Neues NATO JSEC in Ulm: Sag‘ nicht Logistikkommando

Die NATO-Verteidigungsminister haben am (gestrigen) Donnerstag in Brüssel, wie erwartet, die Aufstellung von zwei neuen Kommandos der Allianz beschlossen. Ein neues Joint Force Command in Norfolk im US-Bundesstaat Virgina soll im Krisen- und Kriegsfall den Nachschub an Truppen und Material über den Atlantik organisieren; in Europa gibt es für diese Organisation ein neues Joint Support Enabling Command (JSEC), das die Bundeswehr in Ulm aufbauen wird.

Nun habe ich, wie die meisten Kollegen, dieses neue Kommando in Ulm schlicht als Logistikkommando bezeichnet, weil es ein griffiger Begriff ist – aber das JSEC soll weit mehr als das sein: Kernaufgaben: Schutz, Logistik, militärische Mobilität und weitere unterstützende Aufgaben, hatte die Streitkräftebasis, der zuständige Organisationsbereich der Bundeswehr, exemplarisch genannt.

Der Aufbau des neuen Kommandos in Deutschland wird im Juli beginnen, und erst mal wird es an das bereits bestehende Multinationale Kommando Operative Führung in Ulm angeflanscht und kann auf dessen Ressourcen zurückgreifens. Eine Anfangsbefähigung ist für das vierte Quartal kommenden Jahres vorgesehen. Das multinational besetzte JSEC soll bis 2021 die volle Einsatzbereitschaft erreichen; im Friedensbetrieb sind rund 100 Dienstposten vorgesehen, die im Krisenfall auf rund 500 aufwachsen können.

Von der Streitkräftebasis heißt es dazu:

Das Kommandozentrum wird bei Aktivierung im Bündnisfall für Truppen- und Materialtransporte innerhalb Europas zuständig sein und ihren Schutz koordinieren. Bereits auf dem Weg in das Einsatzgebiet und deutlich im Voraus können Planungen zentralisiert und die Aufgaben zum Schutz harmonisiert werden. Die Verantwortung erstreckt sich auf den Verantwortungsbereich des SACEURs und reicht von Grönland bis nach Afrika, Europa und dessen Randmeere.
Nach derzeitigen Vorgaben der NATO wird das JSEC nur in einer krisenhaften Entwicklung hin zu einer drohenden Auseinandersetzung mit einem ebenbürtigen Gegner aktiviert. Dieser Vorgang wird auch als „Maximum Level of Effort“ der NATO (MLE) bezeichnet. Um optimal bei einer Aktivierung agieren zu können, sind bereits zuvor Aufgaben im Frieden zu erfüllen.

Nun bleiben noch etliche Details offen: die Verteilung bzw. Beteiligung der verschiedenen NATO-Mitglieder am JSEC muss erst noch vereinbart werden; und davon dürfte auch abhängen, wer der Kommandeur wird (obwohl die Anbindung an das Multinationale Kommando Operative Führung da schon gewisse Schlüsse nahelegt).

Bei einem weiteren Beschluss der NATO-Verteidigungsminister sind die Auswirkungen weit unklarer: Wie bereits bekannt und von den USA vorangetrieben, soll der Bereitschaftsstand der Truppen in den Mitgliedsländern deutlich erhöht werden; eine so genannte Readiness Initiative. NATO-Generalsekretär Stoltenberg sagte dazu:

Ministers also agreed a NATO Readiness Initiative, the so-called ‘Four Thirties’. This is not about new forces. But about increasing the readiness of the forces our nations already have.
Today, Allies committed, by 2020, to having 30 mechanised battalions, 30 air squadrons and 30 combat vessels, ready to use within 30 days or less. This shows our determination to instill a culture of readiness across the Alliance.

Da werden natürlich die Details interessant: Bis 2020, das sind noch knapp zwei Jahre, sollen die genannten Truppen in einer 30-Tage-Bereitschaft verfügbar sein. Was ich – und andere wohl auch – gerne wüsste: Wie viele dieser mechanisierten Bataillone, wie viele Staffeln und wie viele Kriegsschiffe soll dabei Deutschland als einer der großen Partner in der Allianz in dieser 30-Tage-Bereitschaft stellen? Und, pardon, was wird der Plan, das auch durchzuziehen?

Denn wenn ich die Inititative dahinter richtig verstehe: Die bereits in einem hohen Bereitschaftsstand stehenden Verbände für die VJTF, die NRF oder eFP zählen da nicht mit. Es geht um zusätzliches Personal und Material.

(Archivbild 2007: Luftaufnahme der Wilhelmsburg-Kaserne in Ulm – Foto Multionationales Kommando Operative Führung)