Rechtsextremistische Vorfälle in Kaserne in Pfullendorf: Bundeswehr und Staatsanwälte ermitteln

Die Staufer-Kaserne in Pfullendorf, Sitz des Ausbildungszentrums Spezielle Operationen, hat in diesem Jahr bereits mehrfach durch negative Vorfälle bundesweites Aufsehen erregt. Jetzt kommt ein weiterer Vorfall hinzu – gegen Soldaten in dieser Kaserne wird unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt.

Darüber berichtet hatte zuerst die Schwäbische Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht):

Wie die Staatsanwaltschaft Hechingen der „Schwäbischen Zeitung“ am Donnerstag bestätigte, ermittelt sie gegen zwei Soldaten der Ausbildungskompanie 209 wegen des Verdachts der Volksverhetzung und der Strafvereitelung im Amt.
Gegenstand der Ermittlungen soll unter anderem eine per E-Mail verschickte Fotomontage sein, die das Eingangstor des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz und ankommende Flüchtlinge zeigt. Die Überschrift: „Hier ist für jeden von euch ein Platz.“

Der Vorwurf der Strafvereitelung im Amt richtet sich gegen Vorgesetzte, die trotz Kenntnis dieser Fotomontage nicht eingeschritten sein sollen. Die Vorgesetzen hätten auch nichts unternommen, nachdem ein Hauptfeldwebel in einem Sportraum dort trainierenden Soldaten zugerufen haben soll: „Haut ab, ihr dreckigen Afghanen, ich will hier Sport machen!“

Das Verteidigungsministerium bestätigte die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, betonte aber zugleich, dass auch innerhalb der Bundeswehr disziplinarisch ermittelt werde. Unter anderem sei die zuständige Wehrdisziplinaranwaltschaft eingeschaltet worden. Zum Sachverhalt selbst wollte Ministeriumssprecher Michael Henjes angesichts der laufenden Ermittlungen aber nichts sagen.

Und in einem weiteren Punkt blieb Henjes ein wenig, nun, unscharf: Ob die Staatsanwaltschaft von der Bundeswehr über den Verdacht informiert wurde oder ob, wie die Schwäbische Zeitung berichtet, ein anonymes Schreiben von Soldaten an die Staatsanwälte deren Ermittlungen auslöste, bleibt ein wenig unklar.

Henjes dazu vor der Bundespressekonferenz am (heutigen) Freitag:

BPK_Pfullendorf_08dez2017     

 

Nachtrag: Transkript des O-Tons:

Frage: Neues Thema, aber auch an Herrn Henjes: Die „Schwäbische Zeitung“ meldet einen neuen Fall aus der Kaserne Pfullendorf, wonach sich Soldaten anonym bei der Staatsanwaltschaft gemeldet hätten, weil sie mit ihrer eigenen Beschwerde bei Vorgesetzten über volksverhetzende Vorkommnisse nicht weitergekommen seien. Wie stellt sich das aus Sicht des Bundesverteidigungsministeriums dar?

Henjes: Zu den Einzelheiten des Sachverhalts kann ich aus ermittlungstechnischen Gründen hier leider nichts sagen. Aber die Causa ist uns bekannt. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, noch einmal ganz deutlich zu unterstreichen, dass jede Form von Extremismus, gleich welcher Couleur, in der Bundeswehr keinen Platz hat.

Hinsichtlich des Vorgangs an sich ist zu sagen, dass sowohl die zuständigen Vorgesetzten, also die Disziplinarvorgesetzten, dort Ermittlungen aufgenommen haben als auch die zuständige Wehrdisziplinaranwaltschaft in Leipzig in enger Abstimmung mit der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft. Aufgrund dieser Ermittlungsverfahren sehe ich mich auch aus rein rechtlichen, sprich, gesetzlichen Gründen nicht im Stande, hier weitere Auskunft darüber erteilen zu können.

Zusatzfrage: Können Sie also auch nicht sagen, ob die Ermittlungen der Vorgesetzten nach dem anonymen Schreiben an die Staatsanwaltschaft ausgelöst wurden oder ob sie schon vorher liefen?

Henjes: Die Aufnahme der Ermittlungen ist meiner Auffassung nach wesentlich im Vorfeld dieser Mitteilung. Ich kann hier aber auch noch nicht einmal sagen, inwiefern es ein Schreiben an die Staatsanwaltschaft von Dritten gab oder ob noch andere Mitteilungen ergangen sind.

Zusatzfrage: Können Sie sagen, inwieweit sich die neu eingesetzten Hotlines usw. schon durchgesetzt haben und in welcher Größenordnung die Meldungen von Vorfällen aus Kasernen zugenommen haben?

Henjes: Entschuldigung, können Sie Ihre Frage spezifizieren?

Zusatzfrage: Im Nachklang der Skandale hatte das Verteidigungsministerium versucht, die Meldewege für die Soldaten einfacher zu machen. Können Sie schon evaluieren, inwieweit das dazu geführt hat, dass Soldaten wirklich mehr melden?

Henjes: Wir hatten bei uns in der Bundeswehr einen Anstieg von Vorfällen extremistischer Art zu Anfang dieses Jahres beziehungsweise zu Mitte dieses Jahres zu verzeichnen. Wir gehen davon aus, dass dies im Wesentlichen nicht auf einen tatsächlichen Mehrumfang zurückzuführen ist, sondern auf die erhöhte Sensibilität aufgrund der Umstände, die gleichzeitig liefen. Dieses Meldewesen war eigentlich unabhängig von der Möglichkeit, sich direkt an das Bundesministerium der Verteidigung zu wenden, aber gleichlautend auch an die Vorgesetzten beziehungsweise Vertrauenspersonen.

Frage: Ich habe es noch nicht ganz verstanden. Gab es erst die Hinweise an die Staatsanwaltschaft und deren Ermittlungen oder gab es erst disziplinare Ermittlungen? Ist intern eher etwas angelaufen, bevor das die Staatsanwaltschaft erreicht hat?

Henjes: Der Vorfall war intern vorher bekannt.

Zusatzfrage: Es erfolgte aber nicht von der Bundeswehr eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft, sondern laut Berichterstattung über ein Schreiben an die Staatsanwaltschaft. Ist das richtig?

Henjes: Ich möchte in diesem Fall noch einmal hervorheben, dass mir aufgrund der laufenden Ermittlungen und auch hinsichtlich des Umfangs und der Zeiträume oder Ähnliches – – –

Zuruf: Ich habe weder nach Umfang noch nach Zeiträumen gefragt, sondern nur, ob die Einschaltung der Staatsanwaltschaft auf Aktivität der Bundeswehr oder auf einem parallelen Wege erfolgte.

Henjes: Ermittlungen erfolgten im Vorfeld.

Zusatz: Die Frage ist, ob die Einschaltung der Staatsanwaltschaft durch eine Aktivität der Bundeswehr erfolgte oder nicht.

Henjes: Das war meine Antwort.

Zusatz: Das war keine Antwort.

Henjes: Das war meine Antwort.

Vors. Szent-Iványi: Noch ein Versuch?

Zusatz: Ich kann nicht mehr. Andere können vielleicht noch.

Vors. Szent-Iványi: Sie können noch, wenn Sie es wollen.

Zusatz: Nein. Sorry, wir kommen an der Stelle nicht weiter.

Henjes: Um das noch einmal klarzustellen: Sie wissen, dass solche Vorfälle eine Vielzahl von zuständigen Stellen bindet. Das sind sowohl außenstehende als auch interne Stellen. Im Wesentlichen ist immer die Frage, wer wann wie aufgrund des Umfangs eingebunden wird. Das sind parallel laufende Ermittlungen. Aber ich kann hier hervorheben, dass im Vorfeld, wie es ja auch immer richtig ist, interne Ermittlungen laufen.

Zusatz: Das habe ich verstanden.

Henjes: Genau! Und mehr ist dazu im Moment von hier aus in Berlin nicht zu sagen.

(Archivbild: Staufer-Kaserne in Pfullendorf – Bundeswehr/Michael Frick)