„Military Mobility“ in Europa: Die EU macht das zu ihrem Thema

Es ist eine gewisse Ironie, dass ausgerechnet ein US-General den Begriff des militärischen Schengen geprägt hat: Der (scheidende) Kommandeur der US-Amee in Europa, Ben Hodges, verglich als einer der ersten die Anforderung an militärische Beweglichkeit von Truppen und vor allem Gerät über die europäischen Grenzen mit dem grenzenlosen Reisen im europäischen Schengen-Raum. Und während das grenzenlose Reisen, auch das eine gewisse Ironie, unter dem Eindruck von Terrorangriffen immer häufiger durch Grenzkontrollen innerhalb Europas eingeschränkt wird, soll die militärische Mobilität künftig viel einfacher werden.

Die Gründe für die Anforderung der Streitkräfte, vor allem in der NATO, sind offensichtlich: in einem Europa des freien Warenaustausches, in dem Lastwagen ohne Grenzkontrolle quer durch die EU unterwegs sind, braucht schon die Verlegung eines Panzergrenadierbataillons aus Deutschland auf einen polnischen Truppenübungsplatz und zurück einen umfangreichen Papierkrieg (wie ich hier vor zwei Jahren schon mal aufgeschrieben hatte). Noch viel schwieriger wird es, wenn Gefahrgut wie Munition quer durch Europa transportiert werden soll.

Für die NATO ist das ein Problem, für die EU, die sich auf den Weg auch zu einer Verteidigungsunion macht, um so mehr. Denn neben physischen Hindernissen wie entsprechend ausgebauten Straßen und Brücken oder fehlenden Eisenbahn-Transportwagen sind vor allem die Vorschriften der einzelnen EU-Länder die größten Probleme für die grenzüberschreitende militärische Mobilität – und fast alle Länder an der Ostflanke der NATO, die im Rahmen der Bündnisverteidigung zunehmen Bedeutung bekommen, sind auch Mitglied der EU.

Die EU-Kommission hat sich jetzt auch offiziell dieser Frage angenommen. EU-Transportkommissarin Violeta Bulc präsentierte am (heutigen) Freitag einen entsprechenden gemeinsamen Vorschlag der Kommission und der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini:

The European Union has a modern transport network that serves the needs of Europeans. These needs can also be of a military nature. The swift movement of military personnel and equipment is hindered by physical, legal and regulatory barriers. This creates inefficiencies in public spending, delays, disruptions, and above all a greater vulnerability. It is high time we maximise civil and military synergies also through our transport network in an efficient and sustainable manner.

sagte Bulc, fügte in ihrer Pressekonferenz in Brüssel aber auch hinzu: Es werde nicht darum gehen, die Priorität der europäischen Verkehrswege vom Vorrang des Zivilen auf das Militärische voranzutreiben. Der zivile Verkehrsfluss dürfte nicht beeinträchtigt werden – aber die Möglichkeiten, zivile wie militärische Nutzung besser zu verzahnen, müssten geklärt und verbessert werden.

Als ein Beispiel nennt die Kommission die EU-Bestimmungen für den Transport gefährlicher Güter: Da gibt es Vorschriften für zivile Speditionen – die aber nicht für Militärtransporte gelten. Wenn Militärtransporte den Regeln entsprechen, sollten sie die gleichen Vorteile genießen wie Zivilfahrzeuge. Das würde die Bewegung von Truppen und Gerät erleichtern.

Der Komissionsvorschlag zum Nachlesen hier; entscheidend ist dabei: Bis zum März kommenden Jahres soll es einen Action Plan geben, der dann die konkreten Schritte benennt. Ein besonderes Augenmerk will die EU dabei auf den Abbau von hemmenden Vorschriften in den EU-Mitgliedsstaaten legen – aber auch auf so naheliegende wie schwierige Vorhaben wie einheitliche zivile und militärische Datenbasen für die Transport-Infrastruktur.

Der heutige Vorstoß der EU steht natürlich auch im Zusammenhang mit den Bestrebungen, eine gemeinsame europäische Verteidigungs- und Sicherheitsunion zu schaffen: Die ersten Schritte dafür wollen die EU-Länder in der kommenden Woche mit der formalen Vereinbarung einer so genannten Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit machen, (im EU-Jargon unter dem Kürzel PESCO für Permanent Structured Cooperation bekannt). Das „Military Schengen“ ist eines der Projekte, die zu diesem Anlauf für gemeinsames europäisches Handeln gehören sollen.

Dass die NATO bis zum Februar die Details für den Ausbau ihrer Kommandostruktur mit besonderem Blick auf die Logistik militärischer Bewegung in Europa vorlegen will, die Kommission ihren Action Plan im März, dürfte kein Zufall sein. Beide Bündnisse wollen sich, bei allen unterschiedlichen Aufgaben, in diesem Punkt ergänzen.

(Foto: Stillgelegte Flachbett-Transportwagen der Bahn auf einem Firmengleis bei Brandenburg an der Havel)