DroneWatch: Weiterer Dauerstreit um Bundeswehr-Beschaffung zeichnet sich ab

Ungeachtet der Verabredung in der Regierungskoalition, bewaffnungsfähige Drohnen für die Bundeswehr zu beschaffen, steuert das Projekt auf neue, vor allem juristische Probleme zu. Nachdem sich die Streitkräfte auf ein Leasing des israelischen unbemannten Flugsystems Heron TP festgelegt hatten und das auch im Koalitionsvertrag namentlich benannt wurde, hofft das US-Konkurrenzunternehmen General Atomics offensichtlich weiter, diese Beschaffung verhindern zu können – obwohl es im vergangenen Jahr vor Gericht unterlegen war.

Hintergrund ist die Frage, wie die Bewaffnungsfähigkeit der Drohne und die Beschaffung der Bewaffnung geregelt werden. Im Koalitionsvertrag wurde von Union und SPD vereinbart:

Wir werden im Rahmen der Europäischen Verteidigungsunion die Entwicklung der Euro-Drohne weiterführen. Als Übergangslösung wird die Drohne HERON TP geleast. Über die Beschaffung von Bewaffnung wird der Deutsche Bundestag nach ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung gesondert entscheiden. Hierzu wird die Bundesregierung eine gesonderte Vorlage erstellen und dem Deutschen Bundestag zuleiten.
Vor einer zukünftigen Beschaffung von bewaffnungsfertigen Drohnen sind die konzeptionellen Grundlagen für deren Einsatz zu schaffen.

Für die Bundeswehr lag bei der Auswahlentscheidung unter anderem zu Grunde, dass die Luftwaffe bereits über Heron-Drohnen dieses Herstellers verfügt und die von den Israelis angebotene Bewaffnung den deutschen Vorstellungen offensichtlich näher kommt.

Die Koalitionsvereinbarung und die Haltung vor allem der SPD dürfte allerdings dazu führen, dass zunächst nur über das unbemannte Flugsystem entschieden wird und die Beschaffung der Bewaffnung, aber auch die Frage der Bewaffnungsfähigkeit selbst sowie die Ausbildung im scharfen Schuss später kommt. Hier sieht offensichtlich General Atomics mit seinem Konkurrenzangebot, der Drohne MQ-9B Sky Guardian, einen erneuten Ansatzpunkt für eine juristische Auseinandersetzung.

Im vergangenen Jahr hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf eine Anhörungsrüge von General Atomics nach vorangegangener Niederlage des Unternehmens zurückgewiesen und in der Begründung unter anderem ausgeführt:

Im Fall einer Bewaffnung bevorzugt die Antragsgegnerin [das Verteidigungsministerium, T.W.] eine bestimmte Munition aus einem Drittland, die zwar theoretisch in den CPB integriert werden kann, tatschlich aber mangels Genehmigung des Drittlandes nicht in Betracht kommt.

(CPB steht für Certifiable Predator B, ein anderer Name für das Angebot von General Atomics)

Mit anderen Worten: General Atomics war auch deshalb nicht erfolgreich, weil es keine Aussicht gab, die von der Bundeswehr gewünschten Waffen – aus Israel – in das US-System zu integrieren.

Wenn allerdings erst mal nur über das Fluggerät entschieden wird und nicht über die Bewaffnung, eröffnet das eine neue juristische Angriffsmöglichkeit. Und die will, so berichtet der Spiegel vorab, das US-Unternehmen auch nutzen:

Das US-Konkurrenzunternehmen General Atomics erwägt eine Wettbewerbsklage für den Fall, dass ein Leasingvertrag mit dem israelischen Hersteller IAI zustande kommt. Die Amerikaner argumentieren, dass die Drohnen gemäß der ursprünglichen Beschaffungsvorlage bewaffnet werden sollten. Dies soll in der aktuellen Vorlage auf Wunsch der SPD gestrichen werden.

Das könnte für den ohnehin ehrgeizigen Zeitplan des Verteidigungsministeriums ein zusätzliches Problem bedeuten: Noch vor Ende Mai will das Ressort eine Billigung des Bundestages für das Beschaffungsprogramm, um ein Argument zu haben, das von den Drohnen-Lieferanten nur bis Ende Mai garantierten Preis für das System zu halten. Ein Vertrag ist auch nach Billigung einer entsprechenden Vorlage durch den Bundestag erst dann möglich, wenn auch der Bundeshaushalt für dieses Jahr formal beschlossen wurde.

General Atomics setzt neben möglichen (erneuten) juristischen Schritten offensichtlich auch darauf, durch Partnerschaften mit deutschen Unternehmen das Angebot für seine Drohne attraktiver zu machen. Am Freitag gab die Firma eine Kooperation mit dem Münchner Luftfahrtzulieferer GKN Aerospace Deutschland GmbH bekannt:

In den Niederlanden kooperieren beide Unternehmen bereits bei der Produktion des Fahrwerks für das von General Atomics Aeronautical Systems (GA-ASI) hergestellte unbemannte Luftfahrzeug MQ-9B SkyGuardian. Nun soll diese erfolgreiche Zusammenarbeit auch auf den GKN Standort in Deutschland mit neuen Produkten ausgeweitet werden. (…)
Die mögliche Anschaffung von unbemannten Luftfahrzeugen aus der MQ-9B-Serie durch die Bundeswehr eröffnet weitere Potentiale. General Atomics beabsichtige für diesen Fall, erläutert Linden Blue, CEO von GA-ASI, einen wesentlichen Teil der Fertigung nach Deutschland zu verlagern und bei GKN in München ausführen zu lassen. Dies betrifft insbesondere die Produktion von Großkomponenten wie etwa Leitwerke, Flügel oder Flugzeugrümpfe. Dabei würde sich diese Produktionsverlagerung nicht nur auf mögliche Teile der für Deutschland vorgesehenen Luftfahrzeuge beschränken. Die Zusammenarbeit mit GKN zielt ausdrücklich auf Produktionsanteile aus der gesamten MQ-9B Sky Guardian Flotte.

(Archivbild 2006: Heron TP vor dem Start – via Rheinmetall)