Mehr Ausstattung für die Bündnisverteidigung: Bundeswehr legt Katalog ihrer Fähigkeiten fest (m. Nachträgen)
Die Bundeswehr soll im kommenden Jahrzehnt materiell deutlich besser ausgestattet und mit Schwerpunkt auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausgerichtet werden. Generalinspekteur Eberhard Zorn unterzeichnete jetzt das neue so genannte Fähigkeitsprofil der Bundeswehr: Nach den Vorgaben im Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr 2016 und der im August veröffentlichten Konzeption der Bundeswehr listet das Fähigkeitsprofil recht konkret auf, wie die Truppe in den kommenden Jahren ausgestattet und aufgestellt sein soll – bis zur Zahl der Heeresbrigaden oder schwimmenden Einheiten.
Auf das – sehr technisch gehaltene – Papier hat bereits der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Henning Otte, reagiert. Mit den Ausstattungsforderungen kommt nämlich auch die Debatte über die Ausgaben für die Bundeswehr erneut auf den Tisch: Es ist erforderlich, dafür die dringend benötigten Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Die Planungen gehen davon aus, dass wir uns bis 2023 auf einen jährlichen Finanzbedarf von etwa 60 Milliarden Euro hinbewegen müssen, erklärte Otte am (heutigen) Montag. Davon ist die mittelfristige Finanzplanung des Bundes, bislang bis zum Jahr 2022, noch recht weit entfernt.
Die in dem aktuellen Fähigkeitsprofil genannten Ziele bis zum Jahr 2031 kommen nicht durchweg überraschend – vieles davon war in jüngerer Vergangenheit immer wieder auch öffentlich genannt worden, zumal sie beim Kern Landes- und Bündnisverteidigung weitgehend den in der NATO vereinbarten deutschen Beiträgen zur gemeinsamen Verteidigung entsprechen.
Dabei legt die Forderungen an die künftige Aufstellung der Streitkräfte nicht in erster Linie die klassische Trennung nach Teilstreitkräften wie Heer, Luftwaffe und Marine und Organisationsbereichen wie Streitkräftebasis und Cyber- und Informationsraum zu Grunde: Zwölf so genannte Systemverbünde sollen die Aufgaben, auf die die Bundeswehr vorbereitet wird, für den Aufwuchs in den kommenden Jahren beschreiben.
[Die künftige Grundaufstellung der Bundeswehr] orientiert sich an den im Rahmen der kollektiven Bündnisverteidigung am Rande des Bündnisgebietes in Form einer Major Joint Operation plus erforderlichen Fähigkeiten sowie den hierzu zeitgleich zu erfüllenden nationalen Verpflichtungen.
Das bedeutet nicht nur grundsätzlich mehr und neues Material für die Bundeswehr, sondern in etlichen Bereichen die Beschaffung zusätzlichen Geräts auch über das bislang bereits geplante hinaus. So sind in der Übersicht für den Systemverbund Bündnisverteidigung Land bis 2018 (KORREKTUR) 2031 zahlreiche neue eichte Unterstützungshubschrauber (Light Utility Helicopter, LUH) in der Rolle Light Attack zusätzlich zu den Tiger-Kampfhubschraubern vorgesehen. Natürlich setzt die Bundeswehr auch darauf, dass die bereits vorgesehenen größeren Beschaffungen wie das Mehrzweckkampfschiff 180 (MKS180), das Taktische Luftverteidigungssystem (TLVS) oder der künftige schwere Transporthubschrauber ebenfalls wie geplant beschafft werden.
Die Konzeption für den Beitrag zu dem Systemverbund Bündnisverteidigung Land sieht dann so aus: Die Bundeswehr stellt den Rahmen für einen multionationalen Korpsstab und wesentliche Teile von zwei weiteren multionationalen Korpsstäben. Drei Divisionsstäbe sollen zunächst acht aktive Brigaden führen, zusammen mit Verbündeten sollen es bis zu 15 multinationale mechanisierte Brigaden sein. Nach 2032, so die Planung, könnte die Zahl der deutschen Brigaden auf zehn steigen. An diesem Systemverbund sind auch Luftwaffe (insbesondere mit mittleren oder schweren Transporthubschraubern), die Streitkräftebasis, der Sanitätsdienst und das Kommando Cyber- und Informationsraum beteiligt.
Der entsprechende Systemverbund Luft sieht die Bereitstellung von vier so genannten Air Task Forces vor. Gemeinsam mit Verbündeten soll die Luftüberlegenheit über Einsatzgebieten erzwungen werden können, auch bei Bemühungen des Gegners um eine so genannte Anti Access/Area Denial-Fähigkeit. Dabei sollen gleichzeitig die Lufthoheit über Deutschland, die deutsche Nukleare Teilhabe und ein Beitrag zur integrierten NATO-Luftverteidigung gewährleistet bleiben.
Zur See sieht das Fähigkeitsprofil langfristig die zeitgleiche Bereitstellung von mindestens 15 hochseefähigen Kampf- und Unterstützungseinheiten zum Wirken in allen „Maritime Warfare Areas“ (3-dimensionaler Seekrieg) vor – einschließlich Befähigung zur Randmeerkriegführung, Unterwasserseekriegführung und U-Boot-Bekämpfung, konventionelle U-Boot-Operationen, Seeminenabwehr und -einsatz, Überwasserseekriegführung mit maritimer Luftverteidigung und Abwehr ballistischer Raketen.
Dabei, das macht die aufgeführte Liste der Nationalen Prioritäten für die Fähigkeitsentwicklung deutlich, müssen zum Teil schon lange aufgegebene Fähigkeiten neu erlernt und aufgebaut werden: Wiedergewinn der Fähigkeit zur Seekriegsführung aus der Luft ist als eine solche Priorität die offensichtliche Kehrtwende nach dem vor mehr als einem Jahrzehnt vollzogenen Schritt, die darauf spezialisierten Marinefliegergeschwader außer Dienst zu stellen.
Weitere im Fähigkeitsprofil aufgeführte Systemverbünde sind unter anderem der Cyber- und Informationsraum, die Spezialkräfte, der Weltraum und zum Beispiel etwas, was recht allgemein Unterstützung heißt – aber auch massive Anstrengungen erfordern dürfte: 10 Logistikbataillone, 1 Bataillon für Reception, Staging and Onward Movement (RSOM), ABC-Abwehr-, Feldjäger- und Spezialpionierkräfte sowie querschnittliche IT- und Geolnfo-Unterstützung, sanitätsdienstliche Leistungen und Leistungen der Wehrverwaltung.
Auch wenn die Landes- und Bündnisverteidigung auch in Ausstattung und Organisation (wieder) die Kernaufgabe der Streitkräfte wird: Auslandseinsätze, im Bundeswehr-Sprech Internationales Krisenmanagement, wird es auch weiterhin geben. Dafür sieht das Fähigkeitsprofil so genannte Missionspakete vor – mit dem Hinweis, dass auch in der NATO die Aufgaben von kollektiver Verteidigung und internationalen Einsätzen zur Krisenbewältigung zwar gleichrangig gesehen werden, aber kaum gleichzeitig stattfinden werden.
Allerdings machte schon CDU-Mann Otte darauf aufmerksam, dass die Planungen für die Streitkräfte in den kommenden mehr als zehn Jahren nicht nur ein finanzieller Kraftakt sein dürften: Wichtig ist, dass die Beschaffungsstrukturen so optimiert werden, dass die Modernisierung und Aufstockung des Materials und der Strukturen auch gelingt.
Nachtrag: Es gibt inzwischen zu dem neuen Fähigkeitsprofil diverse Berichte; aus bekannten Gründen nur der Link zu tagesschau.de:
Neue Struktur der Bundeswehr: Zurück zur Kernaufgabe
Nachtrag 4. August: Beim Besuch der Marineoperationsschule in Bremerhaven hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen das neue Fähigkeitsprofil erstmals öffentlich eingeordnet: Das ist ein großer Modernisierungsplan. Aus ihrem Statement:
… und noch mal bei der Marinetechnikschule in Parow:
Verteidigungsministerin von der Leyen zum Fähigkeitsprofil der #Bundeswehr bei Besuch bei der Marine in #Parow pic.twitter.com/2T2m8sLOQC
— Christian Thiels (@ThielsChristian) September 4, 2018
Jetzt auch eine Erläuterung auf der Webseite des Verteidigungsministeriums (nicht gar so detailliert):
Neues Fähigkeitsprofil komplettiert Konzept zur Modernisierung der Bundeswehr
(Archivbild: Vorführung mit Hubschrauber NH90 beim Transporthubschrauberregiment 30 in Niederstetten während des Besuchs der Verteidigungsministerin am 20.08.2018 – Bundeswehr/Martin Stollberg)
In der Presse am Morgen wurde ich darauf aufmerksam, dass offenbar der GI gesagt hat, um die beschlossenen Fähigkeiten zu erreichen, brauche es besser ausgebildetes Personal.
Ich frage mich, ob er damit die Truppe oder Führung und Verwaltung meint.
Ein Hinweis könnte nach meinem Verständnis die Planung von Air Task Forces geben. Diese sollten als Strukturelemente in dem Fähigkeitsprofil nicht vorkommen, da die Eigentümlichkeit einer Task Force ist, dass sie auf einen bestimmten Auftrag bezogen temporär zusammengestellt wird.
Wer jetzt sagt, dass sind nur Begriffe, das verwenden wir jetzt so, sollte wissen, dass in der Rüstung Verfügbarkeit von Wehrmaterial gefordert wird. Verfügbarkeit könnte sein, ist aber nicht nur ein Begriff, den wir so verwenden. Es sind verschiedene Formen von Verfügbarkeit definiert, man muss 3 davon fordern, um präzise zu sein, sonst steht das neue Wehrmaterial eben „verfügbar“ in Fristenarbeiten. Da fehlte dem Beschaffer dann die Ausbildung, was Verfügbarkeit ist.
[Die genannte Aussage des GI kann ich aktuell so nicht finden? T.W.]
Nachdem ich den Foliensatz gesehen habe:
Luftwaffe zukünftig multinational, Landstreitkräfte national? (Deu/NL Korps, Deu/Pol Brig)
Die Qualität des Fähigkeitsprofils scheint mir, an solchen Unstimmigkeiten gemessen, schlecht. Eine TSK beschreibt Struktur, die andere multinationale Zusammenarbeit und der GI kann es nicht vereinheitlichen?
Offenbar ein Fehler meinerseits: nicht GI, sondern VM’in bei Besuch der MOS.
@ Escrimador
Diese Frage zur Luftwaffe hatte ich auch gestellt, bisher konnte sie mir niemand beantworten.
Der Foliensatz ist da auch eher sparsam mit Erklärungen.
Für mich klingt es aber so, daß die Luftwaffe ein Teil einer neuen europäischen Luftwaffe werden wird. Vielleicht werden wir schrittweise weitere Geschwader wie das deutsch-französische Hercules-Geschwader auf dem Weg dorthin sehen.
@Escrimador
das war mir auch direkt ins Auge gesprungen… als „NATIONALE Ambition“ dann 4 MULTInationale Airgroups auszuweisen, ist wirklich interessant.. leider geht aus dem Foliensatz (oder ich habe es nur noch nicht gefunden) nicht hervor, wie der nationale Anteil in Art, Umfang, Größenordnung zugeschnitten sein soll und was man als multinationale Befüllung von anderen erwartet… spannend!
Und bei der Marine legt man sich bis ins Detail im „Fähigkeitsprofil“ auf die Anzahl der Schiffe und U-Boote fest….
Ein einheitlicher Guss sieht anders aus.
Richtig. Aber vielleicht zeigt das auch das Standing der einzelnen TSK im Ministerium. Ich würde aber darauf wetten, dass das im Fähigkeiten Katalog bestimmt en Detail beschrieben wird. Anderen News Seiten konnte man ja schon Details zur Feinausplanung zB beim Heer entnehmen, wonach dieses ein zweites Los über 180 SPz PUMA erhalten soll etc.
Gibt es Informationen, was die zukünftige Ausstattung der Brigaden mit Artilleriewaffensystemen angeht?
Zum Thema – Beitrag der Luftwaffe und multi-national Air Groups:
Aufschluss zum Thema gibt das Papier. Luftwaffe / Level of Ambition:
Da wird nach jeweiligem sicherheitspol. Aggregatzustand klar erklärt was die LW zu leisten fähig sein soll.
Nukleare Teilhabe. Wenn ich so einen manipulativen Politikersprech schon höre. Das ist die Verteilung amerikanischer Atomwaffen, ausshcließlich zum eigenen Nutzen, auf andere Länder, damit sie nicht so schnell getroffen werden. Was die anderen Länder, wie Duetschland, zu primären Angriffszielen macht. Merkel weiß das. Nennt es nicht mehr Teilhabe sondern Bündnisverpflichtung.
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung. Was allerdings auffällt, bei Ihrem bisher ersten Kommentar hier, ist die Verengung einer seit Jahrzehnten von Politikern verschiedener Parteien mitgetragenen Politik auf eine einzelne Person. Die Absicht ist erkennbar und hier nicht Stil der Debatte. T.w.]
@Klaus Günzel:
da das Papier selbst nicht zugänglich ist, müssen wir mit dem arbeiten, was veröffentlicht ist. Da fällt schon die mal nationale, mal multinationale Ausrichtung der TSK auf.
Natürlich ist auch das Heer multinational eingebunden.
Ich kenne die Aggregatzustände fest, flüssig und gasförmig. Dann muss die Lw laufen/fahren, schwimmen und fliegen können. ;-)
25 Kriegsschiffe? Heißt das dann, dass man doch 8 statt zuletzt 4 F126/MKS180 beschaffen wird?
bzgl Stückzahlen ist denke ich mal fast alles Spekulation… das wird jetzt wohl nach und nach aufbereitet… ein paar Dinge sind an der einen oder anderen Stelle wohl schon tendenziell durchgesickert
ein 2. Los PUMA wird wohl aus 220 Fahrzeugen bestehen und die KWS Maßnahmen (MELLS Integration, MG5, Update Optiken, usw.) der 41 Pumas für die VJTF 2023 berücksichtigen…
es werden wohl weitere Boxer in unterschiedlichen Varianten zulaufen… weitere Gruppenfahrzeuge, IFV (für Jäger), AGM (für die Artillerie als Ergänzung zu den PZH2000), vermutlich auch als SHORAD… ich denke hier wird man schnell zusammen auf >300 Fahrzeuge zusätzlich kommen
STH wird kommen 40-60 Maschinen (CH53K oder CH47F Block2)
weitere H145M in unterschiedlichen Varianten (LUH, SAR, ….) werden zulaufen… ich denke mal 30 mit HForce Paket werden es dann schon sein… insgesamt Richtung 60 Maschinen.., Hier gibt es in der aktuellen ESuT einen Bericht… das man mit H145M sehr zufrieden ist (Verfügbarkeit >98%) und wohl auch schon die HForce Pakete näher betrachtet und für sinnvoll befunden hat…die allgemeine Variabilität und der schnelle Umbau zwischen Missionen ist halt schon extrem gut… ballistische Panzerung für Cockpit und Crew und selbstdichtende Tanks gegen ballistische Waffen gibt es auch…
außerdem kann der H145M auch für maritime Operationen umgerüstet werden (spezieller Anstrich und 2 Rotorblätter einklappbar)
wichtig ist hier aber auch dass die vorhandenen Tiger und NH90 endlich einen finalen Baustand bekommen und alle auf diesen angehoben werden… außerdem Ersatzteile und Wartung für hohe Verfügbarkeit optimieren…und weitere Updates einplanen (Tiger Mk2/3)… ggf können ja von den 68 beschafften deutschen Tiger noch ein paar weitere Tiger auf ASGARD hochgerüstet und aktiv genutzt werden… so das man 48-60 Maschinen statt nur 40 nutzt…
bei den Schiffen denke ich dass vielleicht sogar ein 3.Los K130 angedacht sein könnte… um auf die 25 KampfSchiffe zu kommen… alternativ zusätzliche MKS180/F126
die Luftwaffe wird sich damit beschäftigen die A400M weiter voran zu bringen (läuft ja aktuell ganz gut)… Beschaffung zieht sich wohl bis 2026
die C130 zu beschaffen und den gemischten Verband mit Frankreich einsatzklar zu machen
die Eurofighter upzugraden (bitte mal nach UK schauen und anschließen)
einen Ersatz für Tornado zeitnah auszuwählen (Tendenz Tranche 4 Eurofighter)
die Entwicklung des Eurofighter Nachfolgers mit Frankreich zu forcieren
endlich eine Lösung für TLVS zu finden und zu beschaffen!
Wenn man wirklich den Anspruch an eine umfassende Bündnissverteidigung hat, kann ich nur sagen: Bitte keine weiteren Korvetten K130. Die Korvettenklasse ist zu teuer und bindet für ihre „Fähigkeiten“ zuviele Ressourcen, sprich Personal. Die Bewaffnung ist in Qualität und Quantität ein Witz (ganze 4 RBS15 LFK pro Schiff, kein Boardhubschrauber, zu geringe Standzeit auf See, keine Fähigkeit zur ASW…). Noch schlimmer aber ist die „Anti-Piraten“- Fregatte Klasse F125. M.M.n. gehören beide Schiffstypen abgelöst und nicht ergänzt. Logisch wäre hier ein zweites Los MKS180 und/oder eine Teilnahme am belgisch-niederländischen Fregattenprogramm.
@obbiber
Eine Tolle Zusammenstellung! Ich habe aber etwas davon gelesen das man keine weitere 200 Puma kaufen will sondern das man den Marder dafür aufrüsten will und diesen dann noch weiter nutzen will.
Interessieren würde mich auch ob jemand auch die Boxer Luftabwehr mit dem System System beschaffen will.
《Die Grundaufstellung der Bundeswehr enthält dabei Fähigkeiten, Kräfte und Mittel für
folgende Aufgaben:
• Landes- und Bündnisverteidigung im Rahmen der NATO und gemäß
den Vorgaben der EU,
• Cybersicherheit/-verteidigung
• nationales Risiko- und Krisenmanagement,
• Heimatschutz und „Host Nation Support“ sowie,
• Basis Inland.
Diese Aufgaben sind jederzeit und gleichzeitig wahrzunehmen》
Zumindest die letztgenannten drei Aufgaben erfordern: Der Bereich Nationale/Territoriale Aufgaben wird an Bedeutung zunehmen und parallel personell aufwachsen müssen. Beim Aufwuchs gilt, auch das obere Leistungsdrittel hat territorial zu dienen, selbst wenn es dort Truppe nicht zu führen gibt. Insbesondere das neue Ulmer Kdo wird darauf Wert legen.
Selten so eine hochspekulative und z.T. sehr detailverliebte Diskussion zu einem Grundsatzpapier gelesen. Manche Kommentatoren tun so, als würde alles, was in dem Fähigkeitsprofil steht, festgeschrieben sein und so kommen. Das ist Tagträumerei.
Die politische Lage und Stimmung ist nicht so, das eine Steigerung der finanziellen Ausstattung der Bundeswehr in dieser Höhe ein Selbstläufer wäre. Und das ist wohl der entscheidende Faktor.
Dazu kommt, dass die Umsetzung unter den gegebenen Umständen nicht funktionieren wird. Das beste Beispiel sind doch die hochgelobten Trendwenden Personal und Material, die beide nur unzulänglich oder gar nicht funktionieren.
Ohne den unabdingbaren Willen der Politik, den Ausbau der Bundeswehr zu priorisieren, bleibt das Fähigkeitsprofil ein reiner Papiertiger. Und das fängt schon bei der Beschleunigung von Beschaffungen an, in dem man die gesetzlichen Voraussetzungen dafür schafft.
@ Pio-Fritz
Aber sowas von „Treffer! Versenkt!“ !!! Alle vier Ihrer Punkte kann ich nur voll unterschreiben – bislang ist das nicht mehr als ein Wunschzettel an den Weihnachtsmann … und der ist, wie bekannt, äußerst knauserig was Y-Tours angeht. Zumal der ganze politische Knatsch um das Thema herum bislang eher banal geblieben ist. Sollten CDU und CSU darauf beharren dann knallt es im Berliner Regierungsviertel. Aber so richtig.
Ist eigentlich mit Blick auf den langen Planungszeitraum noch ein Mal irgendetwas Richtung eigener Joint Support Ships zu vernehmen? Und wurde die vage Idee einer Boxer-basierten Eingreif-Brigade (welche sich dann bspw. auch auf einem JSS verschiffen ließe) aufgegriffen?
@csThor und Bio-Fritz
Im Prinzip stimme ich ihnen zu, allerdings glaube ich nicht das der GI sich mit den anderen Inspektoren ins Kämmerlein verzieht und dann fragt: „Was braucht Ihr?“
Also es gab ein Weißbuch da steht drin was die Bundesregierung glaubt wie die Gefahren in den nächsten Jahrzehnten aussehen und der GI schreibt jetzt passend dazu was er braucht.
Jetzt kann die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen natürlich sagen, was interessiert uns das Geschwätz von gestern und es nicht entsprechend zu finanzieren.
Die Konsequenz daraus ist halt dann, wir können die Flugbereitschaft der BW einsparen, weil kein Regierungsmitglied mehr auf ein internationales Treffen fliegen braucht, da sie eh nichts beizutragen haben.
@Pio-Fritz und csThor
Natürlich ist das nur ein Wunschzettel, aber der Wünschende hat es so ernst gemeint, dass er ihn abgegeben hat.
Der eine oder andere wundert sich nun über die konkreten Wünsche und Ideen- ich auch.
ähem.
Sehr viel heisse Luft, denn in meinen Augen ist dies hier der Schlüsselsatz:
„Die bereits im aktuellen Dokument angelegten Zwischenschritte 2027 und 2031 werden im Rahmen jährlicher Fortschreibungen konkretisiert.“
Mehr Geld gibt es also erstmal nicht, und wie schon ein paar der Vorredner richtigerweise schrieben:
Die Grosswetterlage ist nicht so, als dass nennenswerte politisch relevante Gruppen dafür kämpfen werden, dass das für die hehren Absichten notwendige Kleingeld auch tatsächlich fliesst.
Von Strukturreformen (die xsten …), die der Laden bräuchte, um all das notwendige Gerät zu bestellen, bekommen, in Schuss zu halten spricht auch niemand, so weit ich das aus der Ferne hören kann.
Aber hübsche Powerpoints, und eine richtig fesche Bebilderung der verlinkten Homepage ….
Sorry für meinen Realismus.
@ Wallenstein
Zu den Vorläufigen konzeptionellen Vorgaben für das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr hatte sich Generalleutnant Bühler mal in der FAZ geäußert.
Dort heißt es: Die Bundesregierung habe die Nato-Forderung akzeptiert bis 2035 zwei weitere Versorgungs- und Kommandoschiffe (Joint Logistics and Command Ship) in Kooperation mit europäischen Nato-Partnern (vermutlich Niederlande!?) zu beschaffen.
Ist dann etwas in die Richtung eigener JSS.
Allgemein:
Auch sollen die F123 Fregatten Ende des nächsten Jahrzehnts ersetzt werden.
Und, 10 – K130, 4 – F125, 3 – F124, geplante 6 – MKS180, plus die 2 bis 4 – F123 (wenn sie noch alle in Dienst sind) sind dann 27 Kampfschiffe oder halt 25.
@Thomas Becker
Da die Bundesregierung der NATO meldete man werde bis 2024 die 1,5% im Verteidigungshaushalt erreichen, stehen mit CDU, SPD und Kanzlerin durchaus „politische relevante“ Kräfte dahinter. Auch darf man nicht unterschätzen das im Verhältnis zu den USA, Russland und den europäischen Nachbarn in den letzten Jahren einiges in Bewegung geraten ist, dass eine sicherheitpolitische Veränderung der deutschen Position hin zu einer stärkeren Bundeswehr begünstigt.
@ ede144
Das Weißbuch ist eine reine Alibiveranstaltung zur Bespaßung der ThinkTank Szene und sonstiger „Experten“. Solange ich zurückdenken kann hat kein einziges Weißbuch jemals irgendeine Relevanz für den deutschen Politikbetrieb bei sicherheitspolitischen Entscheidungen gehabt. Im Gegenteil: Es gab immer nur zwei Variablen (mit wechselnden Gewichtungen). Nämlich heimische Befindlichkeiten bzw die öffentliche Meinung und internationale Begehrlichkeiten (gern als „Bündnissolidarität“ umschrieben).
Das Weißbuch ist und bleibt der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Konservativen und der SPD und ist damit so generisch und verallgemeinert, daß man sich den Prozeß, den Aufwand und die Kosten hätte schenken können. Daher messe ich diesem Pamphlet nicht einen Funken Bedeutung zu.
Grundlegend gesprochen (auch an @Escrimador):
Die politische und gesellschaftliche Grundsatzdebatte zu dem Thema hat nicht stattgefunden und, wie Thomas Becker und Pio-Fritz schon ganz richtig geschrieben haben, gibt es weder den gesellschaftlichen Willen zu Aufbau, Unterhalt und Weiterentwicklung militärischer Macht hierzulande noch den politischen Willen dies umzusetzen oder diese auch mal (Gott bewahre!) einsetzen zu müssen. Wir stecken seit fast 30 Jahren in der selben sicherheits- und verteidigungspolitischen Endlosschleife, weil die Politik es nicht wagt mit der Gesellschaft ins Gespräch zu kommen was das Thema angeht. Daher bin ich sicher, daß das Ganze hier wieder nach einer Scheindebatte im Sande verlaufen wird. Und zwar spätestens wenn das nächste „Problem“ bzw das nächste „Skandälchen“ den Blätterwald zum Rauschen bringt.
Die erstaunlich präzise Angabe von 25 Kampfschiffen und 8 U-Booten legt nahe, dass man sich hier recht sicher ist und einfach aus dem Vorhandenen extrapoliert. Zwar müssten die ersten 212er bis dahin schon langsam ersetzt werden, aber 8 entspricht einfach der aktuellen Zahl plus 2 aus Los 2. Aber 25? Mit den aktuell vorhandenen und geplanten Eineiten komme ich auf 21-23. Irgendeine Ahnung was da für Überlegungen drin stecken? So entsetzlich lange ist das ja auch nicht mehr hin. 13 Jahre. Ließe sich eigentlich nur mit mehr MKS 180 erreichen, für eine F124-Nachfolge reicht die Zeit nicht.
Da es hier einige bewegt und ich in Kommentaren und via Mails darauf hingewiesen werde: Der Donaukurier zitiert in seiner heutigen Ausgabe (Link aus bekannten Gründen nicht) den CSU-Abgeordneten Reinhard Brandl und den IG-Metall-Bevollmächtigten Bernhard Stiedl mit der Aussage, es sei bereits fest die Beschaffung von 33 neuen Eurofightern geplant, um die Maschinen der Tranche 1 zu ersetzen.
Ich suche mal nach was Handfestem zur Bestätigung, so weit ich das sehe, ist das bislang in den geplanten 25-Mio-Vorlagen für dieses und nächstes Jahr nicht enthalten. Und die Aussage, es sei zu erwarten, dass „die Bundesverteidigungsministerin die Beschaffung in den kommenden Wochen genehmigt“, geht etwas an der Realität von Beschaffungsverfahren und parlamentarischer Billigung vorbei.
Ehe also die neuen Flugzeuge schon hier gedanklich eingeplant werden, wüsste ich es etwas konkreter und belastbarer.
@TW: .. Reinhard Brandl CSU-Direktmandat Wahlkreis Ingolstadt.. Bernhard Stiedl – IG Metall Ingolstadt … wie“wenige“ Kilometer ist Manching doch gleich nochmal von Ingolstadt entfernt? Man könnte ja fast glauben, in 4 Wochen wäre Landtagswahl in Bayern…. /sarc
@ T.Wiegold | 07. September 2018 – 16:34
Das Volumen pass in keine 25Mio-Vorlage. Das sind locker 2.5Mrd, wenn das man reicht…
@MikeMolto | 07. September 2018 – 20:02
„Das Volumen pass in keine 25Mio-Vorlage. Das sind locker 2.5Mrd, wenn das man reicht…“
Das hatten wir hier doch schon mehrfach…
Eine „25Mio Vorlage“ ist ein spezielles Verfahren der abschließenden Bewilligung von HHM durch den BT im Bereich des EP14 welches für ALLE Vorlagen über 25 Mio gilt. Egal wie viel über 25 Mio…
[Mir scheint, das weiß der Verfasser des Kommentars schon… T.W.]
der vorgestellte Haushalt heute sieht für für 2019 für den EPL14 insgesamt 42,9 Mrd € vor… also wie in den letzten Wochen bereits angekündigt…außerdem die Möglichkeit 500 Mio nicht genutzter Mittel aus dem Vorjahr zu übernehmen… also wie bereits bekannt… die Fortschreibungen bis 2022 finde ich aktuell nur für den Gesamthaushalt (sehr moderat mit 1,7-1,8% Wachstum)…leider nicht beim Einzelplan14
vielleicht ergibt sich hier ja noch weiteres Steigerungspotential wenn die Einnahmen doch wieder weiter deutlich wachsen…
zum Thema Tornado Nachfolge berichtet Reuters
„German ministry seeks data on quicker fighter jet deliveries“
„The German military has asked potential bidders in a high-stakes competition to replace its ageing Tornado fighter jets about accelerating deliveries of new warplanes before an initial target date of 2025, sources familiar with the matter said. “
hier scheint man es wohl eilig zu haben
es werden wohl unterschiedliche Lösungen betrachtet…
interessant diese recht konkreten Zahlen:
„POSSIBLE SPLIT BUY?
One proposal calls for Germany to buy 40-45 Lockheed F-35 jets to replace those Tornados that can carry nuclear bombs, and about 75 new Eurofighters to replace both the other Tornados and a first batch of Eurofighters delivered between 2003 and 2008.
Buying F-35s would allow Germany to keep a mixed fleet of fighter jets, a key requirement in its military strategy, while averting costly and time-consuming modifications to the process of certifying the Eurofighter to carry nuclear bombs.“
an sich vermutlich die beste Lösung… man hätte dann 185 moderne Eurofighter und 40-45 F35… jedoch wird das ziemlich teuer… ich schätze mal 15 -20 Mrd kämen da schon zusammen… das Geld wird an anderen Stellen vermutlich dringender benötigt…
[Man könnte die Story ja einfach verlinken…
https://www.compuserve.com/pf/story/0002/20180911/KCN1LR24V_1
Allerdings: ziemlich viel Spekulation, oder? T.W.]