Bundeswehr & re:publica – Fake News vom Soldatensender?
Die Aktion der Bundeswehr anlässlich der Internet-Konferenz re:publica hat hier und weiterhin in etlichen Diskussionen auf Facebook und Twitter die Wogen hochschlagen lassen. Am Rande dieser Debatte – und zwar dadurch ausgelöst, aber weit darüber hinaus gehend – stellt sich inzwischen die Frage, ob ein offizieller Social-Media-Kanal des Verteidigungsministeriums mit einer Falschmeldung die Debatte im Sinne des Ministeriums angeheizt hat.
Es geht um den oben abgebildeten Post des Bundeswehr-Betreuungssenders Radio Andernach auf dessen Facebook-Seite am 2. Mai, dem Tag der Aktion. Darin erklärt die Redaktion:
Zutritt verweigert. Unsere Hauptstadtkorrespondentin, Hauptmann Janika Papke, wollte heute eigentlich von der re:publica 2018 aus Berlin berichten.Sie stand jedoch vor verschlossenen Türen. Begründung: Kein Zutritt in Uniform.
Diese Aussage hielt die Redaktion von Radio Andernach eine Woche aufrecht. Am 9. Mai ergänzten die Veranstalter der re:publica ihre Chronologie des Vorfalls um diese Information:
Es liegt uns keine Presse-Anfrage von Janika Papke oder Radio Andernach vor. Weder Janika Papke noch Radio Andernach tauchen in der Liste der rund 800 im Vorfeld akkreditierten Journalistinnen und Journalisten auf. Nicht bei der re:publica, nicht bei der Media Convention. Am Mittwoch gab es keine nachträglichen Ad-hoc-Presseakkreditierungen.
Es gab im Vorfeld der rp18 keine Direktive „Kein Zutritt in Uniform“ an unser Team, auch nicht an die betreuende Security-Firma, in den Meetings mit der Security-Firma waren Uniformen überhaupt kein Thema.
Erst nach dieser Mitteilung der Veranstalter und auf die Nachfrage, ob die Redaktion bei ihrer Darstellung bleibe, reagierte Radio Andernach – in den Kommentaren zum ursprünglichen Posting. Dabei wurde die ursprüngliche Aussage aber nicht korrigiert, es war lediglich die Rede von möglichen Missverständnissen:
Wiederum zwei Tage später, am (heutigen) 11. Mai, veröffentlichte Radio Andernach ein gesondertes Posting, das aus Sicht der Redaktion einer Klarstellung dienen sollte:
Ungeachtet der ausgesprochenen Entschuldigung und der – angesichts gegensätzlicher Aussagen von Bundeswehr und re:publica strittigen – Frage, ob tatsächlich einzelnen Personen in Bundeswehruniform erklärt wurde, sie bekämen keinen Zutritt zur Veranstaltung: Die ursprüngliche Falschmeldung, der Redakteurin des Soldatensenders sei wegen der Uniform der Zutritt verweigert worden, wird weiterhin nicht zurückgenommen.
Das ist deshalb von Bedeutung, weil die ursprüngliche Falschmeldung die politische Debatte mit angefeuert hat. Die Behauptung, eine Soldatin habe wegen ihrer Uniform keinen Zutritt erhalten, war für zahlreiche Postings auf Twitter und Facebook ein Beleg dafür, dass die re:publica gegen die Bundeswehr handele (und die als Folge aufgestellten Aussagen von der Forderung eines Verbots dieser Veranstaltung bis zu einem Facebook-Kommentar einer CDU-Lokalpolitikerin, der die Veranstalter auf eine Stufe mit linksradikalen Gewalttätern stellte, erspare ich den Lesern an dieser Stelle, habe aber Screenshots).
Unterm Strich: Eine über sieben Tage noch nicht mal im Ansatz korrigierte Falschmeldung eines offiziellen Kanals der Bundeswehr hat die Debatte im Sinne des Dienstherrn beeinflusst.
Völlig unabhängig von dem zu Grunde liegenden Vorfall ist das ein schwer wiegender Vorgang. Dass eine solche Falschmeldung angesichts der angeheizten politischen Debatte auch Tage später nicht als Falschmeldung erkannt und folgerichtig korrigiert wurde, könnte einerseits einiges über die Arbeit der Redaktion aussagen.
Andererseits muss sich die Redaktion die Frage gefallen lassen, ob diese Falschmeldung gezielt entweder platziert oder auch nur stehen gelassen wurde. Offen ist zudem, in wessen Verantwortung diese Veröffentlichung letztendlich fällt: Radio Andernach gehört zum Zentrum für Operative Kommunikation der Bundeswehr in Mayen, untersteht aber fachlich dem Presse- und Informationsstab des Verteidigungsministeriums. Der wiederum verantwortete die Aktion vor dem re:publica-Gelände, und die Berliner Korrespondentin von Radio Andernach sitzt in der Zentralredaktion der Bundeswehr in Berlin und erfuhr, so die Aussage ihrer Zentrale in Mayen, in dieser Redaktion von der Aktion.
Das Verteidigungsministerium erklärte auf die Fragen dazu lediglich:
Radio Andernach hat bei Facebook ausführlich Stellung zum Sachverhalt genommen und ihren zuvorgehenden Post erklärt und eingeordnet. Somit ist er auch den Soldatinnen und Soldaten zugänglich. Ihren Hinweis, dass diese Einordnung nur in den Kommentaren erschienen ist, nehmen wir gern auf und werden im Laufe des Tages einen eigenständigen Post dazu bringen.
Zusammenfassend kann ich Ihnen nochmal sagen: die Bundeswehr wollte mit der Aktion darauf aufmerksam machen, dass uns eine generelle Teilnahme an der re:publica versagt wurde, weil Uniformen nachweislich auf dem Gelände nicht erwünscht waren.
Dieser Umstand ist zur Grundlage einer kontroversen Debatte geworden, die wir aufmerksam verfolgt haben.
Ob es zutreffend ist, dass Uniformen nachweislich auf dem Gelände nicht erwünscht waren, ist eine gesonderte Debatte (die sicherlich auch noch weitergehen wird). Zu der Falschmeldung selbst nimmt das Ministerium nicht Stellung. Auch die Frage, ob die Behauptung im Radioprogramm von Radio Andernach gesendet und ggf. korrigiert wurde, wurde nicht beantwortet.
Die Aufstellung und der Umgang mit der falschen Tatsachenbehauptung führt zudem zu der Frage, ob das Vorgehen den Grundsätzen der Bundesregierung und damit ihrer Ressorts und nachgeordneten Bereiche entspricht. Ebenso muss es sich an der Zentralen Dienstvorschrift der Bundeswehr Die Sozialen Medien in der Informationsarbeit messen lassen.
Wer diese Frage direkt an Radio Andernach unter dem Posting auf deren Facebook-Seite richtet, bekommt zwar keine Antwort von Radio Andernach – aber von empörten Lesern der Seite:
Thomas Wiegold, mir ist beigebracht worden, das ich erst alles lesen oder anhören soll, um dann darauf zu antworten. Bekanntlich, „lesen bildet“. Das würde Ihnen auch nicht schaden!!!
Ich habe grundsätzlich etwas dagegen, wenn Menschen wie Sie einer Soldatin mit haltlosen und dummen Kommentar versuchen etwas zu unterstellen!
Eine Reaktion der Redaktion dazu oder eine Antwort auf meine Frage gab es auch Stunden später nicht – auch das nicht im Einklang mit der Zentralen Dienstvorschrift:
414. Jede Frage ist möglichst innerhalb einer Stunde zu beantworten, sicher jedoch noch am selben Tag. Sollte dies auf Grund der Tiefe oder Komplexität der Frage nicht möglich sein, ist die Nutzerin bzw. der Nutzer auf eine spätere Antwort hinzuweisen (Zwischenbescheid).
(…)
422. Für alle Kanäle der Bundeswehr in Sozialen Medien gilt die einheitliche Netiquette. Sie weist die Nutzerin bzw. der Nutzer eindeutig auf die Konsequenzen von Verstößen hin. Alle Kommentare
und Nutzerprofile mit:
• beleidigendem Inhalt,
• Verleumdungen, übler Nachrede und Provokationen,
• vulgären, Gewalt verherrlichenden, diskriminierenden, rassistischen, ausländerfeindlichen, sexistischen, hasserfüllten, hetzerischen Inhalten,
• extremistischen Meinungsäußerungen,
• allgemein strafrechtlich relevanten Inhalten
sind durch die Community-Managerin/den Manager umgehend zu löschen. Entsprechende Nutzerprofile sind zu blockieren.
Das ist jetzt, noch einmal zur Klarstellung, nicht die Debatte über den Komplex re:publica. Sondern die ernstlich nötige Frage, ob ein offizielles Regierungsorgan mit Fake News in eine politische Debatte eingegriffen hat.
(Deshalb auch die dringende Bitte, in den Kommentaren nicht an dieser Stelle eine Debatte über Bundeswehr vs. re:publica zu führen, sondern bei dieser konkreten Fragestellung zu bleiben.)
@ Paul | 12. Mai 2018 – 9:40
@ klabautermann | 12. Mai 2018 – 12:39
Ich stimme Ihnen voll und ganz zu.
Leider ist der Vorgang ein erneutes Beispiel für die Schein-Professionalität in vielen Bereichen der Bw.
@ T.W.
Danke auch für diese Berichterstattung. Die bei dem ein oder anderen hervorgerufenen Emotionen kann man auch als Lebenszeichen und somit als Positiv bewerten ;-)
@Koblenzer: Ja, ich polemisiere, aber vermutlich ist Unprofessionalität noch die gnädigste Erklärung für das, was RA hier zu Wege gebracht hat. Wir sind hier aber nicht im Stuhlkreis, und was BW intern über die Kameraden gesagt wird, will man vermutlich nicht lesen.
Nun aber zu Ihnen und Ihrem Leseverständnis. Sie schreiben: “Man kann es genauso verstehen, dass von der Protestaktion der Bw berichtet werden sollte. Entscheidend ist hier, wann kam die Entscheidung in der Readaktion davon zu berichten? Ich lese aus den Posts heraus, dass die Entscheidung nach Beginn der Protestaktion war. Darum ist es logisch wieso die Fr. Hptm. keine Karte/ Akkreditierung hatte.”
Wo lesen sie das heraus? In den Posts steht, sie habe morgens in der Redaktion der Bundeswehr von der Aktion erfahren. Die Redaktion liegt in der Reinhardtstraße. Von dort braucht man ungefähr eine halbe Stunde bis zur Station. Genug Zeit, um kurz anzurufen. Die Aktion begann ca. 10 Uhr, die Kameradin muss, um die Aussagen der Veranstalter selbst gehört zu haben, von Anfang an vor Ort gewesen zu sein, denn die haben ca. 10.30 die Konferenz eröffnet. Außerdem ist sie auf Fotos von der Aktion zu sehen. Das lässt sich anhand von Details wie Timestamps der veröffentlichten Bilder sicher noch detaillierter bestimmen, ist angesichts des Kleinscheißes aber overdone. Nur: Wie Sie aus den Posts herauslesen, dass die Kameradin erst nach Beginn von der Aktion erfahren habe, verstehe ich nicht.
@klabautermann | 12. Mai 2018 – 13:03
„Vor dem Hintergrund dieses MS ist es mir völlig unerklärlich, wie man eine solche „Spontanrecherche“ seitens RA rechtfertigen will. Was hat die re:publica:bitte mit Einsat(betreuung) zu tun ?“
Ich sehe die Aktion der ÖA mit Mitteln der Nachwuchsgewinnung ja auch durchaus kritisch, aber den Punkt kann man leicht erklären. Die Kameraden im Einsatz haben ein Recht dazu über aktuelle Fragen mit Streitkräftebezug in der Heimat informiert zu werden.
Und die Diskussion um Einlass/Nicht-Einlass in Uniform bzw. Nachwuchswerbung/NIcht-Nachwuchserbung mit Stand ist aus meiner Sicht eine relevante Frage mit Streitkräftebezug.
klabautermann | 12. Mai 2018 – 13:03
„…Was hat die re:publica:bitte mit Einsat(betreuung) zu tun ?“
Guter und wesentlicher Punkt!
Ich empfehle Radio Andernach: „Schuster bleib bei Deinen Leisten“.
@ Sorry, Mr. klabautermann,
hier liegen Sie meiner Meinung nach gehörig daneben.
Wenn Radio Andernach für die Soldaten im Einsatz von der republica berichtet, dann ist dies nicht „Feldnachrichtentruppe“ im „Heimateinsatz“ !
Hier hat ein Nachrichtenmedium der Bw eine besondere Inlandssituation (“ auf der repbulika sind keine Uniformen erwünscht…“ ) aufgegriffen und diese Information an die Soldaten im Einsatz weitergeleitet. Es ist ja schon bei den Soldaten ein besonderes Interesse vorhanden, dass sie ihren „Hintern“ in Mali und AFG für die Deutschland hinhatlen dürfen, aber in eine staatlich geförderten Informationsversanstaltung nicht in Uniform teilnehmen dürfen.
Ach ja, erklären sie doch mal warum in allen TSK, soweit ich weiß auch in der Marine „Die erste Geige“ , ganz offiziell als „Ausgangsuniform“ in der ZDV bezeichnet wird.
Die Ausgangsuniform an den Nagel hängen, damit man auf einer Messe nicht auffällt ?
@ Koblenzer
Zitat: „Der eigentliche Fakt (Zutrittsverbot) ist unwidersprochen.
Wenn sich herausgestellt hätte, dass die Geschichte mit dem Zutrittsverbot gelogen ist dann wäre ich bei Ihnen. Das wäre ein handfester Skandal. Aber nicht für ungut. Das was hier hochgekocht werden soll ist für mich ein Sturm im Wasserglas. Wenn überhaupt. “
Das sehe ich genau so !
Ein Sturm im Wasserglas, weil sich einige Veranstalter von Uniformen brüskiert sehen ! Es ist aus meiner Sicht uninteressant, ob Radio Andernach eine Akkreditierung zur Berichterstattung hatte, oder die Frau Hauptmann schlicht in Uniform auf der Republika Präsenz zeigen wollte. Das Ergebnis ist das Gleiche !
@ all
Angesichts der Tatsache was bei Rüstungsprojekten von der Industrie und der Politik gelogen wird, ist der Umstand, ob Radio Andernach fahrlässig verschwiegen hat, dass sie keine Akkreditierung hatten oder ob sie auf das generelle Uniformtrageverbot auf der Republika in einer öffentlichkeitswirksamen Aktion hinweisen wollten, aus meiner Sicht nebensächlich.
Außerdem, „the proof of the pudding“, ist die nächste Repbulika !
Wenn möglichst viele Soldaten in Ausgehuniform daran als Besucher teilnehmen möchten und bei einer event. Abweisung an der Einlasskontrolle dies von einem Freund per Video aufgenommen und ins Netz gestellt wird, dann können sich die Veranstalter der Republika nicht mehr rausreden über ihre wahren Absichten !
@ Klabautermann
Zum ersten Post sag ich mal nix. Meinen Standpunkt dazu hab ich ja klar gemacht.
Zum zweiten Post. Die Frage finde ich berechtigt. Wozu überhaupt über die Messe berichten? Ohne mich als Masstab nehmen zu wollen. Aber bis zu der Diskussion hier wusste ich gar nicht das es diese Messe überhaupt gibt. Ganz einfach weil mich das Thema nicht wirklich interessiert. Ich denke mal so dürfte etlichen anderen mit oder ohne Uniform auch gegangen sein.
Daher ist die Frage berechtigt, warum sollte R. Andernach überhaupt davon berichten? Ich denke (meine Meinung) das die Redaktion erst von der Messe berichten wollte als die Protestaktion des KarrC bekannt wurde. Das schreibt ja auch R. Andernach in dem zweiten, richtigstellenden Post. Daher auch keine vorherige Anmeldung. Und deswegen ( also der fehlenden Anmeldung) soll denen nun ein Strick draus gedreht werden?
Wie schonmal gesagt. Durch ein paar eindeutige Fragen lässt sich hier schnell Licht ins Dunkel bringen.
Was den unsäglichen Post Hr. as-Sahhaf angeht und der erwähnten Gleichsetzung Zutrittsverbot in Uniform mit der Judenverfolgung. Die eindeutige und klare Reaktion des Blogbetreibers finde ich richtig und wichtig. Nazivergleiche und Gleichsetzungen sind aufgrund des erlittenen Unrechtes und millionenfachen Leides der Opfer Immer unpassend und verharmlosen das erlittene Unrecht. Da ne klare Kante zu fahren ist gut und angemessen.
@klabautermann: Heimateinsatz trifft es. Was soll ich als Bürger denn von einer Truppe halten, die ihre Aufträge nur noch durch Mangelwirtschaft erreicht, die im Vergleich zu anderen Truppen immens viel Geld verschlingt, die das eigene Personal verwaltet statt führt und die beleidigt shitstormt, wenn ihr jemand nicht passt? Da stellt sich mir die Frage, wer da denn mein Recht und meine Freiheit auf welche Weise tapfer verteidigen will?
Da sich Stoltenow und Bell nun schon geäußert haben, will ich auch kurz noch einmal anmerken, was Thomas Wiegold sich – verständlicherweise – nicht zu eigen machen will. Ich dürfte wohl der Urheber des PsyOps-Debattenzweigs sein.
Es wäre höflich, das als Diskussionsbeitrag aufzufassen. Nicht als Angriff. Nicht als Verschwörungstheorie. Nicht als Aluthutträgeräußerung. Ich verwende aus Gründen der Lesbarkeit „PsyOp“ als Synonym für alle aktuellen und ehemaligen Bezeichnungen der Truppe, die da in Mayen in der Oberst Hauschild-Kaserne wohnt.
Aus meiner Sicht braucht es eine Debatte darüber, in wie weit sich hier eine PsyOp-Aktion abgespielt hat. Gewollt und ungewollt.
Auf der dienstlich befohlenen Seite ist die Frage sicherlich schnell mit „Nein“ zu beantworten, weil niemand bei Verstand so etwas befehlen wird. Ich räume ein: dazu wird es keinen Befehl gegeben haben, weil sich alle Beteiligten bewusst sind, dass den PsyOps verboten ist, im Inland auf Zielgruppen zu wirken.
Die Wirkung von Kommunikation ergibt sich aber auf Seiten der Rezipienten der Information.
Betrachten wir kurz das Verhalten von PsyOp Christian Bell (das Team war zu Dritt – nur er kommunizierte online), der mit seinem privaten Kanal agiert.
1. Bell postet das einzig verfügbare Video das von der Aktion der Bw derzeit im Netz zu finden ist bzw. entlang des Hashtags #rp18 auftaucht.
2. Bell befürwortet die Aktion mit seinen Äußerungen.
3. Bell wird von mindestens einem Nutzer entlang des Hashtags nicht als aktiver Soldat erkannt, der das Video weiter verbreitet und auf meinen Hinweis, sowie später in einer Podcastsendung mit größerer Reichweite, äußert, dass ihm nicht bewusst war, dass er hier die Äußerung eines im Dienst befindlichen Soldat weiterverbreitet.
4. Bell war im Dienst. Bell war auf der re:publica. Bell will sich „ausschließlich“ privat geäußert haben.
Beobachtung: Bell wirkte an der Kommunikation- und der Meinungsbildung rund um ein aus Bundeswehrkanälen gepushtes Thema mit und zeigt eine unkritische Haltung, in dem er den Bundeswehrduktus übernimmt.
Hier muss die Diskussion ansetzen. Soldaten ist im Dienst aus guten Gründen und seit Jahrzehnten die politische Arbeit in Uniform verboten, weil das zu Verwicklungen führt.
Erst recht aber führt es aus meiner Sicht zu Verwicklungen, wenn Menschen, denen im Dienst die Meinungsbeeinflussung von Zielgruppen explizit verboten ist, sich im Dienst in eine Zielgruppe hineinbewegen und dort an der Meinungsbildung mitwirken.
Ein Trennungsgebot für Soldaten, sich nicht an Bundeswehr-PR-Maßnahmen zu beteiligen wäre also sinnvoll. Das kann z.B. durch die Auflage sein, in Diskussionen, die den Arbeitgeber Bundeswehr betreffen unmissverständlich klar zu machen, dass sie das Thema diskutieren, aber nicht neutral sind, weil der Arbeitgeber die Bundeswehr ist.
Das ist keine abwegige Forderung. Zivile Unternehmen geben ähnliche Leitsätze für ihre Mitarbeiter heraus, weil sich Menschen manipuliert fühlen, wenn ihnen scheinber neutrale Menschen in Diskussionen Unternehmens-PR unterjubeln.
Subdiskussionen:
Ich muss mir seit Tagen Vorwürfe anhören, ich würde Bell keine private Meinung zubilligen und erfahre ähnlich seltsam verlaufende Diskussionen, wie T.W. hier am Beitrag, die mit keiner neutralen Darstellung und keinem noch so oft geäußerten Fakt wieder auf die sachliche Ebene .
Ein faktisches Fehlverhalten von Bell gibt es bisher sicherlich nicht – aber auf jeden Fall eine Regelungslücke, durch die ein ganzes Panzerbataillon fahren kann. Wohlgemerkt in voller Breite und nicht in Reihe.
Radio Andernach
Hier wird es besonders spannend: auch Radio Andernach zählt zur PsyOpsEinheit. Auch Radio Andernach hat die Auflage, nicht auf Zielgruppen im Inland zu wirken. Nicht im Wortlaut, sondern im Arbeitsauftrag, weil sie ihr Programm nur an Soldaten im Ausland verbreiten dürfen.
Es gibt keine Lizenz einer Landesmedienanstalt für die Verbreitung im Inland. Auch bei BW-TV nicht. Relevant ist das besonders, weil auch die Bundesregierung keine TV-Sender im Inland betreiben darf. Die Auflagen sind deshalb entstanden, weil man staatlich geführte Propagandamedien vermeiden will.
Was aber tat Radio Andernach:
Durch den in Deutschland ereichbaren Facebook-Auftritt breitet sich ihre (im Punkt Zutritt zur Veranstaltung schlichtweg falsche) Berichterstattung zur re:publica in allen Social Mediakanälen aus.
Ein durchschnittlicher Nutzer von sozialen Medien kann kaum erkennen, dass Radio Andernach kein journalistischer Rundfunksender ist, sondern ein Mitarbeiter-Sender und daher nicht journalistisch neutral, sondern mit Unternehmensinteresse.
Warum darf Radio Andernach also einen Facebook-Auftritt betreiben, dessen Inhalte unvermeidbar auch in Zielgruppen hineinwirken, die der Sender explizit gar nicht ansprechen darf? Weder von der Sendelizenz her, noch vom Auftrag her?
Warum darf Radio Andernach mit einer öffentlichen Facebookseite agieren, statt – um den Grenzen ihres Auftrages gerecht zu werden – nur mit einer geschlossenen Gruppe zu arbeiten.
Soldat_innen könnten dann die Social Media Profile der Angehörigen und Freunde für einen begrenzten Zeitraum (Dauer ihres Einsatzes) anmelden, damit man dem Truppen- und Familienbetreuungsaspekt gerecht wird, müssten aber auch nach dem Einsatz wieder aus der Gruppe entfernt werden, damit die Sendelizenz bzw. das Verbot des Einwirkens auf Zielgruppen im Inland Rechnung getragen wird.
Ein Fakt, den der Diskussionsverlauf der letzten Tage gezeigt hat ist, dass Radio Andernach in einem Bereich der Meinungsbildung mitgewirkt hat. Online und mit Falschbehauptungen, die viel zu spät korrigiert wurden, und damit die Diskussion weiter entfachten.
Zu diskutieren ist auch, was für ein Interesse Radio Andernach an der Berichterstattung über die re:publica haben kann. Das fatale Zeichen, dass gerade durch die Diskussion der letzten Tage in die Auslandseinsätze an die Soldaten geht ist: „Bleibt am besten dort – hier will euch keiner.“
Ausgelöst von einer Bundeswehr-Journalistin, die ohne Akkreditierung Einlass forderte. Die den Stand für Spontanakkreditierungen übersieht. Und die – im Duktus der seltsamen Kampagne – auch in den Tagen danach nicht versucht, in ziviler Kleidung mit einer nachgeholten Akkreditierung, die ihr weder in Uniform, noch in Zivil verweigert worden wäre, wie die Macher der re:publica bekunden, über die Themen der re:publica zu berichten.
Damit macht sie keinen Journalismus, sondern belegt, dass die Bundeswehr unter dem Deckmantel von Journalismus versucht, die eigenen PR-Interessen durchzusetzen.
Die Folgediskussion sollte als beinhalten, wie künftig:
– PsyOps und Bundeswehr-PR getrennt gehalten werden
– Radio Andernach und Bundeswehr-Rekrutierung getrennt gehalten werden
Dadurch, dass die Radio-Andernach Frau einzig zur Bohnert-Kampagne erschien und vor dessen Wand mit dem eindeutigen Verweis auf die Karriereseite der Bundeswehr ausgerechnet zwei Jugendoffiziere herum springen, denen Anwerbung im Rahmen ihrer Tätigkeit verboten ist, ist das Chaos perfekt.
Wenn Rekrutierungs-PR und neutrale Information von der Bundeswehr derzeit nicht getrennt gehalten werden, dann muss die Bundeswehr mit der Kritik leben, die daraus erwächst.
Als Journalist möchte ich nur auf die Tatsache verweisen, dass es bei allen vergangenen Re:publica-Veranstaltungen sehr wohl Möglichkeiten zur Ad-Hoc-Akkreditierung am Tage selbst gab. Zweitens auf die Auskunft der Veranstalter, dass am fraglichen Tag es keine Ad-Hoc-Akkreditierung gab.
Damit erübrigen sich alle Debatten um Uniformen, die es auf der Re:publica gab, siehe die Briefträger am PostBot-Stand von Post/DHL.
Ich verstehe die Aufregung über die Re:Publica Hausherren nicht.
Keine Akkreditierung, kein Zugang als Journalist, übliche Übung. Also Radio Andernach versagt, weil zu blöd, die Spielregeln einzuhalten.
Dann vor dem Tor zu stehen und Einlass zu begehren, ok, wenn ich abgewiesen werde auch ok.
Dann aber den Dicken zu markieren, das ist einfach nur peinlich. Und sorry, eine Falschmeldung tagelang nicht zu korrigieren ist noch peinlicher. Die Kameraden haben ja keinen anderen Auftrag, als aktuelle Meldungen zu verbreiten.
Hier ist mal wieder Fremdschämen angesagt. Professionalität ahoi. schiff in schwerer See.
@ Daniel Lücking
Zitat: „Hier muss die Diskussion ansetzen. Soldaten ist im Dienst aus guten Gründen und seit Jahrzehnten die politische Arbeit in Uniform verboten, weil das zu Verwicklungen führt.“
Ein Besuch auf der Republika ist keine poltische Arbeit. Das Uniformtrageverbot gilt gemäß SG auf Veranstaltungen von Parteien, oder ist die Republika eine Parteiveranstaltung ?
Zitat:
„Erst recht aber führt es aus meiner Sicht zu Verwicklungen, wenn Menschen, denen im Dienst die Meinungsbeeinflussung von Zielgruppen explizit verboten ist, sich im Dienst in eine Zielgruppe hineinbewegen und dort an der Meinungsbildung mitwirken.“
Damit stellen sie Radio Andernach als Partei dar, die an der politschen Willensbildung in Deutschland teilnimmt. Dem ist aber nicht so. Radio Andernach ist ein Betreuungssender für Soldaten im Auslandseinsatz. Darf der etwa keine Nachrichten mit Bezug zu soldatischen Themen aus dem Inland ins Ausland übertragen ?
Zitat:
„Ein Trennungsgebot für Soldaten, sich nicht an Bundeswehr-PR-Maßnahmen zu beteiligen wäre also sinnvoll. Das kann z.B. durch die Auflage sein, in Diskussionen, die den Arbeitgeber Bundeswehr betreffen unmissverständlich klar zu machen, dass sie das Thema diskutieren, aber nicht neutral sind, weil der Arbeitgeber die Bundeswehr ist.“
Was Sie ansprechen ist der sogenannte „Disclaimer“ aus meiner Sicht. Also der Hinweis für welchen Auftraggeber man als Journalist tätig ist. Wenn aktive Soldaten in Uniform auf einer Veranstaltung auftreten, denke ich ist der Bezug zum Auftraggeber quasi unmittelbar und visuell dargestellt. Schwierig wird es wenn Soldaten als Privatpersonen etwas veröffentlichen und deren Hintergrund nicht klar ist.
By the way, soweit ich weiß sind sie Journalist mit Bw-Vergangenheit.
Wie schaut ihr „Disclaimer“ aus ?
Für wen sind sie tätig ?
@ Detlef Borchers
Zitat:
„Damit erübrigen sich alle Debatten um Uniformen, die es auf der Re:publica gab, siehe die Briefträger am PostBot-Stand von Post/DHL.“
Nein, damit erübrigt sich die Debatte nicht. Es wird nur die Inkonsequenz, man könnte auch sagen die Absurdidät des Veranstalters offengelegt.
Offensichtlich fühlen sich die Besucher der republica von Angestellten der Post in Uniform nicht eingeschüchtert und verängstigt, von Soldaten in Uniform aber schon.
Kann man die Doppelzüngigkeit der Argumentation der Veranstalter besser beschreiben als mit diesem Beispiel ?
Unterm Strich prallen hier ein Veranstalter mit bundeswehrkritischem Hintergrund und eine ungeschickt agierende, schlecht koordinierte und völlig unzureichend kommunizierende Bundeswehr aufeinander.
Wobei sich die Fehler wohl stärker bei der Bundeswehr finden lassen. Der Veranstalter pflegt wohl eine gewisse Bundeswehr-Distanz. Deswegen mit der Personalgewinnungsorganisation der Bw zum „Gegenschlag“ praktisch und medial auszuholen ist ja gerade eine „self-fullfilling prophecy“.
Neuansatz nächstes Jahr mit sinnvollen Beiträgen von CIR und anderen. Über das call for papers-Verfahren und dann ggf. ohne Uniform. Machen Vertreter des BMVg im AA und sonstwo täglich.
Erwachsen werden oder einsparen.
Die Aufregung von RA magnunklug gewesen sein, vermutlich im Eifer des „Gefechts“…
Schade. Denn die wahre Debatte hätte die Ausladung mit vorgeschobenen Gründen sein sollen: An den Uniformen kann es ja kaum gelegen haben, wenn nichtmal entsprechende Ansagen an den Einlass und die Security ergingen.
Also daran, dass die RP sich als eine politisch und gesellschaftlich nicht offene Veranstaltung sieht. Mit welcher Begründung sollte die (a) Öffentliches Gelder erhalten, (b) Geld durch andere Stände von Behörden.
@Georg: „Offensichtlich fühlen sich die Besucher der republica von Angestellten der Post in Uniform nicht eingeschüchtert und verängstigt, von Soldaten in Uniform aber schon.“
Denken Sie mal darüber nach, warum das so ist. Kleiner Tipp: die Besucher werden sich nach der rp18 im Gefühl bestätigt sehen. Nach dem Stunt hat die Bw den Graben ausgebaut anstatt ihn zu überbrücken. Herrje, gibt es denn keine Empathie-ATN? Mit dem gleichen Ansatz rasselt man mit einem Leo in ein afghanisches Dorf, lässt die Frauen von einem Arzt untersuchen und nimmt die Hälfte der Ziegen mit.
@Georg
Das Uniformthema habe ich in einem Beitrag in aller Länge erklärt.
Klicken Sie einfach mal auf meinen Namen im Profil oder suchen Sie nach dem Artikel „Clash of Bubbles: Trauma, Fronten, Eskalation“ .
Uniform ist nicht gleich Uniform. Sie wirkt sich auf die Kommunikation zwischen Menschen aus, weil sie – besonders im Fall von Soldaten – die Staatsmacht repräsentiert. Menschen, die im Krieg und vor Soldaten geflüchtet sind, reagieren nicht mehr neutral, wenn sie traumatisiert sind.
Das fortgesetzt geäußert Unverständnis kommt meines Erachtens von Menschen, die die Uniform seit Jahren tragen und nie Probleme mit Soldaten hatten.
Die Diskussion lenkt meiner Meinung nach aber von der Frage ab, warum es der Institution und auch den vielen einzelnen Soldaten und Reservisten nicht möglich ist, auf Augenhöhe in einen zivilgesellschaftlichen Diskurs zu treten, von dem sie niemand ausschließen will und es auch in den letzten Jahren nicht getan hat.
Wer zur Diskussion nur in Uniform erscheinen will, lässt tief blicken. Ebenso die Reservisten, die in PR und Journalismus tätig sind, aber das in der Diskussion der letzten Woche verschwiegen haben, während sie vorbehaltlos die Bundeswehr-Kampagne unterstützten.
@klabautermann…
nur kurz zur Info, das ZOpInfo (PsyOps) hat mal so überhaupt nicht mit der Feldnachrichentruppe der Bundeswehr zu tun…
Es gibt ja viele Einheiten der Bundeswehr welche z.B im Einsatz Gespräche führen und Aufklärung betreiben….wie z.B PsyOps, CIMIC usw…
wirklich dafür ausgebildet sind aber nur die Angehörigen der FN Truppe, egal ob Heer, Luftwaffe oder Marine…
@ Pio-Fritz | 12. Mai 2018 – 16:57
„Keine Akkreditierung, kein Zugang als Journalist, übliche Übung. Also Radio Andernach versagt, weil zu blöd, die Spielregeln einzuhalten.“
Diese einfache wie zutreffende Zusammenfassung aber auch die weiteren Reaktionen sind schlicht und ergreifend bezeichnend für die mangelhafte Professionalität in diesem Bereich.
@ Sascha Stoltenow
Ihre, u.a. auf Facebook veröffentlichen Gedanken zu der Thematik „Anerkennung“, rücken die vermeintlich fehlende Huldigung des „Uniformträger-Daseins“ im Fall der re:publica 2018 in das richtige Licht.
Auftreten und Verhalten einzelner kann man in dem Zusammenhang durchaus mit „beleidigten Pennälern“ vergleichen.
@Georg
„Nein, damit erübrigt sich die Debatte nicht. Es wird nur die Inkonsequenz, man könnte auch sagen die Absurdidät des Veranstalters offengelegt.
Offensichtlich fühlen sich die Besucher der republica von Angestellten der Post in Uniform nicht eingeschüchtert und verängstigt, von Soldaten in Uniform aber schon.“
Worauf genau gründet der Anspruch der Bundeswehr, an der re:publica teilnehmen zu können?
An welchen weiteren zivilen Veranstaltungen wird die Bundeswehr demnächst ein Teilnahmerecht geltend machen?
@TW
Wie so oft berichten Sie als Einziger. Aber die Verbissenheit mit der Sie versuchen RA durch die wievielte (?) Wiederholung eine reinzuwürgen ist bezeichnend für fehlende Objektivität. Wie im Fall von Netzpolitik.org – hier wurde letztlich nur durch das politisch motivierte Eingreifen des linken SPD Justizministers Heiko Maas die rechtsstaatlich gebotene Anklage verhindert. Und Merkel hat es hingenommen.
Aber es geht ja um Kumpel und Kollegen.
[Sie sollten beim Pöbeln geschickter vorgehen – es ist der erste Eintrag zum Thema Radio Andernach in diesem Zusammenhang. Aber Sie können ja üben, allerdings werden Sie das hier nicht mehr tun. T.W.]
@Daniel Lücking | 12. Mai 2018 – 14:19
„Es wäre höflich, das als Diskussionsbeitrag aufzufassen. Nicht als Angriff. Nicht als Verschwörungstheorie.“
Das fällt mir angesichts der Inhalte und der Argumentationslogik Ihrer Aussage leider sehr schwer.
Was eine militärische „PsyOps“-Kampagne/Operation ist, ist eigentlich klar definiert. Sie selbst gestehen zu, dass die Voraussetzungen für das erfüllen der Kriterien nicht erfüllt sind. Also deuten Sie den Begriff einfach so um, dass es keine Gegenbeweise mehr geben kann und schwups…. eine PsyOps-Kampagne.
Ich habe ja schon mit dem Begriff „fake-news“ von @T.W. meine Probleme und bewerte das als emotionale Überreaktion (auf einen von mir im sachlichen Kern allerdings auch kritisierten handwerklichen Formulierungs-„Mangel“), aber Ihre Theorie ist dann doch etwas „out of the box“…
@Detlef Borchers | 12. Mai 2018 – 15:10 und @Pio-Fritz | 12. Mai 2018 – 16:57
Ich denke nicht, dass Sie darauf eingehen, was die Kameraden von Radio Andernach offensichtlich mit ihrem (zugegebener Maßen) schlecht formulierten Statement sagen wollten.
Wenn VORHER bereits vom Veranstalter erklärt wurde, dass „auf der re:publika keine Uniformen erwünscht sind“, dann muss man auch keine ad-hoc Akreditierunl vor Ort mehr beantragen oder Eintrittskarten kaufen um über diese Tatsache zu berichten.
Bessere Formulierungen würde hier sicherlich weniger Angriffsfläche geben, aber im Kern kann man doch verstehen, was gemeint ist, oder?!
Darf sich die Bundeswehr als Partner der re:publica bewerben? – Klar. Muss die re:publica das Angebot annehmen? – Nein. Darf man das doof finden? – Unbedingt. Sollte die Bundeswehr daraus ein Drama machen? – Wenn sie erklären kann, was der Zweck ist, auf jeden Fall.
Die eigentliche Fake News ist, dass Soldaten nicht in Uniform an der re:publica 2018 teilnehmen durften. Für mich zeichnet sich immer mehr ab, dass die Bundeswehr gar nicht an der re:publica teilnehmen wollte. Sie hat die unprofessionelle Kommunikation der re:publica ausgenutzt, um ein Skandälchen zu provozieren. Das ist nämlich billiger zu haben, als sich ernsthaft Gedanken zu machen.
Vor einem Jahr schrieb ich übrigen bereits etwas zu der Haltung der Verantwortlichen im Bendlerblock, die nun wieder durchscheint: http://bendler-blog.de/2017/05/07/ploetzlich-republica/ Bereits damals schrieb ich, dass die Truppe sich einfach mal in Uniform unter’s Volk mischen sollte. Dann wäre man entweder wegen der Uniform nicht reingekommen – und hätte sich zu Recht richtig geil aufregen können, oder man wäre einfach dabei gewesen und hätte mal gecheckt, was da so geht. Dialog statt Dominanz.
Der ein oder andere hat mitbekommen, dass hier Detlef Borchers mitdiskutiert. Detlef, wenn ich mich richtig erinnere, hattest Du auf Facebook in einer Diskussion geschrieben, dass junge Menschen aus Deinem Bekanntenkreis u.a. wegen eines Vortags von Thomas Wiegolf und mir auf der re:publica ihre Einstellung zur Bundeswehr überdacht hätten. Habe ich das richtig verstanden?
Wie dem auch sei. Ich bin jetzt mal ganz eitel. Thomas und ich haben, wenn ich mich richtig erinnere, zum ersten Mal im Jahr 2011 einen Talk eingereicht und wurden angenommen. „Krieg im Netz“ hieß der. Es war in der Kalkscheune. Die Session war rammelvoll. Später haben wir, Trüffelschweine, die wir sind, nachgelegt: „Die Digital Natives ziehen in den Krieg“, „The IS in us“ und „Terror ernst nehmen, Terroristen auslachen“ – eingereicht und angenommen und mit Riesenresonanz vorgetragen. Volle Hütte. Wetten, die Leute wäre auch gekommen, wenn eine aktive Soldatin dagestanden hätte?
Die Bundeswehr hat zwei Universitäten, ein MGFA, ein SOWI, eine (ehemals) AIK, eine FüAk, ein Cyber Innovation Hub etc. Sie hat es nicht geschafft, auch nur einen Talk im regulären Programm zu platzieren. Nicht, weil die böse, böse re:publica das nicht gewollt hätte. Nein, sie haben es nicht versucht. Kein Offizier, kein anderer Soldat, niemand. Oder irre ich mich?
Und nein, ich habe keine persönlichen Beziehungen zu den re:publica-Machern, die mich ins Programm heben gehabt. Jetzt habe ich sie, weil wir uns füreinander interessieren. Am Dialog interessiert sind. Wie sieht das Interesse der Bundeswehr aus?
Es haben sich gerade mal drei OpKom-Kameraden als Teilnehmer angemeldet. Dabei gab es viele interessante Programmpunkte, u.a. Charlie Winter zum Islamischen Staat (https://18.re-publica.com/de/session/islamic-state-terrorism-influence), wissenschaftlich fundiert viel dazu, wozu Thomas und ich einfach mal wild rumspekuliert haben – und dadurch auch in diesem Diskurs ernst genommen werden. Glaubt Ihr nicht? Ok, noch mehr Eitelkeit: Auch die Bundeswehr und die NATO-PsyOp-Community haben sich das, was ich zu erzählen hatte, interessiert angehört, auch, weil sie niemanden selbst hatten (oder haben), der sich da mal reinbohrt. Und es kann natürlich sein, dass jetzt einige sagen, die haben mich da mal als Pausenclown geholt. Natürlich haben sie das, aber wenn sie mir nicht die Hucke vollgelogen haben, war es gewinnbringend – auch für mich.
Uns wisst Ihr was? Das habe ich alles in meiner Freizeit gemacht. Die Aufwandsentschädigungen, die ich dafür bekommen habe, habe ich abzüglich der Steuern, die ich unserem Staat – und damit der re:publica und der Bundeswehr gleichermaßen – zahle, unter anderem an Veteranenprojekte gespendet, Menschen, die es nicht so dicke haben, die Teilnahme an der re:publica ermöglicht und noch so ein paar random acts of kindness platziert.
Auch deshalb kotzen mich diese Umdeutungsversuche, diese maßlose Kritik an der – ja, dämlichen re:publica-Kommunikation – so an, weil eine komplette Organisation mit hauptamtlichen Kräften nicht in der Lage ist, einen Konsens über einen sinnvollen Beitrag zur re:publica auf die Spur zu setzen, sondern nur deren Schwäche auszunutzen, Dinge nicht zu klären, um dann wie ein 5 Euro-Jobber im Auftrag einer mallorcinischen Billig-Disko vor der Tür Flyer zu verteilen. Es ist beschämend.
Im Englischen gibt es einen passenden Spruch:
„Don`t flog the dead horse“
Hier die Bedeutung:
„…to waste effort on something when there is no chance of succeeding:
He keeps trying to get it published but I think he’s flogging a dead horse…“
https://dictionary.cambridge.org/de/worterbuch/englisch/flog-a-dead-horse
Ich glaube das ist hier in diesem Faden der Fall. Das Pferd ist schon totgeritten, jede weitere Argumentation versucht nur noch “ to flog the dead horse“.
Gute Nacht Kameraden.
@Koffer | 12. Mai 2018 – 22:08
Bevor wir jetzt in Spekulationen abgleiten, Radio Andernach (RA) hätte r e c h t z e i t i g einen Antrag auf Akkreditierung stellen können. Dann wäre alles im Vorfeld gelaufen, man hätte Details klären können, und die Reportage wäre wahrscheinlich (meine Meinung) gelaufen.
So hat RA keinen Zeitpunkt bekannt gegeben, und versucht darüber in die Opferrolle zu schlüpfen. Ganz schwacher Versuch.
Ich weiß nicht, was anderes gemeint sein soll, als das, was ich geschrieben habe. Ich habe mir Interpretationen abgewöhnt, sie führen nur zur Schönfärberei. Wer etwas sagen möchte, kann das klar und deutlich tun.
@Koffer
Ich vermute, nicht viele haben die Gelassenheit hier zu antworten ohne Gefahr zu laufen, es sich mit dem Betreiber eines der wenigen relevanten SiPol Blogs zu verscherzen.
@TW Ich habe hier die ruhige, objektive Herangehensweise vermisst, die Sie normalerweise auszeichnet.
Erschütternd, was hier teilweise für Kommentare zu lesen sind – und das nicht selten wohl von ehemaligen oder aktiven „Kameraden“, was die Sache noch schlimmer macht. Und TW wird wohl – wie angedeutet – schon viele besonders schlimme Kommentare gar nicht freigeschaltet haben. Aber bleiben wir bei der Sache:
Radio Andernach hatte keine Presseakkreditierung und keine Zutrittskarte für Besucher, also überhaupt keine Zutrittsberechtigung. Damit hat sich eigentlich für einen vernünftigen Menschen jede weitere Debatte erledigt und die Frage, ob die Veranstalter der re:publica nun einen Fetisch für Uniformen haben oder das Gegenteil der Fall ist, ist irrelevant. Dass Radio Andernach diese wesentliche Tatsache (keine Zutrittsberechtigung) verschweigt, delegitimiert deren Position absolut, weil sie sowohl gegen normale Standards redlichen Verhaltens und erst recht gegen journalistische Standards verstößt. Damit hat Radio Andernach nichts anderes als Propaganda verbreitet. Ob man das „Fake News“ nennen muss, weiß ich nicht. Ich würde auf den Begriff aus vielen Gründen verzichten.
Eine Anmerkung gestattet mir TW hoffentlich noch, auch wenn sie etwas grundsätzlicher wird: Mir missfällt in höchstem Maße, wie die Idee vom Staatsbürger in Uniform immer mehr ins Gegenteil verkehrt wird. Mit der Idee war nämlich gerade gemeint, dass die gesellschaftliche Privilegierung des Militärischen der Vergangenheit angehören sollte. Dem widerspricht die offensichtliche vorhandene Auffassung bei den involvierten Soldaten und ihren Unterstützern, dass die Uniform so eine Art Generalschlüssel zu sein habe, mit dem man ein Zugangsrecht zu alles und jedem auch gegen den Willen der Entscheidungsberechtigten erhalte.
@ Sascha Stoltenow | 12. Mai 2018 – 23:50
Sehr zutreffend.
Fakt ist, dass m.E.n „die Bundeswehr“ im Fall der re:publica umprofessionell präsentiert wurde und sich die beteiligten sozialen Medien der Bw wenig erwachsen auftreten. Unterhält man sich mit interessierten und aufgeschlossenen über das Thema ist das Fazit im Bereich Kindergarten etc. angesiedelt.
Es ist ein bisschen bedauerlich, dass es – trotz meiner Hinweise – nun doch zu einer erneuten Generaldebatte über Bundeswehr vs. re:publica geworden ist (ja, auch bei dir, Sascha, so wichtig der Input ist). Der eigentliche Punkt an dieser Stelle, nämlich der Umgang eines staatlich kontrollierten Informationskanals mit Informationen, ist darüber ziemlich in den Hintergrund getreten.
Es scheint wohl darüber auch kein allzu großes Interesse der Diskussion zu geben, das muss ich akzeptieren.
Was ich nicht akzeptieren muss, ist der zunehmend pöbelnde Ton etlicher Kommentatoren. Deren Haltung lässt sich in dem Satz zusammenfassen, dass in ihrer Ansicht nach die Aussage auf dem vor der re:publica verteilten Flyer „Wir kämpfen dafür, dass auch die re:publica gegen uns sein kann“, nicht ernstgemeint und nur ein billiger Marketing-Gag war.
Ich schließe die Kommentarfunktion für diesen Thread.