Sammler: Moorbrand in Meppen – Update 21. September (m. Nachträgen)

Gut zwei Wochen, nachdem Schießtests der Bundeswehr einen großflächigen Moorbrand im Emsland ausgelöst haben, fährt das Verteidigungsministerium auch die eigenen Anstrengungen zur Brandbekämpfung hoch. Ministeriumssprecher Jens Flosdorff kündigte am (heutigen) Freitag an, dass die Bundeswehr so lange wie nötig so viele Unterstützungskräfte wie erforderlich nach Meppen schicken werde, unter anderem Spezialpioniere, aber auch Verpflegungstrupps.

Ministerin Ursula von der Leyen will sich am Samstag selbst vor Ort ein Bild von der Lage machen. Der Landkreis Emsland rief unterdessen den Notstand aus und schloss Evakuierungen anliegender Ortschaften nicht aus.

Das Feuer auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) 91 war am 3. September bei Schießtests mit Raketen ausgebrochen; die Löscharbeiten konnten wegen des Ausfalls von Spezialgerät nicht rechtzeitig beginnen. Erst nachdem örtliche Feuerwehren und das Technische Hilfswerk mit hunderten von Feuerwehrleuten und Helfern den unterirdischen Brand im Moor nicht unter Kontrolle bekamen, wurde auch das niedersächsische Innenministerium informiert. Die Bundeswehr reagierte überregional mit einer ersten Information am (gestrigen) Donnerstag, mehr als zwei Wochen nach Brandausbruch.

Der Ministeriumssprecher räumte ein, dass sowohl bei der nötigen Information anderer Behörden sowie möglicherweise auch bei der Risikoeinschätzung Fehler gemacht worden seien. Wehrressort und Bundeswehr bedauerten, dass es zu einem sehr ernsten Szenario gekommen sei. Die Streitkräfte seien auch weiterhin auf die Hilfe von Feuerwehren und THW angewiesen, würden nun aber zusätzlich Soldaten ins Emsland schicken. Die Bundeswehr werde alle Unterstützung, die man sich denken kann, leisten, versprach Flosdorff. Alle Bundeswehrdepots seien angewiesen, nötiges Material wie zum Beispiel Pumpen sofort bereitzustellen.

Zugleich wies der Sprecher den Vergleich dieser Schießtests bei der anhaltendern trockenen und heißen Witterung mit dem Verhalten von Privatpersonen bei Waldbrandgefahr oder beim Grillen zurück. Bei der WTD seien Experten tätig, die sehr genau die Gefahren einschätzen könnten. Die Bundeswehr werde aber die Ursache für den Brand genau analysieren.

Die Aussagen von Flosdorff sowie Eleonore Petermann vom Innenministerium und Nikolai Fichtner vom Umweltministerium vor der Bundespressekonferenz zum Nachhören (Transkript wird nachgetragen):

 

BPK_Moorbrand_21sep2018     

 

 

Am Freitagmorgen rief der Landkreis Emsland den Katastrophenalarm aus – damit ist es den Behörden unter anderem möglich, Unterstützung von anderen Kreisen und vom Land anzufordern. Die Evakuierung einzelner Ortschaften könne nötig werden, warnte das Landratsamt:

Aufgrund des Moorbrandes und der Wetterprognosen für heute hat Landrat Reinhard Winter um 09:40 Uhr in enger fachlicher Abstimmung mit dem Niedersächsischen Innenministerium den Katastrophenfall ausgerufen. Dieser offizielle Akt sei eine wichtige Voraussetzung, um zum Beispiel auch mit überörtlicher Unterstützung planen und arbeiten zu können, insbesondere, wenn sich die Situation vor Ort nachhaltig verschärfe, erklärt Winter. „Wir wappnen uns für alle Eventualitäten und kommen hiermit vor die Lage“, unterstreicht der Landrat. „Mit Blick auf die neue Situation und die Prognosen der Bundeswehr können wir derzeit eine Evakuierung der Gemeinden Groß und Klein Stavern zudem nicht mehr ausschließen“, erläutert Winter. „Wir sind gut vorbereitet und wollen keine Unruhe erzeugen. Da der Schutz der Bevölkerung für uns an erster Stelle steht, möchten wir aber die Staverner frühzeitig darauf aufmerksam machen, dass eine Evakuierung nicht mehr undenkbar ist“, so Winter.
Bürgerinnen und Bürger Staverns sind daher aufgefordert, sich grundsätzlich auf eine eventuelle Evakuierung vorzubereiten. „Eine ganz konkrete Prognose ist derzeit nicht möglich, dennoch ist zu erwarten, dass sich Rauchbelästigung und Funkenflug verschärfen. Aber ob überhaupt evakuiert werden muss, ist natürlich abhängig vom Verlauf der Löscharbeiten auf dem Areal der Bundeswehr sowie den sich verändernden Wetterbedingungen“, ergänzt Winter. Hier befinde man sich in enger Abstimmung mit der Bundeswehr, Experten sowie den Einsatzkräften vor Ort. Zudem werde derzeit ein engmaschiges Netz an Messpunkten eingerichtet, um die Belastung durch den Rauch permanent zu überwachen.

Nachtrag:

• Zur Dokumentation das in einigen Kommentaren bereits angesprochene Video des NDR-Interviews mit dem stellvertretenden Leiter der WTD 91 hier.

„Gebrannt hätte es sowieso“ – sagt Wikipedia

• Die Verteidigungsministerin hat sich am Freitag für den Brand und seine Auswirkungen entschuldigt. Die Neue Osnabrücker Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht) zitiert von der Leyen mit den Aussagen

Es steht außer Frage, dass ein Moorbrand dieses Ausmaßes ein sehr ernster Vorfall ist, der so nicht passieren darf. Ich entschuldige mich im Namen der Bundeswehr bei allen Menschen der Region, die jetzt unter den Auswirkungen des Brandes leiden. Natürlich werden wir auch die völlig berechtigte Frage klären, ob die den Brand auslösenden Munitionstests in dieser Form nötig und verantwortbar waren.

• Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat am Freitagabend die Diensträume der WTD 91 durchsucht; Grund ist das Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf fahrlässige Brandstiftung – übrigens von Amts wegen. Die Mitteilung der Staatsanwaltschaft:

Die Staatsanwaltschaft Osnabrück führt von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren gegen bislang unbekannte Täter wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Brandstiftung auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle 91 in Meppen. Gegenstand des Ermittlungsverfahrens ist ein am 03.09.2018 durchgeführter Erprobungsversuch, infolgedessen es zur Entzündung erheblicher Teile der dortigen Moorfläche kam.
Bereits am 20.09.2018 hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück bei dem Amtsgericht Osnabrück den Antrag auf Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses für das Gelände der WTD 91 gestellt. Der Durchsuchungsbeschluss wurde antragsgemäß erlassen und am Morgen des 21.09.2018 vollstreckt. An der Durchsuchung waren insgesamt vier Polizeibeamte des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Lingen/Grafschaft Bentheim, sowie zwei Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft Osnabrück beteiligt. Die Maßnahme wurde in Kooperation mit dem Dienststellenleiter der WTD 91 durchgeführt und unterstützt.
Ziel der Durchsuchungsmaßnahmen war die Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern, Protokollen und weiteren Unterlagen, die Aufschluss über den genauen Hergang des Erprobungsversuches, etwaige Verstöße gegen brandschutzrechtliche Schutzvorschriften und die hieran beteiligten Personen geben können. Sämtliche von den Ermittlern geforderten Unterlagen wurden durch die Dienststellenleitung der WTD 91 freiwillig übergeben.
Die Auswertung der sichergestellten Gegenstände und Unterlagen dauert an.

• Das Transkript des obigen Audios aus der Bundespressekonferenz:

Frage: An das Verteidigungsministerium: Herr Flosdorff, der Brand, der durch die Bundeswehr in Niedersachsen ausgelöst wurde, ist jetzt außer Kontrolle geraten, Katastrophenalarm ist ausgelöst worden. Was ist denn da der momentane Stand, was wird vonseiten der Bundeswehr dort getan?

Zweite Frage: Gibt es Hinweise, dass es ziemlich fahrlässig war, dass die Bundeswehr dort bei dieser Trockenheit solche Raketentests macht, wo Leute noch nicht einmal grillen dürfen, und sich quasi fahrlässig darüber hinwegsetzt?

Flosdorff: Danke für die Frage. Ich möchte an dieser Stelle gerne sagen, dass dieser Moorbrand bei Meppen ein sehr ernstes Szenario ist. Gestern war auch Staatssekretär Hoofe zusammen mit dem niedersächsischen Innenminister vor Ort, um sich dort ein Bild von der Lage zu machen. Die Ministerin wird morgen vor Ort in Meppen sein und mit den örtlichen Verantwortlichen und den vielen Kräften sprechen, die bemüht sind, diesen Brand zu lösen.

Lassen Sie mich vorwegsagen: Auch das Verteidigungsministerium bedauert außerordentlich, dass es durch den Test auf dieser Versuchsanlage zu dem Brand gekommen ist. Uns ist sehr bewusst, dass das mit starken Beeinträchtigungen für die Bevölkerung in diesem Gebiet verbunden ist. Wir danken den Einsatzkräften vom THW und den freiwilligen Feuerwehren sowie den vielen anderen helfenden Händen, die dort unterwegs sind, sehr für ihren Einsatz. Wir werden auch weiterhin darauf angewiesen sein.

Uns ist auch sehr klar, dass diese Kräfte in der aktuellen Situation bis zum Äußersten beansprucht werden. Deswegen hat die Bundeswehr entschieden, dass weitere Kräfte vonseiten der Bundeswehr nachgeführt werden. Es sind Spezialpioniere in Marsch gesetzt worden, die seit gestern vor Ort sind und fragen, was noch gebraucht wird – das sind zum Beispiel Hochleistungspumpen, Pipelines, Verpflegung; alle Unterstützung, die man sich denken kann und die wir von anderen Notfällen auch kennen -, um den Helfern dort eine weitere Unterstützung zu bringen und die Arbeit zu erleichtern. Diese Hilfe ist unbefristet, auch in der Personenzahl. Was gebraucht wird, wird nachgeführt. Alle Depots der Bundeswehr sind angewiesen, das notwendige Material für die Unterstützung und die Brandbekämpfung bereitzustellen.

Überdies ist ein Bürgertelefon eingerichtet worden, das alle Fragen, auch was mögliche Gesundheitsgefahren angeht, beantworten kann. Es wird engmaschig gebrieft, morgens werden also die örtlich verantwortlichen Landräte und die Kommunalpolitiker über den jeweiligen Stand unterrichtet. Wir haben im Moment eine einigermaßen stabile Lage, aber die Wetterprognosen sind so, dass der Wind sich voraussichtlich verstärken wird, heute über den Tag und auch noch am Samstag. Deswegen – das ist auch mein Informationsstand – hat der Landkreis Emsland dort vorsorglich Katastrophenalarm ausgelöst. Das hat Hintergründe in der Wetterprognose, hat aber auch den Hintergrund, dass es durch diesen formalen Schritt deutlich leichter ist, Ressourcen zur Verfügung zu stellen, also Material, finanzielle Unterstützung und Manpower auch aus anderen Bereichen des Landes Niedersachsen heranzuführen.

Mit Blick auf Ihre zweite Frage möchte ich sagen, dass das eine sehr berechtigte Frage ist, der wir selbstverständlich intensiv nachgehen; auch das ist angewiesen und diese Untersuchungen sind auch schon angelaufen. Ich möchte aber dazusagen: Es handelt sich bei der Wehrtechnischen Dienststelle 91 um eine besondere Einrichtung. Das Gelände dieser Einrichtung ist ein 200 Quadratkilometer großes Gelände, und das ist das größte derartige Gelände in Westeuropa, auf dem man seit vielen Jahrzehnten Erfahrungen mit Munitionstests hat. Es gibt besondere Regeln, die dort gelten, es gibt besondere Löscheinrichtungen. Es gibt dort zum Beispiel acht geländegängige Fahrzeuge, die sich in diesem Gebiet bewegen können. Vor jedem Test, vor jedem Schießen findet dort eine Lagebesprechung statt, zu der auch eine Risikoabwägung gehört, bei der auch Brandschutzerwägungen immer eine Rolle spielen.

Es ist – in der Presse wurde das teilweise ein bisschen irreführend dargestellt – auch an dem Tag des entsprechenden Tests, am 3. September, so gewesen, dass wir ein intaktes Löschfahrzeug hatten, als man angefangen hatte zu schießen. Der erste Brand – es entstehen auf dem Gelände ständig Brände, das ist bei Munitionstests eine Sache, die einfach dazugehört – bei dem Test ist auch bei 600 Metern erfolgreich gelöscht worden. Auf dem Weg zu dem zweiten Brandnest bei 800 Metern gab es einen technischen Defekt bei dieser Löschraupe, und die anderen geländegängigen Fahrzeuge sind in diesem sehr speziellen Gelände dann nicht mehr bis zum Brandherd vorgedrungen. So konnte sich der Brand dort ausbreiten.

Natürlich muss man angesichts der besonderen Witterungslage, die wir diesen Sommer haben, die Frage stellen: War diese Risikoabwägung korrekt, sind alle Brandschutzbestimmungen eingehalten worden, hat man alle Faktoren bedacht, und wie dringend waren diese Tests im Kontext der Witterungsbedingungen? Dieser Frage geht man intensiv nach. Die Regeln, die dort gelten, sind aber nicht unbedingt vergleichbar – so reizvoll der Vergleich natürlich auch ist – mit den Regeln, die die Normalbevölkerung zu beachten hat. Das ist ein sehr spezielles Gelände, es sind sehr erfahrene Leute, es gibt dort Brandschutzvorkehrungen mit Gerät, das es sonst nirgendwo gibt, und mit besonderen Regelungen. Innerhalb dieser Regeln muss man schauen, ob dort alles richtig gelaufen ist. Das werden wir tun, und wir werden selbstverständlich auch die Öffentlichkeit darüber unterrichten.

Frage: Herr Flosdorff, trifft zu, dass das Land Niedersachsen von dem Brand und vor allem von seiner Ausbreitung erst durch die örtliche Feuerwehr erfuhr, als die das sozusagen nicht mehr im Griff hatte und um Unterstützung bat? Wäre es nicht Sache der Bundeswehr gewesen, rechtzeitig ihren eigenen Informationsstrang aufzubauen?

Flosdorff: Ich möchte nicht verhehlen, dass es berechtigte Fragen gibt und dass es auch Klagen über das Informationsverhalten in den ersten Wochen gibt. Es gab auch für das Ministerium die ersten Meldungen – – in der lokalen Presse, der regionalen Presse, war das ja durchaus vorhanden, seit dem 3. September ist ja schon einige Zeit vergangen. Wir sehen dort auch Verbesserungsbedarf hinsichtlich des Informationsverhaltens. Das ist jetzt abgestellt, das ist geändert; es gibt jetzt seit drei Tagen tägliche Unterrichtungen der Verantwortlichen zur Lage am Brandherd, zu den Hintergründen und auch zu den Luftmessungen. Wir messen Gas, wir messen die Feinstaubbelastung und wir stimmen uns sehr eng mit den Ämtern in Hannover, aber natürlich auch mit den lokalen Behörden ab. Das läuft jetzt deutlich besser. Die Frage ist aber vollkommen berechtigt und wir müssen uns da auch einen Schuh anziehen, was die Kritik angeht, insbesondere mit Blick darauf, was vorher auf der lokalen, der regionalen Ebene an Informationen gelaufen ist oder nicht gelaufen ist. Das war gestern auch Gegenstand der Gespräche, die der Staatssekretär vor Ort geführt hat. Jetzt sind aber alle Kontakte gemacht. Es gibt jetzt auch einen Infoflyer mit allen wichtigen Zahlen, Daten und Fakten – Brandfortschritte, Messdaten -, der täglich ausgegeben wird. Insofern denke ich, dass wir diese Klagen so schnell nicht mehr hören werden.

Zusatzfrage: Hat das, was Sie jetzt im Detail ausgeführt haben, auch den Charakter einer Entschuldigung der Ministerin oder des Ministeriums bei den von diesem Feuer und den Auswirkungen betroffenen Menschen?

Flosdorff: Ich habe gesagt: Die Belastungen für die Menschen in der Region sind enorm, das ist uns bewusst. Wenn es dort zu wenige Informationen gegeben hat – und es gibt viele Anzeichen dafür, dass man dort hätte besser agieren müssen -, dann ist es überhaupt kein Problem, das man sich dafür entschuldigt; das kann ich im Namen des Ministeriums gerne tun. Die Ministerin wird morgen vor Ort sein. Der Staatssekretär hat das gestern mit ähnlichen Worten, wie ich sie hier jetzt gewählt habe, auch bei den örtlich Verantwortlichen getan.

Jetzt geht es in erster Priorität darum, den Brand zu löschen; dem gilt der Einsatz aller Kräfte, die jetzt auch weiterhin dorthin nachgeführt werden. Das Zweite ist natürlich, dass wir die Öffentlichkeit, die Bevölkerung unterrichtet halten. Das Dritte ist, dass wir auch der Frage nachgehen müssen: Wie es zu dieser Situation kommen konnte, welche Vorschriften sind beachtet worden, wo sind Risikoeinschätzungen falsch gelaufen, was kann man auch für die Zukunft daraus lernen, gibt es vielleicht auch noch Vorschriften, die nicht klar genug sind, gibt es dort Regelungslücken? Wenn es solche Regelungslücken gibt, dann müssen wir da klare Regelungen treffen, die auch das Ermessen einschränken, damit es nicht mehr zu solchen Fehleinschätzungen kommen kann.

Petermann: Weil das THW angesprochen wurde: Das THW ist aktuell mit 530 Einsatzkräften vor Ort – in der Nacht waren es 700 -, die damit befasst sind, drei Löschwasserstrecken zu unterhalten und im Übrigen auch die Einsatzkräfte vor Ort zu versorgen.

Frage : Herr Flosdorff, es gibt sicherlich Menschen, die sich Sorgen machen, denn die Wehrtechnische Dienststelle 91 ist ja durch eine Einrichtung, bei der scharfe Munition gelagert wird – logischerweise, wenn sie getestet werden soll. Ist ausgeschlossen, dass dieser Moorbrand, der ja ein Stück von der eigentlichen WTD entfernt ist, in die Richtung der WTD übergreift? Oder sind Bestände, die dort in der WTD vorliegen, jetzt vorsichtshalber verlegt worden? Wie muss man sich das vorstellen? Wie viel Munition liegt dort noch herum? Müssen sich die Leute in Meppen und in Sögel Sorgen machen?

Flosdorff: Ich denke einmal, die Menschen außerhalb des Geländes der Wehrtechnischen Dienststelle müssen sich jetzt keine Sorgen wegen Munition, die auf dem Gelände ist, machen. Die Ausbreitung des Brandes – ich habe es gesagt: Das Gelände 200 Quadratkilometer groß und es gibt dort viele Brandherde – ist schon erheblich, aber es bewegt sich alles innerhalb des Rahmens dieses Geländes. Im Moment ist die Lage auch stabil. Ich kann nur sagen: Die Ausrufung des Katastrophenfalles ist eine sinnvolle, aber sehr vorsorgliche Maßnahme. Es gibt dort starke Winde, und falls die für das Wochenende angekündigten deutlichen Regenfälle vielleicht doch nicht kommen, ist es besser, wenn man dort vorbereitet ist und die nötigen organisatorischen Vorbereitungen getroffen hat, als dass man das dann aus der Bewegung heraus tun muss.

Es ist eine spezielle Dienststelle, es gibt dort Schutzvorkehrungen auch für die gelagerte Munition, die noch zu testen ist. Wir sehen im Moment keine Veranlassung, davon auszugehen, dass die Gebäude der Wehrtechnischen Dienststelle selber vom Brand betroffen sein könnten. Nichtsdestotrotz ist das ein Gelände, das seit dem vorvergangenen Jahrhundert von Militär genutzt wird; die Bundeswehr nutzt dieses Gelände seit 1957 für Munitionstests. Von daher ist das natürlich kein Gelände wie jedes andere. Insofern sind wir auch darauf angewiesen, dass dort mit Bedacht vorgegangen wird. Vor Ort sind auch 67 Bundeswehrfeuerwehren und die Spezialpioniere aktiv, und die wissen schon Bescheid, wie mit diesen Gefahren umzugehen ist.

Frage : Herr Flosdorff, ist das das erste Mal in der Bundeswehrgeschichte, dass durch Fehler, durch Handlungen der Bundeswehr Katastrophenalarm ausgelöst wird?

Herr Fichtner, wenn Moore brennen, ist das ja immer besonders schlimm, weil dadurch noch mehr CO2 freigesetzt wird; die Moore speichern ja CO2. Gibt es vonseiten der Bundesregierung schon Pläne für kompensierende Investitionen oder Maßnahmen, etwa wie andere Moore gefördert werden können oder so etwas Ähnliches?

Flosdorff: Zu Ihrer ersten Frage: Ich kann Ihnen nicht über die ganze Bundeswehrgeschichte Auskunft geben. Wir haben hier jetzt einen Fall, der bedauerlich genug ist. Da werden jetzt alle Kräfte darauf fokussiert, den Brand zu löschen. Ich denke einmal, es ist dann später auch noch Zeit, das aufzuarbeiten.

Zusatzfrage : Können Sie nachreichen, ob die Bundeswehr schon einmal selbst so einen Katastrophenalarm ausgelöst hat?

Flosdorff: Wenn ich auf eine Statistik stoße, dann werde ich sie Ihnen gerne weiterleiten.

Fichtner: Sie hatten auch mich angesprochen. Aus Umweltsicht ist dieser Moorbrand natürlich sehr besorgniserregend; es geht hier um wertvolle Ökosysteme und um einen hohen CO2-Ausstoß, das haben Sie richtig gesagt. Jetzt ist aber die Zeit für Katastrophenhilfe, für Löscharbeiten, und da wünschen wir allen, die daran beteiligt sind, erst einmal einen guten, schnellen Erfolg. Das ist jetzt die wichtigste Maßnahme.

Zhu Kompensationsmaßnahmen: Im Grunde ist natürlich die komplette Klimapolitik eine Kompensationsmaßnahme, weil es dabei darum geht, Treibhausgase zu vermindern. Moorschutz ist ein wichtiger Teil von Klimaschutzpolitik. Da findet auch schon Einiges statt, das habe ich jetzt aber nicht konkret vorrätig.

Frage : Herr Fichtner und vielleicht auch Herr Flosdorff, gibt es so etwas wie eigene Klimaschutzziele für die Bundesregierung und die entsprechenden nachgeordneten Bereiche? Ist es zum Beispiel so, dass die Bundeswehr, wenn sie dadurch jetzt CO2 freisetzt, das woanders wieder einsparen muss?

Flosdorff: Nicht im technischen Sinne, wie Sie das meinen, aber es gibt selbstverständlich auch Klimaschutzmaßnahmen und auch Umweltschutzmaßnahmen innerhalb des normalen Betriebes der Bundeswehr. Es gibt ganze Abteilungen und Bereiche, die bei uns dafür zuständig sind. Sie sehen das ja auch schon, wenn Sie in die Einsätze gehen; das geht bis hin zur Mülltrennung in umkämpften Einsatzgebieten. Die Bundeswehr legt darauf also sehr großen Wert. Was mit Blick auf den Klimaschutz speziell den Moorschutz angeht, so ist das jetzt aber keine eigene Domäne.

(Foto 1: Die Löschraupe der Bundeswehrfeuerwehr im Einsatz auf dem Gelände der WTD 91 während des Moorbrandes am 19. September – Bundeswehr/Marcus Rott; Foto 2: Drohnenaufnahme der Löscharbeiten am 14. September – Bundeswehr/WTD91; Foto 3: Drohnenaufnahme am 19. September – Bundeswehr/WTD91; Foto 4: Meßwagen der Bundeswehr am Ortsrand von Groß Stavern, zugleich am Rand des Bundeswehrgeländes – Bundeswehr/Marcus Rott)