gefertigt worden sind? Bleibt der Eigner darauf sitzen?
SRS’in Demmer: Vielleicht direkt zu Anfang zur Peene-Werft: Die Bundesregierung arbeitet daran, eine Schadensminderung zu finden. Dazu gibt es diverse Möglichkeiten: Entweder, man ermöglicht den Bau, ohne sie derzeit auszuliefern, oder aber, die gebauten Boote werden für eine inländische Nutzung zur Verfügung gestellt. Das ist aber noch im Prozess, deswegen kann ich Ihnen dazu jetzt nichts Näheres sagen.
Was die Gemeinschaftsprogramme und die Sammelausfuhrgenehmigungen anbetrifft, kann Herr Flosdorff vielleicht dazu beitragen.
Flosdorff: Ich möchte hier die Erwartungen nicht zu sehr hochschrauben. Sie werden auch verstehen, dass ich hier nicht in Details über geheime Sitzungen gehen kann. Zu den Gemeinschaftsprogrammen – eines haben Sie genannt, nämlich den Eurofighter; es gibt aber noch andere große bekannte Gemeinschaftsprogramme, und zwar sowohl zu Lande als auch in der Luft wie den A400M – kann ich Ihnen nur generell sagen: Zu diesen Gemeinschaftsprogrammen gibt es Abkommen. Was jetzt hier genau auf der Liste steht, kann ich Ihnen nicht sagen. Zu vertragsrechtlichen Fragen kann ich Ihnen auch keine Auskunft geben.
Zusatzfrage: Sie haben das also noch nicht klären können? Was bedeutet denn der juristische Begriff „ausgelaufene Gemeinschaftsprogramme“? Was heißt das „ausgelaufen“, ist da Wasser ausgelaufen oder sind die beendet?
Flosdorff: Weder war ich bei dieser Sitzung dabei, noch bin ich hier zu diesem Punkt sprechfähig oder zuständig.
Zusatzfrage: Was ist denn mit den Schadenersatzmöglichkeiten, die deutsche Firmen jetzt haben? – Kann das Wirtschaftsministerium etwas dazu sagen?
Alemany: Zu möglichen Entschädigungsklagen oder Widersprüchen kann man natürlich zum heutigen Stand noch keine Auskunft geben. Wir müssen jetzt einmal schauen, wie das auf die Firmen wirkt. Insofern kann ich Ihnen zu dem, was wir erwarten, und zu der Frage, ob es Entschädigungsfragen geben wird, nichts sagen. Grundsätzlich ist der Stand ja der gleiche wie vorher: Es gibt ein Moratorium, insofern kann eine Altgenehmigung nicht gezogen werden.
Frage: Frau Demmer, vielleicht noch einmal grundsätzlicher: Es hat ja im Vorfeld dieser Entscheidung sehr öffentliche und sehr harsche Kritik seitens der britischen und französischen Partner gegeben. Hat die Bundesregierung, hat die Bundeskanzlerin den Eindruck, dass der Ärger der Partner über die deutsche Position hier vielleicht ein bisschen verraucht ist? Gibt es irgendwelche Signale von den Partnern, dass man mit dieser Lösung jetzt zufrieden ist?
SRS’in Demmer: Für uns gilt natürlich, dass die Zusammenarbeit mit den Partnern wichtig ist. Auch der gestrigen Pressemitteilung konnten Sie entnehmen, dass sich die Bundesregierung auch weiterhin gegenüber den Partnern für den Kompromiss einsetzt, den wir jetzt gefunden haben – Sie kennen die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin. Trotzdem gilt nach wie vor für die Bundesregierung, dass sie eine verantwortungsvolle und restriktive Rüstungspolitik verfolgt und bei der Erteilung von Genehmigungen für den Export von Rüstungsgütern ja auch ganz grundsätzlich immer sehr zurückhaltend im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation entschieden hat. Dass wir da aber gegenüber unseren Partnern Verlässlichkeit an den Tag legen müssen, haben wir hier häufig zum Ausdruck gebracht. Wir finden, dass da jetzt ein guter Kompromiss gefunden worden ist.
Frage: Noch eine Frage zu den endmontierten Rüstungsgütern: Was genau bedeutet das? Der Kollege hat schon Munition erwähnt. Ist vorstellbar, dass dann zum Beispiel Bausätze mit einzelnen Teilen aus Deutschland, die nicht angebracht sind, geliefert werden dürften? Warum also diese Einschränkung?
Sie sprechen jetzt von Auflagen, aber es liest sich eher so – die Bundesregierung wird sich in Konsultationen einsetzen -, dass das einer Bitte gleichkommt, nicht zu liefern. Wie konkret ist da also die Handhabe?
SRS’in Demmer: Wie schon gesagt, die Unternehmen haben die Auflage, dass, wenn sie liefern, die Partner im Rahmen dieser neun Monate nicht an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ausliefern. Gleichzeitig wird die Bundesregierung aber natürlich auf ihren Wegen Konsultationen anstreben und mit den Partnern über genau diesen erzielten Kompromiss weiterverhandeln.
Zusatzfrage: Und die endmontierten Rüstungsgüter?
SRS’in Demmer: Ich kann Ihnen jetzt keine genaue Beschreibung über endmontierte Rüstungsgüter und Teile von Rüstungsgütern geben. Klar ist: Die Teile können unter der Auflage, die ich eben beschrieben habe, geliefert werden.
Frage: Noch einmal zur Peene-Werft: Bis wann wird man da denn wissen, wie die Bundesregierung der Werft helfen kann?
SRS’in Demmer: Dazu kann ich Ihnen jetzt keine genaue Zeitangabe machen. Es ist aber ein wichtiges Thema, und daran wird gearbeitet.
Zusatzfrage: Das wird ja sicherlich zeitnah passieren müssen, denn ansonsten können die ja auch Schadenersatz fordern, oder?
SRS’in Demmer: Wie gesagt, es ist ein wichtiges Thema für die Bundesregierung, und daran wird gearbeitet. Ich kann Ihnen jetzt aber kein Datum nennen.
Frage: Frau Demmer, zwei Fragen: Inwiefern hat der Fall Khashoggi eine Rolle gespielt bei der Entscheidung, diesen Exportstopp zu verlängern?
Es gab jetzt Medienmeldungen, wonach deutsche Rüstungsgüter im Wert von 400 Millionen Euro an die saudisch geführte Kriegsallianz in Jemen geschickt worden sind. Soweit ich weiß, steht im Koalitionsvertrag, dass keine Waffen an die Kriegsallianz geschickt werden sollen. Wie erklären Sie sich das?
SRS’in Demmer: Zum Fall Khashoggi haben wir uns hier ja mehrfach geäußert. Ich kann Ihnen hier jetzt natürlich nicht den internen Entscheidungsprozess im Einzelnen wiedergeben, der zu dem gestrigen Ergebnis geführt hat, aber Sie können sich ganz sicher sein, dass wir alle relevanten Aspekte berücksichtigen. Dazu gehört natürlich wie immer auch die Menschenrechtslage.
Die Bundesregierung setzt sich natürlich auch im Jemen-Konflikt weiter gegenüber allen Akteuren für eine Konfliktbeendigung vor Ort ein. Die Bundeskanzlerin hat sich ja erst am 20. März mit dem Sondergesandten der Vereinten Nationen, Martin Griffith, getroffen. Es gibt erste Anzeichen für Hoffnung im Stockholmer Prozess, aber wir müssen die Arbeit des Sondergesandten da natürlich weiter unterstützen. Es geht hier um einen Waffenstillstand in der Stadt Hudaida, aber auch darum, dass wir dort Schritt für Schritt zu einer politischen Lösung kommen.
Zusatzfrage: Frau Demmer, mit Verlaub, meine Frage bezog sich nicht auf die Bemühungen um eine friedliche Lösung. Meine Frage war, wie Sie sich erklären, dass deutsche Waffen im Wert von 400 Millionen Euro an die Kriegsallianz geschickt worden sein sollen.
SRS’in Demmer: Sie kennen den Koalitionsvertrag. Wie gesagt – ich habe es schon vorgetragen -, nach wie vor verfolgt die Bundesregierung eine sehr verantwortungsvolle und restriktive Rüstungsexportpolitik, und über die Erteilung von Genehmigungen für Rüstungsexporte entscheidet die Bundesregierung im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation, nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen. Dabei berücksichtigt sie sowohl die vorliegenden Erkenntnisse zur Beteiligung des Endempfängerlandes am Jemen-Konflikt als auch alle verfügbaren Informationen zum gesicherten Endverbleib dieser Güter beim Empfänger.
Frage: Frau Demmer, sind Sie sich sicher, dass das, was Sie uns eingangs gesagt haben, inhaltlich mit dem übereinstimmt, was in dem Text steht? Sie hatten gesagt, die Gemeinschaftsprogramme würden unter der Maßgabe verlängert, dass keine endmontierten Rüstungsgeräte an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate geliefert werden. Das ist aber nicht das, was in der Vereinbarung steht. In der Vereinbarung steht: Sie können unter der Maßgabe geliefert werden, dass Konsultationen stattfinden, und in den Konsultationen – sowohl Direktkontakte der Bundesregierung als auch Auflage an die Unternehmen -, sollen die sich dann dafür einsetzen beziehungsweise darauf dringen, dass nicht geliefert wird. Was aber, wenn man sich einsetzt und die andere Seite sagt „Ja, nehmen wir zur Kenntnis, sehen wir aber anders“, oder was, wenn Unternehmen gegenüber den Partnerfirmen darauf dringen, die Partnerfirmen aber sagen „Ja, nehmen wir zur Kenntnis, sehen wir aber anders“? Dann gibt es doch keine rechtlich verbindliche Auflage zu sagen „Jetzt gilt das nicht mehr“. Sie haben uns, glaube ich, eingangs etwas anderes gesagt als das, was tatsächlich drinsteht.
SRS’in Demmer: Dass ich etwas anderes gesagt hätte als das, was tatsächlich drinsteht, möchte ich natürlich zurückweisen. Es ist so, wie ich es gesagt habe: Die ausgelaufenen Gemeinschaftsprogramme und die dazugehörigen Sammelausfuhrgenehmigungen werden um neun Monate verlängert, aber eben unter dieser Auflage, die besagt, dass die fertiggestellten Produkte nicht innerhalb dieser neun Monate an Saudi-Arabien oder die Vereinigte Arabische Emirate – –
Zusatz: Nein, nein, nein – sorry, das steht da nicht drin. Es steht drin: Die Maßgabe ist, dass Konsultationen stattfinden, und in den Konsultationen soll darauf gedrungen werden, dass das nicht passiert. Die Gretchenfrage ist doch: Was passiert, wenn man sich mit diesem Dringen nicht durchsetzt? Dann gibt es doch – oder sehe ich das falsch? – keine Auflage, die sagt: Dann darf eben nicht geliefert werden, dann gilt unsere Genehmigung nicht. Das ist der Unterschied.
SRS’in Demmer: Ich teile Ihre Interpretation insofern nicht, als es da keinen Widerspruch gibt. Die Konsultationen finden ja parallel zu der Auflage statt, die die Unternehmen haben.
Frage: An Frau Demmer und Herrn Flosdorff: Die Linke sagt, die Bundesregierung lege die Entscheidung darüber, ob diese endgefertigten Rüstungsgüter geliefert werden, in die Hände der Briten und der Franzosen. Stimmt das oder stimmt das nicht?
SRS’in Demmer: Ich kann mich hier jetzt nur noch einmal wiederholen: Die ausgelaufenen Gemeinschaftsprogramme und die dazugehörigen Sammelausfuhrgenehmigungen in Bezug auf Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate werden um weitere neun Monate bis zum 31. Dezember dieses Jahres verlängert. Das erfolgt mit der Maßgabe, dass in diesem Zeitraum mit den Partnern die vorgeschriebenen Konsultationen stattfinden und dass die Bundesregierung sich in Konsultationen gegenüber den Partnern dafür einsetzt, dass die gemeinsam produzierten Rüstungsgüter, also die Endprodukte, im Jemen-Krieg nicht zum Einsatz kommen und dass während der neunmonatigen Verlängerung keine Rüstungsgüter aus diesen Gemeinschaftsprogrammen an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ausgeliefert werden.
Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Die beteiligten Unternehmen erhalten eine Auflage zu dieser Genehmigung, gegenüber den Vertragspartnern darauf zu bestehen, dass in diesem Zeitraum keine endmontierten Rüstungsgüter an diese Länder ausgeliefert werden.
Zusatzfrage: Schließen Sie aus, dass in den nächsten neun Monaten solche Gemeinschaftsrüstungsgüter an Saudi-Arabien geliefert werden?
SRS’in Demmer: Ich kann Ihnen hier sagen, was wir vereinbart haben, dass es Auflagen gibt, die wir den Unternehmen gemacht haben, und dass die Bundesregierung die Unternehmen damit nicht alleine lässt, sondern es parallel dazu Konsultationen mit unseren Partnernationen gibt.
Frage: Ich würde gerne noch einmal konkret wissen: Gibt es eine gesonderte Zusage für die Franzosen, dass man in einer bestimmten Zahl von Fällen Produkte zuliefern darf, die in Rüstungsgüter eingebaut werden können?
SRS’in Demmer: Ich kann mich hier nur noch einmal dahingehend äußern, dass wir hinsichtlich der Auslieferung bereits genehmigter Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien die bereits bestehende Ruhensanordnung jetzt um sechs Monate verlängert haben, also bis zum 30. September. In diesem Zeitraum werden auch grundsätzlich keine Neuanträge genehmigt.
Zusatzfrage: Ich hatte ja gerade gefragt, ob es für Frankreich eine gesonderte Regelung in irgendeiner Weise gibt, Frau Demmer. Vielleicht können Sie uns das sagen?
Ich würde außerdem gerne wissen, warum dieser Stopp jetzt nur für Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate gilt. Es gibt ja deutlich mehr Beteiligte am Jemen-Krieg, Frau Demmer. In deutschen Medien wird fälschlicherweise immer nur die Zahl Acht genannt, aber es sind ja auch Bahrain, Katar, Kuwait, Ägypten, Jordanien, Marokko dabei. Warum wird an die, an die Amerikaner und an die Briten weitergeliefert?
SRS’in Demmer: Dazu kann ich jetzt nur darauf verweisen – das habe ich ja auch in dieser Pressekonferenz, und wir haben es schon in vielen anderen Pressekonferenzen immer wieder betont -, wie wir uns bei allen, die am Jemen-Krieg beteiligt sind, zum Thema Rüstungsexport verhalten.
Zu Ihrer ersten Frage hatte ich eingangs ja schon gesagt, dass es letztlich um eine Sitzung des Bundessicherheitsrates geht und ging, der ja geheim tagt und gemäß seiner Geschäftsordnung nur den Bundestag über seine Entscheidungen informiert. Ich habe Ihnen jetzt das mitgeteilt, was ich mitteilen kann. Alles darüber Hinausgehende entzieht sich dieser Möglichkeit, weil es hier um Informationen aus einem geheim tagenden Gremium geht.
Frage: Können Sie sagen – das ist bestimmt nicht geheim -, wer jetzt mit den Konsultationen beauftragt ist? Wahrscheinlich das Wirtschaftsministerium, nehme ich an? Nehmen die dann die Konsultationen auf, oder muss die Kanzlerin da selber ran?
Meine zweite Frage geht noch einmal an Herrn Flosdorff, weil die Fragen zur Peene-Werft aus meiner Sicht nicht ausreichend beantwortet sind: Sehen Sie das als Zukunftsklausel? Bezieht sich das, was sich in der Pressemitteilung wiederfindet, also auf in der Zukunft gebaute Schiffe? Halten Sie es für möglich oder wird es im Ministerium so eingeschätzt, dass die sechs Schiffe, die dort schon stehen, für die Marine, den Zoll oder möglicherweise auch für Frontex, also für einen internationalen Einsatz, verkauft oder eingesetzt werden könnten?
Die erste Frage ist also: Wer verhandelt? – Das Wirtschaftsministerium schüttelt charmant mit dem Kopf.
Adebahr: Das wird auch vom Auswärtigen Amt unternommen – natürlich in Zusammenarbeit in der gesamten Bundesregierung. Wir, die Bundesregierung und das Auswärtige Amt, sind ja fortlaufend mit unseren internationalen Partnern im Gespräch, und diese Konsultationen werden auch durch uns in einer Gemeinschaftsarbeit in dieser Bundesregierung geführt werden.
Zusatzfrage: Frau Adebahr, wie schätzt das Auswärtige Amt diese Konsultationen ein? Haben Sie schon irgendwelche Reaktionen aus Frankreich oder aus Großbritannien erhalten – die Frage kam vorhin schon einmal -, ob man mit diesen Regelungen nun zufrieden ist?
Adebahr: Ich glaube, wir haben eine Einigung über diese politische Frage, die ein sehr verantwortungsvoller Kompromiss ist. Das ging gestern Abend raus. Mir ist heute Morgen noch kein Kommentar beziehungsweise keine Einschätzung dazu von unseren Partnern bekannt geworden. Das ist aber auch letzte Nacht passiert.
Zusatzfrage: Herr Flosdorff?
Flosdorff: Ich habe großes Verständnis dafür, dass Sie alle Ihre Fragen beantwortet haben möchten; aber bitte haben Sie auch Verständnis dafür, dass ich mich nicht über meinen Zuständigkeitsbereich hinausbewegen kann. Insofern muss ich Ihnen, was die Interpretation von Klauseln oder die Perspektive der Peene-Werft angeht, Antworten schuldig bleiben. Ich kann hier für die Bundeswehr und für das Bundesverteidigungsministerium sprechen, und zum Thema „inländische Nutzung“ – das ist ein offener Begriff – kann ich Ihnen für die Bundeswehr nur sagen, dass ich bei der Marine – wenn man einmal auf den Bedarf der Marine schaut, dann sieht man, dass der Bedarf und das Aufgabengebiet der Marine sehr deutlich konkretisiert sind – wenige Möglichkeiten sehe, dass diese Schiffe dort Verwendung finden. Daran hängt ja auch immer noch eine Personalversorgung und eine Infrastrukturversorgung – ganz zu schweigen von Finanzen, die natürlich auch erforderlich sind, um so etwas zu betreiben.
Zusatzfrage: Und internationale Einsätze kommen auch nicht infrage? – Aber dafür wären Sie wahrscheinlich wieder nicht zuständig.
Flosdorff: Ich kann Ihnen sagen, dass von der Konstruktion her Küstenwachboote nicht prädestiniert dafür sind, größere Meere zu durchqueren oder Einsätze mit längerem Aufenthalt zu stemmen. Sie sehen ja auch immer die Bilder von den Schiffen, die mit dem Kran auf größere Schiffe gehievt werden, um dann an ihren Bestimmungsort geliefert zu werden. Auch dafür gibt es Gründe.
Frage: Ich habe eigentlich nur Nachfragen beziehungsweise Bitten um konkrete Antworten: Gibt es irgendwelche Sanktionsmöglichkeiten, wenn gegen diese Auflagen verstoßen wird? Das war jetzt ja mehrfach das Thema.
Saudi-Arabien hat ja schon über 70 Eurofighter. Was bedeutet diese Vereinbarung für die Lieferung von Ersatzteilen?
SRS’in Demmer: Ich möchte hier über mögliche Sanktionen gar nicht spekulieren. Wir haben gestern einen Kompromiss gefunden, und der wird jetzt umgesetzt.
Zusatzfrage: Und die Ersatzteile?
SRS’in Demmer: Wie schon gesagt, ich kann hier jetzt keine Auskunft über einzelne Bauteile geben. Wir haben hier die grundsätzliche Linie, wir haben grundsätzliche Entscheidungen gefunden, und die setzen wir jetzt um.
Frage: Eine Bitte zur sprachlichen Klärung, anknüpfend an die Frage des Kollegen: Wenn wir beurteilen können müssen, was das hier bedeutet, dann finde ich schon, dass man wissen muss, was der Begriff „ausgelaufene Gemeinschaftsprogramme“ wirklich bedeutet. Vielleicht können Sie uns, wenn das jetzt hier nicht geht, nachreichen, worum es dabei eigentlich geht. Das ist das eine.
Das andere: Wenn Sie eine Unterscheidung zwischen endmontierten Rüstungsgütern treffen und das explizit erwähnen, interpretiere ich das so, dass nicht endmontierte Rüstungsgüter sehr wohl geliefert werden können. Ist das richtig?
SRS’in Demmer: Darüber muss ich kurz nachdenken.
Zusatz: Endmontierte Rüstungsgüter sind wahrscheinlich sehr komplexe wie ein Eurofighter, der dann als Flugzeug nicht ausgeliefert werden kann. Aber die Frage kam ja eben: Teile können dann anscheinend schon geliefert werden, weil hier explizit immer wieder auf endmontierte Rüstungsgüter eingegangen wird. Das heißt, wenn sie nicht endmontiert sind, kann man – – –
SRS’in Demmer: Zur Interpretationshilfe: Es geht darum, deutlich zu machen, dass wir zwar Teile liefern, dass aber die Endprodukte, in denen diese Teile dann aufgehen, nicht weitergeliefert werden. Es ging in dem Text nicht darum, deutlich zu machen, dass nun Teile geliefert werden können, sondern es ging darum, deutlich zu machen, dass wir den Bau in den nächsten neun Monaten ermöglichen, dass aber eine Auslieferung an Saudi-Arabien in diesem Zeitraum nicht möglich ist.
Zusatzfrage: Ja. Aber zu komplexen Waffensystemen kann man auch Teile zuliefern. Eben wurde ja schon angedeutet, dass Saudi-Arabien längst über Eurofighter verfügt. Wenn beispielsweise ein Flügel kaputt ist, dann ein Teil aus Deutschland kommt und der Flügel in Großbritannien zu Ende gebaut wird, dann müsste er ja ausgeliefert werden können, weil es nicht das endgültige Rüstungsgut ist. Stimmt das, oder stimmt das nicht?
SRS’in Demmer: Die Antwort würde ich gegebenenfalls nachreichen.
Flosdorff: Vielleicht kann ich an dieser Stelle unterstützen. Ich denke, die Interpretation ist gewagt. Selbst wenn Teile gebraucht werden, werden sie bei komplexen militärischen Systemen in der Regel im Werk montiert und nicht freihändig durch Streitkräfte, die diese Geräte betreiben.
Frage: Noch einmal zum Verständnis der Frage, wie man sich mit den Partnern einigt: Wir lesen, dass Konsultationen stattfinden sollen und dass sich die Bundesregierung den Partnern gegenüber dafür einsetzen will, dass keine endmontierten Rüstungsgüter geliefert werden. Wie sehen die Formalien einer solchen Entscheidung aus unabhängig davon, wie sie ausgeht, wenn man sich mit Franzosen, Briten und Spaniern an einen Tisch setzt, auf sie einwirkt, sich dafür einsetzt? Gibt es Regeln, wie entschieden wird, wenn man sich nicht einig ist, wenn also die einen sagen „Wir wollen gern einen Eurofighter liefern“ und die anderen sich dafür einsetzen, dass nicht geliefert wird? Wie sind die Regeln in einem solchen Fall? Wie wird das gehandhabt?
SRS’in Demmer: Die Entscheidung des gestrigen Abends steht ja in einem Kontext. Ganz grundsätzlich strebt die Bundesregierung eine gemeinsame europäische Linie an. Das wird ja auf vielen verschiedenen Ebenen deutlich. Richtig ist, dass es bislang noch keine gemeinsame Linie gibt. Deswegen stehen wir in Kontakt mit unseren Partnern und werden weiterhin das Gespräch führen und diese Themen mit unseren Partnern erörtern.
Zusatzfrage: Gibt es denn Regeln für den Fall, dass Entscheidungen in solchen Fragen strittig sind? Das muss doch irgendwo in Verträgen niedergelegt sein. Herr Flosdorff oder Frau Adebahr, wissen Sie das?
Flosdorff: Ich kann Ihnen hier zu diesen Themen keine Auskunft geben. Dafür bitte ich um Verständnis. Ich liefere Ihnen gern das zu, was ich weiß und was innerhalb meines Zuständigkeitsbereichs liegt. Aber ich kann Ihnen auf solche Fragen hier keine Antwort geben. Dafür bitte ich einfach um Verständnis.
Vorsitzende Buschow: Kann Frau Adebahr ergänzen? – Dann hat der Kollege die nächste Frage.
Frage: Frau Demmer, die einzige Maßgabe, die es als bindende Kondition gibt, ist die Frage der Konsultation. Alles, was Sie danach zitiert haben, sowohl die Auflage an die Unternehmen als auch die direkten Konsultationen auf Regierungsebene, sind Unterpunkte. Von Ihrer eigenen Systematik her werden sie als Unterpunkte unter der Maßgabe der Konsultation aufgeführt.
Deswegen die Frage: Was ist Conditio sine qua non? Wenn die Ziele, die in den Unterpunkten formuliert sind – keine Auslieferung endmontierter Rüstungsgeräte -, in den Gesprächen nicht erreicht werden können, ist dann die deutsche Verlängerung hinfällig, oder ist sie nicht hinfällig, weil das einzig genannte Kriterium – Konsultation – ja erfüllt wurde? Das ist eine ganz einfache Frage.
SRS’in Demmer: Wir können jetzt die Textexegese weiter fortführen. Die Interpretation des Textes bleibt selbstverständlich Ihnen überlassen. Ich kann es aber nur noch einmal sagen: Es gibt die Auflagen für die Unternehmen, dass sie gegenüber den Vertragspartnern darauf bestehen, dass in dem Zeitraum von neun Monaten keine Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien und in die VAE ausgeliefert werden.
Zusatzfrage: Ja. Aber was passiert, wenn die deutschen Unternehmen die Auflage erfüllen, also darauf bestehen, die Partner diesem Daraufbestehen aber nicht folgen? Ist dann die deutsche Genehmigung hinfällig? Das ist am Ende doch die entscheidende Frage.
SRS’in Demmer: Ich kann jetzt nicht auf Was-wäre-wenn-Fragen hin Spekulationen anstellen. Ich kann Ihnen sagen: Es gibt jetzt diese Auflagen. Unter dieser Voraussetzung sind die Gemeinschaftsprogramme und die dazugehörigen Sammelausfuhrgenehmigungen erteilt, verlängert für die nächsten neun Monate. Parallel dazu gibt es Konsultationen auf der politischen Ebene.
Frage: Ich möchte in der Diskussion gern einen etwas größeren Bogen schlagen. Denn ich sehe die Bundesregierung in einem Spannungsfeld zwischen den wirtschaftlichen Interessen und dem moralischen Anspruch, aber eben auch der Notwendigkeit, Bündnistreue und Vertragstreue zu beweisen, gerade was die EU und die Nato anbelangt.
Frau Adebahr und Herr Flosdorff von den zuständigen Ministerien, wie bewerten Sie diesen Kompromiss, der in der vergangenen Nacht gefunden wurde? Gibt er genug Spielraum, um sich auf internationaler Bühne weiterhin als verlässlicher Partner zu beweisen, oder gibt man damit auch einen Hebel aus der Hand, den man ansetzen könnte?
SRS’in Demmer: Ich möchte jetzt gar keine Bewertung vornehmen, sondern nur noch einmal klarmachen, dass, wie ich eben schon sagte, die Entscheidung von gestern in einem Kontext steht. Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Regierungserklärung vor dem Europäischen Rat noch einmal deutlich gemacht, wie wichtig es ist, verlässlicher Partner in Europa zu sein, und dass das natürlich auch für den Rüstungsexport gilt. Deshalb stehen wir dazu in einem regen Austausch und werden auch die gestrige Entscheidung mit den Partnern erörtern.
Zusatzfrage: Aber ein verlässlicher Partner wird, denke ich, nicht so gern von einer französischen Botschafterin als unberechenbar bezeichnet. Ein bestimmtes Spannungsfeld ist also gerade da. Ich hätte gern eine Einschätzung, die über das konkrete Beispiel hinausgeht.
SRS’in Demmer: Wir haben gestern eine Entscheidung getroffen, die jetzt auf dem Tisch liegt, und sind damit berechenbar.
Flosdorff: Das ist ja eine berechtigte Frage. Auch wenn wir hier nicht auf die konkreten Fälle eingehen, ist es natürlich ein wichtiges Thema. Sie wissen, dass wir auch im Rahmen der europäischen Verteidigungsunion einige größere Projekte haben, die dort angestrengt werden. Neben der Eurodrohne ist das das Kampfflugzeug der Zukunft und der Panzer der Zukunft, die wir beide gemeinsam mit Frankreich entwickeln wollen. Das ist natürlich ein Dauerthema mit unseren europäischen Partnern. Nicht umsonst war es auch ein wichtiges Thema der deutsch-französischen Kooperation im Zusammenhang mit dem Vertrag von Aachen. Deswegen ist es schon wichtig. Vor diesem Hintergrund würde ich es schon positiv bewerten, dass man zu einer Lösung für Gemeinschaftsprojekte gekommen ist, auch wenn das in diesem Rahmen eine kurzfristige und mit Kompromissen behaftete Lösung ist. Aber das ist doch schon ein Signal an unsere Partner. Hier gibt es Möglichkeiten, und hier bewegt sich auch Deutschland irgendwie. Aber das entbindet uns nicht von der Verpflichtung, die in der gesamten Bundesregierung geteilt wird und die auch im Koalitionsvertrag niedergelegt ist, dass wir möglichst auch schauen, dass wir uns auch auf europäischer Ebene verständigen und zu einer Regelung kommen, die Planungssicherheit für alle, die mit Deutschland zusammenarbeiten, bietet.
Adebahr: Aus unserer Sicht wurde ein verantwortungsvoller Kompromiss geschlossen. Er trägt einerseits dem restriktiven deutschen Ansatz und dem Koalitionsvertrag gerade mit Blick auf den Jemen Rechnung und nimmt andererseits die schwierigen europäischen Fragen und die europäischen Komponenten, die wir hier ausgeführt haben, in den Blick. Insofern wurde ein verantwortungsvoller Kompromiss gefunden.
Frage: Frau Kalwey, eine Lernfrage: Sind Rückstellungen für Schadenersatzforderungen geplant? Können Sie uns etwas dazu sagen?
Kalwey: Mein Kollege hat sich hier Anfang der Woche schon dazu geäußert. Auch die Kollegin aus dem Wirtschaftsministerium hat sich dazu geäußert. Diese Fragen stellen sich, und wir beschäftigen uns mit ihnen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich Ihnen dazu auch nicht mehr sagen.
Zusatzfrage: Da Frau Adebahr gerade die Rechnungen in Sachen Koalitionsvertrag und Jemen-Krieg angesprochen hat: Die Rechnung aus dem ersten Jahr der Bundesregierung sieht ja so aus, dass wir Rüstungsgüter für über 400 Millionen Euro verkauft haben. Das haben wir vorhin schon gehört.
Frau Demmer, Frau Alemany, verstehe ich das richtig? Wenn wir die Zahlen für die Zeit ab Oktober 2018 bis Dezember 2019 von Ihnen bekommen, dann werden die Werte an Rüstungsgenehmigungen an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate null Euro betragen. Ist das richtig? Ist das die Folge Ihrer Entscheidung?
Alemany: Zu den Rüstungszahlen: Das sind keine neuen Zahlen, auch nicht die zu Saudi-Arabien und den VAE. Sie waren hier schon häufig Thema. Sie wurden auch schon in unserem Halbjahresbericht zu Rüstung veröffentlicht und in einigen parlamentarischen Antworten, die Sie alle auf unserer Homepage finden.
Vom 14. März 2018 bis zum 13. März dieses Jahres gingen Rüstungsgüter im Wert von 254,6 Millionen Euro nach Saudi-Arabien. Rüstungsgüter in die VAE wurden im Wert von 65,6 Millionen Euro genehmigt. Im vierten Quartal 2018 gab es natürlich keine neuen Genehmigungen – das ist der Fall, den Sie ansprechen -, weil es ein Moratorium für Neugenehmigungen, also für neue Einzelgenehmigungen gibt.
Zusatzfrage: Ich möchte das verstehen. Sie werden uns für den Zeitraum von Oktober 2018 bis Dezember 2019 einen Wert für Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate von null Euro berichten. Ist das korrekt?
Alemany: Es ist so, wie ich es Ihnen gerade erzählt habe. So sind die Zahlen.
Zusatzfrage: Ja. Habe ich es so, wie ich es gerade zusammengefasst habe, richtig verstanden?
Alemany: Ich kann Ihnen aus dem Stehgreif nicht sagen, ob Sie das so richtig verstanden haben. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es seit dem vierten Quartal keine Genehmigung mehr gibt.
Frage: Ich möchte Sie bitten, Frau Demmer, da Sie das jetzt nicht sagen können, uns, nachdem auch der Kollege es angesprochen hat, eine Antwort nachzuliefern. In mehreren Positionen, sowohl was die Unternehmen als auch was die Konsultationen angeht, wird auf endmontierte Rüstungsgüter abgehoben. Können Sie uns bitte irgendwie nachliefern, was mit Ersatzteilen ist? Fallen diese darunter oder nicht?
SRS’in Demmer: Ich möchte noch einmal ganz deutlich klarstellen: Es dürfen keine Rüstungsgüter an Saudi-Arabien geliefert werden.
Zusatzfrage: Auch keine Ersatzteile?
SRS’in Demmer: Es dürfen keine Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien geliefert werden.
Zusatzfrage: Auch keine Ersatzteile?
SRS’in Demmer: Es dürfen keine Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien geliefert werden.
Frage: Sind die gemeinsamen Projekte des Kampfflugzeugs der Zukunft und des Panzers der Zukunft mit dieser Entscheidung nicht infrage gestellt?
Flosdorff: Ich denke, diese Entscheidung hat nichts damit zu tun. Sowohl das Kampfflugzeug der Zukunft als auch den Panzer der Zukunft erwarten wir in 15 bis 20 Jahren. Sie sehen schon an der Befristung dieser Entscheidung, dass das darauf keine Auswirkung haben kann.
Zusatzfrage: Aber es wird Entscheidungen im Juni brauchen, oder? Es gibt ein Memorandum of Understanding.
Flosdorff: Bei der Entscheidung der Bundesregierung geht es, wenn ich sie richtig interpretiere, um Ausfuhren nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Das hat technisch nichts mit der deutsch-französischen Kooperation zu tun.
Frage: Wenn wir annehmen, dass sich die Bundesregierung, wie angekündigt, den Partnern gegenüber dafür einsetzt, dass keine endmontierten Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien und in die VAE geliefert werden, worum konkret handelt es sich in den nächsten Monaten und darüber hinaus? Welche konkreten Güter werden Sie den Partnern gegenüber ansprechen mit der Aufforderung, nicht zu liefern?
SRS’in Demmer: Wir können Ihnen hier keine Liste der Gemeinschaftsprojekte liefern.
Zusatzfrage: Aber so etwas müsste es doch geben. Kann nachgeliefert werden, was in den nächsten neun Monaten bis September und darüber hinaus ansteht?
Flosdorff: Es tut mir leid, dass ich immer wieder auf denselben Punkt zurückkommen muss. Soweit ich es verstehe, haben wir in der Bundesregierung ein Prozedere und auch eine Veröffentlichung von Projekten, die vom Rüstungsexport erfasst sind. Ich bin, um es hier noch einmal zu betonen, gar nicht das zuständige Ressort für dieses Prozedere. In regelmäßigem Rhythmus wird veröffentlicht, was genehmigt ist. Was nicht genehmigt ist, wird darin nicht veröffentlicht, aber daran sehen Sie, was geht und was nicht geht.
„Aber so richtig schlau werde ich daraus nicht“
Das kann die eigentliche Absicht sein?
Folge, ein jeder lese und interpretiere nach Gusto.
Bin gespannt, wie lange die Alliierten sich den Schlamassel noch ansehen.
https://www.deutschlandfunk.de/deutsche-exporte-an-saudi-arabien-ruestungsembargo.1939.de.html?drn:news_id=991477
Etwas Spott?
Die Koalition hat sich unter anderem darauf verständigt, der Peene-Werft in Wolgast dabei zu helfen, den Schaden aus den von Saudi-Arabien bestellten Küstenschutzschiffe zu minimieren. Diese sind zum Teil schon gebaut, dürfen aber nicht ausgeliefert werden.
Jetzt will der Bund die Boote entweder selbst kaufen, oder der Werft die Erlaubnis erteilen, zwar weitere Schiffe für Saudi-Arabien zu bauen, aber ebenfalls noch nicht ausliefern zu dürfen.
„Augsburger Puppenkiste“
Die Bundesregierung will Einfluss darauf nehmen, dass Systeme, die bereits geliefert wurden, auf keinen keinen Fall im Jemen-Krieg eingesetzt werden. Dafür sollen sich die jeweiligen Regierungen der liefernden Länder eine Zusicherung aus Saudi-Arabien einholen.
„Hokuspokus“
Firmen (mit Ausfuhrgenehmigung für Waffen aus Gemeinschaftsprojekten) sollen sich verpflichten, keine „endmontierten Rüstungsgüter“ an Saudi-Arabien oder die Emirate auszuliefern.
[Die verlinkte Deutschlandfunk-Meldung gibt den Stand der Erklärung Seiberts wieder, wie ich sie auch veröffentlicht habe. Wollten Sie gezielt den DLF unterbringen, oder was sagt der Link? T.W.]
Ich glaube die Regierung weiß selber nicht was die beschlossen haben. Denn es geht um Fälle, wo Ausfuhrgenehmigungen vorliegen oder um jahrzehntelange Praxis, daß Frankreich und GB gemeinsame Rüstungsgüter eigenmächtig exportieren durften und Deutschland zugeliefert hat.
Die Rüstungsunternehmen haben also Ausfuhrgenehnigungen, was begünstigenede Verwaltungsakte sind, und haben im Vertrauen darauf Boote gebaut, Rakteten oder Flugzeugteile gebaut und dürfen jetzt plötzlich, wegen einem Koalitionsvertrag und einem Mord nicht mehr ausliefern.
Ein Koalitionsvertrag ist rein rein privater Vertrag der keine Verwaltungsaakte beseitigen kann und ein schlimmer Mord an einem Journalisten beseitigt ebenfalls keine Verwaltungsakte. Die Koalition hat weder das Gesetz, noch die Exportrichtlinien geändert,
so daß ich denke, die Regierung weiß, daß sie juristisch ganz schlechte Karten hat und die Rüstungsindustrie jede Klage gewinnen würde.
Ein begünstiggender Verwaltungsakt kann aber nur unter bestimmten Bedingungen widerrufen oder zurück genommen werden. Wenn die Sprecherin behauptet, daß man den Rüstungsunternehmen jetzt einfach neue Auflagen machen kann, daß sie GB und Frankreich Konsultieren müssen, sich dort Zusagen einholen lassen müssen, dann muß die Regierung jede Ausfuhrgenehmigung widerrufen oder zurück nehmen und dann mit neuen Auflagen neu erlassen und jedes Unternehmen könnte dagegen wahrscheinlich erfolgreich klagen. Und alles zurück zu nehmen oder zu widerrufen, würde Monate oder Jahre dauern.
So daß dies für mich so klingt, daß die Rüstungsuntenehmen keine Rücknahmebescheide bekommen, sondern bestenfalls Bettelbriefe der Regierung, doch bitte nicht vor dem 1 Januar an die Saudis zu liefern. Juristisch scheint mir das Ganze haarsträubend zu sein.
Und auf die Widersprüche zwischen schriftlicher Erklärung und mündlichen Erklärungen zu der Frage mit den Konsultationen viel den Regierungssprechern auch keine Antwort ein.
Dies lässt vermuten, daß die Konsultationen und erst ab Januar auszuliefern juristisch auf tönernen Füßen steht und die Rüstungsunternehmen in Frankreich und GB machen können was sie wollen, sobald sie nur die deutschen Teile haben.
Zur Frage der Ausnahmen für Frankreich gibt es jetzt einen Bericht bei Spiegel online, wobei der Spiegel sich auf die Funke Mediengruppe beruft. Danach hätte Frankreich 16 Ausnahmen vom Exportstopp gewünscht und 5 Ausnahmen hätte Deutschland zugestimmt. Das wichtigste ist da wohl der Artillerieradar Cobra, was dort als Ausnahme genannt wird.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/ruestungsexporte-nach-saudi-arabien-so-sieht-der-groko-kompromiss-aus-a-1260344.html
@Closius
Zurücknehmen kann man die Genehmigungen schon, nur macht sich die BReg ggf. schadenersatzpflichtig.
Hier gibt’s die komplette, sehenswerte RegPK von heute in Bild, Ton & Wortprotokoll
http://www.jungundnaiv.de/2019/03/29/bundesregierung-fuer-desinteressierte-bpk-vom-29-maerz-2019/
Die tun mir wirklich leid.
Ich habe mir die Pressekonferenz angeschaut.
Mein Fazit:
Denn Sie wissen nicht was sie tun! Absolut erschreckende Vorstellung!
Wie können wir darauf vertrauen, dass diese Akteure ihr eigenes Handeln in wirklichen Krisensituationen überhaupt nur verstehen? Da kann einem Angst und Bange werden.
Ein Minimum an spezifischer Sachkenntnis muß man doch von den Sprechern und Sprecherinnen der Regierung erwarten können. Das sind doch hochbezahlte Staatsangestellte.
Die Figuren auf der Bühne haben mein Mitgefühl. Ich hoffe, sie werden für die Blamagen ordentlich entlohnt.
Ich finde die Lösung jetzt nicht so schlecht.
Waffenexporte bleiben weiterhin geheime Einzelfallentscheidungen. Man hat sich eine Meinung gebildet, was die Regel sein soll (Fortsetzung des Moratoriums vs KSA / momentan wird dahingehend nichts genehmigt), und man will auf allen Ebenen daraufhin wirken, soviel wie möglich der eigenen Entscheidung auf die europäische Eben zu übertragen.
Sehr viel mehr war nicht zu erwarten.
Man muss halt sehr genau hinsehen, was man jetzt für die Zukunft unterschreibt / prädestiniert. – Meines Erachtens müssen und werden auch in Zukunft noch politische Entscheidungen möglich sein. Die Planungssicherheit der beteiligten Unternehmen hat da zurückzustehen, und die wissen das auch und kalkulieren oft genug genug “premium” / “Aufschlag” ein, um ab und an mal auch einen Auftrag wegen eines Moratoriums nicht zu bekommen oder zu verschieben etc.
Meines Erachtens müssen der Rüstungsindustrie die Aufträge aus Deutschland, der NATO ud der EU ausreichen. Alles andere ist Bonus, mit dem man nicht sicher rechnen darf. Das ist das Primat der Politik. – Und wenn einzelne Firmen von Aufträgen nach ausserhalb abhängen, dann sollten sie sich vielleicht Richtung ziviler Produktion diversifizieren – da habe ich echt kein Mitleid.
Eähhhmmm…..quälend.
Was einen gewissen Charme hat, ist das stutenbissige Kaschieren einer schlechten Vorbereitung. ;-)
[Ähm, Sie haben schon in die Chauvi-Kasse eingezahlt, nehme ich an? Und wie ordnen Sie den Sprecher des Verteidigungsministeriums in Ihrer Begrifflichkeit ein? Oder wollen Sie noch mal drüber nachdenken? T.W.]
@Stadtpark:
Wenn es so einfach wäre. Ohne Export ausserhalb von NATO/ EU wären viele Firmen bereits bankrott. Daher hatte die Politik diesen Weg lange unterstützt. Nun nicht mehr.
In Kombination mit dem absehbar geringeren Mitteln in Deutschland wird es dann schon knapp. Denn die anderen EU-Länder schützen ihren Heimatmarkt. Auch das tun wir nicht.
Diversifikation wurde über Jahrzehnte versucht – gelang nur in wenigen Nischen.
Ergebnis: Insbesondere mittelständische Firmen, die Baugruppen und Komponenten herstellen kommen unter erheblichen Druck. Auswirken wird sich das jedoch erst in der nächsten und übernächsten Legislaturperiode.
Aus rein innenpolitischen Gründen Deutschland ein unberechenbarer Partner?
Ruhe kehrt in der Bewertung nicht ein, weder innenpolitisch noch aus Partnersicht.
https://www.tagesschau.de/inland/ruestungsexporte-deutschland-103.html
Weniger Wohlmeinende, abgesehen von französischer Botschafterin, sprechen schon mal vom neuen deutsche Größenwahn, der das Nationale in den Vordergrund stellt. Wenn nämlich die Befindlichkeit einer Koalition die Verantwortungsausübung nationaler Interessenvertretung bestimmt, ohne Rücksicht auf Partnerbelange, muss Re-Nationalisierung konstatiert werden.
@Klaus-Peter Kaikowsky
„Weniger Wohlmeinende, abgesehen von französischer Botschafterin, sprechen schon mal vom neuen deutsche Größenwahn, der das Nationale in den Vordergrund stellt.“
Das ist ja schon fast ironisch! Man wirf einer Nation deren Vorgängerstaaten an zwei Weltkriegen nicht unerheblich beteiligt waren „neuen deutschen Größenwahn“ vor weil diese Ihr Recht zur Regelung des Exports von Rüstungsgütern wahr nimmt.
„Wenn nämlich die Befindlichkeit einer Koalition die Verantwortungsausübung nationaler Interessenvertretung bestimmt, ohne Rücksicht auf Partnerbelange, muss Re-Nationalisierung konstatiert werden.“
Rüstungsexport ist bis jetzt in nationaler Hand, eine Re-Nationalisierung kann es deshalb nicht geben.
Die Art und Weise wie unsere Regierung im Moment agiert ist nicht die feine, englische Art aber das ist wohl eher eine Randnotiz zudem was die Briten zum Thema -Partnerschaft- gerade abliefern. Davon wird man noch in vielen hundert Jahren reden. Der Streit um die Rüstung in der Koalition hat man schon in wenigen Monaten vergessen.
Es wird eine europäische Lösung geben, ggf in dem Deutschland eben keine sensitiven Rüstungsgüter mehr für Kooperationen produziert.
@Zimdarsen
Ironisch hin oder her, es ist das, was uns unterstellt wird. Lesen Sie FRA/GBR/USA und auch DEU Pressestimmen, die hier – Verlagsseiten – nicht gebracht werden dürfen: Welt – FAZ.net von letzter Woche, aber auch https://www.deutschlandfunk.de/waffenexporte-nach-saudi-arabien-hohle-leerformeln-der.720.de.html?dram:article_id=445036
Ggf neu nachlesen, die Re-Nationalisierung bezieht sich auf das ausschließliche Durchsetzen nationaler Positionen, genau dies passiert hierzulande. Multilateralismus gibt’s in Sonntagsreden und im Wahlkampf.
„wird eine europäische Lösung geben“, – sorry – ich werd jetzt frech, aber Weihnachten ist vorbei. EUropa ist auch der „Brexit-Staat“, dessen Zukunft lauter „made-in-GBR“. Der FRA Außenminister hat uns nicht nur den europäisierten EU-Sitz im UNSR bestritten, sondern auch überhaupt die FÄHIGKEIT carrier zu bauen. German free lautet das neue Evangelium.
@Zimdarsen
„Das ist ja schon fast ironisch! Man wirf einer Nation deren Vorgängerstaaten an zwei Weltkriegen nicht unerheblich beteiligt waren „neuen deutschen Größenwahn“ vor weil diese Ihr Recht zur Regelung des Exports von Rüstungsgütern wahr nimmt.“
Sie haben Recht! Ist nicht nur ironisch, ist sogar bizarr. Wir sind Weltmeister im „schuldig sein“ und fühlen uns offensichtlich wohl in dieser Rolle oder nutzen einfach diese Rolle immer nur aus.
Jetzt sollen wir uns eben zur Abwechslung schuldig fühlen wenn wir nicht Krieg haben wollen bzw. kein Kriegsgerät zur Verfügung stellen wollen. Immer mal was Neues. Hauptsache wir dürfen uns schuldig fühlen, egal ob wegen Kriegführung oder fehlender Kriegsbereitschaft oder fehlender Bereitstellung von Kriegsgerät. Hauptsache wir sind schuldig!
Die sicherheitspolitischen Debatten sind ein reines Irrenhaus geworden, weil völlig belieb, je nach taktischer Gemengelage. Werteorinetierung gibt es nicht.
Z.B. die Fürhung in Saudi-Arabien ist ein wertvoller Partner, die Führung in Venezuela lehnen wir ab wegen fehlender demokratischer Legitimation. Ja, gehts noch? Die simple Wahrheit ist: es findet keinerlei Wertedebatte statt, es geht ausschließlich und nur um Interessen, auch beim Rüstungsexport, um nicht Anderes. Dann soll man es doch einfach zugeben, es weiß ja eh jeder, der sich mit dem Thema beschäftigt. Man kann sich nur noch komplett frustriert abwenden bei diesen „Pseudowertedebatten“ an die kein Mensch mehr glauben kann.
@Pete
Selbstverständlich muss Rüstungsexport vom Schutzschild für riot control bis zum Jabo ausschließlich Interessen geleitet gesehen werden.
Gleiches gilt auch umgekehrt in einer Exportverweigerung mit rein nationaler Gewichtung, bzw was man dazu definiert.
Handelt Deutschland ohne Rücksicht auf Partnerbelange, d.h. national, dann sehen uns bis dato Wohlgesonnene eben re-nationalisiert.
Kann das unangenehm sein, trifft uns das? Ja, sicher, wähnen wir uns doch als die allein Tugendhaften. Schließlich kamen wir 70 Jahre lang damit gut durch, mittlerweile aber nicht mehr. „Wind of change“ trifft es.
@Klaus-Peter Kaikowsky
„Ja, sicher, wähnen wir uns doch als die allein Tugendhaften.“
Nein, bestimmt nicht. Die Gründung der Bw, unser Eid, die Mitgliedschaft in der UNO, NATO, Europarat und EU, jedes Mandat fußt auf unseren Werten.
Diese waren das Argument gegen unsere Feinde und am Ende haben wir die Menschen gewonnen. Die Mauer und der WP fielen aus einigen Gründen aber wir fühlten uns im Recht.
Wenn unsere Werte unser Recht nun beliebig wird, dann muss man sich nicht wundern, dass nur wenige in der Bw wertegebunden und mit stolz dienen.
Das schlimmste aber ist, dass wir unseren heutigen Gegnern die Argumente liefern für deren Handeln.
“ Schließlich kamen wir 70 Jahre lang damit gut durch, mittlerweile aber nicht mehr. „Wind of change“ trifft es.“
Wir kamen 70Jahre mit Frieden durch und an der jetzigen Entwicklung steht am Ende Krieg. Willkommen zurück in der Vergangenheit. Wir wussten alle wie es geht aber dann war doch wieder erst das Fressen und dann evtl, um die Moral.
[Ich verstehe das Debattenbedürfnis, bitte dennoch darum, das jetzt nicht zu einer grundsätzlichen Debatte über Moral und Ethik zu machen. T.W.]
@Klaus-Peter Kaikowsky
„@Pete
Selbstverständlich muss Rüstungsexport vom Schutzschild für riot control bis zum Jabo ausschließlich Interessen geleitet gesehen werden.“
1. Gemäß den Exportrichtlinien für Rüstungsgüter ist dieser Export in der Bundesrepublik Deutschland eben nicht nur Interessen geleitet. Ich habe das nicht so festgelegt, sondern die Politik.
2. Ich habe nichts dagegen, dass eine Bundesregierung im Parlament eine Debatte zu dem Thema führt falls sie – auf Grund geänderter Rahmenbedingungen in Europa- andere Exportrichtlinien für erforderlich hält. Dann muß sich eine solche Regierung eben die Mühe machen und den parlamentarischen Weg beschreiten. Wo ist das Problem?
3. Ich habe aber etwas dagegen, dass auf der einen Seite von politischen Akteuren die Bedeutung der Rüstungsexportrichtlinien verbal immer wieder hervorgehoben werden und man sich selbst auf die Schultern klopft und auf der anderen Seite von den selben Akteuren immer wieder Mittel und Wege gesucht werden, um in der Praxis dagegen zu verstoßen.
Dieser „Eiertanz“ zwischen verbalen Äußerungen und praktischem Handeln war mein Kritikpunkt. Und dieser „Eiertanz“ wurde ja in der Bundespressekonferenz mehr als deutlich. Die Sprecherinnen und Sprecher wirkten doch komplett überfordert weil sie offensichtlich einfach nicht wissen was denn nun gerade im Moment Regierungsmeinung ist, das geschrieben Wort oder eine dagegen verstoßende Handlung. Auch simple konnten ja nicht inhaltlich beantwortet werden.
Es muss doch möglich sein, dass ein Parlament mit 709 Abgeordneten und einem großen Zuarbeiterpool in der Lage ist, Rüstungsexportregelungen in einem parlamentarischen Prozess zu entwickeln, die sowohl die Erfordernisse der europäischen Rüstungskooperation abdecken, wie auch – wenn politisch gewünscht- Exportbeschränkungen.
@Pete
Zustimmung.
Im Besonderen jetzt, wo Deutschland sich mit FR zwei Monate den Sitz im Sicherheitsrat teilt und dabei Abrüstung zu einem Topthema erklärt hat.
@Pete
in Fragen des Eiertanzes kann ich nur zustimmen. Glaubwürdig und Verläßlich
als Akteur und Verbündeter ist in meinen Augen nur derjenige, der sich an selbst auferlegte Regeln hält ( Verfassung/ internationale Abkommen).
Was bitte nicht ausschließt, das man diese selbstredend auf dem dafür vorgesehenen
Weg ändert und anpasst.
Und genau das vermisse ich eigentlich seit gut und gerne 2 Jahrzehnten in der deutschen Politik!
@Pete:
„Es muss doch möglich sein, dass ein Parlament mit 709 Abgeordneten und einem großen Zuarbeiterpool in der Lage ist, Rüstungsexportregelungen in einem parlamentarischen Prozess zu entwickeln, die sowohl die Erfordernisse der europäischen Rüstungskooperation abdecken, wie auch – wenn politisch gewünscht- Exportbeschränkungen.“
Aus verschiedenen Gründen widerspreche ich dieser These, da die Legislative dieses Problem weder lösen kann noch soll:
1. Zuständigkeit
Rüstungsexport ist exekutives Handeln, da es jeweils Einzelfallentscheidungen mit Ermessensspielraum sind. Die Entscheidungen trifft das BAFA oder der BSR (bzw. Vorstufen in der Vorbereitung). Die RegPK zeigte einmal mehr, dass auch viele Mitglieder der BPK nicht wissen, dass das BMWi die Federführung hat und insbesondere das BMVg hier nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Es gab zwar die Idee die Einzelfälle parlamentarisch zu entscheiden, aber das wäre dann das sichere Ende von europäischen Kooperationsprojekten mit deutscher Beteiligung.
2. Expertise
Aufgrund von Punkt 1 sind im BMWi, AA, BMJ, BMVg, BMZ, BKAmt die Wissensträger zum Thema Rüstungsexport vorhanden.
3. Politische Natur des Themas
Rüstungsexport ist ein gordischer Knoten. Es gibt – egal mit welcher Regelung – keine Lösung, die die SPD innenpolitisch und (!) die Verbündeten zufriedenstellt. Es bleibt die Quadratur des Kreises. Angelegt im Koalitionsvertrag, da die Union damals zu allem ja sagte, um die Koalition zu stande zu bringen.
„Wer Rüstungsgüter exportiert, der verdient damit nicht bloß Geld.
Er gewinnt Einfluss. Über eine in Deutschland oft übersehene Dimension“.
Einsicht in der SZ mit Erkenntnis in Realitäten, ohne Exportrichtlinien, nur in Be-Achtung der Interessen.
@gmfus
How do the United States, Great Britain, Germany, and France differ when it comes to arms deals? GMF’s @jan_techau weighs in on the debate with SZ.
Lesenswert.
@Memoria
„…Aus verschiedenen Gründen widerspreche ich dieser These, da die Legislative dieses Problem weder lösen kann noch soll:
1. Zuständigkeit
Rüstungsexport ist exekutives Handeln,…“
1. „Handeln“ ist selbstverständlich die Aufgabe der Exekutiven Gewalt.
2. Gesetze zu schreiben ist hingegen die Aufgabe der Legislativen Gewalt; die Legislative ist das Parlament.
3. An die geschriebenen Gesetzen muß auch die Exekutive Gewalt sich halten, zumindest in einem Rechtsstaat.
4. Ich zitiere aus dem Online- Auftritt der Bundesregierung:
„…Konkret trifft die Bundesregierung ihre Entscheidungen gemäß dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KWKG) und dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) über Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern,…“
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/sicherheit-und-verteidigung/ruestungspolitik/richtlinien-ruestungsexport
Diese Gesetze können nur vom Parlament geändert werden, weil nur die Legislative Gesetze ändern kann.
@Pete:
Ja, der Gesetzgeber macht Gesetze (meistens unterstützt durch Formulierungshilfen der Exekutive).
KWKG und AWG bilden bekanntermaßen den Rechtsrahmen für den erwähnten Ermessensspielraum der Bundesregierung.
Diesen kann der Bundestag weiter einschränken – z. B. nur noch Lieferung an NATO- und EU-Staaten. Und dann?
Dann werden die europäischen Partner noch unzufriedener sein und endgültig auf deutsche Produkte verzichten, da sich komplexe Waffensysteme bei der Stückzahl nicht lohnen.
Es gibt für das Thema keine rechtliche Ideallösung, da es im Kern kein rechtliches, sondern ein politisches und wirtschaftliches Problem ist bei dem man entweder mit Partnern gemeinsam kooperiert oder eben nicht.
@Klaus-Peter Kaikowsky
„Er gewinnt Einfluss. Über eine in Deutschland oft übersehene Dimension“.“
Stimmt, da müssen einige was übersehen!
Wie äußert sich denn dieser angebliche Einfluss?
Gerne am Bsp SA oder Türkei.
Sollten wir dann im Umkehrschluss besonders viele Waffen an RUS und China liefern?
Ich halte dieses Argument des a gelblichen Einfluss für vorgeschoben. Ich glaube nicht, dass ein Staat seine Politik ändert, nur weil Rüstungsgüter geliefert werden.
War nicht der Irak voll Waffen aus den NATO-Staaten?
@Memoria
„Es gibt für das Thema keine rechtliche Ideallösung, da es im Kern kein rechtliches, sondern ein politisches und wirtschaftliches Problem ist bei dem man entweder mit Partnern gemeinsam kooperiert oder eben nicht.“
1. Es geht nicht um eine „rechtliche Ideallösung“, es geht um einen Kompromiß zwischen zwei unterschiedlichen Zielen.
2. Natürlich ist es ein „politisches und wirtschaftliches Problem“. Na und? Sämtliche anderen politischen und wirtschaftlichen Prozesse werden auch durch Recht geregelt. Das ist das Wesen eines Rechtsstaats. Wie soll die Exekutive sonst handeln, wenn sie kein rechtliches Regelwerk als Grundlage hat? Willkürlich?
3. Man kann diese Frage sehr wohl rechtlich Regeln und damit sowohl für die eigene Regierung als auch die Rüstungs- Kooperationspartner Verfahrensssicherheit herstellen. Es erfordert allerdings ein wenig Nachdenken darüber was man wirklich will.
@Pete:
Die GroKo weiß nach meinem Eindruck sehr genau was sie will:
Kein Absinken in den Umfragen wegen Rüstungsexport.
Nebenbei keine zu großen außenpolitischen Kollateralschäden.
Entsprechend ist der, in der RegPK mehr oder weniger erklärbar, Kompromiss entstanden. Nur leider bringt der Praxis aufgrund der Auflagen für KSA und UAE nichts.
Alldas geht im gültigen Rechtsrahmen. Im Herbst steht das Thema dann wieder auf der Tagesordnung der GroKo und auch dann wird man wohl nicht die Kraft aufbringen die Auflagen aufzuheben. Diese Art von Formelkompromissen funktionieren aber nicht mehr lang, da die Endprodukte geliefert werden müssen. Bißchen liefern geht genauso wenig wie bißchen schwanger werden.
Daher ist – um zum Ausgangspunkt zurück zu kommen – egal ob man dafür die Rechtslage ändert. Am Ende sind es Einzelfälle in denen verschiedene Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen. Oder welche Rechtsänderung sehen sie für notwendig an?
Sicher ist aber schon jetzt, dass die Partner in GBR, FRA, NOR, etc eine deutsche Beteiligung an multinationalen Vorhaben immer mehr vermeiden werden. Schlichtweg zur Risikomininierung. Aufgrund der Finanzprobleme im nationalen Haushalt wird Deutschland auch deutlich weniger an multinationalen Beschaffungsvorhaben teilnehmen. Damit fehlt der letzte Grund deutsche Firmen wegen der relativ großen deutschen Stückzahlen zu berücksichtigen.
Die EU-Staaten betonen am Anfang des Gemeinsamen Standpunkts ihre besondere Verantwortung gegenüber der Einhaltung und Förderung der internationalen Sicherheit und des Friedens. Dies schlägt sich insbesondere in den acht Kriterien nieder, die bei der Erteilung von Exportgenehmigungen berücksichtigt werden sollen. Unter anderem werden darin die Einhaltung der Menschenrechte, die Bewahrung sowohl interner als auch regionaler Stabilität sowie die Verträglichkeit von Rüstungsausgaben und Entwicklung im Empfängerland hervorgehoben (siehe Auflistung der Kriterien im Wortlaut am Ende).
Die acht Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts im Wortlaut
Kriterium 1: Einhaltung der internationalen Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten, insbesondere der vom UN-Sicherheitsrat oder der Europäischen Union verhängten Sanktionen, der Übereinkünfte zur Nichtverbreitung und anderen Themen sowie sonstiger internationaler Verpflichtungen
Kriterium 2: Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts durch das Endbestimmungsland
Kriterium 3: Innere Lage im Endbestimmungsland als Ergebnis von Spannungen oder bewaffneten Konflikten
Kriterium 4: Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in einer Region
Kriterium 5: Nationale Sicherheit der Mitgliedsstaaten und der Gebiete, deren Außenbeziehungen in die Zuständigkeit eines Mitgliedsstaats fallen, sowie nationale Sicherheit befreundeter und verbündeter Länder
Kriterium 6: Verhalten des Käuferlandes gegenüber der internationalen Gemeinschaft unter besonderer Berücksichtigung seiner Haltung zum Terrorismus, der Art der von ihm eingegangenen Bündnisse und der Einhaltung des Völkerrechts
Kriterium 7: Risiko der Abzweigung von Militärtechnologie oder Militärgütern im Käuferland oder der Wiederausfuhr von Militärgütern unter unerwünschten Bedingungen
Kriterium 8: Vereinbarkeit der Ausfuhr von Militärtechnologie oder Militärgütern mit der technischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Empfängerlandes, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Staaten bei der Erfüllung ihrer legitimen Sicherheits- und Verteidigungsbedürfnisse möglichst wenige Arbeitskräfte und wirtschaftliche Ressourcen für die Rüstung einsetzen sollten. (Quelle BPB)
[Hätte da nicht ein Link zur Bundeszentrale für politische Bildung gereicht? T.W.]
Noch mehr Verwirrung!
https://www.zdf.de/nachrichten/heute/klausel-erlaubt-deutsche-waffen-im-jemen-100.html#xtor=CS5-62
Schreiben von Oliver Wittke, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium:
Darin erklärt die Regierung, dass die „Verwendung von Waffen im Jemen-Krieg nicht gegen die Endverbleibserklärungen verstoße. … Falls dabei Rüstungsgüter zum Einsatz kämen, die Deutschland diesen Ländern in der Vergangenheit geliefert habe, verletzt deren militärische Nutzung – auch außerhalb der Grenzen des Hoheitsgebiets dieser Staaten – nicht die Endverbleibserklärungen, auf deren Grundlange die Genehmigungen erteilt wurden.“
Stoff für – noch mehr – Zoff!
Es wird rekurriert, dass die Arabische Koalition unter der Führung Saudi-Arabiens „der Bitte des von der internationalen Gemeinschaft als legitim anerkannten jemenitischen Staatspräsidenten Abed Rabbo Mansur Hadi um Unterstützung gegen die Huthi-Rebellen nachgekommen sei“.
Geliefert wird trotzdem, via Frankreich.
Berlin genehmigt Waffenlieferungen an Jemen-Kriegsparteien
https://t.co/uafMLsUBia?amp=1
Heuchlerisch bei der Argumentation zur Erklärung der Exporte ist
„dass es sich nicht um offensive Waffensysteme handelt, die im Jemen-Krieg [gar nicht] eingesetzt werden [könnten]. Diese Aussage betrifft das „Cobra“-Radarsystem.
[•••] durch mich.
Waffen sind per se weder defensiv noch offensiv. Ihre jeweilige technische Qualifikation lässt sie geeignet/weniger geeignet für definierte Operationen sein.
Entscheidend ist die strategische Absicht. So kann ein überlegenes Radarsystem im Zusammenschluss mit qualifizierter Fla gegnerische Luftangriffsfähigkeit so weit dezimieren, dass eigene, eigentlich schwache Luftoffensivfähigkeit zum Zuge kommt.
Das belastete deutsch-französische Verhältnis jedenfalls zeigt sich – erstmal – entspannt.