NATO will Truppen in Afghanistan auf 16.000 aufstocken (Nachträge)

Fürs Archiv – nicht wirklich überraschend, aber nun offiziell: Die NATO will die Zahl ihrer Soldaten im Afghanistan-Einsatz um rund 3.000 auf 16.000 aufstocken. Diese Zahl nannte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am (heutigen) Dienstag in seiner Pressekonferenz vor dem Treffen der Verteidigungsminister der Allianz, das am Mittwoch und Donnerstag in Brüssel stattfindet. Voraussichtlich die Hälfte dieser Aufstockung wird von den USA kommen, der Rest von den anderen an der NATO-Mission Resolute Support beteiligten Ländern – aber bis auf weiteres nicht aus Deutschland.

Grund für die Aufstockung, in erster Linie der US-Truppen, ist die zunehmend schlechtere Sicherheitslage am Hindukusch und der offensichtliche, zunehmende Verlust der Kontrolle der Regierung in Kabul über Teile des Landes. Die USA hatten bereits eine Erhöhung um rund 4.000 Soldaten angekündigt, allerdings wird davon voraussichtlich nur ein Teil zur NATO-Mission gehören, während die übrigen unter US-Kommando auch direkt gegen die Aufständischen in Afghanistan vorgehen sollen.

Von Stoltenbergs Pressekonferenz gibt es bislang nur das Statement, ohne die konkreten Zahlen, und noch nicht ein Transkript von Fragen und Antworten, (Update: Transkript inzwischen unten nachgetragen), aber die Meldung u.a. von Reuters:

NATO allies are set to agree on Thursday to increase by some 3,000 personnel the troop levels for the alliance’s Afghanistan training mission, NATO Secretary-General Jens Stoltenberg said.
About half the additional troops will come from the United States and the other half from non-U.S. NATO allies and partner countries, Stoltenberg said. (…)
Stoltenberg stressed the soldiers would not have combat roles but would be part of NATO’s train, advise and assist mission called Resolute Support.

Zwar gibt es offensichtlich in der – geschäftsführenden  – Bundesregierung Überlegungen, auch die Zahl der deutschen Soldaten in Afghanistan zu erhöhen; derzeit ist die Obergrenze auf 980 Soldatinnen und Soldaten festgelegt. Allerdings verweist Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (wie auch schon Monate zuvor Bundeskanzlerin Angela Merkel) darauf, dass Deutschland bei der jüngsten Reduzierung der internationalen Truppen anteilmäßig mehr Soldaten am Hindukusch belassen habe als andere und deshalb eine Aufstockung zunächst eine Frage an andere Nationen sei.
Faktisch dürften allerdings die laufenden Sondierungen und möglichen Verhandlungen für eine neue Regierungskoalition entscheidend sein. Ohne ein Regierungsbündnis mit Absprachen ist eine Veränderung der festgelegten Truppenstärke kaum denkbar.

Nachtrag: Wie prekär die Sicherheitslage in Afghanistan ist, zeigte sich auch am heutigen Dienstag, bei dem Angriff auf einen Fernsehsender in Kabul. Das war nur der vorerst letzte Anschlag in einer Serie in den vergangenen Wochen, die das Afghanistan Analysts Network sich genauer angesehen hat:

The ‘Humvee Bomb’ Series: The October wave of Taleban attacks in 2017 context

Nachtrag 2: Das Transkript der Pressekonferenz Stoltenbergs ist jetzt einschließlich der Fragen und Antworten verfügbar (es geht dort neben Afghanistan auch um andere wichtige Dinge wie z.B. die künftige NATO-Kommandostruktur). Die Angaben zur Aufstockung am Hindukusch:

So the reason why we are supporting the Afghan Security Forces is to enable a political peaceful solution. There will be more troops; the current level is around 13,000; the new level will be around 16,000. They will train, assist and advise, and in particular we are focusing on training the Afghan Special Operations Forces which have proven so key in the fight against insurgents, the terrorists, the Taliban, and we are going to help them with developing their air force. The Afghans are now more and more capable of conducting air operations themselves, and we will help them with military schools, improved command and control.
We are also extremely focused, that will be an important issue during the meeting, on funding. Non-U.S. allies have promised US$ 1 billion yearly to support the Afghan army and police, and we will stress and I will underline the importance that we don’t only deliver the forces we have promised to train the Afghans but also deliver the funding for funding the Afghan national security and military. And then we will also address for instance the issue of sanctuaries in Pakistan and the importance of having a regional approach to a peaceful solution in Afghanistan.

(Foto: Stoltenberg auf dem Weg zu seiner Pressekonferenz – NATO/Jan van de Vel)