NATO-Drehscheibe Deutschland und „Military Schengen“: Haken im Detail

Die Mobilität und Verlegefähigkeit der NATO innerhalb ihres europäischen Bündnisgebietes ist für die Allianz, aber auch für die EU derzeit eines der Top-Themen. Angesichts der bürokratischen Hürden, die beim Transport von Militärgerät von einem Land ins andere zu überwinden sind, obwohl beide Staaten sowohl der NATO als auch der EU angehören, hatte der frühere Kommandeur der US Army Europe ein Military Schengen gefordert, eine ebenso freie Fahrt für die Streitkräfte wie für zivilen Personen- und Gütertransport durch Europa.

Tja. Und dann zeigt sich, wo eines der vielen Probleme liegt: In der Oberlausitz stoppte die sächsische Polizei mehrere Tieflader mit M109-Haubitzen der US-Armee. Die sollten von Übungen in Polen zurück nach Deutschland gebracht werden – eigentlich eine Routineangelegenheit. Wenn es für solche Transporte mit Überbreite entsprechende Genehmigungen, Papiere und Gerät gibt. Das alles fehlte aber, wie die Polizei Sachsen via Facebook mitteilte:

Die Kontrolle eines ungewöhnlichen Transportes auf der A4, Rastanlage Oberlausitz Nord, sorgte heute für reichlich Medienanfragen. Eine Streife der Verkehrspolizei hatte gestern bei Bautzen einem Panzertransport die Weiterfahrt untersagt. Eine Spedition sollte im Auftrag der US-Armee sechs Haubitzen vom Typ M 109 nach Deutschland transportieren.
Doch die von der Firma genutzten Auflieger waren dafür allesamt ungeeignet. Bei einer genauen Kontrolle an der Rastanlage Oberlausitz-Nord stellte sich heraus, dass die erforderlichen Transportdokumente und Ausnahmegenehmigungen fehlten, die Ladung zu breit und vor allem viel zu schwer war. Die erfahrenen Polizisten wogen jedes der sechs Gespanne: Bis zu 16 Tonnen waren diese überladen. Auch fehlten dem Konvoi die erforderlichen Begleitfahrzeuge, einige der Fernfahrer hatten zudem ihre Lenk- und Ruhezeiten bereits überschritten.
Im Ergebnis der langen Mängelliste untersagten die Verkehrspolizisten den Fernfahrern die Weiterreise, bis geeignete Fahrzeuge zur Verfügung stehen, die erforderlichen Transportgenehmigungen vorliegen und alle Auflagen erfüllt werden. Die Landesdirektion wird sich mit dem Fall befassen. Auf die Transportfirma und die betroffenen Fernfahrer werden entsprechende Bußgelder zukommen.

Für die Bewertung dieses Vorgangs fehlen leider paar grundlegende Informationen – wenn auch klar zu sein scheint, dass die polnische Spedition gegen zahlreiche deutsche Vorschriften verstoßen hat. Was Überladung und Ruhezeiten angeht, dürfte das auch nicht strittig sein.

Spätestens bei den Ausnahmegenehmigungen dürfte dann die Debatte ansetzen. Gab es welche für Polen, aber nicht für Deutschland? Waren vielleicht für Polen keine nötig, aber für Deutschland? Hätten die mit unterschiedlichem Vorlauf beantragt werden müssen? Und ist das dann genau der Punkt, über den man reden müsste?

(Danke für die Leserhinweise auf die Polizeimitteilung)

(Foto: Polizei Sachsen via Facebook)