Von der Leyen besucht ‚Gorch Fock‘ im Dock: „Entscheidung wird jetzt noch nicht fallen“ (Update)
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die Erwartung an eine schnelle Entscheidung über die Zukunft der Gorch Fock gedämpft. Es seien noch sehr viele Fragen offen, sagte die Ministerin am (heutigen) Montag beim Besuch des Segelschulschiffes der Deutschen Marine, das derzeit zur Grundsanierung in Bremerhaven im Dock liegt: Eine Entscheidung wird jetzt noch nicht fallen.
In den vergangenen Wochen waren immer neue Einzelheiten zu den explosionsartig gestiegenen Kosten für eine Überholung der 1958 gebauten Dreimastbark bekannt geworden. Für die Sanierung waren bei der Eindockung Ende 2015 noch zehn Millionen Euro veranschlagt worden, inzwischen liegen schon die vom Ministerium gebilligten Kosten für eine Überholung bei 135 Millionen, von denen knapp 70 Millionen Euro bereits ausgegeben wurden.
Hinzu kommt der Korruptionsverdacht gegen einen Angehörigen des Marinearsenals, der mit Preisprüfungen bei der Gorch Fock zu tun hatte und von der Werft Vorteile erhalten haben soll. In diesem Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft Osnabrück. Darüber hinaus sollen nach einem Bericht des Bundesrechnungshofes die tatsächlich nötigen Schäden an dem Schiff und der für eine Überholung nötige Aufwand auf den verschiedenen Ebenen des Ministeriums und im nachgeordneten Bereich falsch dargestellt worden sein.
Von der Leyen verwies darauf, dass im Ministerium und in der Bundeswehr inzwischen zwei Untersuchungsgruppen die Vorgänge rund um die Gorch Fock aufarbeiten. Eine Task Force befasse sich mit den Fragen rund um die angebliche Vorteilsnahme eines Mitarbeiters, im Ministerium selbst würden die offenen Fragen zur Kostensteigerung und den bisherigen Entscheidungen durchleuchtet.
Eine Antwort auf die Frage, ob die Marine auch künftig auf einen eigenen Großsegler für ihre Ausbildung setzen könne, lehnte die Ministerin ab. Zunächst müssten alle offenen Fragen geklärt werden.
Zum Nachhören das Statement von der Leyens in Bremerhaven (das Audio wurde vom BMVg zur Verfügung gestellt):
(Fotos: von der Leyen mit Kapitän z.S. Nils Brandt, dem Kommandanten der Gorch Fock – Jonas Weber/Bundeswehr)
@Hubi | 23. Januar 2019 – 17:28
„Daher wird die Takelage ausschließlich durch die rumänische Besatzung bedient. […] Damit ist ein Teil der Ausbildung wohl entfallen und anscheinend auch nicht entscheidend?“
Naja, die zweitbeste Lösung ist ja immer noch besser, als die eigentliche beste Lösung, wenn die beste Lösung (temporär) nicht fliegt…
Während ihrer Instandsetzungszeit könnte man die GF ja in GORCH DOCK umbenennen ^^
Im Ernst: ein Nachfolger kann natürlich die Traditionslinie weiterführen, vielleicht sogar mit gleicher (ähnlicher) Bugzier.
@Koffer
Wenn man die Zeit auf der GF für den Führernachwuchs als charakterbildend und körperlich herausfordernd und somit als unverzichtbar ansieht kann man dies auch für eine Reitausbildung im Heer als Argument verwenden. Die Franzosen werden schon wissen, warum das dort Teil der Ausbildung ist.
„L’équitation: une pratique sportive en appui de la construction physique et mentale du soldat“
https://www.penseemiliterre.fr/l-equitation-militaire-un-outil-seculaire-repondant-aux-exigences-modernes-du-cycle-de-projection-des-armees_302_1013077.html
Übrigens, in DONAUESCHINGEN hatte das (FRA) 110RI natürlich eine Reithalle.
@Thomas Melber | 23. Januar 2019 – 20:04
„Wenn man die Zeit auf der GF für den Führernachwuchs als charakterbildend und körperlich herausfordernd und somit als unverzichtbar ansieht kann man dies auch für eine Reitausbildung im Heer als Argument verwenden.“
Könnte man (wenn Sie meinen Beitrag lesen würden, könnten Sie sehen, dass ich das auch so sehe), aber eben nur für die Panzertruppe und die Aufklärer und eben nur für einen Teil des Aufgabenspektrums der GF.
„Die Franzosen werden schon wissen, warum das dort Teil der Ausbildung ist.“
Das habe ich doch selbst geschrieben. Bitte lesen Sie meinen Beitrag!
Unabhängig davon: ist das nun mal OT und ein Vergleich von Äpfel mit Birnen. Wenn Sie Marine und Heer vergleichen wollen, dann wäre der Heeresvergleich der EK1 für alle TrGttg, den das Heer aber ja leider vor einigen Jahren abgeschafft hat. Und selbst dann wäre der Vergleich nicht umfänglich zutreffend, denn die GF hat ja auch noch weitere Aufgaben („Botschafter in Weiß“), die der EK1 nicht erfüllt.
Können wir zum Thema zurück kommen?
@Pio-Fritz | 22. Januar 2019 – 9:01
Die Ergebnisse des Havariebeauftragten sind schon lange berücksichtigt worden. U.a. hat das BAAINBw eine neue Vorschrift für die schiffbauliche Untersuchung erlassen. Erkenntnisse von 2011 sind schon bei zwei schiffbaulichen Untersuchungen berücksichtigt worden – ganz so blöd ist die Mariene auch nicht. Der größte Teil der Untesuchungen des BHavM bezog sich auf eine fehlerhafte Instandsetzung im Vorfeld. Wenn man Bleiballast in der Bilge nicht ausreichend isoliert wird zusammen mit salzhaltigem Bilgenwasser eine perfekte Batterie. Nur das sich leider die Außenhaut des Schiffes dabei auflöst. Dies hatte weder mit dem Alter des Schiffes noch mit der Durchführung der Schiffbaulichen Untersuchung zu tun. Verantwortlich für die fehlerhafte Instandsetzung war nicht die Marine sondern das Marinearsenal.
Das unter dem Holzdeck in 2016 teilweise weniger als 50 Prozent der Dicke des Stahldecks vorhanden waren lässt eher eine nicht fachmännische Instandsetzung in der Vergangenheit vermuten. Irgendwelche Gewährleistungsfristen sind aber schon lange abgelaufen. Daher bleibt hier nur die erneute Instandsetzung.
In über zwanzig Jahren ist mir überbordender Sachverstand der BRH im Schiffbau nicht wirklich aufgefallen – die Suche nach möglichst publikumswirksamen Defiziten der Bw jedoch schon.
Die Gorch Fock hat all die Jahre der regelmäßigen Überprüfung durch Sachverständige für die schiffbauliche Untersuchung unterstanden und wurde durch die Aufsichtsbehörde für Kriegsschiffe kontrolliert. Außerdem hat das Schiff immer wieder seinen Heimathafen wohlbehalten erreicht. Ich habe da Zweifel an der großen Gefährdung!?
Durchkorrodierte Stellen der Außenhaut hat es auch auf anderen Schiffen der Marine schon gegeben – ich erinnere mich an Kl. 120, 101 und 122. Kritische Situationen haben sich aber nie ergeben. Schließlich fahren wir mit überaus kompetenten Besatzungen zur See.
@lokfreund | 24. Januar 2019 – 1:23
Sie bestätigen mich, danke.
Ich muss Ihnen nur in dem Punkt widersprechen, dass der Bericht des Havariebeauftragten schon berücksichtigt wurde. Die Kostenexplosion zeigt ganz deutlich, das die Verantwortlichen (und auch das Marinearsenal gehört zur Marine)die dort aufgezeigten Mängel überhaupt nicht auf dem Schirm hatten. Das zeigt ja auch die erste Beauftragung der Werft, da fehlen diese Punkte. Und das in der Vergangenheit geschlampt wurde macht die Situation heute doch nicht besser, die Mängel müssen trotzdem beseitigt werden. Oder das Schiff wird abgewrackt.
Warum die Mängel entstanden sind, ist bestimmt für den Techniker interessant. Hilft aber auch nicht so richtig weiter. Und abgenutzte Stahlplatten müssen nun mal ersetzt werden, man kann keine Schicht auftragen.
Und ihr Argument mit der Aufsichtsbehörde… Nur weil ein Auto TÜV hat, muss es noch lange nicht in Ordnung sein.
Ihr Verweis auf andere Schiffsklassen hilft auch nur bedingt. Nur weil es anderswo auch falsch läuft, wird das Falsche hier doch nicht richtiger. Oder wie hat man das Problem bei den anderen Schiffsklassen in den Griff bekommen?
Von kritischen Situationen habe ich nicht geschrieben. Und über den Intellekt von Marineangehörigen möchte ich auch nicht diskutieren.
@Pio-Fritz | 24. Januar 2019 – 9:47
Kurze Richtigstellung: Organisatorisch gesehen gehört das Marinearsenal (MArs) gerade nicht zur Marine, sondern zum nachgeordneten Bereich des BAAINBw. Die Marine als TSK ist Nutzer (Bedarfsträger) des Schiffes, das BAAINBw und somit auch das MArs sind Bedarfsdecker der Bundeswehr.
@Pio-Fritz | 24. Januar 2019 – 9:47
Grundsätzlich bin ich hier nur stiller Leser, aber jetzt treibt mich doch eine Frage zur Aktivität. Könnten Sie kurz erläutern, welche Empfehlungen aus dem Bericht des BHavM nicht umgesetzt wurden bzw. was in der ersten Beauftragung für die Werft fehlt?
Um Bastefka zu ergänzen: ohne einen Auftrag des Bedarfträgers (Materialerhaltungsanträge des BKdo, jewils gestellt für alles, was kaputt ist oder gewartet werden soll, vom Duschvorhang bis zum Antriebsdiesel) wird das Marinearsenal als Bedarfsdecker nicht tätig. Die dazu nötigen Haushaltsmittel wiederum verwaltet der Projektleiter der Schiffsklasse im BAAINBw (bis 2012 war für das Budget wie für die Nutzung generell der Nutzungsleiter im Marineamt, mithin also die Marine, verantwortlich).
Und um es abzurunden: Auf der Website des BRH ist in den Bemerkungen zum Bericht 2003 folgendes zu lesen.
„Das Bundesministerium entschied Mitte 1999, die für
Anfang 2001 geplanten Arbeiten zur Verlängerung der
Nutzungsdauer kurzfristig um ein Jahr vorzuziehen. Es
standen Haushaltsmittel früher als vorgesehen zur Verfü-
gung, die noch im Jahre 2000 ausgegeben werden sollten.
Durch die geänderte Planung geriet das Vorhaben unter
Zeitdruck. Das Bundesamt verzichtete darauf, den Zustand
des Schiffes eingehend zu untersuchen. Es beschrieb
außerdem die zu erbringenden Arbeiten nur unzurei-
chend. Nicht erkannte Mängel und nachträgliche Leistun-
gen führten dazu, dass das Bundesamt nahezu die Hälfte
des Auftragsvolumens ohne Wettbewerb vergab. Dadurch
sind überhöhte Preise nicht auszuschließen. Die Ver-
gütung der Werft stieg um rd. 86 % von 11,5 Mio. Euro
auf rd. 21,4 Mio. Euro. Auch eine Wirtschaftlichkeits-
untersuchung unterblieb, obwohl sie haushaltsrechtlich
vorgeschrieben ist. Angesichts des Alters der GORCH
FOCK und des erheblichen Leistungsumfangs hätte das
Bundesministerium eine umfassende Investitionsrech-
nung vornehmen müssen.“
Ferner ist dort vermerkt:
„Noch vor der Auftragsvergabe regte das Bundesamt an,
alternativ zur Nutzungsdauerverlängerung ein Angebot
für den Neubau eines Segelschulschiffes einzuholen. Nur
so könne die Wirtschaftlichkeit der Umbaumaßnahme be-
urteilt werden. Das Bundesministerium lehnte den Vor-
schlag ab. Es begründete dies u. a. damit, dass ein Neu-
bau bisher nicht vorgesehen war. Bei der routinemäßigen
schiffbaulichen Untersuchung im Jahre 1999 seien keine
Mängel festgestellt worden, die den Umbau infrage ge-
stellt hätten. Zudem lägen die geschätzten Umbaukosten
(rd. 15 Mio. Euro) deutlich unter dem Preis eines Neu-
baus (rd. 25,5 Mio. Euro). Damit sei die Wirtschaftlich-
keit erwiesen. Infolgedessen unterblieben weitergehende
Vergleichsuntersuchungen zur Höhe der Betriebs- und In-
standhaltungskosten sowie zum Erfüllungsgrad der Si-
cherheitsanforderungen beider Alternativen.“
https://www.bundesrechnungshof.de/de/veroeffentlichungen/produkte/bemerkungen-jahresberichte/jahresberichte/1-archiv/2003-bemerkungen-gesamtbericht-pdf
Ich entdecke Kontinuität in der politischen Übersteuerung bei Beschaffung und Nutzung von Wehrmaterial…
@RS | 24. Januar 2019 – 11:15
naja, das wurde hier ja schon erschöpfend ausgewalzt. Näheres in diesem Bericht mit seinen Kommentierungen:
https://augengeradeaus.net/2019/01/maritimer-lesestoff-am-sonntag-2-die-gorch-fock-und-die-kostenexplosion/
@Pio-Fritz: außer persönlichen Mutmaßungen und Informationen aus x-ter Hand nicht weiter offengelegter Quellen („vertraulicher“ Bericht) entdecke ich da keine Antworten auf die Fragen von KS?
@ Koffer | 23. Januar 2019 – 21:38:
„Könnte man (wenn Sie meinen Beitrag lesen würden, könnten Sie sehen, dass ich das auch so sehe), aber eben nur für die Panzertruppe und die Aufklärer und eben nur für einen Teil des Aufgabenspektrums der GF.“
An dieser Stelle ließe sich einwerfen, dass es durchaus auch Marineoffiziere gibt, die nach ihrer Ausbildung nie wieder einen Fuß auf ein Boot oder Schiff setzen. So abseitig ist der Vergleich mit dem Reitunterricht also nicht.
Bzgl. „Botschafterin in Weiß“: Mit diesem Argument könnte man auch die Aufstellung einer hübsch uniformierten Kavallerieschwadron (Heer) oder einer bunt bemalten Doppeldeckerstaffel (Luftwaffe) rechtfertigen. Beide ließen sich sowohl für Ausbildungs- als auch für Repräsentationszwecke nutzen.
@Bürger
„Mit diesem Argument könnte man auch …“
Wirklich?
Seriöserweise könnte das niemand, oder gibt’s dazu irgendeine Tradition. Zudem wären diese Varianten weltweit irgendwie nicht mobil, oder?
@Pio-Fritz | 24. Januar 2019 – 12:04
Danke für die Antwort, dann weiß ich das auch einzuordnen.
Hatte die Hoffnung, dass ggfs. belastbarere Erkenntnisse vorliegen, als ein geleaktes vorläufiges Prüfergebnis des BRH.
Bravo, Sie haben es genau auf den Punkt gebracht!
Niemand will ja eigentlich der Marine ihr liebstes Kind Segelschulschiff wegnehmen. Aber außerhalb des offenbar weitgehend selbstreferentiellen Zirkels von Marinesoldaten, ehemaligen Marinesoldaten und Marinebegeisterten stellt sich dann doch angesichts der sonstigen Defizite der Bundeswehr die Frage, ob bei dem Kostendebakel der GF die Ausbildung der Offizieranwärter der Marine auf einem Segelschulschiff im Jahres des Heils 2019 wirklich so unantastbar zwingend notwendig sein kann wie gebetsmühlenartig behauptet.
Die Qualität des Offiziernachwuchses der anderen Teilstreitkräfte hat nach meiner langjährigen Beobachtung jedenfalls nicht darunter gelitten, daß deren Ausbildung unter Verzicht auf Kavallerie-Exerzieren oder Fesselballonfliegen und Doppeldecker-Loopings durchgeführt wurde …
@Nur 2 Cent | 24. Januar 2019 – 12:50
Jaja, ich weiß, wahrscheinlich alles Fake News, oder?
Ach Leute, recherchiert doch selbst. Alleine in diesem Blog gibt es in den letzten zwei Monaten sieben Einträge zur Gorch Fock (wenn ich mich nicht verzählt habe). Ich habe schlicht keine Lust, jedes mal wieder von vorne anzufangen.
@Nur 2 Cent
„Zudem lägen die geschätzten Umbaukosten (rd. 15 Mio. Euro) deutlich unter dem Preis eines Neubaus (rd. 25,5 Mio. Euro).“ [in 2000] So das Ministerium selbst, damals.
Legen wir heuer 10 Mio drauf hätten wir für ca. 35 Mio. [2018] ein neues, der GF vergleichbares Schiff bekommen.
Nur mal meine 2 cent: Die gesammelten öffentlichen Informationen genügen nicht für eine umfassende Bewertung. Ehrlich, allergrößten Teils viel Spekulation hier auf Basis der nicht sehr umfänglichen öffentlichen Informationen. Anregung an alle aktiven Bw Angehörige Leser und Schreiber in diesem Blog: Nach Möglichkeit die nächste Verwendung in einem der Kommandos der militärischen OrgBereich, dem BAAINBW oder dessen Geschäftsbereich oder direkt im B MVg und dort das Wissen und die Bewertungsfähigkeit einbringen.
Ausrüstung und Nutzung ist ein sehr ergiebiges Betätigungsfeld. Es ergeben sich Abhängigkeiten von denen der ein oder andere hier nicht mal in seinen unglaublichsten Träumen zu denken vermag
1. Die GF war von Anfang an ein beschaffungstechnisch/logistischer Solitär, für den es sich nicht lohnte eine planmäßige Materialerhaltung aufzubauen.
2. Wirtschaftlichkeit war nie ein Kriterium, die GF war funktional-traditionell, bundesrepublikanischer, maritimer „Kult – und ein interrnationales Markenzeichen.
3. Als dann 99/00/01 die GF nun wirklich reif war für eine Grund-Sanierung wollte niemand die Konsequenzen für 1. und 2. tragen, also wurde geflickschustert.
4. Dann begannen die „Reformen“ der BW, die im Bereich Beschafung/Logistik so ziemlich und wiederholt alles durcheinander gewirbelt haben, was man sich nur vorstellen kann.
5. Das sollte auch der BRH wissen, aber der ignoriert das und führt sene „Wirtschaftlichkeitskeule“ wie eine Monstranz immer wieder ins Feld der politischen Diskussion. Liegt wahrscheinlich daran, dass der BRH in Sachen BW-Beschaffung/Logistik auch keinen „besseren“ Plan hat/SARC.
6. Wenn ich mir den öffentlich kommunizierten Gesamtzustand der BW und insbesondere der Marine so anschaue (siehe FAZ: „Die deutsche Marine ist auf Grund gelaufen“), dann kommt mit die GF in ihrem aktuellen „Bauzustand“ wie ein pars-pro-toto vor.
7. Fällt mir nur Charlie Wilson ein: „„These things happened. They were glorious and they changed the world… and then we fucked up the end game.“ Im end-game-fuck-up sind wir imho mittlerweile ganz groß/SARC.
8. Nun, viele Politiker glauben offenbar daran, dass es gar kein „end-game“ gibt…..völlig falsch, das end-game läuft und ist open end und wer aussteigt, der ist der ultimate looser…..Deutschland schon wieder der global looser wg Rechnungshof ? Wir sind die reichste Nation der Welt, aber die Politik ist offenbar nicht gewillt oder unfähig, daraus etwas zu machen.
@Bürger | 24. Januar 2019 – 13:09
„An dieser Stelle ließe sich einwerfen, dass es durchaus auch Marineoffiziere gibt, die nach ihrer Ausbildung nie wieder einen Fuß auf ein Boot oder Schiff setzen. So abseitig ist der Vergleich mit dem Reitunterricht also nicht.“
Sorry, aber das eine hat doch mit dem anderen gar nichts zu tun.
Die Gründe, warum A (GF) nicht mit B (Reitunterricht) vergleichbar ist, sind doch manigfaltig und sollten eigentlich auf der Hand liegen. Die beiden wichtigsten sind vermutlich, dass Reitunterricht keine über mehrere Wochen gehende, den kompletten Dienst/-Tagesablauf umfassende die Gruppe zusammenbringende Ausbildung ist und das zudem Reiten keine die Domäne Land praktisch, symbolisch oder grundlegend abbildende Tätigkeit ist. Reiten kann also weder praktisch noch symbolisch als charakter- und berufsbildprägende „Klammer“ für das gesamte Heer dienen.
„hübsch uniformierten Kavallerieschwadron (Heer) oder einer bunt bemalten Doppeldeckerstaffel (Luftwaffe) rechtfertigen“
Und wie soll das weltweit funktionieren und auch als Ort für diplomatische Empfänge dienen und alleine im Heer zudem 1.000 (!) OA pro Jahr umfassen?
@Obristlieutenant | 24. Januar 2019 – 13:42
„stellt sich dann doch angesichts der sonstigen Defizite der Bundeswehr die Frage, ob bei dem Kostendebakel“
Investition in den Führernachwuchs sollte gerade in einer finanziell so schwierigen Zeit wie heute höchste Priorität haben. Material kann man später noch beschaffen. Führer kann man aber nicht nachträglich prägen.
„Die Qualität des Offiziernachwuchses der anderen Teilstreitkräfte hat nach meiner langjährigen Beobachtung jedenfalls nicht darunter gelitten, daß deren Ausbildung unter Verzicht auf Kavallerie-Exerzieren “
Naja, für das Heer wäre ja auch eher der EK1 für alle zu nennen und unter dieser Abschaffung hat die Qualität sehr wohl gelitten :(
Ich finde Analogien zwischen der Marine und der Lufthansa.
Beide hatten bisher ein sehr altes Schiff, bzw. Flugzeug im Einsatz, was auch zur Repräsentation diente.
Gorch Fock und JU52.
Bei beiden ist man aktuell an dem Punkt angekommen, dass Aufwand und Nutzen in keinem gesunden Verhältnis mehr zueinander stehen.
Die Lufthansa stellt den Betrieb der JU jetzt ein.
Vielleicht sollte die Marine das mit der GF auch tun.
Irgendwann ist für jedes technische Gerät die Zeit gekommen.
@Grashüpfer | 24. Januar 2019 – 18:20
Sie mögen recht haben, was technische Details angeht. Aber es steht die Summe von € 135.000.000,00 im Raum, und diese Erkenntnis ist gesichert. Gesichert sind auch die Erkenntnisse, dass die Segelschulschiffe, die andere Nationen in den letzten Jahren in Dienst gestellt haben als Neubau wesentlich günstiger waren. Da reden wir über mindestens 50% Ersparnis. Es wird zwar kolportiert, ein Neubau der Gorch Fock würde € 167 Mill. kosten, keiner kennt aber die Kalkulation dazu.
Und selbst wenn das so wäre, dann baut die Kiste neu, gebt € 30 Mill. mehr aus und es ist Ruhe für die nächsten 40-50 Jahre. Und nicht € 135 Mill. für einen Weiterbetrieb bis 2040.
Sie reparieren doch auch nicht Ihr Auto mit einem Restwert von € 5.000,00 für € 15.000,00, und wissen nicht, was als nächstes kaputt geht. Sondern nehmen das Geld und investieren in ein neues Auto, so dass Sie Ruhe haben. Das ist dann eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, die jeder von uns quasi jeden Tag in verschiedenen Zusammenhängen anstellt. Nur bei der GF nicht, da wird Maximin betrieben. Bei maximalen Input minimalen Output bekommen, das kann es nicht sein.
Und bevor die Eiferer kommen – solange ein Großsegler vorhanden ist, ist die Tradition bewahrt. Es muss nicht der alte Schrotthaufen sein.
Und es liegt mir fern, darüber zu diskutieren, ob segeln, reiten oder Hallenhalma für die Offiziersausbildung förderlich und prägend ist.
@klabautermann | 24. Januar 2019 – 19:07
Nun kommen Sie mal runter. Die GF ist sicherlich nicht „endgame“-geeignet, es ist nur ein Schiff, eines mit Tradition, aber mehr nicht.
Die Diskussion wäre auch gar nicht erst aufgekommen, wenn von vorneherein sauber gearbeitet worden wäre. Und zwar vor dem Werftaufenthalt 2015. Man hätte alle Mängel aufnehmen können und gleich mit den € 135 Mio. um die Ecke kommen können. Dazu argumentiert, Neubau bedeutet Ausschreibung und mindestens 5 Jahre Zeitverlust, wir reparieren, aber der Kahn ist hinterher quasi neu.
Hat man aber nicht. Bei der Bestandsaufnahme wurde geschlampt, falsche Zahlen weitergemeldet oder anderweitig beschönigt. Regelmäßig wurde die Führung mit neuen Horrormeldungen zur GF überrascht. Das sieht alles nicht gerade nach geregelten Prozessen und solider Planung aus. Und dann wird der Weiterbetrieb auch nur bis 2040 geplant. da geht das Elend wieder von vorne los.
ich bin nicht gegen einen Großsegler, aber doch nicht um jeden Preis. da sollte schon eine realistische Planung und Konzeption hinter liegen. Und nicht diese Muppet-Show der Unfähigkeiten und Fehlplanungen. Alleine die Zeit, die mittlerweile verschenkt wurde, hat schon richtig Geld gekostet.
@ Koffer | 24. Januar 2019 – 20:00
„dass Reitunterricht keine über mehrere Wochen gehende, den kompletten Dienst/-Tagesablauf umfassende die Gruppe zusammenbringende Ausbildung ist und das zudem Reiten keine die Domäne Land praktisch, symbolisch oder grundlegend abbildende Tätigkeit ist.“
Es wäre kein Problem, Reitunterricht entsprechend zu organisieren, wochenlang tagfüllend. Einsatz von Waffen zu Pferde fördert Kameradschaft. Eine koordinierte Kavalerieattacke ist nur als Gruppe erreichbar. Und Reiten bildet Land so gut ab, wie Segeln die moderne Domäne See.
Wunschbeobachtung also.
@ Koffer | 24. Januar 2019 – 20:00
Ihre Feststellung „Die Gründe, warum A (GF) nicht mit B (Reitunterricht) vergleichbar ist, sind doch manigfaltig“ ist zwar grundsätzlich richtig, aber zum Wesen von Vergleichen gehört es nun mal, daß sie nicht 1:1 passen, sondern das es auf das tertium comparationis ankommt.
Und dies ist hier die Rückwärtsgewandheit von Reitausbildung beim Heer und Segelausbildung bei der Marine …
Ich hatte gefragt „Was wäre wohl los, wenn das Heer die Ausstattung der Offizieranwärterbataillone mit Pferden fordern würde …?“
Die Antwort darauf geben auch Sie mit ihrem Versuch, jeden Vergleich mit der Ausbildung auf der Gorch Fock oder einem anderen Segelschulschiff zu unterbinden und damit jede Diskussion über die weitere Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit eines Segelschulschiffs abzuwürgen. Das mag im „selbstreferentiellen Zirkel(..) von Marinesoldaten, ehemaligen Marinesoldaten und Marinebegeisterten“ funktionieren, außerhalb sieht man das offenbar aber durchaus auch anders.
@Pio-Fritz | 25. Januar 2019 – 11:29
Hätte, hätte………
Das ist doch das ganze Dilemma. Wir sind Weltmeister in der Aufarbeitung von „Kriegsgeschichte“….. nehmen das allerdings nicht zum Anlass konsequent getroffene Entscheidungen umzusetzen, auch wenn das Geld kostet, das man bei der Entscheidungsfindung nicht einkalkuliert hat, weil man das einfach nicht konnte, schon allein deswegen nicht weil eine vollumfängliche Befundung so viel Geld gekostet hätte, dass der BRH Pickel bekommen hätte. Diese Wirtschaftlichkeitskeule des BRH kommt mir schon seit Jahren wie ein catch22 vor. Und am Ende dieser Entwicklung hat man dann viel Geld ausgegeben und die Streitkräfte haben weniger Fähigkeiten. Solange einige Kameralistiker der Meinung sind, dass es z.Bsp.wirtschaftlicher ist gebrauchte Wollunterwäsche zu entsorgen und dann ereignisbezogen neu zu beschaffen kommen die SK niemals auf einen strukturell grünen Zweig. Wirtschaftlichkeit kann man nicht vorab planerisch sicher stellen, sondern nur im Prozessmanagement.
@Koffer | 24. Januar 2019 – 20:00
„Naja, für das Heer wäre ja auch eher der EK1 für alle zu nennen und unter dieser Abschaffung hat die Qualität sehr wohl gelitten :(“
Irgendwie hängen Sie an diesem Argument. Aber dann sollten Sie für die Marine-OA´s auch Kampfschwimmerausbildung fordern. Das wäre dann äquivalent zu dem EK, bei dem es darum geht an seine Grenzen geführt zu werden, denn lernen tut man da nix neues.
Und die Qualität des Nachwuchses ist bestimmt nicht wegen des fehlenden Einzelkämpferlehrgangs gesunken. Sondern deshalb, weil man die Anforderungen für die Bewerber soweit abgesenkt hat, dass diese den Lehrgang körperlich nicht schaffen würden. Das fängt also schon vorher an.
Und ja, ich war auch auf diesem Lehrgang.
Vielleicht sollte man einfach einen Schlussstrich unter die gescheiterte Instandsetzung machen und eine GF III bestellen. Als Ausgleich kauft dann Polen ein oder zwei U-Boote
@klabautermann | 25. Januar 2019 – 12:42
Sie verkennen die verheerende Außenwirkung dieses Vorgangs. Die Gorch Fock kennt nahezu jeder, das (Medien-) Interesse ist groß.
Ihren Versuch, das Planungs-, Kalkulations- und Kommunikationsdesaster gepaart mit massiver Schlamperei als „Aufarbeitung von Kriegsgeschichte“ abtun zu wollen, ist einer Bananenrepublik würdig. Diese hochnotpeinliche Angelegenheit gehört gründlich aufgearbeitet und entsprechende Konsequenzen daraus gezogen.
Ich bin allerdings bei Ihnen. Konsequenz in der Umsetzung von Entscheidungen ist nicht zu sehen. Deswegen wird ja jetzt auch keine getroffen.
Und lieber gebe ich € 5 Millionen (falls das reicht) für eine umfassende Befundung aus, als hinterher bei so einem alten Kahn ins offene Messer zu rennen. Vor allem nachdem es durch den Havariebeauftragten 2011 schon entsprechende Hinweise und Feststellungen gab, dass diese bisher nicht fachmännisch gemacht wurden.
Wie heißt es: „Erst hatten sie kein Glück und dann kam auch noch Pech dazu.“
Und die von Ihnen angeführte „Wirtschaftlichkeitskeule des BRH“ sehe ich nicht, nur berechtigte Kritik. Durch die „Salami-Taktik“ des immer wieder nachbessern und erhöhen der Reparaturkosten hat man sich selber die Alternativen verbaut. Bei 10 Mill. denkt niemand über einen Neubau nach. Und dafür muss man kein Marine-Experte sein.
@Escrimador | 25. Januar 2019 – 11:58
„Es wäre kein Problem, Reitunterricht entsprechend zu organisieren, wochenlang tagfüllend.“
Ne is klar… und mit klarem Bezug zum Beruf und für alle Offiziere des Heeres sinnstiftend.
LOL
@Obristlieutenant | 25. Januar 2019 – 12:41
„Die Antwort darauf geben auch Sie mit ihrem Versuch, jeden Vergleich mit der Ausbildung auf der Gorch Fock oder einem anderen Segelschulschiff zu unterbinden und damit jede Diskussion über die weitere Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit eines Segelschulschiffs abzuwürgen.“
Ich habe nichts dagegen, wenn man die Sinnhaftigkeit/Notwendigkeit der Ausbildung der OA der Marine auf einem Segelschulschiff im Allgemeinen oder auf der GF im Besonderen in frage stellt.
Ich persönlich folge da der Meinung von Fachleuten (in der DEU Marine und weltweit) und halte die Argumente für überzeugend. Aber ohne Zweifel gibt es auch gute Argumente gegen die Ausbildung.
Nichts gegen diesen Diskurs.
Nur halt nicht mit Argumenten, die nichts mit dem Thema zu tun haben…
Die von niemandem im Heer geforderte und weltweit auch nur in Ausnahmefällen und nur mit ganz beschränktem Personenkreis praktizierte „Einzelschützenausbildung“ auf einem Pferd hat halt nichts mit der Gruppenausbildung im Rahmen einer Grundlagenausbildung des Lebens „auf See“ zu tun.
Wie gesagt. Wenn Sie die Ausbildung auf der GF in Frage stellen wollen. Gerne! Nur halt bitte nicht mit abwegigen Vergleichen…
@Pio-Fritz | 25. Januar 2019 – 13:11
„Irgendwie hängen Sie an diesem Argument.“
Naja, ich versuche halt dem Wunsch mehrer Mitkommentatoren nach einer „heeresvergleichbaren“ Ausbildung nachzukommen. Ich halte den Vergleich übrigens auch nicht für ganz passend (ich glaube ich schrieb mehrfach „am ehesten“ oder so…). Aber es ist halt wenigstens eine einigermaßen vergleichbare Ausbildung und nicht das abstruse Beispiel der Reitausbildung.
Und unabhängig davon bin ich eh der Meinung, dass das hier OT. Hier geht es um die GF und nicht um eine (von niemanden im Heer geforderte) Reitausbildung.
„Und die Qualität des Nachwuchses ist bestimmt nicht wegen des fehlenden Einzelkämpferlehrgangs gesunken. Sondern deshalb, weil man die Anforderungen für die Bewerber soweit abgesenkt hat, dass diese den Lehrgang körperlich nicht schaffen würden.“
Sorry, aber da ich vor noch nicht allzulanger Zeit den OL3 (inkl. EK1) ausgebildet habe, muss ich Ihnen sagen, dass sie Ihre Annahmen sich nicht mit der Realität decken.
Aber auch das ist doch OT, oder?
@ Pio-Fritz
Zitat: „Ihren Versuch, das Planungs-, Kalkulations- und Kommunikationsdesaster gepaart mit massiver Schlamperei als „Aufarbeitung von Kriegsgeschichte“ abtun zu wollen, ist einer Bananenrepublik würdig. Diese hochnotpeinliche Angelegenheit gehört gründlich aufgearbeitet und entsprechende Konsequenzen daraus gezogen.“
Aha, und was machen wir dann mit dem Berliner Großflughafen, Stuttgart 21 und anderen fehlgeschlagenen Projekten in Deutschland ?
@Pio-Fritz | 25. Januar 2019 – 14:13
Das BMVg/BRH und Staatsanwatschaft werden nun wochen-, vielleicht sogar monatelang die GF-Kriegsgeschichte aufarbeiten. Aber wer schaut nach vorne ?
Laut seit Jahrzehnten etablierter Auffassung der Marine ist die GF nicht nur ein Traditions- und Repräsentationsschiff, sondern ein elementarer Fähigkeitsbaustein in der Seeoffiziersausbildung. Wenn man diesen Baustein auf dem bisherigen Niveau erhalten will, dann sehe ich z.Zt. nur 3. Optionen:
1, Sanierung fortsetzen; Kosten 130 Mio+ aber relativ zeitnaher Fähigkeitserhalt, inkl. Erhalt der bisherigen Traditions- und Repräsentationsfunktion.
2. Sanierung abbrechen und Neubau eines Großseglers; Sunkcost ca. 70 Mio+ und Projektierung eines Neubaus, der wahrscheinlich im Kostenbereich +/- 100 Mio zu kalkulieren ist. Hinzu kommt der Zeitverzug in Sachen Fähigkeitserhalt.
3, Sanierung abbrechen und Ausbildung „outsourcen“; Sunkcost ca. 70 Mio+ und Fähigkeitserhalt auf einem abgesenkten Niveau, Wegfall der Traditions- und Repräsentationsfunktion.
Option 4 wäre natürlich, das Konzept GF komplett einstampfen; Sunkcost 70 Mio+; ersatzloser Wegfall der Ausbildungs-, Traditions-und Repräsentationsfunktionen der GF. Das wäre der feuchte Traum der Wirtschaftlichkeitsfundamentalisten, aber dann können wir den 87a gleich aus dem GG streichen, sozusagen die wirtschaftlichste „Endlösung“/SARC²
Frau von der Leyen ist als Verteidigungsministerin angetreten, um das Beschaffungswesen der Bundeswehr zu reformieren.
Es gibt zumindest einen Erfolg: Sie ist jetzt Großkundin beim Bundesrechnungshof.
„Wirtschaftlichkeit kann man nicht vorab planerisch sicher stellen“
– Dann mache ich täglich in meinem Beruf wohl alles falsch.
„Grundlagenausbildung des Lebens ‚auf See‘.“
– Und warum nur Offiziersanwärter und nicht auch Unteroffiziere und Mannschafter?
Wenn die Gorch Fock ach so wichtig für die Marine ist und man nur auf der Gorch Fock die entscheidenden Dinge lernt, warum dann nur Offiziere?
Hier wurde ja auch schon angemerkt, dass man auf einer Ausbildungsfregatte nicht das gleiche lernen könne, weil nur auf einem Segelschiff ist man dem Meer und seine unberechenbaren Umwelteinflüssen ausgesetzt und dass dies auf einem Motorbetriebenen Grau-Schiff mit einer Hand am Ruder nicht möglich ist.
„die GF war funktional-traditionell, bundesrepublikanischer, maritimer „Kult – und ein interrnationales Markenzeichen.“
– Ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, aber sie verkehren wahrscheinlich sehr stark Armee- und/oder Marinelastigen Umgang (also die Personen aus diesem Kreis). Beim Rest der Menschen, der ein vielfaches dieses Marine/Armeepersonenkreis ausmacht trifft Ihre Aussage nicht zu.
Und ich bin mir sicher, dass 90% aller Botschaftsmitarbeiter des Auslands die Gorch Fock nicht kennen, nie von gehört haben und auch nicht gesehen haben.
Allein schon, weil nicht alle Botschaften/Konsulate am Meer liegen und die Gorch Fock auch nicht alle anfahren kann. Zeitlich gesehen.
Man mag gerne ein Marinemarkenzeichen haben und auch benötigen.
Ob es dann aber Betrag xxx wert ist, ist eine andere Frage.
Koffer | 25. Januar 2019 – 17:15
Lächerlich.
Natürlich genauso sinnstiftend wie ein Segelschulschiff.
6, setzen, Kopf hoch.
[Am Umgangston arbeiten wir noch, nehme ich an. Bietet das Wochenende viel Zeit für. T.W.]
@klabautermann | 25. Januar 2019 – 18:31
Option 5:
Wir machen 2-3 Jahre mit der Ausbildungsmietlösung weiter und kaufen wie andere Marinen ein Segelschulschiff von der Stange, selbe Größe oder etwas größer. Damen-Werft z. B., für 150 Kadetten: https://products.damen.com/en/ranges/sail-training-vessels/sail-training-vessel-3500 Kostet definitiv weniger als der Neuaufbau der GF2, ist schneller fertig (wenn sich die BW mit Ausschreibung und Order ranhält) und brandneu, hält also länger durch als eine reparierte GF2. Oder was Passendes von einem anderen erprobten Anbieter, zum Festpreis und ohne Extrasonderwünsche und Goldrandlösungen. Machen andere Marinen auch.
@PeterL | 25. Januar 2019 – 19:55
„Und warum nur Offiziersanwärter und nicht auch Unteroffiziere und Mannschafter?
Wenn die Gorch Fock ach so wichtig für die Marine ist und man nur auf der Gorch Fock die entscheidenden Dinge lernt, warum dann nur Offiziere?“
In Bezug auf Unteroffiziere: abhängig von der Verwendungsreihe erfolgt dies (ist von den Kapazitäten abhängig).
In Bezug auf Mannschaften: lohnt sich nicht; Input/Output; eine Frage der Ressourcen; uns selbst wenn hätte man dafür keine Kapazitäten.
@Mitleser | 25. Januar 2019 – 22:33
Ein „günstiger“ Neubau mag in anderen Ländern funktionieren. In DEU aber nicht. Ist schade, ist aber nun mal so.
Aus dem Bauch heraus erscheinen mit der EUR 100,- +/- von @klabautermann da recht realistisch… und selbst wenn es nur 75 Mio oder gar nur 50 Mio wären, im Ergebnis muss man ja die bisher verausgabten Gelder auch im Kopf „mitrechnen“ und dann wird das alles trotzdem nicht günstiger als die für den Abschluss der aktuellen Renovierung derzeit geplanten 135 Mio. Aber würde halt 5 Jahre+ mehr dauern.
Alles immer vorausgesetzt jetzt liegen endlich alle Fakten auf dem Tisch ;)
@Koffer | 25. Januar 2019 – 17:15
Da ich die Reitausbildung für Offizieranwärter des Heeres versus Segelausbildung auf der Gorch Fock (oder wie immer das Schiff dann heißen mag) für Offizieranwärter der Marine in diese (!) Diskussion eingeführt habe – wenn auch nur als hypothetische Frage „Was wäre wohl los …?“ – bekenne ich mich insofern schuldig.
Gegen gute (!) Argumente – grade auch von Fachleuten – ist grundsätzlich nichts zu sagen, auch wenn man bei Fachleuten stets eine gewisse Geneigheit gegenüber ihrem Fachgebiet und damit dessen Verteidigung gegen andere zu berücksichtigen hat, vor allem wenn es um Geld geht. Sie werden den Spruch kennen „Sage nie dem Frosch, er soll den Teich trockenlegen, in dem er selber sitzt.“ …
Von daher habe ich im Lauf meiner Dienstjahre eine gewisse Skepsis gegenüber der Argumentation von Fachleuten entwickelt, wenn es um das Infragestellen langjähriger Gewohnheiten und Verfahren geht. Auch das kennen Sie: „Das haben wir schon immer (wahlweise noch nie) so gemacht, da könnte ja jeder kommen, wo kommen wir denn da hin …“
Um nun zum Ausgangspunkt zurückzukommen, nämlich der bisher durchaus mißglückten Generalrevision der stolzen Gorch Fock: da steigen die Kosten von anfangs durchaus überschaubaren 10 Mio € auf inzwischen geschätzte (!) über 130 Mio €, also auf 1.300 % (das hat übrigens nicht mal Hamburg mit der Elbphilharmonie geschafft) und das wird alles überwiegend auf der Arbeits- sprich Referenten- und Sachbearbeiterebene abgehandelt, so daß (damit?) niemand etwas davon mitbekommt.
130 Mio € sind auch für die Bundeswehr ein erheblicher Betrag, vor allem in Zeiten, in denen überall Mangelwirtschaft herrscht und beim Material das „dynamische Verfügbarkeitsmanagement“ häßliche Urstände begehen muß, um auch nur die Teilnahme an Großbungen wie Trident Juncture 2018 zu ermöglichen. Muß sich da nicht auch die Marine fragen lassen, ob es vielleicht auch weniger kostenintensiv ginge als bisher?
Wo ist denn die auch für nicht Marineangehörige ohne weiteres nachvollziehbare unabweisbare Begründung durch die Marineführung (!), daß auch im 21. Jahrhundert eine erfolgreiche Seeoffizierausbildung nur an Bord eines Segelschulschiffs erfolgen kann? Wäre es in dieser Lage nicht Aufgabe des Inspekteurs der Marine, damit spätestens jetzt an die Öffentlichkeit zu gehen?
Lassen Sie uns darüber (!) diskutieren, ich bin echten (!) Argumenten gegenüber auch als ehemaliger mechanisierter Landkrieger stets offen!
@Obristlieutenant | 26. Januar 2019 – 8:44
„Von daher habe ich im Lauf meiner Dienstjahre eine gewisse Skepsis gegenüber der Argumentation von Fachleuten entwickelt, wenn es um das Infragestellen langjähriger Gewohnheiten und Verfahren geht.“
In der Tat ist ein „das haben wir schon immer so gemacht“ alleine sicherlich kein ausreichendes Argument. Man sollte es mEn aber auch nicht ganz unter den Tisch fallen lassen, denn da es bei Streitkräften immer um Ergebniserzielung unter Bedingungen von „Leben und Tod“ geht, ist eine Änderung aufgrund rein theoretischer Überlegungen äußerst risikoreich. Tauglichkeitsbelege durch langjährige Praxis können also in Streitkräften durchaus ihre Berechtigung haben. Aber wie gesagt: keinesfalls ausschließlich und durchaus immer mit einem kritischen Blick…
„und das wird alles überwiegend auf der Arbeits- sprich Referenten- und Sachbearbeiterebene abgehandelt, so daß (damit?) niemand etwas davon mitbekommt.“
Die Facharbeit im Ministerium und in den nachgeordneten Behörden wird immer und notwendigerweise durch die Referentenebene erledigt. Im BMVg gibt es für alle Fragen grundsätzlich nur einen zuständigen Referenten und höhere Ebenen haben häufig ein solch großes Themenfeld, dass sie in Einzelsachverhalten kaum Ahnung haben.
Aber unabhängig davon, wurden hier ja mehrfach Leitungsentscheidungen herbeigeführt. Wenn diese Leitungsentscheidungen auf umfänglicher und sachgerechter Beratung entstanden sind, dann ist insofern alles i.O.
Allerdings lässt der Bericht des BRH hieran ja durchaus Zweifel erkennen, von daher wird da sicherlich nochmals genauer hinzusehen sein.
„Wo ist denn die auch für nicht Marineangehörige ohne weiteres nachvollziehbare unabweisbare Begründung durch die Marineführung (!), daß auch im 21. Jahrhundert eine erfolgreiche Seeoffizierausbildung nur an Bord eines Segelschulschiffs erfolgen kann?“
Also ich weiß davon, dass die Marine(führung) regelmäßig und mit großem Gusto die Notwendigkeit der Ausbildung auf einem Segelschulschiff begründet. Wie gesagt, mich überzeugt diese Argumentation ja auch :)
Allerdings glaube ich nicht, dass jemand in der Marine(führung) behauptet hat, dass eine erfolgreiche der OA der Marine NUR unter Einbeziehung eines Segelschulschiffes erfolgen kann.
GBR z.B. zeigt ja, dass es auch anders geht. Die USA wiederum beweist sogar innerhalb eines Landes, dass man Führungspersonal auf See sowohl mit (Coast Guard) als auch ohne (Navy) erfolgreich ausbilden kann.
Die FRA z.B. kompensieren ja in der Ausbildung mit einer Einschiffung auf einem modernen Kriegsschiff. Damit werden sicherlich spezielle Aspekte der Ausbildung besser (z.B. Realitätsnähe an der aktuellen Berufsausbildung), aber eben auch andere Aspekte weniger gut (z.B. nachhaltige Prägung auf die TSK auf emotional-basaler Ebene) erfüllt.
Die Frage ist also m.E.n. nicht alleine Segelschulschiff „ja oder nein“, sondern muss das Gesamtkonzept betrachten.
Und da wiederum greift dann für mich „erfahrungsbasiertes“ Wissen ;) Zudem kommen dann an dieser Stelle auch noch ergänzend die weiteren Vorteile der GF hinzu (Außenwirkung im Bereich Politik/Diplomatie und im Bereich Nachwuchsgewinnung).
Aber alles zusammen finde ich, sollte man es der Marine überlassen zu entscheiden, wie sie ihren Führernachwuchs prägen will. Ich als Heeresoffizier kann das nur sehr grundlegend nachvollziehen und verwehre mich ja auch dagegen, wenn Lw oder M in Bezug auf das Heer „es besser zu wissen glaubt“…
@Koffer | 26. Januar 2019 – 10:27
Einverstanden!
Wir beide werden es nicht zu entscheiden haben, ob und wie es in der causa Gorch Fock nun weitergehen wird, und ich denke Sie sind wie ich froh, es nicht zu müssen!
Es geht dabei ja auch nicht darum, das Rad wieder einmal neu zu erfinden, dessen erster Entwurf in der Bundeswehr erfahrungsgemäß immer stark rumpelt, weil er dreieckig ist …
Aber ich denke wir werden beide interessiert verfolgen, wie hier das Duell Wünschbarkeit gegen Machbarkeit ausgeht. In diesem Sinne :-)
@Georg | 25. Januar 2019 – 17:49
Ja, macht Ihr Verweis auf andere schiefgelaufene Großprojekte der öffentlichen Hand die Sache besser? Entschuldigt das irgendetwas in der Causa GF?
Ich denke nicht. Auch in den von Ihnen angeführten Beispielen hat die öffentliche Verwaltung kläglich versagt. Wobei ein Bahnhof und ein Flughafen mit Sicherheit wesentlich komplexer sind als ein Segelschiff.
Und das mit unseren Steuergeldern, die da durch Unfähigkeit verschleudert werden. Mal Milliarden, mal Millionen, dem deutschen Michel mit seinem Durchschnittsjahresgehalt kaum zu vermitteln. Da muss man sich nicht wundern, das es eben auch herbe Kritik gibt.
Die Elbphilharmonie ist so ein Paradebeispiel. Völlig aus dem Ruder gelaufen, aber die Hamburger Bürgerschaft hat entschieden “ völlig wurscht, wir ziehen durch“ und hat dafür viel Kritik eingesteckt. Aber es gab eine Entscheidung und mittlerweile hat Hamburg ein neues Wahrzeichen, mit viel Lob weltweit.
Wenn bei der GF auch so eine Entscheidung gefällt wird, auch gut. Könnte ich mit leben, aber dann mit Nutzungsdauer 2040+. Warum? Ich stelle mir als Laie vor, das der Austausch der Stahlplatten mit Mindermaß dem Neubau eines Rumpfes gleichkommt, das muß doch länger halten. Aber dafür muß im Vtdgministerium eine Entscheidung getroffen werden. Die sehe ich nicht, denn das heißt gleichzeitig, das jemand die Verantwortung übernimmt.
Und ich will den Fall ordentlich aufgearbeitet sehen, damit in Zukunft manche Fehler nicht mehr passieren. Das ist jetzt maximales Entgegenkommen aus meiner Position der Dinge. Und einen hochrangigen Verantwortlichen, meinetwegen den InspM.
Hallo Herr Wiegold,
bringen Sie noch etwas zum MKS180? Heute morgen in der Zeitung (EJZ) eine Meldung des RND über eine kleine Anfrage der Fraktion Die Linke dazu. Ergebnis Kostensteigerung für 4 Schiffe von € 4,3 Milliarden auf € 5,3 Milliarden. Kommentar des CDO-Mannes Rehfeldt, da sei das AusbZentr sowie die Ausbildung der Crews schon eingepreist.
Bisher ist man davon ausgegangen, € 5,3 Milliarden sei für 6 MKS180, so das RND.
Viele Grüße,
Pio-Fritz
@Pio-Fritz
Hm.
1. was hat das mit der Gorch Fock zu tun?
2. wenn Kollegen auf politische Propaganda reinfallen, warum soll ich das dann auch?
3. Dass die MKS180 mit mehr als fünf Milliarden Euro veranschlagt werden, stand in den Haushaltspapieren, die im November vergangenen Jahres in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses den Vertretern aller Fraktionen vorlagen.
4. Können wir den OT damit bitte beenden?
Ein MarineStOffz der vor ein paar Tagen an der HiTaTa der Marine teilgenommen hatte, berichtete von Gespraechen am Rande, dass der sagenhafte Preisanstieg angeblich durch Selbstbedienungslust der Werft zu erklaeren sei, die eine guenstige Gelegenheit erblickt haben mochte. Es sei dies die “Stammwerft” der Gorch Fock, mit profunder Kenntnis des tatsaechlichen Zustandes.
Wenn das so ist- dann sind doch ganze Ebenen ueber viele lange Jahre hinweg ihrer Pruef-, Aufsichts- und Dienstpflicht nicht oder fehlerhaft nachgekommen.
Werte Kameradinnen und Kameraden mit Welt+-Abo: Bietet der heute online gegangene Artikel „Das Schiff, der Rost und die Korruption“ diskussionswürdige Neuigkeiten?
Schönen Sonntag in See!
@Eric Hagen
„…dann sind doch ganze Ebenen ueber viele lange Jahre hinweg ihrer Pruef-, Aufsichts- und Dienstpflicht nicht oder fehlerhaft nachgekommen…“
Diese Schlußfolgerung kann man sicherlich jetzt schon ziehen, auch ohne das Ergebnis aller laufenden Prüfungen abzuwarten.
@ Pio-Fritz Nein, das Marinearsenal gehört NICHT zur Marine. Es ist eine Dienststelle des BAAINBw.
@Koffer
„In der Tat ist ein „das haben wir schon immer so gemacht“ alleine sicherlich kein ausreichendes Argument. Man sollte es mEn aber auch nicht ganz unter den Tisch fallen lassen, denn da es bei Streitkräften immer um Ergebniserzielung unter Bedingungen von „Leben und Tod“ geht, ist eine Änderung aufgrund rein theoretischer Überlegungen äußerst risikoreich. Tauglichkeitsbelege durch langjährige Praxis können also in Streitkräften durchaus ihre Berechtigung haben. Aber wie gesagt: keinesfalls ausschließlich und durchaus immer mit einem kritischen Blick…“
Mein Kritikpunkt in der Hinsicht an dem Mindset ist, das der kritische Blick IMPOV und persönlicher Erfahrung nach sehr schlechte Augen aka Mindset hat.
Ca 30 Jahre hinterherzuhinken wenn es um Leben und Gesundheit geht spez, derartig überholte Lehrmaterial und Inhalte ist IMPOV kein akzeptabler Standard oder über 100 Jahre wenn es um Einsatzfähigkeit geht.
@Mitleser | 27. Januar 2019 – 15:45
Darauf wurde ich schon vor drei Tagen hingewiesen, danke. Aber besser spät als nie…:-)
@ThoDan | 27. Januar 2019 – 16:22
„Ca 30 Jahre hinterherzuhinken wenn es um Leben und Gesundheit geht spez, derartig überholte Lehrmaterial und Inhalte ist IMPOV kein akzeptabler Standard oder über 100 Jahre wenn es um Einsatzfähigkeit geht.“
Wie so häufig habe ich keine Ahnung, was Sie mir sagen wollen… Was hat Ihr Kommentar mit der GF zu tun?
Ich frage mich dann wie hier bei mir in Chile die „Esmeralda“ unterhalten werden kann???