Kommandeur schlägt beim Abschied Alarm: „Materiell und personell fünf nach Zwölf“
Die aktuellen Probleme der Bundeswehr mit ihrem Material, aber auch mit Zahl und Ausbildung ihrer Soldaten, den Langgedienten ebenso wie mit dem Nachwuchs, sind kein Geheimnis – in offiziellen Papieren des Ministeriums wie dem Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme oder dem Rüstungsbericht ist das nachzulesen. Diese schon nicht berauschenden, aber weitgehend abstrakten Zahlen bekommen aber ein anderes Gewicht, wenn ein Praktiker aus der Truppe selbst das mal plastisch beschreibt.
Das hat Kapitän zur See Jörg-Michael Horn getan, bis zum vergangenen Mittwoch (21. März) Kommandeur des 2. Fregattengeschwaders in Wilhelmshaven. In seiner – öffentlichen – Rede zum Kommandowechsel listete er recht detailliert die Bandbreite an Problemen auf. Von mangelnder Versorgungsreife und Instandsetzungen, die immer länger dauern als geplant, bis hin zu der tatsächlichen Lage beim Personal über Bewerberzahlen hinaus: Statistiken, die suggerieren, die Personalzahlen entwickelten sich in die richtige Richtung nützen keinem, wenn die reale Lage in der Truppe anders aussieht. Verbunden mit kritischen Worten direkt an die Führung von Marine und Bundeswehr: Verrechtlichung ersetzt inzwischen vielerorts Entscheidungen und Führung wird durch Administration ersetzt.
Horns Rede hat, bislang nur in der Marine, gehörig Staub aufgewirbelt – mal sehen, wie sich das auf die weitere Karriere des Marineoffiziers auswirkt. (Nach der Kommandeurzeit soll er als Referatsleiter in das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr wechseln.)
Seine beredten Beschwerden fanden bislang nur in internen Foren und in der örtlichen Presse einen Platz; deshalb dokumentiere ich hier die wesentlichen Passagen der Abschiedsrede als Kommandeur im Wortlaut:
Als Kommandeur hat man nur wenige Gelegenheiten, die Dinge, die einen bewegen, komprimiert auf den Punkt zu bringen. Ich habe daher meine eigentliche Rede anhand der – vielen von Ihnen bekannten – Bereiche Material, Personal, Ausbildung gegliedert und möchte mit einem Resümee aus dem Bereich Persönliches abschließen.
Bereits mein Vorgänger sprach im September 2015 das Problem der mangelnden Versorgungsreife insbesondere der Fregatte der Klasse 124 und die sich immer wieder verlängernder Instandsetzungsvorhaben an, die massiv die Einsatzverfügbarkeit unserer Einheiten beeinflussen. Und nicht nur diese, auch die Planbarkeit für unsere Besatzungen ist davon betroffen. Und diese ist – und da bin ich ganz auf der Linie der Agenda Attraktivität – ein hohes Gut. Es hat sich in meiner Zeit als Kommandeur – ich muss es so deutlich sagen – nichts verbessert. Meines Erachtens ist hier der inkonsistente Instandsetzungsprozess Teil des Problems. Wir müssen hier alle zusammen dringend weiter um Lösungen ringen, um besser zu werden! Wir schulden es den Besatzungen!
Zwar haben wir in meiner Zeit die erste Stufe der Fähigkeitsanpassung auf der Fregatte MECKENBURG- VORPOMMERN und die Hardwareregeneration auf den Fregatten SACHSEN und HESSEN erfolgreich abschließen können. Die dort aufgetretenen Probleme haben aus meiner Sicht jedoch klar gezeigt, dass die Industrie aufgrund ihrer Sachzwänge und Abhängigkeiten wie betriebswirtschaftlichen Aspekten und aufgrund ihrer Strukturen nicht in der Lage ist, tragfähige und nachhaltige Lösungen für die komplexen Aufgabenstellungen im Bereich Software und Informationstechnik für unsere Schiffe zu bieten. Wir sind gut beraten, als Marine einen Blick zurück in die Geschichte zu werfen und uns die Argumente, die Ende der 1960’er Jahre zur Gründung des in Anführungszeichen „Softwarehauses der Marine“, dem KdoMFüSys, geführt haben, noch einmal vor Augen zu führen. Nur personelle und strukturelle Kontinuität im Bereich Softwarepflege und -änderung wird unsere Fregatten auch zukünftig einsatzbereit halten. Dies ist etwas, was die Industrie aktuell nicht leistet – und sie wird es nach meinem Dafürhalten auch zukünftig nicht leisten können. Der seinerzeit unter BM Scharping mit dem CPM eingeschlagene Weg muss aus meiner Sicht dringend korrigiert werden.
Leider hat die Dauer der Fähigkeitsanpassung auf F123 erhebliche Schleppfehler produziert, die nicht mehr zu korrigieren sind. Viele Entscheidungen über den Fähigkeitserhalt des Waffensystems F123, wurden hinausgeschoben, solange der Erfolg der Fähigkeitsanpassung nicht sichergestellt war. Wenn aber 2019 der Flugabwehrflugkörper NATO Sea Sparrow nicht mehr nutzbar sein wird und kein neuer Flugkörper eingeführt wird, fallen wir mit den 123’er Fregatten weit in den Fähigkeiten zurück. Von der mangelnden Umsetzung der Anti-Submarine-Warfare Fähigkeiten im Führungssystem SABRINA 21 und fehlender Einrüstung eines Towed Array Sonar Systems – und das bei einer UJagd-Fregatte – oder den ungelösten Problemen bei der Führungsfähigkeit – und dass bei einer Command Fregatte – noch gar nicht zu sprechen. Vor dem Hintergrund, dass die erste Einheit F123 erst 2027 außer Dienst gestellt werden soll und fraglich ist, ob dann die Nachfolgeeinheiten bereits einsatzfähig sind, ist es in materieller Hinsicht für die wichtige Aufgabe im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung später als fünf nach zwölf. Dies hatte schon mein Vorgänger in seiner Abschiedsrede so deutlich angesprochen.
Die Trendwende Personal ist eingeleitet. Von den Auswirkungen dieses Kurswechsels ist jedoch an Bord noch nichts zu spüren. Bisher werden zwar überall in der Bundeswehr neue Dienstposten geschaffen, auch das Verteidigungsministerium hat sich einen erheblichen Schluck aus der vermeintlich vollen Pulle genehmigt. In vielen Bereichen erscheint mir die Trendwende jedoch eher als gefährliche Halse, ohne sorgsam den Wind (was brauchen wir wo wirklich) und den umgebenden Seeraum (die Lage am Arbeitsmarkt) beobachtet zu haben.
In der Jährlichen Weisung Marine schreibt der Inspekteur, ich zitiere: „Einfach nur immer mehr Personal zu fordern darf keine Lösung sein; es bringt uns nicht weiter. Als Leitlinie gilt, dass alles was nicht unmittelbar die Wirksamkeit im oder für den Einsatz stärkt, bzw. zur Landes- und Bündnisverteidigung beiträgt, konsequent als nachrangig zu betrachten ist.“ Zitat Ende.
Die Agenda Attraktivität ist gut und wir können auf viele Errungenschaften verweisen. Wer aber glaubt und dies auch noch ständig überbetont, die Attraktivität der Bundeswehr im Allgemeinen und der Marine im Speziellen speise sich aus KiTas am Standort mit erweiterten Betreuungsmöglichkeiten und der Einführung der Soldatenarbeitszeitverordnung, der fehlt. Die Arbeit an sich ist es, die attraktiv sein muss. D.h. sie muss fordernd sein, man muss was man macht auch gerne machen und dies als sinnstiftend empfinden. In der Öffentlichkeit müssen aber ehrlicherweise auch die Beschwernisse, die der Dienst auf seegehenden Einheiten mit sich bringt, kommuniziert werden. Eine im gesellschaftlichen Vergleich für die Entbehrungen angemessene – und nachvollziehbare – Entlohnung gehört dann dazu.
Die Vielzahl von Eingaben, die ich mit meinem Stab in meiner Kommandeurzeit zum weiten Themenfeld Attraktivität und was erwarte ICH von meinem Arbeitgeber Bundeswehr zu bearbeiten hatte, sind Ausdruck, dass das WIR und DIENEN in WIR.DIENEN.DEUTSCHLAND nicht bei allen, die zu uns kommen, angekommen ist. Vereinbarkeit von Familie und Dienst bedeutet VEREINBARKEIT und nicht PRIORITÄT von Familie.
Die falschen Zeichen, die in den ersten drei Amtsjahren von Frau Ministerin von der Leyen gesetzt wurden, müssen wir weiter korrigieren. Wir sind eben kein Arbeitgeber wie jeder andere auch! Wenn wir diese Außendarstellung nicht korrigieren, werben wir sonst weiter um die Falschen. Es nützt uns nichts, jeden um jeden Preis bei uns zu halten. Wir brauchen Menschen, die bereits sind, den bisweilen schwierigen Weg als Soldat mitzugehen. Statistiken, die suggerieren, die Personalzahlen entwickelten sich in die richtige Richtung nützen keinem, wenn die reale Lage in der Truppe anders aussieht.
Am 6. Dezember 2017 schrieb der Spiegel unter dem Titel „Feindliches Terrain, wie Ursula von der Leyen lernte, dass eine Verteidigungsministerin keine Konzernlenkerin ist, ich zitiere: „Wer von seinen Leuten erwartet, dass sie ihr Leben aufs Spiel setzen, muss mehr bieten als eine ‚Agenda Attraktivität‘, als Flachbildschirme in den Kasernen. Er muss sich einlassen auf ein Wertesystem, in dem so altmodische Kategorien wie Mut, Tapferkeit, Ehre und Opferbereitschaft zählen. Vor allem aber Kameradschaft und Loyalität.“ Zitat Ende. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Ich möchte an dieser Stelle meinen Respekt und meinen tief empfundenen Stolz für die Besatzungen der Schiffe ausdrücken, die immer wieder aus den ungünstigen Bedingungen an Bord das Beste zu machen versuchen. Ohne Ihren Willen, Ihre Arbeit, ohne Sie geht es nicht! Und dennoch stelle ich eine zunehmende Resignation bei den Älteren unter uns fest. Es ist nicht nur materiell, sondern auch personell fünf nach zwölf. Ich muss das so deutlich ansprechen.
Und damit komme ich zu dem Punkt, der mich in meiner Kommandeurszeit dienstlich am meisten umgetrieben hat, der Ausbildung.
Die Einsätze der vergangenen Jahre haben querschnittlich zu einem Fähigkeitsverlust nicht nur in materieller Hinsicht bei den Einheiten des 2. Fregattengeschwaders geführt. Wann üben wir denn noch die für die Landes- und Bündnisverteidigung so wichtige Seekriegführung in allen Dimensionen? Allenfalls einmal in einer Betriebsperiode während des sechswöchigen GOST. Das ist definitiv zu wenig. Und seien wir ehrlich, dieser Verlust an Fähigkeiten hat nicht erst mit der Operation SOPHIA begonnen. Es sagt sich leicht, dass die Einsätze der Marine im niedrigen (bis mittleren) Intensitätsspektrum durchgeführt werden. Aber was bedeutet das denn? Das bedeutet, dass bei weiter abnehmendem Fuhrpark und gleich hohen Einsatzverpflichtungen eben weniger in den klassischen Warfare-Areas geübt werden kann. Die Einheiten des noch größten Kampfverbandes der Marine, des 2. Fregattengeschwaders tragen – ich sage das nicht ohne Stolz – inzwischen die Hauptlast der maritimen Einsätze der Bundeswehr. Dies aber unter Verzicht auf die Teilnahme an hochwertigen NATO Manövern und den Standing NATO Maritime Groups.
Ich werde nicht müde, eine operative Pause, d.h. einen zweitweisen Rückzug aus den Einsätzen, die nicht unserem Fähigkeitserhalt im Gefecht dienen, zu fordern, damit wir wieder Zeit für unseren Kernauftrag gewinnen. Bisher ohne Erfolg. Wir dürfen als Vorgesetzte aller Ebenen nicht ständig den vermeintlich politischen Willen schon einmal vorwegnehmen. Wir sind aufgerufen unseren berechtigten militärischen Forderungen Nachdruck zu verleihen und den politisch-parlamentarischen Bereich zu überzeugen, dass wir in den Auslandseinsätzen eben nicht weitermachen können wie bisher!
Keinen Hehl mache ich aus meiner persönlichen Ablehnung einiger der gegenwärtig innerhalb unserer Flottille unternommen Schritte, die vorgeblich der Re-Professionalisierung dienen, aber wieder ein Stück die Freiheit der Kommandanten und auch der Kommandeure beschneiden. Ich empfinde uns hier – und da bin ich mir mit meinen Kommandanten einig – auf einem gefährlichen Irrweg. Mit theoretischen Leistungsnachweis-Prüfungen allein, ohne die notwendige vorgeschaltete Ausbildung und Zeit und Gelegenheit Dinge auch praktisch zu „erfahren“ werden wir niemanden professioneller machen und schon gar niemanden begeistern. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass wir unsere jungen und engagierten Offizier verbiestern um nicht zu sagen entgeistern werden. Und bei alledem dürfen wir nicht vergessen, dass Fachwissen nur die eine professionelle Grundlage unseres Berufes ist, dass das entscheidende aber der Charakter unserer Offiziere ist. Und der lässt sich nicht prüfen, sondern nur beobachten. Und dafür braucht es vor allem Zeit und nicht neue Prüfungen.
Ich möchte meine Rede nunmehr mit einigen persönlichen Eindrücken beschließen:
Aus dem BMVg heraus eine Initiative zur Entbürokratisierung zu starten hört sich erstmal wie eine gute Sache an. Wie aber sieht denn die Realität im Truppenalltag aus? Fregattenkapitän Christian Scherrer hat es in seiner Abschiedsrede als Kommandant der Fregatte Brandenburg folgendermaßen ausgedrückt, ich zitiere: „Die Besatzungen kämpfen täglich mit der Materiallage und der Personallage, aber leider auch viel zu viel mit der überbordenden Administration.“ Zitat Ende.
Trotz angeblicher Entbürokratisierung werden nämlich gleichzeitig immer mehr Meldungen, insbesondere im Bereich des Personalwesens abgefordert – und nicht nur von höheren Kommandobehörden.
Verrechtlichung ersetzt inzwischen vielerorts Entscheidungen und Führung wird durch Administration ersetzt. All dies ist aus meiner Sicht vor allem eines: Ausdruck von Mangel an Vertrauen in die Arbeit der Truppe. Wenn im Verteidigungsministerium ernsthaft diskutiert wurde, die Disziplinargewalt in Kommandobehörden zu bündeln, statt sie den Truppenführern zu überlassen, dann kann ich nur feststellen, dass aus der Geschichte des dritten Reiches und der Wehrmacht offensichtlich nichts gelernt wurde. Aus sehr guten Gründen wurde mit der Aufstellung der Bundeswehr ein gänzlich anderer Weg beschritten.
Aber wenn wir schon bei Vertrauen sind, dann muss ich zugeben, dass ich nach dem 30. April 2017 das Vertrauen in die politische Führung der Bundeswehr verloren habe. Sie erinnern sich an die medienwirksam im ZDF, Sonntagabend bei Berlin direkt, getroffenen Aussagen von Ministerin von der Leyen zu Haltungsproblemen von Vorgesetzten und einer Führungsschwäche in der Bundeswehr auf verschiedenen Ebenen? Die Pauschalität der Vorwürfe hat selbst mich mit knapp dreißig Dienstjahren erschüttert. Auch mit Ironie oder Sarkasmus, „bei Haltungsproblemen ab zur Physiotherapie“, kam ich an dieser Stelle nicht weiter.
Und mit dieser, meiner Sichtweise bin ich nicht alleine. Der langjährige Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Wolfgang Hellmich, SPD, hat Ende Juli 2017 auf die Frage eines Journalisten der WELT “Wenn Sie auf die vergangenen vier Jahre zurückblicken, geht es der Bundeswehr heute besser oder schlechter?” geantwortet, ich zitiere:
“Es geht ihr zumindest nicht besser. Positiv ist, dass einige Weichen in die richtige Richtung gestellt worden sind: Die sogenannten Trendwenden für Rüstung, Finanzen und Personal sind in Ordnung. Auf der anderen Seite sind aus meiner Sicht viele Dinge angestoßen worden, die nicht in Ordnung sind. So wird seitens des BMVg eine große Deregulierungskampagne gefahren, auf der anderen Seite aber neue Meldeformate etabliert, die dem zuwider laufen und aus meiner Sicht zumindest für ein mangelndes Vertrauen in die Mehrzahl der Vorgesetzten sprechen. Kann ich das verstehen? Nur teilweise. Denn die Bundeswehr ist eine Großorganisation, in der Fehler passieren. Bedauerlicherweise werden diese Einzelfälle gerne medial aufgebauscht und ganz offenbar fehlt dieser Verteidigungsministerin die nötige Gelassenheit – und auch das nötige Vertrauen.“ Zitat Ende.
Ja Einzelfälle können passieren, dürfen nicht passieren – und sie müssen konsequent verfolgt werden. Damit sich Fälle auf ein Minimum beschränken sind alle Vorgesetzten, insbesondere die unmittelbaren, die Truppenführer, immer wieder gefordert.
Dazu brauchen sie aber auch die nötige Zeit. Ich empfinde es bis heute als sehr bezeichnend, dass es ganz offensichtlich problemlos möglich war, mich aus der Führungsverwendung als Kommandeur für über viereinhalb Monate auf einen Dienstposten im EU Hauptquartier nach Rom zu kommandieren. Für die Fregatte MECKLENBURG- VORPOMMERN führte das dazu, dass durch unsere wechselseitigen Abwesenheiten und das Verbot für Kommandeure, Ihrer Einheiten während des Operational Sea Training und im Einsatz zu besuchen, ich Schiff und Besatzung zehn Monate nicht gesehen habe. Ein aus meiner Sicht unhaltbarer Zustand.
Das spricht aus meiner Sicht zumindest nicht für eine herausgehobene Bedeutung, die man vorgeblich einem Kommandeur beimisst, wenn der Truppenführer in der Hierarchie der Marine scheinbar der Entbehrlichste ist und sämtliche Projektaufgaben in allen Stäben wichtiger sind. Zur Dienstaufsicht gehört nämlich, sich Zeit für die unterstellten Soldaten zu nehmen, ihnen bei der Arbeit zuzuschauen und zuzuhören. Dienstaufsicht ist mehr, als bei Ein- oder Auslaufen auf der Pier zu stehen und zu winken und ansonsten einen Schreibtisch in Gebäude 25 zu kommandieren.
Damit komme ich zu einem ganz persönlichen Resümee: Die Aufgabe als Kommandeur eines Fregattengeschwaders im engen Korsett der Einsatzflottille 2 mit zwischenzeitlich erheblichen Beschränkungen für die Ausübung der Dienstaufsicht, ohne eigene Ressourcen – vom kleinen Stab einmal abgesehen – hat deutlich weniger gestalterischen Spielraum geboten, als ich es mir anfangs vorgestellt habe. Ich persönlich habe darunter gelitten. Ich wollte mehr bewegen. Meinem Nachfolger wünsche ich, dass er sich wieder größere Freiheitsgrade arbeiten kann oder bekommt.
Der Bericht zur Kommandoübergabe auf der Webseite der Marine erwähnt diese deutliche Kritik übrigens nicht.
(Da die Inhalte der Bundeswehr-Webseiten aus technischen Gründen absehbar verschwinden werden, das hier als pdf-Datei: Führungswechsel im 2. Fregattengeschwader )
Eine notwendige Ergänzung: Dass ich die Rede in wesentlichen Teilen, aber nicht komplett hier veröffentliche, hat einen einfachen Grund: Sowohl die umfangreiche Begrüßung der Ehrengäste bei der Kommandoübergabe als auch der persönliche Dank an Familie und Kameraden gehören zu einer solchen Rede, sind für das Thema hier aber nicht wirklich von Belang.
(Foto: Der scheidende Kommandeur beim traditionellen Abpullen – PIZ Marine/Bundeswehr/Kim Brakensiek)
Chapeau, Herr Kap’tän!
– Attraktivität speist sich nicht aus KiTas am Standort mit erweiterten Betreuungsmöglichkeiten und der Einführung der Soldatenarbeitszeitverordnung
– Truppenführer in der Hierarchie der Marine scheinbar der Entbehrlichste
– erheblichen Beschränkungen für die Ausübung der Dienstaufsicht
– … ich nach dem 30. April 2017 das Vertrauen in die politische Führung der Bundeswehr verloren habe.
Alles Treffer „Zielmitte“.
– das entscheidende aber der Charakter unserer Offiziere.
Charakter hat er gezeigt. „EDEKA“ wird folgen, denn, jeder Satz kommt einer schallenden Ohrfeige für die IBuk und der Verwaltungs-Hasenfüßigkeit von bürokratischen Uniformträgern im Ministerium gleich.
Dass die Marine-Webseite brüllend zur Kritik schweigt, spricht Bände.
Respekt. Das ist gelebte Innere Führung.
Besonders bedeutend daher auch dieser Ausschnitt:
„Wir dürfen als Vorgesetzte aller Ebenen nicht ständig den vermeintlich politischen Willen schon einmal vorwegnehmen. Wir sind aufgerufen unseren berechtigten militärischen Forderungen Nachdruck zu verleihen und den politisch-parlamentarischen Bereich zu überzeugen, dass wir in den Auslandseinsätzen eben nicht weitermachen können wie bisher!“
Eine deutliche und nachvollziehbare Kritik an der Marineführung.
Die Erläuterungen des BMVg hierzu werden bestimmt wieder besonders kreativ.
Puh.
Für die Rede von Kapitän zur See Horn anlässlich der Kommandoübergabe, in der er schonungslos den Finger in die Wunde(n) legt, meinen Respekt. Offenbar ist ihm die Truppe und sein Auftrag wichtiger als eine mögliche Karriere-Bremse.
Ich wünsche mir, dass sich die übergeordnete Führung einmal (selbst)kritisch mit den Inhalten seiner Rede beschäftigt und dass sich in den angesprochenen Bereichen bald merkbar etwas ändert.
Die WILHELMSHAVENER ZEITUNG hat ausführlich, auch auf Seite 1, darüber berichtet.
[Lesen hilft: Dass es in der örtlichen Presse Thema war, steht drin. T.W.]
Herr Kapitän Horn Hochachtung für diese Rede die sie gehalten haben. Aber ich befürchte diese Rede wird man ihnen höheren Ortes sehr Übel nehmen. Das war mit Sicherheit das Ende ihrer Karriere bei der Marine.
Schade denn Leute wie sie Her Kapitän Horn braucht die Bundeswehr dringend.
Respekt vor diesem Kommandeur.
Habe leider (vor langer Zeit selbst Kommandeur in der Marine) bereits gleiche Erfahrungen gemacht und die Stimme erhoben. Resultat: ein Maulkorb und Strafandrohung.
Respekt auch vor der Zeitung, die diese Rede ungekürzt veröffentlicht. In der hiesigen Presse (Kieler Nachrichten) wäre das undenkbar
Hier ist er, der geforderte Staatsbürger in Uniform!
Ich war bisher kein großer Freund dieser Person aus eigenem Erleben….
Umso überraschter war ich von der Rede, die brilliant formuliert in relativ komprimierter Form all das anspricht, was vielen auf der Seele liegt und den Finger in die Wunde legt.
Treffer versenkt!
Hätte ich von diesem Offizier nie und nimmer erwartet und dann muss man das auch mal anerkennen.
Eine bemerkenswerte Rede. Vielleicht etwas zu scharf (eine Kommandoübergabe soll ja immer auch eine würdige Zeremonie für Vorgänger UND Nachfolger sein), aber ich sehe wenige Punkte, die ich persönlich nicht doppelt unterstreichen kann.
Insbesondere den Aufruf „…unseren berechtigten militärischen Forderungen Nachdruck zu verleihen…“ halte ich für außerordentlich wichtig.
Vorgesetzte (mit steigendem Dienstgrad und wachsender Dienststellung im höheren Maße) vergehen sich m.E.n. an ihrem Eid und Auftrag, wenn sie willfährige Lakeitel werden…
Diese – öffentliche – Rede verdient für mich den allerhöchsten Respekt. „Treffer, versenkt!“.
Ich bin mal gespannt, ob sein individueller Karrierepfad weiter nach oben führt, oder ob es das sprichwörtliche Abstellgleis wird.
Seine unterstellten Soldaten werden ihm jedenfalls mit Hochachtung begegnen.
Bravo!
Am weiteren Um- und Werdegang wird sich der tatsaechliche Reifegrad ernsthafter Innerer Fuehrung ablesen lassen.
Sehr pointiert wie KzS Horn SK-gemeinsame Fehlentwicklungen anspricht. Er macht vor, was man von seinen Vorgesetzten haette erwarten muessen.
Danke Herr Kap`tän,
e n d l i c h ein M a r i n e o f f i z i e r der aus dem (befohlenen) Kielwasser von Admital Krause, Brinkmann und der Ministerin ausscheert.
Respekt und Anerkennung von einem ehemaligen „EMDEN“ fahrer.
BZ +
@ Kapitän zur See Horn
DANKE für diese klaren und mutigen Worte. Sie haben meinen ABSOLUTEN Respekt.
@BMVg: Das ist die Meinung der Masse der Soldaten. Habe diesen Beitrag an viele Kameraden weiter geleitet. ALLE konnten sich dem Kapitän zur See Horn anschließen.
Es ist also definitiv keine Einzelmeinung.
Also liebe Inspekteure, die kurz vor dem Ruhestand stehen. Jetzt tätig werden und nicht erst im Ruhestand, wie es üblich ist. Der Respekt Ihres unterstellten Bereiches wird Ihnen sicher sein.
Im Heer und in der Luftwaffe sieht es nicht viel anders aus. Wenn sogar die Jetbesatzungen reihenweise kündigen…
5 erfahrene Eurofighterpiloten in den letzten 3-4 Wochen. In Anbetracht der zur Verfügung stehenden einsatzbereiten Besatzungen ein Desaster. Von dem nun fehlenden Erfahrungsaustausch will man lieber gar nicht sprechen.
Die Flotte ist mit ihren Maschinen am Ende, die Technik und das EKZ kommen nicht hinterher und im Truppenkommando aufwärts wird alles wieder geradegemeldet. Bzw nicht aktiv gegengesteuert. Dazu kommen SAZV und sinnlose Selbstverwaltung. In manchen (Einsatz-)Geschwadern wird offen gemunkelt, dass 35-40% der Piloten dieses Jahr ihre Scheine auf Grund von zu wenig Flugstunden verlieren.
Damit hat der Herr Kap’tän vielen Marinierten aus der Seele gesprochen.
Danke dafür und hoffen wir, dass es Ihnen nicht zum Nachteil gereicht!
Sehr geehrter Herr Kapitän zur See Horn!
Ich möchte Ihnen mit diesen Zeilen aus tiefstem Herzen meine Anerkennung zu Ihrer Rede aussprechen:
1) Als Offizier im 37. Dienstjahr fand ich mich in jedem Ihrer Gedanken wieder – selbst Ihre marinespezifischen Aspekte lassen sich heute (leider) sehr einfach durch Angehöriger anderer TSK / MilOrgBer auf deren Bereiche übertragen und nachvollziehen!
2) Hochachtung für Ihren Mut, so deutlich, so zutreffend und so offen / öffentlich die Zustände in unseren Streitkräften zu beschreiben! Es gehört eigentlich zu unserem Beruf (insbes. als Offizier in Führungsfunktion), aufzustehen und sich zu äußern, wenn man deutliche Fehlentwicklungen erkennt. Es muss dann auch weitergehend kommuniziert werden, wenn diese Meldungen in den übergeordneten Führungsebenen scheinbar nicht wahr- / ernstgenommen werden. Ich habe mich leider zu einem derart deutlichen Schritt noch nicht getraut – es wäre aber wahrlich an der Zeit!
3) Ich hoffe (nein, ich weiß!), ich bin nicht der Einzige, der Ihre Gedanken teilt! Daher möchte ich Ihnen mit diesen Zeilen den Rücken stärken und die Daumen drücken, dass unsere Führung über Ihre Worte nachdenkt und Rückschlüsse zieht – und hoffentlich nicht den vermeintlich leichten, aber falschen Weg des Ruhigstellens eines unbequemen Mahners geht.
4) Unsere BMVg-Führung sollte wissen, dass die Stimmen derjenigen immer lauter und deutlicher werden, die ein ehrliches Bild aus der Truppe nach oben übermitteln und einen echten Wandel fordern. Wir machen das ja nicht zum Spaß, wir wollen doch hoffentlich gemeinsam (Führung und Truppe) eine positive und nachhaltige Veränderung und einen echten, größeren Stellenwert unserer Streitkräfte im Verbund unserer EU- / NATO-Partner!
5) Ich bin (immer noch) Soldat aus Überzeugung. Und ich möchte, dass meine Führung hinter mir steht, mich ernst nimmt und mir die materiellen, personellen und auftrags- und befugnisorientierten Spielräume für mein Handeln gibt (nennen wir es doch „Auftragstaktik“). Dazu gehört, uns Angehörigen ehrlich und offen zu sagen, was derzeit nicht funktioniert, was wann und wie geändert wird – und dies dann auch sicherzustellen. Falsche Versprechen, Aktionismus, Selbstdarstellung und Pauschalvorwürfe der Führung gehören nicht dazu!
Sehr geehrter Herr Kap’tän,
Sie sprechen den meisten älteren Kameraden aus der Seele… Die grundlegenden Probleme dargestellt und die Verantwortung für die Truppe übernommen, diese Überbordenden Problemfelder zu benennen… Ich bin froh, noch Kameraden in unseren Reihen zu wissen, die nicht dem Karrieretaumel völlig erlegen sind. Vielen Dank für diese Klarheit!
gut, dass es offen kommuniziert wird, nur wird sich etwas ändern?
@ Dharoc:
Sie können fest davon ausgehen, dass er sich der Konsequenzen solch einer Rede bewusst war.
Entweder konnte er sich zu dem Zeitpunkt bereits sicher sein, dass seine Karrierekurve sowieso am abebben ist oder aber er ist an einem Punkt angelangt, dass ihm diese Rede eine Herzensangelegenheit wurde, die er über die Karriere stellt. Da man nicht in den Kopf eines Menschen rein gucken kann werden wir wohl nicht erfahren, welche Motivation für ihn treibend war.
Gibt es eine Quelle der Abschiedsrede im Wortlaut oder waren Sie dabei, was ich nicht denke ;)
Aber ist doch eigentlich immer so, nach einer Kommandoübergabe wird mal laut und unbequem…egal ob Kommandeur oder Inspekteur…doch im Amt verrichtet man seinen Dienst still und leise…und solche Wahrnehmungen und öffentliche Reden vermisst man vergebens.
Admiral Krause wird sich sicherlich auch nach seiner Amtszeit als Inspekteur unbequem zu Wort melden…wie seine Vorgänger.
[Ich habe den Redetext. T.W.]
Lieber Jörg, danke für die endlich einmal klaren Worte, die ich eigentlich schon lange vom Inspekteur erwartet hätte. Wir, auf der Arbeitsebene kämpfen jeden Tag damit, die Einheiten für Einsätze und andere Vorhaben vorzubereiten. Geäußerte Bedenken und Anregungen werden auf Ebene MarKdo oder BMVg ausgesessen, daraus resultierende Mängel werden sofort nach unten mit einem ‚warum konnte nicht‘ weitergegeben und aus Prioritätsgründen Aufgaben des Bedarfsdeckers durch die Marie erledigt. Dass dadurch die eigentlichen Aufgaben zur Betriebsführung liegen bleiben, scheint niemanden (!!!) zu interessieren.
Noch einmal danke für die klaren Worte.
BZ von einem ehem. Luftwaffensoldat.
Herr Kapitän Sie sprechen mir aus dem Herzen!
Ganz großen Respekt vor diesem aufrichtigen Offizier. Solche Worte sollte man öfter von aktiven Offizieren hören und nicht erst, wenn sie pensioniert sind.
Obwohl ich nicht von der Marine bin, empfand ich Offiziere dieser TSK als schon immer beeindruckend, weil pragmatisch, ehrlich und am Auftrag orientiert.
Daher war ich auch beim Statement des Insp M auf der diesjährigen Berliner Sicherheitskonferenz so enttäuscht, als dieser über vier Minuten seiner zur Verfügung gestellten 7 minütigen Redezeit dafür verschwendete, den Zuhörern zu erklären, wie viel Wasser es auf der Erde gibt.
Er hätte es besser nutzen können.
Noch einmal sage ich, Respekt Herr Kaptän.
Gut gebrüllt, @Hörnchen. oller Seelöwe ;-)
Willkommen im Club der Freidenkerkapitäne – Du stehst in einer guten, alten Wilhelmshavener Tradition. Erhalte Dir Deine Seefahrts- und Flottennähe, das ist wichtiger denn je in den High Places der heutigen BW.
Grüße vom Seemann…
P.S.
Wen es interessiert, hier der Werdegang von KzS Horn:
http://www.bgef.de/dieschiffe/emdenv/chefetage/horn-joerg-michael.html
Ich muss deutlich sagen: „Chapeau!“ Diese klaren Worte, bewusst entgegen des allgemeinen Zeitgeistes in der eigenen sozialen Gruppe gewählt, zeichnen einen reflektierten Truppenführer aus, der das Konzept der Inneren Führung lebt. „BZ“ sagt man dazu wohl in Marinekreisen!
Insbesondere diesen Abschnitt – unter vielen anderen – fand ich bemerkenswert, da er sich streitkräfteweit (!) anwenden lässt:
Ich bin schon jetzt darauf gespannt, wie die Wortverdreher aus dem BMVg diese eindrucksvolle Ausführung auflösen und umdeuten werden… :-)
Inhaltlich ein Volltreffer, aber leider hat sich KzS Horn dafür das falsche Forum ausgesucht. Dieser Diskurs hätte besser zu einer internen Veranstaltung mit direkter Konfrontation wie einer Kommandeurtagung gepasst als zu einer Abschiedsrede.
@Phillip Runge:
Dieser Offizier hat sich vielleicht am Ende seiner Kommandeurszeit zu Wort gemeldet, er hat allerdings noch einige Jahre vor sich. Der InspM geht aller Voraussicht nach nach seiner Verwendung in den Ruhestand. Damit – finde ich – bekommt dieses Statement hier eine völlig andere Qualität, da sich ein aktiver Offizier deutlich vor seiner Zurruhesetzung mit deutlicher Kritik zu Wort meldet, die – wie man auch an den Kommentaren hier sieht – auf breite Zustimmung „der Schlammzone“ trifft.
@KptzS Horn:
Meinen aufrichtigen Respekt für diese Rede, diese Worte hätten von deutlich weiter oben kommen müssen. Jetzt, wo sie ausgesprochen sind, ist es an diesen höheren Stellen die benannten Zustände zu verbesseren bzw abzustellen, ignorieren sollte nicht mehr so einfach sein. Ich hoffe, dass Ihnen keine Nachteile daraus entstehen, alleine, daran glauben mag ich nicht….Alles Gute!
Fast volle Zustimmung, mit einer Ausnahme.
Die Zeiten in denen Marine und/oder BAAINBw mit „Bordmitteln“ alleine Kontinuität in der Softwarepflege sichern konnten sind vorbei. Das „alte“ KMFüSys wiederauferstehen zu lasssen ist eine Illusion.
Seit SATIR ist die Komplexität der Software um mehrere Grössenordnungen gewachsen und der zivile Sektor „zieht“ sehr viel stärker die Kompetenzträger im Markt für die Vielzahl der IT Anwendungen. Weder als Beamte noch als Soldaten werden je genug Kompetenzträger verfügbar sein. Man hat ja derzeit noch nicht mal genug Kompetenzträger um „gut einzukaufen“.
Die Industrie konnte/kann/DARF die gewünschte Kontinuität derzeit nicht bereitstellen weil „der öAG“ den dafür nötigen vertraglichen Rahmen nicht bereitstellt. Die Vergangenheit ist geprägt von dem ARGE Unwesen wo immer wieder neue innere Umsatzverteilung und Verantwortungsteilung im Vertragsgefüge auftraten. Ohne Kontinuität in der kommerziell-vertraglichen Struktur muss die Industrie immer wieder umplanen. Wenn der Vertrag ausläuft muss das Personal umgeplant werden. Zwei Jahre später gibt es das Team nicht mehr denn die Einzelpersonen arbeiten verstreut an anderen Projekten oder sogar in anderen Firmen. Was benötigt wird sind dedizierte Verträge zur Softwarepflege mit jahrzehntelangen Laufzeiten. Dann gibt es auch langfristig bestehende Teams in denen echte Kompetenzträger entstehen und gehalten werden können. Ein „Familienkonzept“ der Software mit geplanter Evolution über die Beschaffungs- und Upgradeverträge aller Plattformen sollte das dann ergänzen.
Das Konzept der „Schlüsseltechnologien“ könnte hier die Vorraussetzung dieser Abhilfe schaffen. Eine bewusste Verstetigung der Geschäftsbeziehungen kann dann im öffentlich-privaten Hybrid in Deutschland die ersehnte Kontinuität bereitstellen. Wer befürchtet dass dann die Industrie dies ausnutzt versteht die Preisbindung der „Bonner Formel“ nicht und hat zu viel Angst vor einem Äquivalent der „Lodenmafia“.
Die Alternative ist ein weiteres Jahrzehnt des Hinterherrennens nach und des Zerren zwischen Partikularinteressen der Parteien (einzelne, auch ausländische, Firmen; Kommandos und Ämter der Marine; BAAINBw; BMVg) während die nationalen Kompetenzen (Industrie und öAG) verschwinden. Dann bestehen nur die Alternativen der Neuschaffung (mit milliardenschwerem jahrzehntelangem Aufwand) oder die Auslieferung an ausländische Interessen, wo Industrie und Regierung „Hand-in-Hand“ agieren. Ob der zweite Fall für die Flotte bessere Ergebnisse erzielt ist fraglich und käme auch der Aufgabe des „Anlehnungsmacht“ Anspruchs gleich.
Am Ende geht es auch nicht mehr nur um „die Flotte“, denn die eigentliche Fähigkeit um die es geht ist die Erstellung, Beschaffung und Pflege komplexer Software im sicherheitspolitischen Umfeld. Die Nutzer dieser Fähigkeit sind nicht nur die Streitkräfte und Sicherheitsbehörden sondern das gesamte Staatsgefüge. Diese Fähigkeit national zu erhalten/aufzubauen ist daher für die Souveränität eines Lands der Größe und Wirtschaftsmacht Deutschlands unentbehrlich. Viel mehr als Glasfaser ist dies Zentralpunkt der digitalen Herausforderung.
Wenn auch inhaltlich unumwunden zutreffend, ist mir die Rede vllt. doch einen Ticken zu persönlich in den Anwürfen.
Ich hoffe, dass diese Ausführungen auch in den überregionalen Medien (@Herr Thiels, Herr Gebauer, Herr Flocken, …) Resonanz findet.
[Augen geradeaus! ist auch ein überregionales Medium ;-) T.W.]
@ Philip Runge, Leichtmatrose
1.) Sie behaupten, dass KptzS Horn während seiner Zeit als Kommandeur seinen Dienst still und leise verrichtet hat. Können sie dies auch belegen?
2.) Öffentliche Auftritte und Reden sind für Geschwaderkommandeure nicht vorgesehen, auch hier ist ihnen glaube ich nicht bekannt, ob die Themen, die KptzS Horn bei seiner Verabschiedung angesprochen hat, nicht schon vorher bei internen Veranstaltungen angesprochen wurden. Auch ist es für einen Kommandeur nach meiner Einschätzung nahezu unmöglich, alle Aspekte die KptzS Horn hier angesprochen hat komprimiert darzustellen. In alter Marinetradition ist ein solcher Wechsel immer die Gelegenheit gewesen, Dinge auch aus der eigenen sehr persönlichen Sichtweise aufzugreifen.
3.) Nur wer hier alle Aspekte kennt, sollte solche Bewertungen abgegeben, die sich zum Teil direkt gegen KptzS Horn wenden, der sich zudem noch in einem aktiven Dienstverhältnis befindet.
Klarer kann es nicht ausgedrückt werden.
Es tut zu sehen, dass es noch Offiziere wie KaptzS Horn gibt.
@T.W. u. O.Punkt:
Die FAZ greift das Thema mit Bezug auf den Bericht hier auf und ordnet die Aussagen aus meiner Sicht sehr gut ein („Marine-Kommandeur rechnet mit von der Leyen ab“).
BMVg und Marine waren gegenüber der FAZ nicht zu einer Stellungnahme bereit. Der Artikel findet morgen hoffentlich einen prominenten Platz in der FAZ.
Es ist schon so. Neben sachlichen Gründen entscheidet in der Politik auch, welche Interessengruppe am lautesten schreit. Die Soldaten waren bisher stets ruhig, loyal sowieso. Eventuell müssen aber auch Soldaten ihre Bedürfnisse viel lauter äußern.
@TW:
Natürlich sind Sie überregional, aber ohne Ihnen zu Nahe treten zu wollen, Ihre Reichweite könnte etwas kleiner sein, als die der genannten. Das machen Sie mit Qualität und Quantität aber locker wieder weg :-)
@all
Ist bei der Marine nach Komandoübergabe auch ein Empfang üblich? Wenn es einen solchen gab, wie war die Stimmung auf dem Emfpang? Bedrückt / Euphorisch? Gab es noch Worte von Seiten des Übergabedurchführenden Admirals? Wenn ja, was sagte er?
(Sorry, als alter HeeresOffz kenne ich mich mit den Feinheiten der Marinegepflogenheiten nicht so aus)
—
Und weil es thematisch so schön passt, sei nochmal folgende Video in Erinnerung gerufen:
https://www.youtube.com/watch?v=faAwyTYpHTw
:-)
@Ex-Seefahrer | 25. März 2018 – 16:25
„1.) Sie behaupten, dass KptzS Horn während seiner Zeit als Kommandeur seinen Dienst still und leise verrichtet hat. Können sie dies auch belegen?“
Das wird, so wie Sie die Frage formuliert haben, ja ein bißchen schwierig, oder?
;)
„3.) Nur wer hier alle Aspekte kennt, sollte solche Bewertungen abgegeben, die sich zum Teil direkt gegen KptzS Horn wenden, der sich zudem noch in einem aktiven Dienstverhältnis befindet.“
Hm, naja, wer sich öffentlich äußert muss auch mit öffentlicher Kritik leben.
Außerdem waren ja die hier getätigten Äußerungen nicht unkameradschaftlich…
Herr Kapitän,
meinen höchsten Respekt. Nach 30 Jahren Dienstzeit kann ich Ihnen nur in vollem Umfang zustimmen. Für uns bleibt nur die Hoffnung das die Worte auch in den zuständigen Kreisen nicht ungehört verhallen. Leider fehlt den meisten von uns, zumindest denen die in der Realität leben, inzwischen der Glaube das sich auch nur das Geringste ändern wird. Solange bei uns Minister Entscheidungen treffen die nie selber gedient haben, und zwar länger als die früher übliche Wehrpflicht, und Sie dann auch noch von Militärs „beraten“ werden die nur Angst vor dem eigenen Karriereknick haben wird sich nichts wirklich zu nachhaltigen Verbesserungen hin ergeben. Natürlich lassen wir uns alle gerne eines Besseren belehren.
Mit kameradschaftlichen Grüßen
Salvamoser, S
Eine sehr schöne Rede, die wahrscheinlich – erneut – keinerlei Konsequenzen nach sich ziehen wird. Mal angesehen von den nun zu erwartenden und zugleich mit Sicherheit nicht nachweisbaren Folgen für die Laufbahn dieses Offiziers.
Irgendwas hatte bei diesem Redetext noch bei mir geklingelt – und dann bin ich fündig geworden hier in den älteren Berichten: Ich empfehle noch einmal die Rede nachzulesen von Oberstleutnant Finke, die dieser Anfang Juli 2017 als stellvertretender Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 Richthofen zum Thema Tradition gehalten hatte (von TW eingestellt am 03.07.). Der Inhalt seiner Rede ist zwar grundsätzlich ein ganz anderer als der von Kapitän Horn, ein gewisser gemeinsamer Kern ist aber dennoch zu erkennen.
Es gibt sie also doch noch, diese Staatsbürger in Uniform, die dem ursprünglichen Ideal der Inneren Führung entsprechen und sich aus Überzeugung öffentlich zu Wort melden. Aber die Tatsache, dass das so selten vorkommt und als so ungewöhnlich und herausragend erscheint, spricht meiner Ansicht nach Bände über den heutigen Zustand der Bundeswehr allgemein und den der Inneren Führung insbesondere.
[Die erwähnte Rede des – inzwischen wohl ehemaligen – stellvertretenden Kommodore findet sich hier:
http://augengeradeaus.net/2017/07/bundeswehr-und-tradition-zum-beispiel-richthofen/
T.W.]
Mut auf dem Schlachtfelde ist bei uns Gemeingut, aber Sie werden nicht selten finden, dass es ganz achtbaren Leuten an Zivilcourage fehlt.
Zu diesen gehört Kapitän Horn eindeutig nicht.
Herr Kaptän,
Sie sprechen mir aus dem Herzen!!
@all: Mich würde interessieren, für wie viele andere er spricht. Daher, gebt euch einen Ruck und liked/kommentiert. Auch wenn es nur ein Einzeiler wird. Wird dies der größte Thread des Blogs?!
Sehr geehrter Herr Kapitän,
nach eigener 35jähriger Dienstzeit stütze ich abseits der angesprochenen marinespezifischen Probleme, welche ich mangels Sachkenntnis nicht beurteilen kann, jede Ihrer Aussagen!
Ich bewundere ganz offen Ihren Mut, so deutlich und klar die Defizite in der Öffentlichkeit anzusprechen.
Mit großer Hochachtung
Herzlichst
Ralf Peters
Kapitän z. S. Horn hat meine größte Hochachtung! Seine Darstellungen decken sich (leider) mit meinem täglichen Marinealltag.
Warum hört man vergleichbares nicht von der obersten Marine- und Bundeswehrführung? Nicht einmal auf internen Tagungen? Ist es fehlende Einsicht, Desinertesse, oder finale Resignation?
Mir sind kaum Maßnahmen der letzten Jahre bekannt, die in die richtige Richtung geführt hätten. Der Trend lautet Zentralisierung (komplette Trennung von Verantwortung/Zuständigkeit [in zentralen Behröden] und Betroffenheit [bei der Truppe]), überbordendes Melde- und Kontrollwesen und maximaler Bürokratiegrad. Ein „vom Einsatz her denken“ findet man ausschließlich in der Truppe und in Hochglanzbroschüren.
Mit der aktuellen Führung und dem herrschenden Mindset lässt sich realistischerweise kaum erwarten, dass sich am Zustand etwas zum Positiven ändert.
Die Rede trifft den Nagel auf den Kopf.
Mike | 25. März 2018 – 17:07
@all: Mich würde interessieren, für wie viele andere er spricht. Daher, gebt euch einen Ruck und liked/kommentiert. Auch wenn es nur ein Einzeiler wird. Wird dies der größte Thread des Blogs?!
Daran habe ich auch schon gedacht. Es wäre ein wahrnehmbares Signal.
Und für mich ist es allerhöchste Eisenbahn, dass Ehrlichkeit in die politische Diskussion um den Zustand der Bw einzieht. Klarheit und Wahrheit statt Phrasen.
@KzS Horn: Respekt!
@BMVg: befördern Sie Herrn Kapitän Horn – und machen Sie ihn zum „Sonderbeauftragten“ für akute Belange der Marine. (vglb. dem „BEA“ des GI)
@Mike | 25. März 2018 – 17:07
„Mich würde interessieren, für wie viele andere er spricht. Daher, gebt euch einen Ruck und liked/kommentiert. Auch wenn es nur ein Einzeiler wird. Wird dies der größte Thread des Blogs?!“
Naja, ein solches Vorgehen passt ja dann doch besser zu facebook als zur Kommentarspalte eines seriösen blogs, oder?
Außerdem suggerieren solche „Zustimmungsorgien“ ja nur eine Mehrheit. Es ist ja fast nie klar, wie die schweigende Mehrheit das sieht. Stimmt sie den „Likern“ zu und sagt deswegen nichts, oder stimmt sie ihnen nicht zu, aber traut sich nicht gegen die veröffentlichten Strom zu schwimmen oder stimmt sie ihnen nicht zu, aber bewertet den Vorgang als nicht reaktionswürdig…
Die FAZ hat den Vorgang online aufgenommen „Marine-Kommandeur rechnet mit von der Leyen ab“. Derzeit sogar als Spitzennachricht!
Gerade sogar durch die „FAZ – Der Tag“-App per push bekommen… Bw-Nachrichten als so wichtig einzustufen, dass man eine push-Nachricht bekommt ist bei der FAZ auch selten. Der Vorgang muss da einem Redakteur wirklich gut gefallen ;)
Letzter Nachtrag zum FAZ.net Artikel: und das mit ausdrücklicher Nennung und Berufung auf augengeradeaus.net…
@TBR: das „Wiederauferstehen“ des KdoMFüSys ist eher eine Frage des Wollens, nicht des Könnens. Ich habe selbst in meinen letzten Dienstjahren des öfteren mit einem gut ausgebildeten, begabten und vor allem motivierten Informatiker (KptLt) zusammengearbeitet, der ein Data Link Subsystem geradezu in Rekordzeit fehlerfrei in seine „Bastelbude“ (zugegebebenermassen seinerzeit ein geduldetes Hobby) integriert hat – etwas, wozu die hochgelobte Industrie, der scheidende Kommandeur sprach es an, entweder nicht willens oder in der Lage war. Jedes Jahr verlassen solche gut ausgebildeten Soldaten die UniBw’s, und es ist eigentlich eine Schande, dass die Bundedwehr dies Potential nicht nutzt. Es ist also keine Frage, dass – der politische Wille dazu vorausgesetzt- ein KdoMFüSys (meinetwegen sogar ans BAAINBw angegliedert, das würde die Finanzierung der diversen Projekte deutlich vereinfachen) eine Systementwicklung und nachfolgende SysPÄ deutlich kompetenter durchführen könnte als die „üblichen Verdächtigen“. Natürlich hat die Marine nicht genügend Manpower, um ein Grossprojekt zu stemmen, aber auch in den Goldenen Zeiten des KdoMFüSys gab es stets unzählige Firmenmitarbeiter, die unter der Leitung kompetenter Soldaten ihren Beitrag ablieferten. Das niederländische CAWCS/ Force Vision machte es vor: absolute Industriehörigkeit wie bei uns war dort nie ein Thema, und es war immer klar, wer da Koch, und wer nur der Kellner war. So eine Organisationsform hatte uns auch immer vorgeschwebt – nur leider haben sich hierzulande leider die „staatlichen KdoMFüSys-Hasser“, denen unsere Kritik am allgemeinen Wolken schieben seit jeher ein Dorn im Auge war, durchgesetzt. Aber es besteht ja noch Hoffnung – das alte Namensschild liegt immer noch irgendwo im Keller *zwinker*
Hut ab! Herr Kap`tän…
So deutliche Worte habe ich schon seit langem nicht mehr gehört.
Vielleicht ein Zeichen sich diesem Verhalten in Punkto „Rückrat“ anzuschließen. Zeitgleich eine schallende Ohrfeige an vdL und ihren Ja-sagenden Hofstaat.
Mehr Worte bedarf es nicht…