West-Reaktion auf möglichen Chemiewaffeneinsatz in Syrien: Diesmal mit Bundeswehr? (Update)

Als Mitte April die USA, Frankreich und Großbritannien zur Vergeltung für Chemiewaffenangriffe Syriens im eigenen Land syrische Militäreinrichtungen angriffen, war Deutschland daran nicht beteiligt. Aufgrund einer politischen Entscheidung in Berlin, denn die militärische Fähigkeit für ein Vorgehen wie zum Beispiel Großbritannien zu der Zeit hätte die Bundeswehr natürlich.

Das könnte sich im Falle eines befürchteten erneuten Chemiewaffeneinsatzes in Syrien ändern – das berichtet jedenfalls die Bild-Zeitung am (heutigen) Montag:

Im Verteidigungsministerium wird nach BILD-Informationen erwogen, sich künftig an der Allianz von USA, Großbritannien und Frankreich zu beteiligen. Allerdings nur, wenn Assad-Truppen die eigene Bevölkerung wieder mit Giftgas angreifen sollten.

(…) Das Planspiel: Sollte Assad sein eigenes Volk nachweislich wieder mit Giftgas angreifen, könnten neben den USA, Großbritannien und Frankreich (und möglicherweise weiteren neuen Verbündeten) diesmal auch bewaffnete Bundeswehr-Tornados Angriffe auf militärische Infrastruktur fliegen (Kasernen, Flugbasen, Kommandoposten, Munitionsdepots, Waffen-Lager, Fabriken, Forschungszentren).
[Link aus bekannten Gründen nicht]

Gespräche dazu seien vom US-Verteidigungsattaché in Deutschland, Oberst David M. Knych, mit Experten des Berliner Ministeriums geführt worden, berichtet das Blatt.

Auf Nachfrage dazu veröffentlichte das Verteidigungsministerium lediglich die mit dem Auswärtigen Amt abgestimmte Stellungnahme, die es bereits der Bild gegeben hatte:

Die Situation in Syrien gibt Anlass zu höchster Sorge. Selbstverständlich sind wir in diesen Zeiten im engen Kontakt mit unserem amerikanischen Verbündeten und europäischen Partnern. Auf allen Ebenen tauschen wir uns ständig aus über das aktuelle Lagebild, mögliche weitere Krisenszenarien sowie gemeinsame Handlungsoptionen. Ziel ist, dass die Konfliktparteien eine Eskalation der bereits jetzt für die betroffenen Menschen furchtbaren Situation vermeiden. Das gilt insbesondere für den Einsatz von verbotenen Chemiewaffen, die das Assad-Regime in der Vergangenheit bereits benutzt hat.

Die beim Angriff im April von deutscher Seite vorgebrachte Argumentation – sinngemäß: Wir wurden gar nicht gefragt, ob wir mitmachen wollen – ist damit hinfällig.

Update: Die Bundesregierung sieht das alles als hypothetisch an, ist im ständigen Gespräch mit den Verbündeten, wird sich nicht an Spekulationen über einen solchen Einsatz beteiligen, und die Bundeswehr agiert nur im Rahmen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes. Das sind im Wesentlichen die Antworten auf diese Fragen von Regierungssprecher Steffen Seibert, Jens Flosdorff vom Verteidigungsministerium und Rainer Breul vom Auswärtigen Amt:

BPK_Bw_Syrien_10sep2018     

 

(Transkript wird später nachgetragen)

Nun hatte die damalige Aktion der USA, Frankreichs und Großbritanniens unter anderem erklärtermaßen das Ziel, das Regime in Damaskus vor einem erneuten Einsatz von Chemiewaffen abzuschrecken. Insofern wäre ein erneuter Angriff fast schon eine logische Folge eines erneuten Gebrauchs chemischer Waffen – allerdings unter inzwischen etwas veränderten geopolitischen Vorzeichen.

Denn von Seiten Russlands, ein wesentlicher Unterstützer Syriens, wird bereits seit Tagen die Nachricht verbreitet, der Westen bereite selber mithilfe syrischer Rebellen einen Einsatz chemischer Waffen vor, um ihn dann Syrien anzulasten und als Vorwand für einen Angriff zu nehmen:

Mit anderen Worten: Russland bezieht bereits vor einem möglichen erneuten Chemiewaffeneinsatz Stellung. Und ob das Land als Garantiemacht Syriens einen erneuten westlichen Angriff als Reaktion darauf wie im April ohne eigenes Eingreifen militärisch hinnimmt, ist eine damit verbundene weitere Frage. Zumal die russische Marine derzeit nach mehrtägigen großen Manövern im Mittelmeer vor der Küste Syriens massiv präsent ist.

Weiter nach Entwicklung.

(Archivbild: Start eines Tornados der Royal Air Force von der britischen Militärbasis Akrotiri auf Zypern am 14. April 2018 – Cpl L Matthews/UK MOD/Crown Copyright; Karte: U.S. Department of Defense)